Montag, 25. Juni 2007
Wie war das? "Nur in einem gesunden Körper ..."
Heute bin ich mal faul: Ich gebe einfach einen Leserbrief wieder, den ich an die Leipziger Volkszeitung geschickt habe. Und natürlich haben sich meine Erwartungen erfüllt: Wie es sich für ein Monopolblatt gehört, wurde der Brief natürlich nicht veröffentlicht, der Autor mailte mich kurz an und teilte mir mit, dass er den Aufruhr wegen des Zitates "Nur in einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist" nicht verstehen kann.
Also dann: Der Brief ...


Sehr geehrte Damen und Herren,
eigentlich ist es nicht meine Art, Kollegenschelte zu betreiben. Im konkreten Fall allerdings komme ich nicht umhin: Zum Glück hatte ich erst am Abend Gelegenheit, den Regionalsport der LVZ etwas gründlicher zu lesen - nicht auszudenken, welche Unbill mir widerfahren wäre, hätte ich diese Entgleisung beim Frühstück konsumiert ...

Worum geht es? Auf der Regionalsportseite (Kasten Typen, Trubel, Temperamente) wird Detlef Stötzner ein vermeintlicher Auspruch von Turnvater Jahn in den Mund gelegt. "Nur in einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist". Unabdingbare Voraussetzung für den Gebrauch dieses angeblichen Zitates ist eine gewaltige Portion Dummheit und Unbildung.

Warum? Zum einen stammt es nicht vom Turnvater, sondern aus den Satiren des römischen Dichters Juvenal (60-127 n.Chr.). Zum anderen steht dort "Orandum est, ut sit mens sana in corpore sano."
Auf gut Deutsch: Bitten sollte man darum, dass in einem gesunden Körper ein gesunder Geist sei/wohne.
In heutige Denkweisen übersetzt, empfahl Juvenal seinen Zeitgenossen, bei allem Körperkult die geistige Vervollkommnung nicht zu vergessen bzw. die Götter nicht nur um Gesundheit, sondern auch um Geist zu bitten. Ein Wunsch, der auch für Sportjournalisten gelten sollte ...

Weshalb ich mich über die Entstellung des Zitates ärgere? Die veröffentlichte, verfälschte Form stellt so ziemlich den GAU eines falsch gebrauchten Zitates dar. Wenn "nur in einem gesunden Körper ein gesunder Geist wohnt", müssen folglich körperlich behinderte Menschen auch geistig minderbemittelt sein. Diesen Schluss zogen übrigens schon die Nationalsozialisten, die das Motto "Mens sana in corpore sano" zur Begründung der Euthanasie missbrauchten. Für alle Spätmerker: Ein Genie wie Stewen Hawking entwickelt seine genialen Ideen trotz eines Körpers, der alles andere als gesund ist ...

Wie oben bereits erwähnt: Kollegenschelte ist eigentlich meine Art. Angesichts einer solch peinlichen Fehlleistung erscheint mir allerdings eine Richtigstellung (von einer Entschuldigung an die Adresse einschlägiger Behindertenverbände ganz zu schweigen ...) angebracht.

Kopfschüttelnd
André Dreilich,
zum Glück in Juvenals Sinne über gesunden Körper und gesunden Geist verfügend.

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