Mittwoch, 8. Dezember 2010
Versuch eines Gespräches mit einem early adopter. Oder: Schenke Euch Gott den richtigen Player
Gestern hatte ich ein Gespräch der etwas anderen Art. Nönö, weder beim Doc noch bei meiner Steuerberaterin, sondern in einer jahreszeitlich typischen, geselligen Runde mit einem sehr entfernten Bekannten. Dieser ist nicht nur technik-affin, sondern zudem ein so genannter early adopter, Im Klartext: Der Typ begeistert sich nicht nur für allerlei technischen Schrumms, er muss das Gerödel auch noch unbedingt gleich nach Markteinführung besitzen. Die geneigten LeserInnen meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches können sich in diesem http://www.zeit.de/2000/36/200036_early_adapters.xml sehr lesenswerten Zeit-Artikel über diesen sehr speziellen Menschenschlag näher informieren. Dass der Text aus dem Jahr 2000 stammt, macht in nicht unaktuell. Man muss bei der Lektüre lediglich Begriffe ersetzen, z.B. Palm durch iPhone, dann passt es wieder.
Doch zurück zu dem early adopter, mit dem ich am gestrigen Abend bei einem meiner vorweihnachtlichen Biere plauderte. Oder es zumindest versuchte, denn gerade das klappte nicht.
Ganz gleich, worauf die Sprache kam – Gesundheit, Familie, geschäftliche Vorhaben -, besagter Mann (early adopter sind fast ausschließlich irgendwie zu kurz gekommene Männer, ähämm) antwortete darauf nicht, sondern witschte und wutschte minutenlang auf dem drucksensitiven Bildschirmchen seines iPhones herum. Nach allerlei Fingerhäkelei wurde mir mit einem triumphierenden „hier!“ (manchmal auch „da!“) das Display vor die Nase gehalten, viel zu nah übrigens für meine doch schon spürbar einsetzende, altersbedingte Weitsichtigkeit; was aber nicht so schlimm war, weil die meisten dieser Konversationsfotos ohnehin verwackelt oder aus anderem Grund unscharf waren.
Einen Höhepunkt erreichte unser Nicht-Gespräch, als auf eine meiner Fragen das Handydisplay derart beackert wurde, dass ich glaubte, einen Bauern bei der Frühjahrsbestellung zu erleben. Doch statt des erwarteten „hier!“-Ausrufes erreichte mich ein enttäuscht klingendes „Ach nö!“, gefolgt von der Entschuldigung, dass das Video zwar da sei, aber nicht abgespielt werden könne. „Weil, mein neues iPhone ist zur Reparatur. Das hier ist mein altes, und da ist der passende Player nicht drauf.“
Nur mit Mühe konnte ich der Versuchung widerstehen, den geplagten early adopter mit einem Spruch in der Art „Dann gucken wir’s uns eben auf dem iPad an“ zu reizen. Aber ich widerstand; zu groß war die Sorge, mein Nichtgesprächspartner könnte zu seinem Mantel eilen und aus einer Innentasche auch noch diese Geißel der Menschheit hervorholen.
In diesem Sinne: Bleibt immer schön auf dem Laufenden... und möge Euch der himmlische Schöpfer in seiner unerschöpflichen Gnade immer den richtigen Player dabeihaben lassen.

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