Dienstag, 27. September 2011
Nachdenken über Bernd H. und den mdr. Oder: eiskalte Frühstücksüberraschung
Wären die Leipziger Volkszeitung und der mitteldeutsche rundfunk börsennotierte Aktiengesellschaften, hätte „Dirk of the Dax“ wieder einige Grimmassen schneiden können. Der Kurs der LVZ wäre während der letzten Tage volatil gewesen und hätte eine leichte Tendenz ins Plus gezeigt; am Sonntagabend, als die ersten Insidermunkeleien hörbar wurden, wäre Unruhe aufgekommen, im vorbörslichen Handel am Montag hätte er sich auf Talfahrt begeben, um mit Handelsbeginn in den freien Fall zu geraten. Ganz anders die fiktive Aktie des mdr. Während der letzten Wochen allenfalls ein Tipp für Spekulanten mit Hang zum Risiko, hätte sich das Schunkelpapier am Sonntagabend unter Insidern als Geheimtipp etabliert, um am Montag bei Handelsbeginn kräftig zu steigen und im Lauf des Tages durch die Decke zu geben.
Ausgelöst worden wäre diese fiktive Kursschere durch ein eher nachrangiges Ereignis. Bernd Hilder, seines Zeichens noch Chefredakteur der nach eigenem Glauben dem Qualitätsjournalismus verpflichteten LVZ, war angetreten, den Olymp des Schunkelsender mdr zu erklimmen und sich in den demnächst freien Sessel des Intendanten zu setzen. „Ich wollte ja nur helfen“, lautete sein Credo, was irgendwie klingt wie „Der will nur spielen.“ Nachdem er dank kräftigen Rückenwindes aus Dresden die Hürde des Verwaltungsrates genommen hatte (okay, es bedurfte dazu einiger Anläufe), war der wackere Zeitungsmann am Montag angetreten, den Rundfunkrat des mdr zu überzeugen.
Die Geschehnisse sind inzwischen sattsam bekannt, gegen Mittag des 26. September 2011 liefen die Eilmeldungen über die Leitungen, nachzulesen z.B. hier: http://www.welt.de/print/die_welt/politik/article13627698/Wahl-des-MDR-Intendanten-gescheitert.html
Nur selten gestehe ich ein, mich geirrt zu haben, doch in diesem Fall lag ich mit meiner Prognose so richtig daneben, hatte ich doch Bernd Hilder, dem Charismatiker, dem genialen Medienstrategen, dem Retter des Holzmediums, einen Durchmarsch prophezeit und frohlockt, dass dies für die schwächelnde LVZ ein Segen sei.
Und nun? Hat Bernd Hilder keine Niederlage erlitten. Nönö, wer eine Zweidrittelmehrheit anstrebt und dann mit 12 Ja- bei 29 Nein-Stimmen nach Hause geschickt wird, hat keine Niederlage eingesteckt, er wurde vernichtet, zertrümmert, atomisiert, zur Tapete umgearbeit, zerspant - vulgo: Er hat eine richdsche Gladdsche (Nun die Untertitel für Neuleipziger: richtige Klatsch)e erhalten. Sein Kopf soll, so berichteten mir zwei unabhängige Zeugen die der Gande teilhaftig wurden, diesen Moment mitzuerleben, zumindest die passende Gesichtsfarbe gehabt haben, die des abgeklatschten Onkel B.
Und nun? Mussten meine werten LVZ-Kollegen ihre bereits seit Tagen vorgekühlten Schampusflaschen zulassen, dafür knallten beim mdr so viele Korken, dass es schon dekadent war und dass das Prickeln und Klirren vom Schlachthof bis nach Borsdorf in mein eigentlich gar nicht so hellhöriges Büro drang. Zumindest per Telefonleitung. Und es wurde auch mindestens ein netter Film vom netten Partytreiben gedreht, hörte ich da sagen oder so.
Dennoch: gar zu sehr müssen sich die LVZler an der Leipziger Klagemauer nun auch nicht quälen, denn es hält sich gar hartnäckig das Gerücht, dass der Vertrag eines gewissen Bernd H. ein Haltbarkeitsdatum aufweist, dass irgendwie nach 31.12.2011 klinge und dass eine Verlängerung von Seiten seines Brötchengebers nicht geplant sei. Sagte zumindest ein Mensch mit einer so klaren Aussprache, dass er wohl nicht aus Leibzsch stammt, vielleicht ja aus der Partnerstadt der Pleißenmetropole. Womit der abgeklatschte Onkel B. plötzlich zur MHD-gefährdeten Ware wird, womit die Tage des Moderationskärtchensortierers gezählt wären, zumindest die an seiner bisherigen Wirkungsstätte.
Und sonst? Ist mir angesichts dieser Nachricht http://www.welt.de/print/welt_kompakt/print_politik/article13627576/Schon-GEZahlt.html, die in ähnlicher Form auch in der TAZ zu lesen war http://taz.de/Neuer-MDR-Chef/!78865/, beinahe das Frühstücksbrötchen im Hals stecken geblieben. Klar, irgendwie sind wir ja alle gegen die GEZ und irgendwie hassen wir diesen Datenstaubsauger mit seinen IMs auch alle abgrundtief und haben Verständnis dafür, dass ein Anmeldeformular für den Frustabbau genutzt wird.
Aber dass dieses Formular Jahre später wieder auftaucht ... also irgendwie läuft es mir da kalt den Rücken herunter. Wie sprach der große Bruder Erich Mielke einst: „Aber ich liebe Euch doch alle ...“

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