Mittwoch, 16. April 2008
Jeder Lauf ist ein Geschenk oder: Genüssliches Traben durch den Werdauer Wald
Unter Ultraläufern kursiert der Satz „Jeder Lauf ist ein Geschenk“. Mag sein, dass Außenstehende sich schwer mit der Vorstellung tun, einen winterlichen Trainingslauf bei Schneematsch, Wind und Schlamm als Geschenk zu sehen, aber Läufer – und diese gibt es ja reichlich unter den Lesern meines kleinen Tagebuches – können die Richtigkeit dieses Ausspruches (Von wem eigentlich?) sicher bestätigen.
Und so war für mich der Werdauer Marathon am 13. April auch ein Geschenk. Geplant hatte ich eigentlich nicht, diesen Lauf mitzumachen. Warum? Am 27. April will ich mit dem Oberelbemarathon meinen „100.“ Lauf über Marathon „oder länger“ absolvieren. Das habe ich seit einigen Monaten geplant und meinen Kalender darauf ausgerichtet. Nummer 99 soll der Leipzig-Marathon am kommenden Wochenende sein (Heimspiel!), Nummer 98 eigentlich der Nürnberger 6-Stunden-Lauf. Da ich aber wegen meiner Knochenhautentzündung eine Laufpause einschieben und so den mir sehr am Herzen liegenden Lauf in Nürnberg sausen lassen musste, nahm ich am Werdauer Waldmarathon teil, um meine Statistik wieder „auf Plan“ zu bringen.
Der Lauf ist genau das, was die Bulettenbrater von Mac Doof einst für sich beansprucht haben: einfach gut. Für eine sehr niedrige Startgebühr – selbst Spätmelder zahlen nur 15 Euro, Vorbucher sind mit 10 bzw. 12 Euronen dabei – gibt es einen herrlichen Landschaftslauf. Von der Landessportschule (im Kern ein Bau des 1000-jährigen Reiches, hier sollte der Spruch von den zähen, harten, windhundartigen deutschen Jugendlichen umgesetzt werden) geht es auf einer Nebenstraße und allerlei Waldwegen gute 5 kms in den Wald hinein, dann auf zwei identischen Runden a’ 10 km durch ihn hindurch und dann wieder zurück nach Werdau. Macht in Summa einen kompletten Marathon nebst einiger Höhenmeter und herrlicher Naturerlebnisse. Hat man die letzten 20 Höhenmeter hinauf zur Stadion erklommen und die Ehrenrunde absolviert, erhält man im Ziel eine Urkunde und ein Gratishandtuch. In diesem Jahr weiß statt blau und größer als 2007 – das Handtuch.
Für mich war Werdau der erste längere Lauf seit dem Elbtunnelmarathon Ende Januar. Dazwischen leistete ich mir wegen meines Wadenzwackers allenfalls mal eine 25-km-Einheit, einige 20km-Läufe und die üblichen 15km-Runden, vor allem aber „sehr vernünftige Laufpausen“.
Folglich war mein Werdauer Waldlauf in erster Linie eine lange Trainingseinheit, die ich in knapp 4 Stunden absolvieren wollte. Knapp unter 6er Schnitt trollte ich durch den Wald, wurde in der zweiten Hälfte des Marathons sogar ein wenig schneller – das fiel mir leicht, denn bis km 15 plagte mich noch eine nervige Pollen-oder-was-weiß-ich-Allergie, erst danach atmete es sich ohne Getöse. Vier Minuten unter dem selbst gesetzten 4-Stunden-Limit kam ich relativ fröhlich ins Ziel, zufrieden mit mir, der Welt und meiner nicht zwackenden Wade.
Für reichliches Amüsement auf der Strecke hatten die Anfragen mehrerer Läufer gesorgt, die mich von anderen Läufen kennen und sich nach meinen Problemen erkundigten. Merke: Wer sonst ein gutes Stück schneller unterwegs ist, darf auch mal langsam laufen und sich der Fürsorge seiner Mitmenschen erfreuen.
Vor allem aber war der Werdauer Waldmarathon für mich im allerbesten Sinne ein Geschenk. Sicher, eine Knochenhautentzündung ist kein lebensbedrohlicher Zustand, aber sie hat es geschafft, mich aus der durchaus überheblichen Routine „Ein Marathon geht immer“ zu reißen und mir deutlich zu machen, dass ein Lauf eben nicht selbstverständlich ist – dass er durchaus als ein Geschenk empfunden werden kann und soll.
In diesem Sinne: Ich wünsche den laufenden Lesern meines kleinen Tagebuches noch viele Geschenke – und mir natürlich auch. Und was die Nichtläufer betrifft: Vielleicht kommt Ihr ja noch drauf ...

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