Mittwoch, 4. Februar 2009
Die Milch macht's. Oder: Heute die CMA, morgen IHK und GEZ
Das Bundesverfassungsgericht hat gestern entschieden, dass die von Landwirtschaftsbetrieben zu entrichtende Zwangsabgabe an den Absatzfonds der Land- und Ernährungswirtschafts verfassungswidrig und nichtig ist. Im Klartext: Ganz gleich, ob Kleinstbauer oder Global Player mit Millionen Hühnern in der Folterkammer – sie alle mussten bisher in diesen Fons je nach Umsatz einzahlen. Außerdem speisten auch Brauereien, Schlachthöfe und Molkereien die munter sprudelnde Geldquelle, aus der sich jährlich immerhin 90 Millionen Euro ergossen. Das ist eine Menge Knete, dafür muss ein Bauer lange melken.
Die CMA, in voller Länge steht das für Centrale Marketing-Agentur der deutschen Agrarwirtschaft, nutzte dieses Geld, um sich selbst und zudem die Werbung für das deutsche Agrarwesen zu finanzieren.
Das tut sie seit 1969 und bescherte der Menschheit so feine Slogans wie „Aus deutschen Landen frisch auf den Tisch“, „Markenqualität aus deutschen Landen“, „Die Milch macht’s“ und „Bestes vom Bauern“. Die CMA griff aber auch in ihre fremdgefüllte Kasse, um mit dem zwangsgespendeten Geld während der Fußball-WM in deutschen Landen für Milch zu werben. Luftnummern wie diese, aber auch das Abkassieren per Zwang ließen einige unfreiwillige Spender zu Klägern werden – mit dem Ergebnis, dass die CMA nun ein Problem hat: Statt automatisch fließender, steuergleich eingetriebener Pflichtbeiträge muss sich der Agrarwerbemonopolist von Staates Gnaden nun daran machen, seine künftigen Gesellschafter durch Leistung und Transparenz zu überzeugen.
Kaum war das gestrige Urteil verkündet, erhob sich übrigens ein weithin hörbares Geheul. Das ließen vor allem diejenigen ertönen, die sich mit der CMA schmücken dürfen, ohne ihre Kassen zu füllen: Verbandsfunktionäre aller Art, aber auch Landwirtschaftsminister und ähnlich praxisfernes Volk. Von der Basis, also von den Bauern, waren differenziertere Töne zu hören. Dort hieß es zumeist, dass die gemeinsame Imagewerbung gut sei, aber die pauschale Pflichtzahlung und die fehlende Transparenz Missstände gewesen seien.
Ich finde das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes übrigens sehr gut. Aus mehreren Gründen. Zum einen gibt es mir die beruhigende Gewissheit, dass die höchsten deutschen Richter hin und wieder durchaus nachvollziehbare und – mit Verlaub – vernünftige Urteile fällen. Zum anderen stellt es die Weichen für die Abschaffung eines staatlich verordneten Monopols, dass so überflüssig ist wie ein Kropf. Und damit gibt dieses Urteil dem Normalbürger durchaus die Hoffnung, dass der Widerstand gegen realitätsferne, arrogante und bürgerfeindliche Institutionen und Gesetze trotz vermeintlicher staatlicher Allmacht durchaus zum Erfolg führen kann. Was dem einen die CMA, ist dem anderen die Handwerkskammer oder die IHK bzw. die GEZ. Oder Schäubles Stasi-Gesetze zur Bürgerüberwachung.

Nun mag der eine oder andere Leser meines kleinen, politisch nicht immer gänzlich korrekten Tagebuches anmerken, dass die CMA doch auch Gutes getan hat ... Richtig, und das kann sie gern weiterhin tun. Nur eben transparent und nicht vom hohen Ross herunter, sondern in Absprache mit den Empfängern der vermeintlichen Wohltaten. Stichwort: Milchwerbung zur Fußball-WM. Dass das durchaus auf Basis der Freiwilligkeit funktionieren kann, beweist das deutsche Bäckerhandwerk. Dessen Betriebe treten ihrer jeweiligen Innung freiwillig bei – im Gegensatz zur Mitgliedschaft in der staatlich verordneten Handwerkskammer. Diese Innungen bilden Landesinnungsverbände, die wiederum dem Zentralverband des deutschen Bäckerhandwerks angehören, der für die Bäcker mit großem Erfolg genau das tut, was die CMA für die Landwirtschaft tut bzw. tun sollte. „Durch Leistung überzeugen“ heißt so etwas wohl. Und was die Bäcker können, sollten auch die Bauern draufhaben.

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