Donnerstag, 7. Januar 2010
Silvesterschäden. Oder: Himmelslaternen haben in Deutschland keine Lobby
Na, gut ins neue Jahr gerutscht? Ich verkneife mir an dieser Stelle die obligatorischen, selten ernst gemeinten Sprüche und Wünsche – schon deshalb habe ich mit dem Schreiben dieses Textes bis nach dem Dreikönigstag gewartet. Irgendwann habe ich einmal gelernt, dass Neujahrsgrüße nur bis zu diesem Datum zulässig seien. Und was man nicht darf, das muss man auch nicht und damit basta. Dennoch: Möge den Lesern meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches im Jahr 2010 all das widerfahren, was sie mir wünschen.
Aber zurück zum eigentlichen Anlass: Noch bedeckt reichlich Schnee all den Silvesterdreck, spätestens morgen dürfte die Decke noch ein Stück anwachsen. Doch in einigen Wochen sieht es anders aus. Ist der Schnee geschmolzen, wird deutlich zu sehen sein, dass das Motto „Brot statt Böller“ wieder einmal nicht wirklich gezogen hat. Alles in allem haben die Deutschen zwecks Begrüßung des Jahres 2010 wieder über 100 Millionen Euro verballert und sich dabei weder um Krise noch um Feinstaub geschert.
Und auch an Kollateralschäden mangelte es nicht: Es sind wieder reichlich Dächer und Hausflure zu Schaden gekommen, Autos angekokelt und Haustiere verschreckt worden. Nachzulesen u.a. hier http://www.feuerwehrmagazin.de/magazin/2009/12/30/brande-und-verletzte-durch-feuerwerk/ , hier http://www.feuerwehrmagazin.de/magazin/tag/feuerwerk/ , hier http://www.haz.de/Nachrichten/Panorama/Uebersicht/Feuer-in-historischer-Altstadt-von-Goslar und leider an vielen weiteren Stellen. Ganz zaghaft werden bundesweit Verordnungen erlassen, die das verbieten, was kein denkenden Mensch tun würde: Nämlich Feuerwerke in unmittelbarer Nähe von Fachwerkhäusern und anderen brandgefährdeten Objekten abzubrennen. Aber gegen Dummheit und Böswilligkeit helfen auch solche Verordnungen wenig, wie die mit schöner Regelmäßigkeit gesprengten Briefkästen beweisen.
Bei dieser Gelegenheit muss ich an das Gezeter um die Himmelslaternen denken, deren Flug mittlerweile in allen Bundesländern per Polizeiverordnung verboten ist. Für das Verbot dieser Flugkörper genügten einige wenige Brände, die auf das Konto der Himmelslaternen gingen oder bei denen zumindest der Verdacht geäußert wurde, dass eine solche im Spiel gewesen sein könnte. Inwieweit der eine oder andere „warme Abriss“ einer vergammelten Scheune dabei war, sei dahingestellt.
Fazit: Die Himmelslaternen haben am teutonischen Himmel nichts mehr verloren. Bilder wie dieses http://nachrichten.lvz-online.de/fotos/detailansicht/r-detailansicht-galerie-252-4771.html vom Gedenken an die Tsunamiopfer wären in Good Old Germany schon mehr als nur eine Ordnungswidrigkeit.
Woran das liegen mag? Zum einen wahrscheinlich am deutschen Regulierungswahn, zum anderen aber daran, dass weder die fernöstlichen Hersteller der Himmelslaternen noch die Asialäden, die vermeintlich brandgefährlichen Flugobjekte unters tumbe deutsche Volk brachten, hierzulande ein so starke Lobby haben wie die deutsche Feuerwerksindustrie.
Oder, anders ausgedrückt: Wären die Himmelslaternen ein deutsches Produkt, das deutsche Arbeitsplätze sichert, würden sie 1. mindestens 15 Euro kosten, wären 2. ein schützenswertes Kulturgut und 3. mindestens so ungefährlich wie süße Cola, fettes Schweinefleisch und Autos aus Sindelfingen.

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