Mittwoch, 10. Oktober 2007
"Diese Sportler dürften nicht starten"
Aaaah, preiset den Herrn! Im Sportteil meiner Lokalpostille schaffte es gestern eine Laufveranstaltung auf die erste Seite. Dort, wo sonst die erschröcklichen Nachrichten aus den beiden Leipziger Rasenkomikervereinigungen und allenfalls noch einige Zeilen über Formel 1 zu lesen sind, durfte der geneigte Zeitungskonsument auch etwas über einen Marathon erfahren. Sensationell.
Leider. Denn dass der Chicago-Marathon es auf den Sporttitel (genauer gesagt: in den Keller der ersten Seite, oben stand ein Bericht über Zoff bei einem Spiel der fußballernden A-Jugend) geschafft hatte, lag daran, dass in Chicago ein Läufer seinen letzten Schnaufer getan hatte.
Folglich titelte meine Lokalpostille „Läufer-Folter im Hitze-Chaos von Chicago“, untertitelt wurde „Ein Toter beim Traditionsmarathon, 350 Sportler im Krankenhaus / Ivuti und Adere siegen“. Der insgesamt recht mäßige Artikel ist eine kaum eine bearbeitete Meldung des Sport-Informations-Dienstes sid, den viele deutsche Zeitungen wortgetreu übernommen haben. Immerhin nicht alle, die Berliner Morgenpost leistete sich einen eigenen, deutlich besseren Text.
Aber: Auch die sid-Nutzer unterschieden sich mit ihren Texten. Das eine Blatt holte noch Stimmen aus der regionalen Laufszene ein, die Redakteure des anderen ließen fragwürdige Passagen aus der Agenturmeldung weg. Mein geliebtes Lokalblatt scheint mir nach Durchsicht eine Reihe deutscher Tageszeitungen den Vogel abgeschossen zu haben. Ein selten dämlicher Passus aus der sid-Meldung steht in voller Schönheit nur in der Leipziger Volkszeitung.
Zitat: „Bei deutschen Marathons ist eine Situation wie in Chicago, wo mehrere Tausend langsame Läufer kehrt machen mussten, die nach dreieinhalb Stunden noch nicht die Hälfte der 42,195 km geschafft haben, nicht möglich. Diese Sportler dürften gar nicht erst starten, denn die Zielzeit hierzulande liegt im Bereich von sechs Stunden, in den USA sind es acht Stunden und mehr.“
Was hat die Zielschlusszeit (diese war wohl gemeint, denn die Zielzeit ist etwas anderes) damit zu tun, dass ein langsamer Läufer in good old Germany gar nicht erst starten dürfte? Auch in Deutschland wird man bei der Anmeldung für einen Marathon nur höchst selten nach aktuellen Bestzeiten oder der erwarteten Zielzeit gefragt, Belege für bereits erbrachte Leistungen werden wohl nur in Hamburg eingefordert – um die Sortierung in die Startblöcke vornehmen zu können.
Wer sich in Deutschland für einen Marathon anmeldet, wird in aller Regel auch starten dürfen – ganz gleich, in welcher Zeit er die 42,195 km absolvieren kann. Ob man ihn durchlaufen lässt, ist eine andere Frage: Schließlich gibt es den Besenwagen.

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Montag, 1. Oktober 2007
Wochenende & Spartathlon 2007
Es war ein erstaunlich ruhiges Wochenende: Die schon fast zur leidigen Gewohnheit gewordenen MinisterInnen-Ergüsse blieben aus. Na ja: beinahe. Während die rote Brigitte und der schwarze Wolfgang Funkstille wahrten, dröppelte aus des roten Wolfgangs Ministerium die Ankündigung über die Erhöhung der Bußgelder bei Verkehrsdelikten heraus. Na gut, es sei dem Sonnenkönig gegönnt. Will halt auch mal was sagen, solange er noch darf.
Dennoch war das Wochenende alles andere als langweilig. Der Berlin-Marathon (an dem ich wegen der damit verbundenen Abzocke aus Prinzip nicht mehr teilnehme) brachte einen neuen Weltrekord. Für alle, die’s interessiert: Es gibt außer miesem Rasengestolpere deutscher Männer auch noch andere Sportarten.
Aus meiner Sicht weitaus interessanter war jedoch der Spartathlon. Kleine Hilfe: 246km von Athen nach Sparta, Zeitlimit 36h. Laufen, nicht per Auto oder Rad.
2005 habe ich den Lauf selbst gemacht und überlebt, in diesem Jahr fehlte mir einfach die Zeit für diese Unternehmung. Umso sehnsüchtiger verfolgte ich das Geschehen übers Internet. Die griechischen Veranstalter mühten sich mit durchaus geringem Erfolg um eine Live-Berichterstattung auf www.spartathlon.gr und blamierten sich ziemlich gründlich.
Ergiebiger war da schon das DUV-Forum forum.d-u-v.org – dank SMS und Handy wurden einige Infos aus Griechenland übertragen
Fazit: Vorjahressieger Scott Jurek (USA) wiederholte seinen Erfolg, die Plätze 2 und 3 gingen an Piotr Kurylo (Polen) und Valmir Nunes (Brasilien). Bester Deutscher war Jens Lukas auf Platz 4. Obwohl ich nicht zu wilden Spekulationen neige, lässt mich Jureks Sieg grübeln. Kurz zuvor ging es ihm bei einem anderen Rennen nicht wirklich gut, nun so etwas. Aber damit muss man heute wahrscheinlich leben.
Weitaus mehr gab mir zu denken, wie hoch in diesem Jahr die Ausfallquote beim Spartathlon gewesen ist. 2005 und 2006 kam ca. die Hälfte der gestarteten Läufer ins Ziel. In diesem Jahr rutschte die Überlebensquote auf ein Drittel. Eine Reihe mir bekannter, guter Läufer aus Deutschland blieb auf der Strecke. Gut, auf den einen oder anderen Namen hätte ich nicht wetten wollen. Aber so manche vermeintlich sichere Bank hat beim Spartathlon 2007 ein DNF zu stehen. Und auch bei den Überlebenden, um deren Leistungsfähigkeit ich weiß, hat mich die eine oder andere Zielzeit doch überrascht.
Lag’s am in diesem Jahr besonders heißen Wetter? Oder an den erbarmungslosen Veranstaltern, die die in der Vergangenheit mitunter etwas lax gehandhabten cut-off-Zeiten an den einzelnen Kontrollpunkten nun knallhart durchgesetzt haben? Dass schon kurz vor der Marathon ca. ein Zehntel der Läufer „raus“ war, wäre ein Indiz dafür.
Na, mal sehen, wann sich die ersten Heimkehrer melden ...

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Dienstag, 11. September 2007
Klicks by Steppenhahn
Ich bin ja nicht eitel. Aber wenn die Bloggerei schon eine Statistikfunktion hat, kann/soll man sie auch nutzen. Folglich ergötze ich mich im Rahmen meiner morgendlichen Internetlektüre gelegentlich auch an den Zugriffszahlen für meine kleinen Notizen und freue mich, dass sich das Interview mit Rolly Schlehmens nach wie vor großer Beliebtheit erfreut. Und das, obwohl ich seit vielen Wochen nichts mehr über den Autotouristen geschrieben habe.
Seit einigen Tagen ist jedoch ein Element der Zugriffsstatistik auf zeitungsdieb.blogger.de auf dem Durchmarsch: Mein kleiner Bericht über den 100km-Lauf in Fröttstädt, eigentlich noch nie ein Ladenhüter, wird verstärkt gelesen.
Des Rätsels Lösung: Der Stepp hat ihn auf steppenhahn.de verlinkt, prompt klickert es im Gebälk.
Allen Lesern dieser kleinen Bloggerei sei angekündigt, dass wohl spätestens am 12. September ein neuer Bericht über einen meiner erklärten Lieblingsläufe veröffentlicht werden wird. Wer mich und meinen Kalender kennt, weiß ziemlich genau, worum es sich handeln wird. Allen anderen Lesern dieser kleinen Bloggerei sei erneutes Hereinschauen empfohlen. Oder immer mal aufm Steppenhahn nach einem neuen Link gucken. Bis bald.

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Montag, 9. Juli 2007
Eine gelungene Ultra-Premiere in Fröttstädt
Fröttstädt? Nie gehört! Als mir vor einigen Monaten die Kunde vom für Anfang Juli 2007 geplanten Thüringen-Ultra zu Ohren kam, war ich skeptisch. Schon wieder ein Veranstalter, der mit einem Laufevent den schnellen Schnitt machen will? Dennoch entschloss ich mich zur Teilnahme – und sah mich aufs Angenehmste überrascht.
Fröttstädt ist nicht eben eine Metropole. Der Ort liegt laut Wikipedia „reizvoll zwischen Gotha und Erfurt am Fuße des Thüringer Waldes“ – soll heißen: relativ flaches Land, bis zum Thüringer Wald ist es ein Stück, der vom Rennsteiglauf bekannte Inselsberg befindet sich in Sichtweite, Eisenbahn (mittendurch) und A4 (dicht bei) sorgen für die Verbindung zur Welt. Außerdem gibt es ein Flüsschen namens Hörsel, das eiligen Automobilisten allenfalls durch die Raststätte Hörselgau bekannt sein dürfte. Ende 2006 zählte Fröttstädt stolze 407 Einwohner. Zur Premiere des 1. Thüringen-Ultras waren die so ziemlich alle im Einsatz, denn der Flecken wurde von Läufern aus ganz Deutschland (sogar Österreicher und ein Brasilianer wurden gesichtet!) förmlich überrannt.
Brennpunkt des Geschehens war ein weiträumiges Gelände rund ums Dorfgemeinschaftshaus. Kostenfreie Parkmöglichkeiten auf einer nahen Wiese gab es ebenso wie die Zufahrtsmöglichkeit für Wohnmobile und im-Auto-Schläfer. Im Dorfgemeinschaftshaus wurden Einzel- und Staffelläufer am Vorabend des Laufes freundlich in Empfang genommen, mit Startnummern versehen, nach ihren Quartierwünschen befragt (Zur Verfügung standen eine Halle und ein großes Zelt samt Feldbetten, alles kostenlos nutzbar) und mit Marken für Nudel davor sowie Bier und Eintopf danach versehen.
Obwohl der frühe Startzeitpunkt (Sonnabend, vier Uhr, mussten die Ultras auf die 100km-Strecke, eine Stunde danach die Staffelläufer) am Freitagabend wie ein Damoklesschwert über den Läufern hing, kam Partystimmung auf. Man aß, trank auf Vorrat, freute sich über eine gelungene ppt-Präsentation, bei der alle vorgemeldeten Teilnehmer des Ultras mit Startnummer und Archivbild (Internet ist eine tolle Sache!) vorgestellt wurden und schwatzte mit den „üblichen Verdächtigen“.
Nach einer sehr kurzen Nacht, einem guten und preiswerten Frühstück (vielen Dank an die netten Helferinnen!) und einigen laut geäußerten selbstkritischen Gedanken (Welcher Teufel hat mich denn da wieder geritten?) ging es an den Start. Mit einigem guten Willen konnte man sich einreden, 4 Uhr am östlichen Horizont einen klitzekleinen Streifen Helligkeit zu erahnen – dennoch war’s finster wie im sprichwörtlichen Hinterteil eines Bären. Irgendwie wurden die letzten Sekunden dennoch heruntergezählt, irgendwie fanden die meisten auch den richtigen Knopf ihrer Stoppuhr (Aaaah, so geht die Beleuchtung also an!), und dann setzte sich das etwa 120 Läufer umfassende Feld der Ultras in Bewegung.
Durch schlafende Ortschaften und über allerlei Nebensträßchen ging es in Richtung Inselsberg. Die roten Pfeile der Streckenmarkierung waren mitunter zu erahnen, aber da die Läufer zu dieser Zeit noch beisammen waren, bestand kaum Gefahr, vom rechten Weg abzukommen.
Nach rund fünf Kilometern waren die Ausläufer des Thüringer Waldes erreicht, die ersten 100 HM wurden erklommen. Im fröhlichen Auf und Ab und morgendlicher Kühle kam die erste Verpflegungsstelle nach 10km gerade richtig, freundliche HelferInnen reichten Getränke, erste Häppchen und nette Worte.
Gegen viertel sechs (im Klartext: 5.15 Uhr) erlebte ich die Bedeutung des Wortes Schweinsgalopp, als rechts neben mir eine aufgescheuchte Horde Wildschweine lautstark durchs Dickicht preschte. Staunend hielt ich kurz inne, nachdem zwei stattliche Brocken Wildschweinfleisch nur wenige Schritte vor mir „mit Highspeed“ die Laufstrecke querten. Spätestens in diesem Moment war der letzte Rest Müdigkeit verflogen ...
Die Laufstrecke verdient das Prädikat „Sonderklasse“. Auf zumeist idyllischen Wegen führt sie westlich am Inselsberg vorbei, ehe es von Süden her ein gutes Stück – bis zur Grenzwiese (km 34) – hinaufgeht. Solmberg und Mommelstein werden passiert, über Kleinschmalkalden wird bei km51 Floh-Seligenthal erreicht. Auf dem Weg dorthin verlief die Strecke auf einer zum Radweg umgebauten Eisenbahntrasse samt altmodischer Brücken und einem Tunnel – solcherart Bilder machten den ganz besonderen Reiz des Laufes aus.
Auf dem Sportplatz Floh-Seligenthal frisch gestärkt und dank Ident-Chip registriert, ging’s hinauf zum Jobsstein und nach der zweiten Querung des Rennsteigs nach Tambach-Dietharz. Dabei erwiesen sich steile Auf- und Abstiege auf mitunter recht lädierten Forstwegen – Sturm Kyrill lässt schön grüßen – als Härtetest für geschundene Gelenke.
Über Finsterbergen und Friedrichroda – nicht zu vergessen die zwischen diesen Orten liegenden Höhenzüge – wurde Tabarz erreicht. Hier nahm mein Unglück seinen Lauf. Nachdem ich zuvor einige Probleme mit dem linken Knie gehabt hatte, schienen sich die geplagten Außenbänder nun mit ihrem Schicksal abgefunden zu haben. Dafür folgte ich nach der Verpflegungsstelle bei km 84 einem falschen Führer in Gestalt eines Staffelläufers. Dass ich allein auf der Strecke war, gab mir in dieser Phase des Laufes nicht zu denken. Ich lag auf Position neun, die Abstände waren groß. Doch plötzlich kam mir der Staffelläufer wieder entgegen – wir waren vom Weg abgekommen. Nach einem gut 15-minütigen Rückweg war der verpasste Abzweig erreicht, mit einer halben Stunde Zeitverlust ging es wieder in Richtung Fröttstädt.
Kurz vor km 90 die nächste Herausforderung: An einem Kreuzweg sah ich einen Läufer die vor mir liegende Höhe erklimmen, ein anderer war links abgebogen. Die aufgesprühten Pfeile waren nicht dazu angetan, zusätzliche Gewissheit zu geben, denn hier war offensichtlich übersprüht und korrigiert worden. Ein Anruf bei der Orga brachte mir die Empfehlung, nach rechts abzubiegen. Nach wiederum 15 Minuten gabelte mich ein Auto auf, dessen Fahrer nach einem verschwundenen Staffelläufer suchte. Er brachte mich zum km 90 und auf den rechten Weg zurück. Wieder korrekt eingenordet, nahm ich die letzten 10km unter die Füße. Es rollte wieder. Zum wachsenden Wohlbefinden trug der VP bei km 95 bei, wo es neben Applaus und freundlichen Worten auch das langersehnte Bier gab.
Nun noch die Autobahn unterquert, ein Gewerbegebiet passiert, bei offener Schranke die Bahnlinie überwunden und hinein nach Fröttstädt. Eine hohle Gasse, ein Stück Dorfstraße und schon war die Zielgasse erreicht. Begrüßung, Medaille, Sofortausdruck der Platzierung, 100km mit 2200 HM waren geschafft. Angesichts des anspruchsvollen Profils, meiner Bergablaufprobleme und meiner beiden „Ehrenrunden“ war ich mit der Zielzeit von 10:45 mehr als zufrieden.
Nun schnell noch die Tasche in Empfang genommen, ein Belohnungsbier getrunken, anschließend Schlamm und Schweiß abgeduscht, das leuchtendgelbe Finisher-Funktionsshirt abgeholt – Ultralauf ist schööön. Da sind Zeiten beinahe Nebensache. Apropos Zeit: Mit 9:04 war Jörg Kupfer von den Lauffreunden Gotha der schnellste Läufer, schnellste Frau war Elke Streicher von KSK Gerlingen mit 10:00. Aber auch die etwas weniger flotten Läufer mussten keine Angst haben, um den Lohn ihrer Mühen gebracht zu werden, denn auch nach 16:30h war das Ziel noch offen.
Und sonst? Rund um das Dorfgemeinschaftshaus herrschte bei der in der Ausschreibung angekündigten Läuferparty Volksfeststimmung. Bei leckerster Thüringer Bratwurst, allerlei preisgünstigen Getränken, beinahe geschenktem Kuchen und schmackhaftem Gratiseintopf wurde geklönt, den von Streckenposten per Funk avisierten Finishern applaudiert und trotz aller Leiden schon von der zweiten Auflage dieses Ultralaufs geträumt.
Dass diese im nächsten Jahr kommen möge, hoffte wohl jeder der 111 Finisher (dass ich die Zahl der 2x50- bzw. 4x25km-Staffelläufer unterschlage, sei mir verziehen). Selten habe ich bei einer Veranstaltung eine so durchweg positive Beurteilung und ein so einhellig vorgetragenes Lob gehört.
Diesem kann ich mich nur anschließen: Fröttstädt ist eine Reise wert. Die Fröttstädter FFW – insbesondere das Lauffeuer der FFW – und ihre zahlreichen HelferInnen haben mit höchstem Einsatz eine Veranstaltung auf die Beine gestellt, die das Zeug zu einem Klassiker hat. Dazu noch eine zwar anspruchsvolle, aber traumhaft schöne Strecke mit vielen herrlichen Ausblicken und jeder Menge Natur – wenn ich es irgendwie einrichten kann, bin ich im kommenden Jahr wieder mit dabei. Der Zeitungsdieb

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Montag, 25. Juni 2007
Wie war das? "Nur in einem gesunden Körper ..."
Heute bin ich mal faul: Ich gebe einfach einen Leserbrief wieder, den ich an die Leipziger Volkszeitung geschickt habe. Und natürlich haben sich meine Erwartungen erfüllt: Wie es sich für ein Monopolblatt gehört, wurde der Brief natürlich nicht veröffentlicht, der Autor mailte mich kurz an und teilte mir mit, dass er den Aufruhr wegen des Zitates "Nur in einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist" nicht verstehen kann.
Also dann: Der Brief ...


Sehr geehrte Damen und Herren,
eigentlich ist es nicht meine Art, Kollegenschelte zu betreiben. Im konkreten Fall allerdings komme ich nicht umhin: Zum Glück hatte ich erst am Abend Gelegenheit, den Regionalsport der LVZ etwas gründlicher zu lesen - nicht auszudenken, welche Unbill mir widerfahren wäre, hätte ich diese Entgleisung beim Frühstück konsumiert ...

Worum geht es? Auf der Regionalsportseite (Kasten Typen, Trubel, Temperamente) wird Detlef Stötzner ein vermeintlicher Auspruch von Turnvater Jahn in den Mund gelegt. "Nur in einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist". Unabdingbare Voraussetzung für den Gebrauch dieses angeblichen Zitates ist eine gewaltige Portion Dummheit und Unbildung.

Warum? Zum einen stammt es nicht vom Turnvater, sondern aus den Satiren des römischen Dichters Juvenal (60-127 n.Chr.). Zum anderen steht dort "Orandum est, ut sit mens sana in corpore sano."
Auf gut Deutsch: Bitten sollte man darum, dass in einem gesunden Körper ein gesunder Geist sei/wohne.
In heutige Denkweisen übersetzt, empfahl Juvenal seinen Zeitgenossen, bei allem Körperkult die geistige Vervollkommnung nicht zu vergessen bzw. die Götter nicht nur um Gesundheit, sondern auch um Geist zu bitten. Ein Wunsch, der auch für Sportjournalisten gelten sollte ...

Weshalb ich mich über die Entstellung des Zitates ärgere? Die veröffentlichte, verfälschte Form stellt so ziemlich den GAU eines falsch gebrauchten Zitates dar. Wenn "nur in einem gesunden Körper ein gesunder Geist wohnt", müssen folglich körperlich behinderte Menschen auch geistig minderbemittelt sein. Diesen Schluss zogen übrigens schon die Nationalsozialisten, die das Motto "Mens sana in corpore sano" zur Begründung der Euthanasie missbrauchten. Für alle Spätmerker: Ein Genie wie Stewen Hawking entwickelt seine genialen Ideen trotz eines Körpers, der alles andere als gesund ist ...

Wie oben bereits erwähnt: Kollegenschelte ist eigentlich meine Art. Angesichts einer solch peinlichen Fehlleistung erscheint mir allerdings eine Richtigstellung (von einer Entschuldigung an die Adresse einschlägiger Behindertenverbände ganz zu schweigen ...) angebracht.

Kopfschüttelnd
André Dreilich,
zum Glück in Juvenals Sinne über gesunden Körper und gesunden Geist verfügend.

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Montag, 14. Mai 2007
Darmstädter Knastmarathon: Hinter Gittern für ein neues Leben laufen
Eine Anmerkung vorweg: Im folgenden Text geht's um den Knastmarathon 2007. Die 2008er Auflage findet Ihr hier: http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/1159474/

Muttertag 2007. Statt meinem Mütterlein Blümchen zu übergeben, zog’s mich zu einem Marathon nach Darmstadt. Gelaufen wurde hinter den stacheldrahtbewehrten Mauern der dortigen JVA. Pervers? Nicht wirklich, aber doch hinreichend verrückt, um mich bereits im Dezember 2006 dafür zu begeistern, obwohl am selben Wochenende in Basel die Möglichkeit zum 24-h-Kilometerfressen bestanden hätte.
Als Sachse, der die hessischen Lokalmedien nicht wirklich konsumiert, wusste ich nichts von den Hintergründen des Laufes. Die erfuhr ich nach dem Einchecken in der JVA. Bei der Arbeit mit den Strafgefangenen war die Idee geboren wurden, mit interessierten Insassen der JVA für einen Marathon zu trainieren. Dieser musste naturgemäß hinter Gittern stattfinden, da den potenziellen Teilnehmern aus naheliegenden Gründen das Verlassen der JVA nicht möglich ist.
Sechs Monate wurde auf den asphaltierten Straßen hinter der Mauer trainiert, wurden Ausdauer- und Tempoeinheiten, ja sogar die ungeliebte Gymnastik, absolviert.
Um den 20 „Knackis“ bei ihren 24 Runden a’ 1750 Meter richtiges Marathonflair zu bieten, wurde hinter Gittern eine Veranstaltung organisiert, die den Vergleich mit „richtigen“ Marathons nicht scheuen muss. Superservice, eine große Getränkeauswahl (nur das Bier war der Hausordnung zum Opfer gefallen, Kaffee, Kuchen, vegetarischer Eintopf, belegte Brötchen – alles zum Nulltarif, im Ziel eine Medaille und sogar Funktionsshirts für die Finisher – da bleiben selbst eingefleischten Nörglern die Worte im Hals stecken.
Durchweg sehenswert die Leistungen der mitlaufenden Gefangenen, ganz gleich, ob sie den Marathon in einer Zeit von knapp unter 3:30, ca. 5:30 oder „nur“ als Halbmarathon finishten. Wieder einmal wurde aus gutem Grund an Emil Zatopeks Ausspruch „Willst Du laufen, lauf eine Meile, willst Du ein neues Leben beginnen, lauf einen Marathon“ erinnert.
Hoffentlich ist der Darmstädter Knastmarathon für möglichst viele der „internen Teilnehmer“ der Beginn eines neuen Lebens. Die ersten Schritte dazu haben sie in den vergangenen sechs Monaten auf alle Fälle absolviert.
Größtes Lob sei auch an die Adresse der Anstaltsleitung und der Mitarbeiter der JVA gerichtet. Ihnen ist es zu verdanken, dass der Knastmarathon aller Skepsis zum Trotz zu einem wirklichen Erfolg wurde. Mit Dienst nach Vorschrift hätte das Projekt sicher nicht realisiert werden können.
Bei der nächsten Auflage bin ich wieder hinter Gittern,
der Zeitungsdieb.

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Dienstag, 3. April 2007
UM 1/07
Die UM 1/07 ist erschienen. Eine Reihe mir bekannter Läufer hat mich in den vergangenen Tagen angerufen bzw. auf presse-buero@t-online.de und zeitungsdieb@yahoo.de angemailt. Manche Firma wäre froh, nach teurer Werbung ein solches Maß an Resonanz zu haben ...
Aber: Zur neuen UM werde ich mich nicht öffentlich - und dazu gehört auch dieser kleine Internetauftritt) äußern - es ist einfach nicht mein Stil, anderen Leuten die Fehler nachzuzählen und ... Ein Kommentar sei erlaubt: Olga Schlawunzel hat mich (nicht zum ersten Mal) beglückt, rein verbal natürlich. Dran bleiben, Frau Präsidentin!!
Alle anderen Schülerzeitungsredakteure müssen brav warten, bis die Leserbriefe eintrudeln oder ein genervter Leser im DUV-Forum den ersten Stein wirft. Ein Steinchen flog ja heute schon.
Ich stehe zu meinem Versprechen, äußere mich nicht öffentlich, lobe ein wenig (Kurze Vorlaufzeit, Zeitung erschienen, sonst fällt mir nichts ein), und weise jegliche Vaterschaftsbeschuldigungen strikt zurück: Die aktuelle UM hat mit meinen Vorleistungen in punkto Layout nichts zu tun. Am aktuellen Erscheinungsbild melde ich keinerlei Ansprüche an. Blau kann jeder, der Rest macht den Unterschied, und der ist ...
Mit einem Zwinkerauge grüßt
Der Zeitungsdieb

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Mittwoch, 14. März 2007
Genieße wenn Du kannst, und leide ...
Meinen Faust habe ich durchaus mit Gewinn und Genuss gelesen. Den "restlichen Goethe" habe ich zwar im Regal, aber so wirklich viel davon noch nicht in mich aufgenommen. Dem Ultralaufen verdanke ich die Kenntnis eines Goethe-Zitates, das ich mir insbesondere bei wirklich langen Kanten (die Rede ist von 24h und mehr) gern in den Arbeitsspeicher lade und dann statt einer MP3-Aufmunterungshilfe nutze.
"Es wechseln Pein und Lust.
Genieße wenn Du kannst, und leide, wenn Du musst."
Diese Zeilen haben für mich das, was man auf Neudeutsch "groove" nennt. Man kann darüber nachdenken, den aktuell kläglichen Zustand als durchaus positive Prüfung auffassen und vieles mehr. Und man kann das Zitat vor sich hinbrabbeln (muss ja keiner hören) und dabei seinen Laufrhythmus wiederfinden.
Mir ging der Wechsel von Pein und Lust heute durch den Kopf, als ich am Morgen meine Mails las und ein wenig unter forum.d-u-v.org stöberte.
In diesem Forum hatte ich ja nach allerlei Frust (Goethe: Pein) meinen Rücktritt vom Amt des Pressewarts verkündet. In ebendiesem Forum findet sich nun das Lob für das in den vergangenen Tagen ausgelieferte Heft der UltraMarathon (Goethe: Lust).
Nun, das reichliche Lob genieße ich, empfinde es aber durchaus als Pein, künftig die Belastungen des damit verbundenen Ehrenamtes angesichts meiner beruflichen Beanspruchung nicht mehr stemmen zu können.
Umso mehr freute ich mich über die von mehreren Lauffreunden vorgebrachte Bitte, den einen oder anderen ehrenamtlichen Nachschlag auszuschenken.
Schaumermal.

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Sonntag, 4. März 2007
Pläne und Gedanken
Die Profis machen's vor, die ambitionieren Amateure kommen nicht umhin, es auch zu tun. Die rede ist von Saisonplanung, von Trainingsaufbau und derartigen Dingen. Nun, ich bin in meinem sportlichen Metier, dem Lauf über wirklich lange Strecken, nicht ganz schlecht. Allerdings weit davon entfernt, ein Profi zu sein. Das fällt im Ultrabereich auch schwer, denn unser Sport ist wenig tv-kompatibel.
Dennoch: Auch als Amateur mache ich mir Gedanken über meine Saisonhöhepunkte (natürlich die sportlichen). Das werden in diesem Jahr die Deutschen Meisterschaften im 24-h-Lauf im Juni und der 6-Tage-Lauf in Erkrath Ende Juli/Anfang August sein. Außerdem habe ich noch ein oder zwei wichtige Aktivitäten in der sprichwörtlichen Pipeline, aber dazu Näheres, wenn die Eier gelegt sind. Auf dem Weg zu diesen Höhepunkten werde ich natürlich einige Marathons und Ultras laufen, aber das ist "nur" Training.
So richtig Gedanken mache ich mir derzeit über den 6-Tage-Lauf, denn diese Art Wettkampf ist eine Premiere für mich. Sechs Tage lang auf einer klassischen 400m-Aschenbahn Runde um Runde drehen, das wird eine neue Erfahrung. Momentan versuche ich, mir dafür einen realisierbaren Plan zu machen. Wie lange laufe ich? Wann wird pausiert? Welche Belohnungen baue ich in den Wettkampf ein? Und: Werde ich mein selbstgestelltes Ziel von täglich mindestens 150km erreichen? Fragen über Fragen, aber bis ich die Antworten darauf benötige, ist es ja noch etwas Zeit.

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Wolken und Sonne und Laufen
Von wegen Sonntagsruhe. Von wegen ruhiges Wochenende. Sowohl gestern als auch heute hatte ich noch reichlich mit den Nachwehen meines Büroumzuges zu kämpfen. Ich sage nur: Kisten auspacken. Darunter auch solche, die ich schon vor Jahren gepackt hatte, die nun entsprechend verstaubt waren und micht zum Husten brachten. Außerdem hatte ich in meinem (neuen) Büro reichlich zu tun, die laufenden Arbeiten müssen ja gemacht werden, daran ändert auch ein Wochenende nichts. Schließlich will das Finanzamt sein Geld bekommen ...
Als absoluten Luxus gönnte ich mir heute einen etwas längeren Trainingslauf. Punkt elf Uhr startete ich mit einem Freund zu einer geruhsamen Runde durch die Dörfer und Fluren der Umgebung.
Nach gut 25 km lieferte ich meinen Mitläufer vor seiner Haustür ab und hängte noch eine eigene Runde dran, sodass ich nach vier Stunden so etwa 45 km zu Buche stehen hatte. Gern hätte ich noch ein Stück mehr gemacht. aber die Pflicht rief wieder.
Dennoch: Der heutige Lauf war ein purer Genuss. Nach meinem Rücktritt als DUV-Pressewart habe ich den Kopf zumindest in dieser Hinsicht frei. Eigentlich hätte ich das Für und Wider des Rücktritts noch einige Tage abgewogen, doch nachdem meine Präsidiumskollegen mich aus dem Content-Management-System der Deutschen Ultramarathon-Vereinigung (www.d-u-v.org) geschmissen hatten, fiel mir die Entscheidung leicht.
Um noch einmal auf meinen heutigen Lauf zu kommen: Als wir starteten, war der Himmel noch bewölkt, die Temperatur lag bei ca. 6 Grad. Nach etwa einer Stunde klarte das Wetter auf, die Sonne ließ sich blicken. Ich war froh, "kurz" gestartet zu sein und genoss die Wärme der Sonne auf der Haut. Und ich fühlte mich an eines der Plakate beim Sri-Chinmoy-6-Stunden-Lauf von Nürnberg erinnert, auf dem von den hinter mir liegenden Wolken des vergangenen Tages und der vor mir scheinenden Sonne des neuen Tages die Rede war.
Apropos Nürnberg: Am 17. März ist es soweit, dann findet dort der 6-Stunden-Lauf statt. Wer sich dafür interessiert, sollte mal unter www.scmt.de nachschauen oder - noch besser - mitmachen.

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