... newer stories
Samstag, 5. Januar 2008
worldrun, Überwachungsstaat, Demagogie und zwei freundliche Pilgerinnen
zeitungsdieb, 18:35h
Nur eineinhalb Tage, dann nimmt das Jahr 2008 Fahrt auf. Begonnen hat es ja schon, aber die verkürzte Woche mit dem beinahe-Feiertag Silvester und dem tatsächlich Feiertag Neujahr sowie dem in diesem Jahr auf-den-Sonntag-fall-Feiertag der drei Paketzusteller aus dem Morgenland hat die erste Woche des neuen Jahres deutlich ruhiger als normal ausfallen lassen.
Das habe ich nicht zuletzt zum Aufarbeiten vieler Dinge genutzt, die ich schon immer mal „ganz eilig“ erledigen wollte – und natürlich zum Aufräumen. Als ich gestern in mein Büro kam, überraschte mich die relative Leere auf den Schreibtischen. So viel Holz ist dort nur nach dem Jahreswechsel zu sehen.
Heute stöberte ich in einem Ablagekorb in diversen Unterlagen zum Worldrun und konnte mir weder Kopfschütteln noch Grinsen verkneifen. Kaum zu glauben, mit welcher Großkotzigkeit – ein anderes Wort fällt mir dazu beim besten Willen nicht ein – und Unverschämtheit Robby Clemens, der selbsternannte Extremsportler, und sein großer Gönner Rolfeckard Giermann das Unternehmen am 4. Januar 2007 starteten. Der weitere Verlauf der Geschichte ist bekannt: Mir persönlich ist aus eigenem Erleben kein Fall bekannt, in dem so unverschämt kreativ mit der Wahrheit umgesprungen und Äußerungen in ihr Gegenteil verkehrt wurden. Auch der Umgang mit Kritikern und Fakten ist lehrbuchreif. Zugleich zeigt das Unternehmen worldrun, dass viele Medienvertreter ihr monatliches Salär nicht wert sind, sondern letzten Endes jede Lüge dankbar veröffentlichen, wenn sie ihnen nur dabei hilft, zum Nulltarif das Blatt oder die Sendeminuten zu füllen.
Wer laut genug trommelt, wird erhört. Und sollten „böse Ultras“ tatsächlich die eine oder andere Lüge ans Licht zerren, wen stört’s? Der gemeine Medienkonsument will nicht Information, sondern Unterhaltung. Bunt, schnell, schrill – heute ein worldrunner, morgen ein Kinderschänder, übermorgen eine Promiheirat. Nächste Woche erinnerst der Ottonormal-Idiot an keines dieser medial inszenierten Ereignisse mehr.
Dennoch lohnt sich ein Blick auf die Seite www.worldrun.de auch heute noch. Auch nach dem nun doch irgendwie erreichten (oder nicht?) Ende des Unternehmens Weltumrundung tut sich auf der Seite ab und zu noch etwas. Hin und wieder darf ein bewährter Lobhudeler wie Hans-Werner Göldel aus Leipzig noch mal einen artigen Leserbrief absondern. Unter dem Motto Feintuning wird außerdem daran gearbeitet, die worldrun-Seite von Hinweisen auf die einstige Kooperation der Giermann-AG (Nomen es omen – warum ist mir soeben dieser Spruch eingefallen?) mit dem wordrun e.V. zu säubern. Noch finden sich einige, nobody is perfect. Aber schon bald wird die Wahrheit zurecht gebogen sein. Wie heißt es in 1984 so schön: „Wer die Vergangenheit beherrscht ...“ Ob der eine oder andere Worldrunner einst für das Ministerium für Wahrheit tätig wahr?
Aber nun genug des Sarkasmus’ zum Jahresanfang. Sonst sorgt sich eine oder andere Stammleser dieses kleinen Tagebuches womöglich noch um meinen Allgemeinzustand. Mir geht’s gut, auch wenn ich trotz meiner sonstigen Sympathie für Angela Merkel nicht in ihre aber-sowas-von-positive Neujahrsbotschaft einstimmen kann. Wenn Verschlimmbesserungen im Steuerrecht als Verbesserungen verkauft werden, ist das versuchte Demagogie. Wenn die einst ganz klar im Dienste der Überwachung stehende DDR-Personenkennzahl in Gestalt einer bei der Geburt zu vergebenden Steueridentifikationsnummer Auferstehung feiert, bereitet mir das Kopfzerbrechen. Und wenn man mir einreden will, dass ich mein Bürgerrecht auf den Schutz meiner ganz persönlichen Daten irgendeinem paranoiden Terroristenbekämpfer opfern soll, dann gerate ich doch ins Grübeln. Würde ich verlangen, die vermeintlich guten Seiten der entsorgten DDR zu reanimieren, müsste ich mich – sehr zu Recht – als Geschichtsklitterer und Ostalgiker beschimpfen lassen. Wenn nun aber einige anerkannt schlechte Seiten der DDR fröhliche Urständ feiern (endlich kann ich diese herrliche Spiegel-Redewendung mal anbringen, man will ja zeigen, was man als Journalist so drauf hat), beginne ich an der Zurechnungsfähigkeit der offensichtlichen Mehrheit der Bundestagsabgeordneten zu zweifeln.
Huuuch, schon wieder Sarkasmus. Aber nun zum Schluss doch noch etwas Positives. Am heutigen Sonnabend bin ich – zum ersten Mal im neuen Jahr – auf meiner heimischen 15-km-Runde gelaufen. Schon war’s, bei drei Grad über dem Gefrierpunkt lief es sich gut. Ich traf einige mir bekannte Läufer – die „üblichen Verdächtigen“ also, aber keine „Ich-hab-einen-guten-Vorsatz-Schnaufer. Das wird sicher noch, die werden wohl bis zum Dreikönigstag alle noch Urlaub machen. Dafür waren zahlreiche Hunde auf der Strecke, einige hielt ich für vierbeinige bellende und schei...de Weihnachtsanschaffungen.
Richtig gefreut habe ich mich über zwei Frauen von ca. 60 Jahren (je Frau), die ich auf einem Teilstück des Jakobsweges überholte. Mit großen Rucksäcken und wetterfester Kleidung zogen sie gen Westen und freuten sich über meinen bei solchen Begegnungen üblichen Wunsch „Noch einen guten Weg“. Beide haben ihre Pilgerreise am Neujahrstag in Görlitz begonnen. Darum, dass sie ihr Ziel erreichen werden, ist mir nicht bange. Wer so freundlich und positiv eine lange Reise in Angriff nimmt, hat gute Chancen auf glückliche Ankunft. Bei großkotzigen Worldrunnern sieht es da schon anders aus, wie die Erfahrungen des vergangenen Jahres gezeigt haben.
Das habe ich nicht zuletzt zum Aufarbeiten vieler Dinge genutzt, die ich schon immer mal „ganz eilig“ erledigen wollte – und natürlich zum Aufräumen. Als ich gestern in mein Büro kam, überraschte mich die relative Leere auf den Schreibtischen. So viel Holz ist dort nur nach dem Jahreswechsel zu sehen.
Heute stöberte ich in einem Ablagekorb in diversen Unterlagen zum Worldrun und konnte mir weder Kopfschütteln noch Grinsen verkneifen. Kaum zu glauben, mit welcher Großkotzigkeit – ein anderes Wort fällt mir dazu beim besten Willen nicht ein – und Unverschämtheit Robby Clemens, der selbsternannte Extremsportler, und sein großer Gönner Rolfeckard Giermann das Unternehmen am 4. Januar 2007 starteten. Der weitere Verlauf der Geschichte ist bekannt: Mir persönlich ist aus eigenem Erleben kein Fall bekannt, in dem so unverschämt kreativ mit der Wahrheit umgesprungen und Äußerungen in ihr Gegenteil verkehrt wurden. Auch der Umgang mit Kritikern und Fakten ist lehrbuchreif. Zugleich zeigt das Unternehmen worldrun, dass viele Medienvertreter ihr monatliches Salär nicht wert sind, sondern letzten Endes jede Lüge dankbar veröffentlichen, wenn sie ihnen nur dabei hilft, zum Nulltarif das Blatt oder die Sendeminuten zu füllen.
Wer laut genug trommelt, wird erhört. Und sollten „böse Ultras“ tatsächlich die eine oder andere Lüge ans Licht zerren, wen stört’s? Der gemeine Medienkonsument will nicht Information, sondern Unterhaltung. Bunt, schnell, schrill – heute ein worldrunner, morgen ein Kinderschänder, übermorgen eine Promiheirat. Nächste Woche erinnerst der Ottonormal-Idiot an keines dieser medial inszenierten Ereignisse mehr.
Dennoch lohnt sich ein Blick auf die Seite www.worldrun.de auch heute noch. Auch nach dem nun doch irgendwie erreichten (oder nicht?) Ende des Unternehmens Weltumrundung tut sich auf der Seite ab und zu noch etwas. Hin und wieder darf ein bewährter Lobhudeler wie Hans-Werner Göldel aus Leipzig noch mal einen artigen Leserbrief absondern. Unter dem Motto Feintuning wird außerdem daran gearbeitet, die worldrun-Seite von Hinweisen auf die einstige Kooperation der Giermann-AG (Nomen es omen – warum ist mir soeben dieser Spruch eingefallen?) mit dem wordrun e.V. zu säubern. Noch finden sich einige, nobody is perfect. Aber schon bald wird die Wahrheit zurecht gebogen sein. Wie heißt es in 1984 so schön: „Wer die Vergangenheit beherrscht ...“ Ob der eine oder andere Worldrunner einst für das Ministerium für Wahrheit tätig wahr?
Aber nun genug des Sarkasmus’ zum Jahresanfang. Sonst sorgt sich eine oder andere Stammleser dieses kleinen Tagebuches womöglich noch um meinen Allgemeinzustand. Mir geht’s gut, auch wenn ich trotz meiner sonstigen Sympathie für Angela Merkel nicht in ihre aber-sowas-von-positive Neujahrsbotschaft einstimmen kann. Wenn Verschlimmbesserungen im Steuerrecht als Verbesserungen verkauft werden, ist das versuchte Demagogie. Wenn die einst ganz klar im Dienste der Überwachung stehende DDR-Personenkennzahl in Gestalt einer bei der Geburt zu vergebenden Steueridentifikationsnummer Auferstehung feiert, bereitet mir das Kopfzerbrechen. Und wenn man mir einreden will, dass ich mein Bürgerrecht auf den Schutz meiner ganz persönlichen Daten irgendeinem paranoiden Terroristenbekämpfer opfern soll, dann gerate ich doch ins Grübeln. Würde ich verlangen, die vermeintlich guten Seiten der entsorgten DDR zu reanimieren, müsste ich mich – sehr zu Recht – als Geschichtsklitterer und Ostalgiker beschimpfen lassen. Wenn nun aber einige anerkannt schlechte Seiten der DDR fröhliche Urständ feiern (endlich kann ich diese herrliche Spiegel-Redewendung mal anbringen, man will ja zeigen, was man als Journalist so drauf hat), beginne ich an der Zurechnungsfähigkeit der offensichtlichen Mehrheit der Bundestagsabgeordneten zu zweifeln.
Huuuch, schon wieder Sarkasmus. Aber nun zum Schluss doch noch etwas Positives. Am heutigen Sonnabend bin ich – zum ersten Mal im neuen Jahr – auf meiner heimischen 15-km-Runde gelaufen. Schon war’s, bei drei Grad über dem Gefrierpunkt lief es sich gut. Ich traf einige mir bekannte Läufer – die „üblichen Verdächtigen“ also, aber keine „Ich-hab-einen-guten-Vorsatz-Schnaufer. Das wird sicher noch, die werden wohl bis zum Dreikönigstag alle noch Urlaub machen. Dafür waren zahlreiche Hunde auf der Strecke, einige hielt ich für vierbeinige bellende und schei...de Weihnachtsanschaffungen.
Richtig gefreut habe ich mich über zwei Frauen von ca. 60 Jahren (je Frau), die ich auf einem Teilstück des Jakobsweges überholte. Mit großen Rucksäcken und wetterfester Kleidung zogen sie gen Westen und freuten sich über meinen bei solchen Begegnungen üblichen Wunsch „Noch einen guten Weg“. Beide haben ihre Pilgerreise am Neujahrstag in Görlitz begonnen. Darum, dass sie ihr Ziel erreichen werden, ist mir nicht bange. Wer so freundlich und positiv eine lange Reise in Angriff nimmt, hat gute Chancen auf glückliche Ankunft. Bei großkotzigen Worldrunnern sieht es da schon anders aus, wie die Erfahrungen des vergangenen Jahres gezeigt haben.
... link (0 Kommentare) ... comment
... older stories