Montag, 16. Februar 2009
Amazon und die Romantik. Oder: Verruchtes im Kleiderschrank
Ein Schrank soll her. Für mein Büro, um darinnen allerlei Datenträger und diverses Fotogerödel aufzubewahren. Da ich ihn in ein bisher ungenutztes Eckchen stellen will, darf der neue Mitbewohner zwar dem Standard entsprechende 90 Zentimeter breit sein, jedoch im Idealfall nur 22 Zentimeter tief. Mit etwas gutem Willen sind auch 26 Zentimeter drin, mehr nicht. Ein flachbrüstiger Geselle also.
Nun gut, ich habe mich bei diversen Onlineshops bislang recht erfolglos umgeschaut, was auch daran liegen mag, dass besagter Schrank nicht gar zu sehr nach Pappe aussehen und sich zudem nicht im Wind wiegen soll.
Nachdem ich am Wochenende auch bei Amazon Ausschau gehalten hatte, begrüßte mich besagtes Onlinekaufhaus heute mit aktualisierten Empfehlungen, die mich schmunzeln ließen: Neben für mich „möglicherweise interessanten“ Fachbüchern, allerlei Software und vielfältigem Elektronikkram erfreut mich Amazon heute auch mit Angeboten für ... Trommelwirbel ... Schränke. Mein Favorit ist der „Romantische Kleiderschrank“ (Guckst Du hier: http://www.amazon.de/gp/product/B0012R6NBK/ref=s9_k2a_c5_t1?pf_rd_m=A3JWKAKR8XB7XF&pf_rd_s=center-3&pf_rd_r=1CP1WEMA826W2P3YS2R1&pf_rd_t=101&pf_rd_p=463375153&pf_rd_i=301128
Keine Angst, ich werde das gute Stück nicht kaufen, weil eine Tiefe von 62,5 Zentimetern deutlich über dem liegt, was in mein Büro passt.
Aber das Attribut „Romantisch“ hat mich begeistert. In der Artikelbeschreibung ist von „schönen Fräsungen“ die Rede und von Metallgriffen im „Antik Design“ – was das wohl mit Romantik zu tun hat? Oder liegt’s an Breite und Höhe, die es erlauben, drinnen romantische Dinge zu tun? Die Kleiderstange „H4 x T 2,5 cm“ lässt sich sicher herausnehmen. Und die „leichtgängigen Metallschienen“ klingen ja fast schon ein wenig verrucht ...

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Wolfgang Schäuble und die Bahn. Oder: Interview des Bundesspitzelministers
Wolfgang Schäuble, seines Zeichens oberster Schnüffler und im Nebenberuf Bundesinnenminister, ist wieder Online. Sein von bösen, bösen Menschen geenterter Internetauftritt funktioniert seit einigen Tagen wieder – so gut bzw. so schlecht wie vor dem feigen, cyberterroristischen Anschlag (Guckst Du hier: http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/1334936/ ). Im Klartext: Wer unter www.wolfgang-schaeuble.de nachschaut, was Lauschmann Wolle so bewegt, erfährt nichts wirklich Aktuelles. Viel weniger ist auch auf www.wolfgangschaeuble.de (ohne Strich!) nicht los: Diese Seite ist auf eine Emma Boiton in Belize registriert und bei Sedo geparkt.
Aber zurück zum echten Schäuble: Der letzte (nö: jüngste, leider wird’s wohl nicht der letzte gewesen sein) Eintrag auf der Seite des Strich-Wolfgangs stammt vom 2. Februar und ist damit per heute exakt zwei Wochen alt. Wozu so jemand ein Content Management System braucht, muss mir mal einer erklären. Bei dem Publikationstempo kann man auch zwei Hiwis hinsetzen, die die Schäubleschen Ergüsse per Keilschrift in Steintäfelchen dengeln.
Apropos Ergüsse: Eine verbale Spontanpollution des Bundesinnenministers hat die deutsche Presseagentur unter Bezug auf den Berliner Tagesspiegel am Wochenende gemeldet. Wer statt des Zwanzigzeilers, den auch meine Lokalpostille, die Leipziger Volkszeitung, brav abdruckte, das Original lesen will, findet es hier: http://www.tagesspiegel.de/politik/deutschland/Deutsche-Bahn-Wolfgang-Schaeuble-Datenschutz;art122,2731560
In diesem Interview erzählt Wolfgang Schäuble dem Tagesspiegel seine Sicht auf die Bahn, das Handeln und Nichtwissen des Herrn Spähdorn und die Bespitzelung von Mitarbeitern. Big Brother Wolfgang macht deutlich, dass die Vorkommnisse bei der Bahn eingehend auf Grundlage des geltenden Rechts untersucht werden müssen. Aber er sieht eben dieses geltende Recht nicht als unveränderlich an, denn „Gerade in großen Unternehmen ist die Gefahr von Korruption gegeben, und es ist die Pflicht der Konzernvorstände, dagegen vorzugehen. Der notwendige Kampf gegen Korruption darf jetzt nicht völlig diskreditiert werden.“
Auf die Frage des gesetzlichen Verbotes eines Datenabgleiches, wie ihn die Bahn praktiziert hat, antwortet Schäuble: „Ein solches Verbot würde völlig über das Ziel hinausschießen. Damit wäre jede effektive Möglichkeit der Korruptionsbekämpfung zunichte gemacht. Worauf es ankommt ist, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu einem klaren Verständnis im Umgang mit persönlichen Daten kommen und trotzdem der Kampf gegen Korruption möglich ist.“
Das klingt beruhigend und so war es wohl auch gedacht. Mindestens ebenso beruhigend klingen ja auch die Ausführungen des Bundesbespitzelungsministers zur Vorratsdatenspeicherung, zum Bundestrojaner und zur Aushöhlung des Fernmeldegeheimnisses ...
Wahrscheinlich hat der Wolfgang nicht nur ein Content Management System, das er gar nicht benötigt, sondern auch ein Office-Paket, bei dem einige Textbausteine vormontiert waren: „Damit wäre jede effektive Möglichkeit der ...-Bekämpfung zunichte gemacht.“ Statt der Pünktchen setzt ein eifriger Hiwi dann Schlagworte wie Cyberterrorismus, KiPo, Rechts- und/oder Linksextremist usw. ein.

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