Freitag, 6. März 2009
Vergebliches Werben. Oder: Neue Besen wollen's wissen
In meinem kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuch lästerte ich vor einer Woche über die Eigenart der Bayerischen Beamtenkrankenkasse, mich hin und wieder per Brief als Mitglied werben zu wollen – obwohl ich es schon bin. Schuld daran sind nach Aussage von Mitarbeitern falsch gesetzte Selektionskriterien im Datenbestand (guckst Du hier: http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/1349122/ ).
Aber nicht nur bei Krankenkassen arbeiten – ähem – unfitte Mitarbeiter, sondern auch bei meiner Lokalpostille, der Leipziger Volkszeitung. Für die Stammleser meines Tagebuches ist diese Aussage nicht neu, im speziellen Fall ist es allerdings eine Premiere: Am heutigen Vormittag schellte mich eine rufnummernlose Dame spätmittleren Alters an und stellte sich als im Dienst der Leipziger Volkszeitung stehend vor. Mit leicht rauchiger Stimme bot sie mir ein zweiwöchiges Probeabo zum Kennenlernen eben jeder Zeitung an, die mir monatlich ein stattliches Abo-Entgelt vom Konto saugt. Auf meinen Hinweis, dass ich bereits ein Abo der LVZ habe, verabschiedete sie sich artig, die Verärgerung war der Stimme anzuhören, mit der Zusage, den Fehler im Datenbestand zu korrigieren.
Ich nehme an, dass sie einige Zeit zu tun haben wird, denn ich glaube nicht daran, dass zufällig nur meine Adresse in die Liste der vom Callcenter abzuklingelnden „potenziellen Kunden“ gerutscht ist. Meist liegt in solchen Fällen der Fehler im System, weitere Unbill ist für die Anruferin wahrscheinlich.
Was mir zu denken gibt, ist der Dialekt der erfolglosen Abowerberin, der sie als Vertreterin der Region Hannover ausweist. Zufällig (oder eher nicht) sitzt dort die Verlagsgesellschaft Madsack, die erst vor kurzem die Springeranteile an der LVZ aufgekauft und sich zur alleinigen Herrscherin über meine Lokalpostille aufgeschwungen hat (Guckst Du hier: http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/1329813/ ).
Da scheinen doch wohl die neuen Besen der unter argem Auflagenschwund leidenden LVZ mal zeigen zu wollen, wie man Abos wirbt. Viel Erfolg! Aber ein wenig Skepsis ist angebracht: Wenn ein Produkt nichts taugt, hilft es auch nicht, es einem potenziellen Käufer 14 Tage zur Probe aufzuschwatzen. Dann landet es im Anschluss nämlich dort, wo es hingehört: in der Tonne.

PS.: Was mir noch durch den Kopf geht ist die Frage, ob "einfach mal so" anrufen überhaupt noch erlaubt ist ...

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Sex, Kinderpornographie und F-Secure. Oder: Wehe, wenn Wolfgang Schäuble sich selbst von der Kette lässt.
Über eine missliche Sache berichtete Rechtsanwalt Udo Vetter kürzlich unter www.Lawblog.de (Ich lese dort regelmäßig mit, da man dabei erstens etwas dazulernen, zweitens mitunter schmunzeln bzw. sich entrüsten, meist beides zugleich kann und drittens, weil Udo Vetter ein Jurist ist, der vor der Datenkrake namens Wolfgang Schäuble nicht einknickt, sondern der Aufweichung der Grundrechte entgegentritt.
Besagter Udo Vetter staunte hier http://www.lawblog.de/index.php/archives/2009/02/26/nichts-fur-kinder/ darüber, dass sein Internettagebuch die Kindersicherung von F-Secure zum Klingeln bringt. In einer sehr ergötzlichen und lesenswerten Diskussion trugen die Tagebuchleser zusammen, weshalb der Lawblag wohl auf diesen Index geraten sein könnte: Da gab es Beiträge zum Nachweis von Sperma-Spuren (pfui, pfui, pfui), zur Strafverfolgung von Pädophilen (pfui, pfui, pfui), zu KiPO-Delikten und Anal-Phabetismus (nicht pfui, nicht pfui, nicht pfui), die von den Crawlern, die das Netz im Dienste der Sicherheitsfirmen durchsuchen, wohl als verwerflich gewertet wurden.
Apropos Crawler und deren Suchalgorithmen: Anfang der 90er-Jahre war ich Redakteur bei der leider verschiedenen Tageszeitung „Wir in Leipzig“. Ein Kollege (Hallo Blümchen, wie geht’s so in DD?) nutzte regelmäßig die Volltextsuche im Agentur-Eingang, um in den eingelaufenen Ticker-Nachrichten nach dem String „Sex“ zu forschen – und staunte nicht schlecht, als das System ihm Meldungen über Rechtsexperten, Linksextremisten und Rechtsextremisten auswarf. Wesentlich schlauer sind übrigens auch die Algorithmen nicht, die Wolfgang Schäuble und Ursula von der Leyen zum Schutze unser freiheitlich-demokratischen Gartenlaube vor welchen Gefahren auch immer zur Anwendung bringen lassen wollen oder bereits bringen lassen.
Höchstwahrscheinlich ist die Indizierung „unschuldiger“ Seiten nur der Anfang; wenn Wolfgang erst die Verfassung zurechtgebogen und sich selbst von der Kette gelassen hat, ziehen im „deutschen Netz“ chinesische Verhältnisse ein. Apropos unschuldig: In Anlehnung an den Medizinerspruch, dass es keine gesunden Patienten gibt, wenn man nur gründlich genug untersucht, wissen emsige Schlapphüte, irre Rollteufel und all die anderen regierungsamtlichen Gutmenschen längst, dass es keine unschuldigen Bürger gibt. Zumindest nicht in Deutschland. Man muss nur gründlich genug überwachen.

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