Donnerstag, 26. März 2009
Bürgermeisterlicher Billigflieger. Oder: Zweitkarriere für den Leipziger OBM Burkhard Jung in Sicht
Regelmäßige Leser meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches wissen, dass ich zum Wahlverhalten der Leipziger – insbesondere wenn es um die Besetzung des Amtes des Oberbürgermeisters geht – ein gespaltenes Verhältnis habe. Irgendwie zählen bei besagter Personenwahl nicht Kompetenz, Verdienste und Programm, sondern nur das Parteibuch. Im Klartext: In Leipzig würde sogar ein Sack Kaminholz zum Oberbürgermeister gewählt, so er denn das SPD-Parteibuch in der Tasche hat. Diese Eigenart der Leipziger führt dazu, dass beim Betrachten der Galerie der obersten Stadtfürsten seit Jahren ein Qualitätsverlust erkennbar ist. Immerhin: Bei Sonnenkönig Wolfgang Tiefensee hat es nach dem Rückzug vom Amt noch zu einer Wahlperiode als Reichsspatenstichminister und Grußonkel gereicht, bei Burkhard Jung hingegen (so der nicht wirklich merkenswerte Name das ganz und gar nicht bemerkenswerten aktuellen Oberbürgermeisters) käme nach Dienstschluss allenfalls eine Zweitkarriere im Reisebüro in Frage.
Der Mann reist nämlich gern und viel. Und das, obwohl er im Gegensatz zum einstigen Reisepapst Johannes Paul II., aus dem Westen stammt und folglich keinen so gravierenden Nachholebedarf haben dürfte. Aber es macht schon einen Unterschied, ob man auf eigene Kosten durch die Welt tourt oder ob die Stadtkasse für Kost, Logis und Beförderung aufkommt.
Jüngst gönnte sich der Leipziger OBM einen spektakulären USA-Trip. Burkhard Jung nahm am Nationalen Gebetsfrühstück des US-Präsidenten Barack Obama teil. Mit großem Gedöns ließ der Provinzfürst zuvor verkünden, dass er mit einer tollen Rede vor Obama Eindruck schinden und für Leipzig werben werde. Wie so oft im Leben kam es anders, als man bzw. der Leipziger OBM denkt und die Rede blieb ungeredet. Statt des Provinzbürgermeisters sprach der englische Premier zur versammelten Frühstücksgemeinde, der solcherart düpierte Überdenteichhopser Burkhard redete sich den Ausflug dennoch schön. So in der Art von Magdalena Neuner, die sogar 15 Fehlschüsse noch damit kommentiert, dass sie erstens Spaß hatte und dass es zweitens hätte noch schlimmer kommen können.
Doch zurück zum Leipziger OBM. In der gestrigen Ausgabe meiner Lokalpostille war die Anfrage „einiger Leser“ abgedruckt, die sich nach den Kosten des US-Ausflugs ihres Stadtoberhaupts erkundigten. In gänzlich ungewohnter Klarheit antwortete der Pressesprecher der Stadt, Steffen Jantz, dass „die US-Reise Anfang Februar 2009 rund 7.100 Euro“ gekostet habe. Die Reise, bei der neben OBM Jung noch zwei Mitarbeiter mit von der Partie waren, führte nach Washington und Houston.
Hmmm. Als ich das las, galt mein erster Gedanke George Gershwin. In dessen Oper „Porgy and Bess“ gibt es das berühmte Stück Summertime. Dort heißt es „And the living is easy“. Noch besser scheint mir zur US-Reise des Leipziger OBM allerdings eine andere Melodei aus gleichem Stück zu passen: „It ain’t necessarily so”. Für alle, die eine deutsche Umschreibung bevorzugen: Man muss ja nicht alles glauben, was so erzählt wird.
Auf alle Fälle hat Burkhard Jung nach seinem hoffentlich nicht mehr so fernen Karriere-Ende glänzende Berufsaussichten als Reiseveranstalter. Drei Leute über den großen Teich, Quartiere, Gabelflug, Frühstück beim Präsidenten mit Humtata und allerlei Bespaßung – das ganze Programm für „rund 7.100 Euro“ – also das ist doch eine Geschäftsidee. Und dazu könnte er dort auch weniger Schaden als in seiner jetzigen Position anrichten.

PS.: Sollte sich der eine oder andere Leser fragen, weshalb ich den Oberbürgermeister als OBM abkürze, obwohl doch deutschlandweit "OB" gebräuchlich ist, so tue ich das, weil in Leipzig halt manches anders gehandhabt wird. Da kümmert sich die Verwaltung nicht um Beschlüsse des Stadtrates und da heißt der OB nunmal OBM. Wobei: Letztere Abkürzung hat den Vorteil, dass sie dem jeweiligen Amtsinhaber dusselige Tampon-Vergleiche erspart ... die ich natürlich auch nicht anstelle.

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