Dienstag, 20. November 2012
Preisfrage. Oder: Um was für eine Stelle geht es bei diesem Angebot?
Stellenanzeigen sind mitunter eine spannende Lektüre.
Beispiel gefällig?

"Unsere Anforderungen
* Abgeschlossenes Hoch- / Fachhochschulstudium
* Berufsrelevante Praktika im Bereich PR oder Journalismus
* Fundierte Computer- und Internetkenntnisse
* Gutes Ausdrucksvermögen und gute Kenntnisse der deutschen Sprache in Wort und Schrift
* Sicheres und freundliches Auftreten
* Bereitschaft zur Arbeit auch außerhalb der üblichen Arbeitszeiten
* Verwantwortungsbewusstsein und Einfühungsvermögen
* Flexibilität
* Identifikation mit den Grundsätzen ..."
(Übernahme des Originaltextes mit allen Fehlern)

So, und nun die Fraaaaaage: Welche Top-Position soll hier besetzt werden?
Antwort: Es geht nicht um die Leitung der PR-Abteilung, sondern "nur" um ein zweijähriges Volontariat. Kurios ist, dass hier zwar eine international agierende Hilfsorganisation sucht, aber nicht auch noch 12 Sprachen fließend verlangt.

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Die LVZ und ihre über 600.000 Leser. Oder: Traue keiner Statistik, die ...
Manchmal sind sterbende Holzmedien wie meine Lokalpostille, die nach eigenem Glauben dem Qualitätsjournalismus verpflichtete "Leipziger Volkszeitung", doch noch für eine Überraschung gut. So meldet besagte LVZ heute auf ihrer Titelseite die Auszeichnung mit dem Newspaper Award für eine EM-Titelseite. Diese Selbstbeweihräucherung war den Machern offensichtlich so peinlich, dass sich für den Propagandazweispalter nicht mal ein Autorenkürzel findet; ja, nicht mal das verschämte "-r" steht drunter (zumindest in der Holzausgabe, im Netz hat es zum "-r" gereicht.).
Aber ich wollte ja etwas zum Thema Überraschung schreiben ... Trommelwirbel: Im Text heißt es "Die LVZ, die täglich von über 600 000 Lesern gelesen wird ..." Nein, liebe LeserInnen meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches besteht nicht in der feingeistigen Formulierung "... Lesern gelesen ...". Die Überraschung war "eins weiter vorn", nämlich die Zahl von täglich 600 000 Lesern.
Ein Blick in die aktuellen Daten der ivw (www.ivw.de) ergibt für die LVZ im III. Quartal 2012 eine Verbreitung von 210 847 Exemplaren. Das ist die binnen Jahresfrist um ein knappes Prozent, also wie immer geschrumpfte Gesamtausgabe, d.h. in diese Zahl fließen nicht nur alle verschrumpelten Kreisblätter mit ein, sondern auch so schöne Tricksereien wie "sonstige Verkäufe" (vulgo: Gäschääänk) und Bordexemplare (diese stellen lt. IVW neben den Rückläufern übrigens die einzige Vertriebsrubrik dar, bei der das Holzblatt im Vergleich zum III. Quartal 2011 zulegen konnte, und zwar um 71 %, da wird die Lokalpostille jetzt wohl nicht nur an die US-Marines, sondern sogar in DHL-Frachtflugzeugen verteilt.).
Doch zurück zu den täglich über 600.000 Lesern. Um bei einer verbreiteten Auflage von 210 847 Exemplaren auf diese sehr schöne Zahl zu kommen, muss jedes einzelne Exemplar von mehreren Lesern gelesen (sprachlich wertvoll, ich bin lernfähig!) werden. Geht man mal davon aus, dass die spektakulären 3357 Bordexemplare (fliegen überhaupt so viele Leute pro Tag ab LEJ?) nur von einem Leser gelesen werden (geteilt wird weder in der Economy noch in der Business Class und die Marines geben ihr Klopapier auch nicht weiter!), geht man ferner davon aus, dass all die sonstigen Exemplare auch nur von einem Leser gelesen (oder gar nicht) werden, müsste das restliche LVZ-Holz mindestens drei Leser pro Exemplar finden.
Natürlich ist das so, wird mir auf Anfrage die Marketingabteilung der LVZ auf Anfrage gern bestätigen. Natürlich haben wir dazu gesicherte Erhebungen unter unseren Lesern, wird man mir dann in mein skeptisches Gesicht sagen.
Und natürlich hat der Sozialismus gesiegt und die Mauer in Berlin steht immer noch. Bzw., wie es bei Winston Churchill oder Joseph Goebbels (die genaue Herkunft ist unklar) so schön heißt: "Traue keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast." Nachsatz von mir: Vor allem dann, wenn sie in der LVZ steht.

PS.: In ihrer Stadtausgabe schreibt die LVZ übrigens "die täglich über 400.000 Leser erreicht". Das ist bei einer verbreiteten Auflage von 132.752 Exemplaren nicht minder sportlich und ebenfalls ... glaubwürdig. Lohnenswert ist sicher auch das Nachdenken über den feinen sprachlichen Unterschied, dass die Gesamtausgabe von "... Lesern gelesen" wird, die Stadtausgabe hingegen "... Leser erreicht". Lesen die Städter nicht? Oder hat hier gar jemand kurz vor Dienstschluss einen lichten Moment gehabt und einen sprachlichen Lapsus korrigiert?

PPS.: Was haben LVZ und Venedig gemeinsam? Beide sterben. Und wo ist der Unterschied? In Venedig sieht das schön aus.

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