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Montag, 15. Oktober 2007
Eine Gesundheitsbeeinträchtigung ist auszuschließen
zeitungsdieb, 21:09h
Als ich am Sonnabendnachmittag von einer lockeren Trainingsrunde heimkehrte, lief ich die letzten fünf Kilometer in Richtung Sonnenuntergang. Mir bot sich ein imposantes Farbenspiel, zusätzlich bereichert durch eine gewaltige Rauchsäule, die sich über Leipzig in den geröteten Himmel reckte. Ein Brand von beachtlichen Ausmaßen war Auslöser dieses Spektakels. Ein Brand, der – wie ich wenig später erfuhr – die Lagerfläche eines Recyclingunternehmens im Leipziger Westen verwüstete und eine erst kürzlich errichtete Halle zerstörte. Die Feuerwehr verhinderte ein Übergreifen auf die Sortieranlage des Recyclers und ließ Papierreste und Kunststoffe kontrolliert abbrennen, so die Nachricht.
In der Berichterstattung der Medien fand sich eine mehr oder weniger umgeschriebene Behördenformulierung wieder, die offensichtlich zu den beliebtesten Textbausteinen der Branche gehört. „Die parallel zu den Löscharbeiten durchgeführten Schadstoffmessungen im weiten Umkreis hätten keine Ergebnisse ergeben, die auf eine Gesundheitsbeeinträchtigung schließen ließen, hieß es seitens der Branddirektion“, vermeldete meine Lokalpostille und machte sich sogar die Mühe, den Text zu bearbeiten. Andere Medien meldeten „Gefahr für die Bevölkerung hat nicht bestanden.“
Wenn 150 Feuerwehrleute im Einsatz sind, um auf einem halben Hektar brennende Wertstoffe zu löschen bzw. zumindest die weitere Ausbreitung des Feuers zu verhindern, dann ist das eine Menge Qualm. Und nicht nur das: Es müsste mit dem Teufel zugehen, sollte sich unter den brennenden Wertstoffen nicht das eine oder andere Stück PVC befinden, das beim Abfackeln leckeren Chlorwasserstoff freisetzt. Der bildet mit Luftfeuchtigkeit gern Salzsäure. Aber auch sonst sind chlorierte organische Verbindungen nicht ohne – das Stichwort Dioxin soll genügen.
Wenn bei einem Wertstoff-Feuer dieser Dimension keine gesundheitlichen Gefahren bestehen, verstehe ich die Welt nicht mehr. Auf alle Fälle werde ich künftig meinen Kamin verstärkt dazu nutzen, all die tollen Wertstoffe, die ich normalerweise in die gelbe Tonne stopfe, wärmebringend abzufackeln. Eine Gesundheitsbeeinträchtigung ist ja auszuschließen, sagt die Branddirektion.
In der Berichterstattung der Medien fand sich eine mehr oder weniger umgeschriebene Behördenformulierung wieder, die offensichtlich zu den beliebtesten Textbausteinen der Branche gehört. „Die parallel zu den Löscharbeiten durchgeführten Schadstoffmessungen im weiten Umkreis hätten keine Ergebnisse ergeben, die auf eine Gesundheitsbeeinträchtigung schließen ließen, hieß es seitens der Branddirektion“, vermeldete meine Lokalpostille und machte sich sogar die Mühe, den Text zu bearbeiten. Andere Medien meldeten „Gefahr für die Bevölkerung hat nicht bestanden.“
Wenn 150 Feuerwehrleute im Einsatz sind, um auf einem halben Hektar brennende Wertstoffe zu löschen bzw. zumindest die weitere Ausbreitung des Feuers zu verhindern, dann ist das eine Menge Qualm. Und nicht nur das: Es müsste mit dem Teufel zugehen, sollte sich unter den brennenden Wertstoffen nicht das eine oder andere Stück PVC befinden, das beim Abfackeln leckeren Chlorwasserstoff freisetzt. Der bildet mit Luftfeuchtigkeit gern Salzsäure. Aber auch sonst sind chlorierte organische Verbindungen nicht ohne – das Stichwort Dioxin soll genügen.
Wenn bei einem Wertstoff-Feuer dieser Dimension keine gesundheitlichen Gefahren bestehen, verstehe ich die Welt nicht mehr. Auf alle Fälle werde ich künftig meinen Kamin verstärkt dazu nutzen, all die tollen Wertstoffe, die ich normalerweise in die gelbe Tonne stopfe, wärmebringend abzufackeln. Eine Gesundheitsbeeinträchtigung ist ja auszuschließen, sagt die Branddirektion.
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Marathon und Kultur bei Pharao
zeitungsdieb, 11:49h
Auch wenn’s kein Ultralauf, sondern nur ein Marathon ist: Am 15. Februar 2008 findet in Luxor der 15. Ägypten-Marathon statt. Ich habe den Lauf 2005 schon einmal gemacht und war begeistert. Die Strecke (4 Runden) beginnt am Hatschepsut-Tempel in Theben West und führt an zahlreichen archäologischen Sehenswürdigkeiten entlang.
Da ich mal wieder Lust auf einen Sommerlauf im Februar hatte, habe ich mich kürzlich mal mit zwei Leipziger Ägyptologinnen unterhalten, die von Zeit zu Zeit Studienreisen nach Luxor unternehmen. Vom 11. bis 18. Februar sind sie wieder im Land der Pharaonen und würden auch interessierte Läufer mitnehmen.
Quartier ist nicht in der üblichen amerikanischen Nobelherberge (One night in Paris oder so *g*), sondern in einem Grabungshaus in Gourna in Theben West (dort wohnen normalerweise Ausgräber, die in der Gegend forschen). Das Haus liegt direkt an der Laufstrecke und ist zehn Minuten zu Fuß vom Start/Ziel entfernt. Weil ich so verhungert aussehe, gibt es extra für die Läufer Vollpension mit eigenem Koch. Flug wäre ab/an Leipzig, ohne Zwischenstopp, andere Flughäfen sind natürlich möglich.
2005 hatte ich die Laufteilnahme mit Freunden selbst organisiert, mit Anmeldung und Überweisung der Startgebühr war’s von Deutschland aus so eine (teure) Sache. Diese Formalitäten samt gebührenfreier Überweisung nach Luxor würde die Ägyptologin übernehmen. Sie bietet den Läufern auch ein individuelles Besichtigungsprogramm in Luxor und Umgebung, das nicht mit den üblichen Pauschaltouren zu vergleichen ist. Da ich auch einige Ortskenntnisse habe und in der Gegend schon so manchen Kilometer gelaufen bin, können wir vor/nach dem Marathon zwecks Akklimatisierung/Entspannung einige Läufe am Nil bzw. in die Wüste machen.
Wer Mitte Februar Lust auf einen nicht ganz alltäglichen Marathon unter südlicher Sonne und eine Erlebnisse drumrum hat, kann sich gern bei mir unter 0171 5213650 melden oder mich anmailen. Die Adresse zeitungsdieb (at) yahoo.de sollte hinreichend bekannt sein.
Wer dem Zeitungsdieb nicht traut (Nomen est omen *g*), der kann auch Bianka Jacob (das ist die eine der beiden Ägyptologinnen) anrufen: 0162/6551855. Bitte nicht zu lange zögern, mit den günstigen (Direkt-)Flügen ist es immer so eine Sache.
PS.: Sollte jemand Ambitionen auf einen Doppeldecker haben, lässt auch der sich organisieren. Wir sollten – wegen der Zählordnung – nur wenigstens drei Leute sein! Auf alle Fälle Sonnenschutz nicht vergessen!
Da ich mal wieder Lust auf einen Sommerlauf im Februar hatte, habe ich mich kürzlich mal mit zwei Leipziger Ägyptologinnen unterhalten, die von Zeit zu Zeit Studienreisen nach Luxor unternehmen. Vom 11. bis 18. Februar sind sie wieder im Land der Pharaonen und würden auch interessierte Läufer mitnehmen.
Quartier ist nicht in der üblichen amerikanischen Nobelherberge (One night in Paris oder so *g*), sondern in einem Grabungshaus in Gourna in Theben West (dort wohnen normalerweise Ausgräber, die in der Gegend forschen). Das Haus liegt direkt an der Laufstrecke und ist zehn Minuten zu Fuß vom Start/Ziel entfernt. Weil ich so verhungert aussehe, gibt es extra für die Läufer Vollpension mit eigenem Koch. Flug wäre ab/an Leipzig, ohne Zwischenstopp, andere Flughäfen sind natürlich möglich.
2005 hatte ich die Laufteilnahme mit Freunden selbst organisiert, mit Anmeldung und Überweisung der Startgebühr war’s von Deutschland aus so eine (teure) Sache. Diese Formalitäten samt gebührenfreier Überweisung nach Luxor würde die Ägyptologin übernehmen. Sie bietet den Läufern auch ein individuelles Besichtigungsprogramm in Luxor und Umgebung, das nicht mit den üblichen Pauschaltouren zu vergleichen ist. Da ich auch einige Ortskenntnisse habe und in der Gegend schon so manchen Kilometer gelaufen bin, können wir vor/nach dem Marathon zwecks Akklimatisierung/Entspannung einige Läufe am Nil bzw. in die Wüste machen.
Wer Mitte Februar Lust auf einen nicht ganz alltäglichen Marathon unter südlicher Sonne und eine Erlebnisse drumrum hat, kann sich gern bei mir unter 0171 5213650 melden oder mich anmailen. Die Adresse zeitungsdieb (at) yahoo.de sollte hinreichend bekannt sein.
Wer dem Zeitungsdieb nicht traut (Nomen est omen *g*), der kann auch Bianka Jacob (das ist die eine der beiden Ägyptologinnen) anrufen: 0162/6551855. Bitte nicht zu lange zögern, mit den günstigen (Direkt-)Flügen ist es immer so eine Sache.
PS.: Sollte jemand Ambitionen auf einen Doppeldecker haben, lässt auch der sich organisieren. Wir sollten – wegen der Zählordnung – nur wenigstens drei Leute sein! Auf alle Fälle Sonnenschutz nicht vergessen!
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IP-Adressen, Schlapphüte und Freudsche Versprecher
zeitungsdieb, 10:24h
Der schwarze Wolfgang hat mit seinem unsäglichen Gebabbel von Bundestrojaner und Onlinedurchsuchung den einen oder anderen Internetnutzer dazu gebracht, über die Tücken des Mediums nachzudenken. Und so hat nun so mancher festgestellt, dass die schöne, heile Onlinewelt alles, nur nicht anonym ist. Dabei rede ich gar nicht vom Ausspähen fremder Festplatten, sondern nur von den IP-Adressen. Wer gar nicht weiß, was sich hinter dieser Bezeichnung verbirgt, möge hier nachschauen: http://de.wikipedia.org/wiki/IP-Adresse
IP-Adressen sind notwendig und nützlich. Notwendig, weil sie den ganzen Internetspaß erst chaosfrei zum Laufen bringen. Nützlich, weil man mit ihrer Hilfe einen bestimmten Computer im Netz (über einige Umwege) identifizieren kann.
Das tun nicht nur die Schlapphüte vom BKA, die jüngst dabei ertappt wurden, die IP-Adressen der Nutzer bestimmter BKA-Seiten zu erfassen. Motto: „Wer so was liest, hat Dreck am Stecken.“ IP-Adressen werden auch für Werbezwecke eingesetzt. Auf vielen Seiten wird dem Nutzer lokale Werbung gezeigt: Das reicht von den vermeintlich „geilen Frauen in der Nachbarschaft“ bis zum Kinoprogramm aus der nahen Stadt.
Wer nicht zum gläsernen Internetnutzer werden und den Datensammlern ein wenig die Tour vermasseln will, der sollte über die Verwendung eines Dienstes nachdenken, der die IP-Adresse des Nutzers verändert, anonymisiert o.ä. Man muss dazu kein Kinderschänder, kein DVD-Schwarzhändler und auch kein Blondierungsmittelgroßverbraucher sein, sondern nur ein ganz gesundes Verhältnis zu Begriffen wie „Privatsphäre“ haben. Und man braucht dazu auch kein Informatikstudium, Netzwerke wie TOR (nicht zu verwechseln mit „Thor“!) sind simpel zu nutzen.
Aber: Auch wenn ich nicht zur Schlapphutfraktion gehöre, so ertappe ich mich doch gelegentlich selbst dabei, mir anderer Leute IP-Adressen anzuschauen. Schließlich will man ja wissen, wer so alles auf der einen oder anderen „eigenen“ Seite landet, wer wann die Bloggereien des Zeitungsdiebes liest. Zwar kann ich den einzelnen IP-Adressen keine Namen und Hausnummern zuordnen, dazu brauchte ich schon einen guten Freund bei einer Ermittlungsbehörde. Aber ich kann sehen, woher die Stammleser meines kleinen Tagebuches kommen, mit welchem Browser sie durchs Netz surfen etc. Und auch die plötzlichen Neu- oder Wiederleser meines Tagebuches lassen sich ausmachen.
In diesem Sinne: Vielen Dank an die geneigte Leserschaft, schaut doch immer mal wieder rein. Ich sage die IP-Adressen meiner Besucher auch garantiert nicht weiter. Dennoch: Mit der Zwiebel surft es sich entspannter ...
Des Rätsels Lösung: Das "o" in TOR steht für Onion *g*
IP-Adressen sind notwendig und nützlich. Notwendig, weil sie den ganzen Internetspaß erst chaosfrei zum Laufen bringen. Nützlich, weil man mit ihrer Hilfe einen bestimmten Computer im Netz (über einige Umwege) identifizieren kann.
Das tun nicht nur die Schlapphüte vom BKA, die jüngst dabei ertappt wurden, die IP-Adressen der Nutzer bestimmter BKA-Seiten zu erfassen. Motto: „Wer so was liest, hat Dreck am Stecken.“ IP-Adressen werden auch für Werbezwecke eingesetzt. Auf vielen Seiten wird dem Nutzer lokale Werbung gezeigt: Das reicht von den vermeintlich „geilen Frauen in der Nachbarschaft“ bis zum Kinoprogramm aus der nahen Stadt.
Wer nicht zum gläsernen Internetnutzer werden und den Datensammlern ein wenig die Tour vermasseln will, der sollte über die Verwendung eines Dienstes nachdenken, der die IP-Adresse des Nutzers verändert, anonymisiert o.ä. Man muss dazu kein Kinderschänder, kein DVD-Schwarzhändler und auch kein Blondierungsmittelgroßverbraucher sein, sondern nur ein ganz gesundes Verhältnis zu Begriffen wie „Privatsphäre“ haben. Und man braucht dazu auch kein Informatikstudium, Netzwerke wie TOR (nicht zu verwechseln mit „Thor“!) sind simpel zu nutzen.
Aber: Auch wenn ich nicht zur Schlapphutfraktion gehöre, so ertappe ich mich doch gelegentlich selbst dabei, mir anderer Leute IP-Adressen anzuschauen. Schließlich will man ja wissen, wer so alles auf der einen oder anderen „eigenen“ Seite landet, wer wann die Bloggereien des Zeitungsdiebes liest. Zwar kann ich den einzelnen IP-Adressen keine Namen und Hausnummern zuordnen, dazu brauchte ich schon einen guten Freund bei einer Ermittlungsbehörde. Aber ich kann sehen, woher die Stammleser meines kleinen Tagebuches kommen, mit welchem Browser sie durchs Netz surfen etc. Und auch die plötzlichen Neu- oder Wiederleser meines Tagebuches lassen sich ausmachen.
In diesem Sinne: Vielen Dank an die geneigte Leserschaft, schaut doch immer mal wieder rein. Ich sage die IP-Adressen meiner Besucher auch garantiert nicht weiter. Dennoch: Mit der Zwiebel surft es sich entspannter ...
Des Rätsels Lösung: Das "o" in TOR steht für Onion *g*
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Donnerstag, 11. Oktober 2007
Johannes B., die blonde Eva und die alternden Diven
zeitungsdieb, 09:57h
So, nun hat’s mal wieder geraschelt im Blätterwald. Eva Hermann wurde aus der Aufzeichnung von Johannes B. Kerners ZDF-Show gewippt, nachdem sie sich im Hinblick auf ihre Äußerungen zur Familienpolitik (im Klartext: in Sachen Promotion-Kampagne für ihr neues Buch) uneinsichtig gezeigt hatte. Was ich von der kalkulierten Provokation, die Herman meiner Meinung nach zwecks Verkaufsförderung ganz bewusst einsetzt, halte, ist in diesem Tagebuch bereits beschrieben worden.
Showgäste wie Margarethe Schreinemakers und Senta Berger hätten angesichts der Äußerungen Hermans ihrerseits mit Ausstieg aus der Runde gedroht. Zum einen erinnert das sehr an Sandkastengeplänkel. Da sind zwei Weiber sauer, weil der tolle Onkel nur mit einer anderen redet, während sie umsonst so tolle Burgen bauen. Zum anderen: Who the fuck is Schreinemakers? Sicher, vor eineinhalb Jahrzehnten war da mal was, aber das ist doch ein verloschener Zwergstern, den nicht mal das Dschungelcamp haben wollte. Und auch Senta Berger ist ja wohl nicht mehr die Zugnummer ...
Also wenden wir uns Johannes B. Kerner zu. Wenn er (oder besser: seine Berater) Eva Herman in die Show einladen, tun sie das doch nicht, um mit ihr über Blondierungsmittel und ihre Zeit als Gebrauchtwagenhändlergattin zu reden. Kerner wollte Herman, um dem Rentnersender eine ordentliche Quote zu bescheren. Er weiß, dass die brabbelnde Eva provoziert und polarisiert und hat geglaubt, dass er sie ebenso wie seine alternden Diven einwickeln und auf Sendeformat bringen kann.
Fehlanzeige. Die Frau mag zwar ein eigenartiges Verhältnis zur deutschen Geschichte und zu aktuellen Werten haben, aber sie ist nicht blöd, sondern weiß, was sie will. Das stand vor der Einladung zu Kerner fest, und eben das hat sie durchgezogen. Nicht mehr, und nicht weniger.
Und damit hat sie ihr Ziel ebenso erreicht wie der nun empört dahergrummelnde Kerner. Die Eva hat ihre Publicity, und Johannes seine Quote. Und sogar Senta und Margarethe waren wieder mal im TV. So läuft der Laden. Und alle sind glücklich bis an ihr Lebensende.
PS.: Aber Kerner hat ja neue Gäste in Aussicht. Wie das worldrun-Management verlauten ließ, soll Robby Clemens (ja, den gibt’s noch, auch wenn’s kaum ein Schwein interessiert) ja zu Kerner kommen. Und der geht nach der Auslade beim Riverboot natürlich hin, der geht ja zu jeder Eröffnung – sogar, wenn’s ein Briefumschlag ist.
Showgäste wie Margarethe Schreinemakers und Senta Berger hätten angesichts der Äußerungen Hermans ihrerseits mit Ausstieg aus der Runde gedroht. Zum einen erinnert das sehr an Sandkastengeplänkel. Da sind zwei Weiber sauer, weil der tolle Onkel nur mit einer anderen redet, während sie umsonst so tolle Burgen bauen. Zum anderen: Who the fuck is Schreinemakers? Sicher, vor eineinhalb Jahrzehnten war da mal was, aber das ist doch ein verloschener Zwergstern, den nicht mal das Dschungelcamp haben wollte. Und auch Senta Berger ist ja wohl nicht mehr die Zugnummer ...
Also wenden wir uns Johannes B. Kerner zu. Wenn er (oder besser: seine Berater) Eva Herman in die Show einladen, tun sie das doch nicht, um mit ihr über Blondierungsmittel und ihre Zeit als Gebrauchtwagenhändlergattin zu reden. Kerner wollte Herman, um dem Rentnersender eine ordentliche Quote zu bescheren. Er weiß, dass die brabbelnde Eva provoziert und polarisiert und hat geglaubt, dass er sie ebenso wie seine alternden Diven einwickeln und auf Sendeformat bringen kann.
Fehlanzeige. Die Frau mag zwar ein eigenartiges Verhältnis zur deutschen Geschichte und zu aktuellen Werten haben, aber sie ist nicht blöd, sondern weiß, was sie will. Das stand vor der Einladung zu Kerner fest, und eben das hat sie durchgezogen. Nicht mehr, und nicht weniger.
Und damit hat sie ihr Ziel ebenso erreicht wie der nun empört dahergrummelnde Kerner. Die Eva hat ihre Publicity, und Johannes seine Quote. Und sogar Senta und Margarethe waren wieder mal im TV. So läuft der Laden. Und alle sind glücklich bis an ihr Lebensende.
PS.: Aber Kerner hat ja neue Gäste in Aussicht. Wie das worldrun-Management verlauten ließ, soll Robby Clemens (ja, den gibt’s noch, auch wenn’s kaum ein Schwein interessiert) ja zu Kerner kommen. Und der geht nach der Auslade beim Riverboot natürlich hin, der geht ja zu jeder Eröffnung – sogar, wenn’s ein Briefumschlag ist.
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Mittwoch, 10. Oktober 2007
"Diese Sportler dürften nicht starten"
zeitungsdieb, 09:45h
Aaaah, preiset den Herrn! Im Sportteil meiner Lokalpostille schaffte es gestern eine Laufveranstaltung auf die erste Seite. Dort, wo sonst die erschröcklichen Nachrichten aus den beiden Leipziger Rasenkomikervereinigungen und allenfalls noch einige Zeilen über Formel 1 zu lesen sind, durfte der geneigte Zeitungskonsument auch etwas über einen Marathon erfahren. Sensationell.
Leider. Denn dass der Chicago-Marathon es auf den Sporttitel (genauer gesagt: in den Keller der ersten Seite, oben stand ein Bericht über Zoff bei einem Spiel der fußballernden A-Jugend) geschafft hatte, lag daran, dass in Chicago ein Läufer seinen letzten Schnaufer getan hatte.
Folglich titelte meine Lokalpostille „Läufer-Folter im Hitze-Chaos von Chicago“, untertitelt wurde „Ein Toter beim Traditionsmarathon, 350 Sportler im Krankenhaus / Ivuti und Adere siegen“. Der insgesamt recht mäßige Artikel ist eine kaum eine bearbeitete Meldung des Sport-Informations-Dienstes sid, den viele deutsche Zeitungen wortgetreu übernommen haben. Immerhin nicht alle, die Berliner Morgenpost leistete sich einen eigenen, deutlich besseren Text.
Aber: Auch die sid-Nutzer unterschieden sich mit ihren Texten. Das eine Blatt holte noch Stimmen aus der regionalen Laufszene ein, die Redakteure des anderen ließen fragwürdige Passagen aus der Agenturmeldung weg. Mein geliebtes Lokalblatt scheint mir nach Durchsicht eine Reihe deutscher Tageszeitungen den Vogel abgeschossen zu haben. Ein selten dämlicher Passus aus der sid-Meldung steht in voller Schönheit nur in der Leipziger Volkszeitung.
Zitat: „Bei deutschen Marathons ist eine Situation wie in Chicago, wo mehrere Tausend langsame Läufer kehrt machen mussten, die nach dreieinhalb Stunden noch nicht die Hälfte der 42,195 km geschafft haben, nicht möglich. Diese Sportler dürften gar nicht erst starten, denn die Zielzeit hierzulande liegt im Bereich von sechs Stunden, in den USA sind es acht Stunden und mehr.“
Was hat die Zielschlusszeit (diese war wohl gemeint, denn die Zielzeit ist etwas anderes) damit zu tun, dass ein langsamer Läufer in good old Germany gar nicht erst starten dürfte? Auch in Deutschland wird man bei der Anmeldung für einen Marathon nur höchst selten nach aktuellen Bestzeiten oder der erwarteten Zielzeit gefragt, Belege für bereits erbrachte Leistungen werden wohl nur in Hamburg eingefordert – um die Sortierung in die Startblöcke vornehmen zu können.
Wer sich in Deutschland für einen Marathon anmeldet, wird in aller Regel auch starten dürfen – ganz gleich, in welcher Zeit er die 42,195 km absolvieren kann. Ob man ihn durchlaufen lässt, ist eine andere Frage: Schließlich gibt es den Besenwagen.
Leider. Denn dass der Chicago-Marathon es auf den Sporttitel (genauer gesagt: in den Keller der ersten Seite, oben stand ein Bericht über Zoff bei einem Spiel der fußballernden A-Jugend) geschafft hatte, lag daran, dass in Chicago ein Läufer seinen letzten Schnaufer getan hatte.
Folglich titelte meine Lokalpostille „Läufer-Folter im Hitze-Chaos von Chicago“, untertitelt wurde „Ein Toter beim Traditionsmarathon, 350 Sportler im Krankenhaus / Ivuti und Adere siegen“. Der insgesamt recht mäßige Artikel ist eine kaum eine bearbeitete Meldung des Sport-Informations-Dienstes sid, den viele deutsche Zeitungen wortgetreu übernommen haben. Immerhin nicht alle, die Berliner Morgenpost leistete sich einen eigenen, deutlich besseren Text.
Aber: Auch die sid-Nutzer unterschieden sich mit ihren Texten. Das eine Blatt holte noch Stimmen aus der regionalen Laufszene ein, die Redakteure des anderen ließen fragwürdige Passagen aus der Agenturmeldung weg. Mein geliebtes Lokalblatt scheint mir nach Durchsicht eine Reihe deutscher Tageszeitungen den Vogel abgeschossen zu haben. Ein selten dämlicher Passus aus der sid-Meldung steht in voller Schönheit nur in der Leipziger Volkszeitung.
Zitat: „Bei deutschen Marathons ist eine Situation wie in Chicago, wo mehrere Tausend langsame Läufer kehrt machen mussten, die nach dreieinhalb Stunden noch nicht die Hälfte der 42,195 km geschafft haben, nicht möglich. Diese Sportler dürften gar nicht erst starten, denn die Zielzeit hierzulande liegt im Bereich von sechs Stunden, in den USA sind es acht Stunden und mehr.“
Was hat die Zielschlusszeit (diese war wohl gemeint, denn die Zielzeit ist etwas anderes) damit zu tun, dass ein langsamer Läufer in good old Germany gar nicht erst starten dürfte? Auch in Deutschland wird man bei der Anmeldung für einen Marathon nur höchst selten nach aktuellen Bestzeiten oder der erwarteten Zielzeit gefragt, Belege für bereits erbrachte Leistungen werden wohl nur in Hamburg eingefordert – um die Sortierung in die Startblöcke vornehmen zu können.
Wer sich in Deutschland für einen Marathon anmeldet, wird in aller Regel auch starten dürfen – ganz gleich, in welcher Zeit er die 42,195 km absolvieren kann. Ob man ihn durchlaufen lässt, ist eine andere Frage: Schließlich gibt es den Besenwagen.
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Montag, 8. Oktober 2007
Dekadenz und Dummheit
zeitungsdieb, 11:58h
Der Duden hält für das Stichwort „Dekadenz“ die Kurzerklärung „Verfall, Niedergang“ bereit. Kann man von Dekadenz reden, wenn laut Leipziger Volkszeitung vom 8. Oktober 2007 „eine Gruppe junger Leute“ demnächst die Filiale einer Fast-Food-Kette leerfressen will? Angepeilt werden laut Lokalpostille 4.000 Burger in Leipzig, zeitgleich sollen Rekordversuche in Berlin und Augsburg stattfinden.
Initiator dieser Aktion ist Udo Grigas, ein 20jähriger Koch, der seine Brötchen im Halleschen Dorinth-Hotel mit der Herstellung etwas besserer Kost verdient. Nach einigen kleineren Testaktionen in Berlin und Zwickau will er nun den ganz großen Coup landen und wirbt dafür im Internet. „Natürlich aus Spaß“, betont Grigas. Und ohne Verbandelung mit der auf diese Weise mit PR bedachten Burgerbraterei.
Ob es wirklich noch etwas mit Spaß zu tun hat, wenn – wie geplant – mindestens 500 Menschen je acht oder mehr Burger ins sich hineinstopfen, sei dahingestellt. Ein Zeichen von Dekadenz ist es aus meiner Sicht auf jeden Fall. Und das nicht nur beim Macher und seinen Mitmachern, sondern auch bei der Redakteurin, die derartigem Geistesmüll noch Platz in einer Zeitung einräumt, die nach eigenem Selbstverständnis den Anspruch hegt, Qualitätsjournalismus zu bieten.
Wie weit der Niedergang schon fortgeschritten ist, macht ein Blick auf die Homepage der Burgeraktion deutlich. Dort wird der für den 13. Oktober geplante Flashmob angekündigt. Nun gut, der virtuose Umgang mit der deutschen Sprache und der ihr zudachten Rechtschreibung ist wohl mittlerweile keine der Fähigkeiten mehr, die man zwingend besitzen muss.
Vom Webmaster der Aktion darf man in Zukunft trotz seiner Jugend noch einige anspruchsvolle Auftritte erwarten. Schließlich hat sich der clevere Schüler bereits Domains wie drittes-bein.de schützen lassen und bietet diese zum Kauf an. Nur aus Spaß.
Dass mein mangelndes Verständnis für die Aktion wohl nicht nur an meinem mittlerweile etwas vorgerückteren (amtlichen) Alter liegt, wurde mir beim Blick in diverse Flashmob-nahe Bloggereien klar. Dort sorgen die Aufrufe zum Leerfressen einzelner Burgerbratereien seit Monaten für Kritik. Während den einen das sinnlose Schlingen mit Bezug auf andernorts alltäglichen Hunger und die Details der industriellen Fleischproduktion unangenehm aufstößt, vermissen andere Blogger vor allem das kreative Element, das einen Flashmob üblicherweise auszeichnet. Zitat: „Klar mit Ansage. Damit die Klopsebrater Zeit haben, Dienstplan und Warenlager auf den Ansturm vorzubereiten. Mit Flashmob hat das nichts zu tun.“
Daran ändert auch nichts, dass die „Nur-aus-Spaß“-Initiatoren der Leipziger Aktion für ihren „Anschlag“ zwei mögliche Ziele benannt haben. Diese liegen nur wenige hundert Meter auseinander, zur Not ließe sich der Nachschub per Handwagen von A nach B rollen. Aber da Gefrierfleisch geduldig ist, sollte es kein Problem sein, beide Filialen rechtzeitig aufzurüsten. Bei der PR-Aktion gehen die Kosten für „mal eben aus Spaß 5.000 Burgerscheiben ins Zwischenlager“ im Grundrauschen unter. Im Flash-Mobbers.net wird im Zusammenhang mit der Leipziger Aktion bzw. ihre per Web bereits mehrfach angekündigten Vorläufer an die Rulez dieses Metiers erinnert, die direkte oder indirekte Werbeaktionen ausdrücklich ausschließen.
Warum ich das schreibe? Weil mir allmählich die Nackenmuskeln wehtun – vor lauter Kopfschütteln. Wie berufsvergessen muss man als Redakteuse einer dem Qualitätsjournalismus verpflichteten Abo-Zeitung eigentlich sein, Informationen über eine bekloppte Bulettenfressorgie ins Blatt zu heben, ohne sich die Mühe zu machen, mal ein wenig zu recherchieren, was es damit eigentlich auf sich hat? Ein wenig Google, ein wenig Denic, ein wenig hier und da recherchiert, ein wenig journalistisches Handwerk – und der nur-aus-Spaß-Rekordversuch wäre da gelandet, wo er hingehört: im Trash-Ordner bzw. im Papierkorb. Oder doch zumindest in der Rubrik „Glossiert“.
Initiator dieser Aktion ist Udo Grigas, ein 20jähriger Koch, der seine Brötchen im Halleschen Dorinth-Hotel mit der Herstellung etwas besserer Kost verdient. Nach einigen kleineren Testaktionen in Berlin und Zwickau will er nun den ganz großen Coup landen und wirbt dafür im Internet. „Natürlich aus Spaß“, betont Grigas. Und ohne Verbandelung mit der auf diese Weise mit PR bedachten Burgerbraterei.
Ob es wirklich noch etwas mit Spaß zu tun hat, wenn – wie geplant – mindestens 500 Menschen je acht oder mehr Burger ins sich hineinstopfen, sei dahingestellt. Ein Zeichen von Dekadenz ist es aus meiner Sicht auf jeden Fall. Und das nicht nur beim Macher und seinen Mitmachern, sondern auch bei der Redakteurin, die derartigem Geistesmüll noch Platz in einer Zeitung einräumt, die nach eigenem Selbstverständnis den Anspruch hegt, Qualitätsjournalismus zu bieten.
Wie weit der Niedergang schon fortgeschritten ist, macht ein Blick auf die Homepage der Burgeraktion deutlich. Dort wird der für den 13. Oktober geplante Flashmob angekündigt. Nun gut, der virtuose Umgang mit der deutschen Sprache und der ihr zudachten Rechtschreibung ist wohl mittlerweile keine der Fähigkeiten mehr, die man zwingend besitzen muss.
Vom Webmaster der Aktion darf man in Zukunft trotz seiner Jugend noch einige anspruchsvolle Auftritte erwarten. Schließlich hat sich der clevere Schüler bereits Domains wie drittes-bein.de schützen lassen und bietet diese zum Kauf an. Nur aus Spaß.
Dass mein mangelndes Verständnis für die Aktion wohl nicht nur an meinem mittlerweile etwas vorgerückteren (amtlichen) Alter liegt, wurde mir beim Blick in diverse Flashmob-nahe Bloggereien klar. Dort sorgen die Aufrufe zum Leerfressen einzelner Burgerbratereien seit Monaten für Kritik. Während den einen das sinnlose Schlingen mit Bezug auf andernorts alltäglichen Hunger und die Details der industriellen Fleischproduktion unangenehm aufstößt, vermissen andere Blogger vor allem das kreative Element, das einen Flashmob üblicherweise auszeichnet. Zitat: „Klar mit Ansage. Damit die Klopsebrater Zeit haben, Dienstplan und Warenlager auf den Ansturm vorzubereiten. Mit Flashmob hat das nichts zu tun.“
Daran ändert auch nichts, dass die „Nur-aus-Spaß“-Initiatoren der Leipziger Aktion für ihren „Anschlag“ zwei mögliche Ziele benannt haben. Diese liegen nur wenige hundert Meter auseinander, zur Not ließe sich der Nachschub per Handwagen von A nach B rollen. Aber da Gefrierfleisch geduldig ist, sollte es kein Problem sein, beide Filialen rechtzeitig aufzurüsten. Bei der PR-Aktion gehen die Kosten für „mal eben aus Spaß 5.000 Burgerscheiben ins Zwischenlager“ im Grundrauschen unter. Im Flash-Mobbers.net wird im Zusammenhang mit der Leipziger Aktion bzw. ihre per Web bereits mehrfach angekündigten Vorläufer an die Rulez dieses Metiers erinnert, die direkte oder indirekte Werbeaktionen ausdrücklich ausschließen.
Warum ich das schreibe? Weil mir allmählich die Nackenmuskeln wehtun – vor lauter Kopfschütteln. Wie berufsvergessen muss man als Redakteuse einer dem Qualitätsjournalismus verpflichteten Abo-Zeitung eigentlich sein, Informationen über eine bekloppte Bulettenfressorgie ins Blatt zu heben, ohne sich die Mühe zu machen, mal ein wenig zu recherchieren, was es damit eigentlich auf sich hat? Ein wenig Google, ein wenig Denic, ein wenig hier und da recherchiert, ein wenig journalistisches Handwerk – und der nur-aus-Spaß-Rekordversuch wäre da gelandet, wo er hingehört: im Trash-Ordner bzw. im Papierkorb. Oder doch zumindest in der Rubrik „Glossiert“.
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Donnerstag, 4. Oktober 2007
Oder doch lieber drei Brötchen?
zeitungsdieb, 10:31h
Ein Euro. Nicht eben üppig, dieser Betrag. Was bekommt man für einen Euro? Drei nicht zu ausgefallene Brötchen bei meinem Dorfbäcker. Noch. Eine Flasche Bier, oder auch zwei, je nach Marke. Einen knappen Liter Diesel. Noch. Und meine allmorgendliche Zeitung. Ja, ein Exemplar meiner Lokalpostille, die das Wörtchen „Volk“ im Titel führt, schlägt im Freiverkauf ebenfalls mit einem Euro zu Buche. Am Wochenende wird’s teurer, weil das Blatt dann vorgibt, gehaltvoller zu sein.
Ich gönne mir den Luxus einer täglichen Zeitung. Auch berufsbedingt, als Journalist muss man trotz aller Knausrigkeit hier und da nach Informationen grasen. Obwohl: Oon Jahr zu Jahr fällt es mir schwerer, bei der Wahl zwischen „drei Brötchen“ oder „meiner Zeitung“ nicht letztere in den Skat zu drücken. Und das liegt nicht daran, dass mir der eine Euro wirklich Pein bereitet.
Heute war wieder so ein Tag, der mich zweifeln ließ an Sinn und Zweck morgendlicher Zeitungslektüre. Gut, der Lokalteil war etwas weniger schwachbrünstig als sonst. Den Rechten und den Linken sei’s gedankt. Kürzlich hat in Leipzigs Innenstadt ein Modegeschäft eröffnet, in dem wohl Klamotten einer Marke angeboten werden, die gern „von rechts“ getragen wird. Nach einem Umweg über Magdeburg hat die linkstouristische Szene bei Googlemaps nun auch Leipzig entdeckt und lässt in der City Scheiben von Geschäften splittern. Wie sich die Ausdrucksformen von Rechts und Links doch mitunter ähneln.
Sei’s drum: Während die Montagsausgabe meiner Lieblingslokalzeitung normalerweise eher dürftig daherkommt, hatte der Lokalteil heute sogar ein aktuelles Thema. Außerdem hat unser Landesfürst seinen Kanzleichef abgesägt. Letzterer verlegt sein Tun nun aus der Dresdner Residenz ins notorisch rote Leipzig, was ich gleich zweifach befürworte: Zum einen tut etwas mehr schwarzer Politik meiner Heimatstadt nur gut, zum anderen war’s gleich der zweite lesenswerte Lokalbericht. Und das an einem Montag!
Im Sport sieht das schon anders aus. Dort wird wieder einmal die sportliche und finanzielle Pleite eines der beiden „wichtigen“ Leipziger Fußballvereine breitgeschrieben. Für Außenstehende: Wer sich eine Vorstellung von den Summen machen will, die beide Vereine seit 1990 ohne erkennbaren Erfolg geschluckt und vernichtet haben, sollte einen Blick auf die deutsche Staatsverschuldung werfen. Allerdings: Deutschland wird wohl eher aus dem finanziellen Keller kommen als die stolpernden Grünflächenbügler.
Ansonsten: Fleißiger Nachrichtenagenturen sei Dank, enthielt mein Lokalpapier sogar wieder einen Politikteil. Heute sogar mit montagsuntypischer Zugabe. Beim Durchsehen entdeckte ich nämlich ein separates Buch (so heißen im Zeitungsjargon die Heften, aus denen der ganze Papierpacken besteht) namens „Zeitgeschehen“. Hoffnung keimte auf: Sind die Gesellschafter schon so satt, dass sie den Lesern nun etwas mehr gönnen? Zu früh gefreut: Unter dem Titel Zeitgeschehen waren vier Agenturmeldungen aufs Papier geklatscht worden. DPA berichtet über die USA-Giftspritze und die Koreanische Präsidentenwanderung (letzteres eine Dublette, denn das Thema stand schon an anderer Stelle im Blatt), afp tickerte über Radio Maryja und Kaczynski, DDP machte die Seite mit dem Prozess um den Foltermord in der JVA Siegburg voll. Aber nicht ganz: Auf einem drittel der Seite prangte eine Textil-Anzeige, die einen glatzköpfigen Mitbürger alternativer Pigmentierung im 99-Euro-Anzug zeigt und mich wissen ließ, dass „Drucktechnisch bedingte Farbunterschiede nicht ganz auszuschließen sind“. Wieder was gelernt.
Der Rest des Zeitgeschehen-Buches hatte diesen hohen Anspruch nicht. Der bestand aus zwei nordischen Seiten (sorry an die linken Touristen: Das Format meiner Lokalpostille heißt nun mal „nordisch“, also lasst die Steine im Pflaster) Werbung für die netten Läden des einen Albrechtbruders sowie einer weiteren Seite, auf der ein blondes Rippchen mit nur einem Fuß und einer viel zu großen Kunstledertasche mich zur heutigen Eröffnung eines neuen Bahnhofsladen nach Leipzig bittet. Auch ja, und die in schlichtem blau-orange-Wechsel gehaltene Beilage eines geilen Elektroladens passte auch noch hinter die Seite mit der Ankündigung vom Zeitgeschehen.
Sicher, der Volksmund weiß, dass Papier geduldig ist. Aber ob das auch die Leserschaft einer Zeitung ist? Drei Brötchen oder zwei Bier sind auch nicht zu verachten.
Ich gönne mir den Luxus einer täglichen Zeitung. Auch berufsbedingt, als Journalist muss man trotz aller Knausrigkeit hier und da nach Informationen grasen. Obwohl: Oon Jahr zu Jahr fällt es mir schwerer, bei der Wahl zwischen „drei Brötchen“ oder „meiner Zeitung“ nicht letztere in den Skat zu drücken. Und das liegt nicht daran, dass mir der eine Euro wirklich Pein bereitet.
Heute war wieder so ein Tag, der mich zweifeln ließ an Sinn und Zweck morgendlicher Zeitungslektüre. Gut, der Lokalteil war etwas weniger schwachbrünstig als sonst. Den Rechten und den Linken sei’s gedankt. Kürzlich hat in Leipzigs Innenstadt ein Modegeschäft eröffnet, in dem wohl Klamotten einer Marke angeboten werden, die gern „von rechts“ getragen wird. Nach einem Umweg über Magdeburg hat die linkstouristische Szene bei Googlemaps nun auch Leipzig entdeckt und lässt in der City Scheiben von Geschäften splittern. Wie sich die Ausdrucksformen von Rechts und Links doch mitunter ähneln.
Sei’s drum: Während die Montagsausgabe meiner Lieblingslokalzeitung normalerweise eher dürftig daherkommt, hatte der Lokalteil heute sogar ein aktuelles Thema. Außerdem hat unser Landesfürst seinen Kanzleichef abgesägt. Letzterer verlegt sein Tun nun aus der Dresdner Residenz ins notorisch rote Leipzig, was ich gleich zweifach befürworte: Zum einen tut etwas mehr schwarzer Politik meiner Heimatstadt nur gut, zum anderen war’s gleich der zweite lesenswerte Lokalbericht. Und das an einem Montag!
Im Sport sieht das schon anders aus. Dort wird wieder einmal die sportliche und finanzielle Pleite eines der beiden „wichtigen“ Leipziger Fußballvereine breitgeschrieben. Für Außenstehende: Wer sich eine Vorstellung von den Summen machen will, die beide Vereine seit 1990 ohne erkennbaren Erfolg geschluckt und vernichtet haben, sollte einen Blick auf die deutsche Staatsverschuldung werfen. Allerdings: Deutschland wird wohl eher aus dem finanziellen Keller kommen als die stolpernden Grünflächenbügler.
Ansonsten: Fleißiger Nachrichtenagenturen sei Dank, enthielt mein Lokalpapier sogar wieder einen Politikteil. Heute sogar mit montagsuntypischer Zugabe. Beim Durchsehen entdeckte ich nämlich ein separates Buch (so heißen im Zeitungsjargon die Heften, aus denen der ganze Papierpacken besteht) namens „Zeitgeschehen“. Hoffnung keimte auf: Sind die Gesellschafter schon so satt, dass sie den Lesern nun etwas mehr gönnen? Zu früh gefreut: Unter dem Titel Zeitgeschehen waren vier Agenturmeldungen aufs Papier geklatscht worden. DPA berichtet über die USA-Giftspritze und die Koreanische Präsidentenwanderung (letzteres eine Dublette, denn das Thema stand schon an anderer Stelle im Blatt), afp tickerte über Radio Maryja und Kaczynski, DDP machte die Seite mit dem Prozess um den Foltermord in der JVA Siegburg voll. Aber nicht ganz: Auf einem drittel der Seite prangte eine Textil-Anzeige, die einen glatzköpfigen Mitbürger alternativer Pigmentierung im 99-Euro-Anzug zeigt und mich wissen ließ, dass „Drucktechnisch bedingte Farbunterschiede nicht ganz auszuschließen sind“. Wieder was gelernt.
Der Rest des Zeitgeschehen-Buches hatte diesen hohen Anspruch nicht. Der bestand aus zwei nordischen Seiten (sorry an die linken Touristen: Das Format meiner Lokalpostille heißt nun mal „nordisch“, also lasst die Steine im Pflaster) Werbung für die netten Läden des einen Albrechtbruders sowie einer weiteren Seite, auf der ein blondes Rippchen mit nur einem Fuß und einer viel zu großen Kunstledertasche mich zur heutigen Eröffnung eines neuen Bahnhofsladen nach Leipzig bittet. Auch ja, und die in schlichtem blau-orange-Wechsel gehaltene Beilage eines geilen Elektroladens passte auch noch hinter die Seite mit der Ankündigung vom Zeitgeschehen.
Sicher, der Volksmund weiß, dass Papier geduldig ist. Aber ob das auch die Leserschaft einer Zeitung ist? Drei Brötchen oder zwei Bier sind auch nicht zu verachten.
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Mittwoch, 3. Oktober 2007
Vorurteile schützen vor dem Denken
zeitungsdieb, 21:14h
Menschen sind in der Lage, aus den auf sie einströmenden Informationen zu lernen. Sie sammeln Erfahrungen und können beim wiederholten Auftreten einer Situation adäquat reagieren, ohne den konkreten Fall erst durchdenken zu müssen. Das war „früher“ von Vorteil („Löwe – schnell weg“) und ist es heute noch („Besoffener Glatzkopf – besser Schnauze halten“). Verselbstständigen sich Erfahrungen bzw. versteckt sich ein Mensch, statt die Bereitschaft zum Denken zu zeigen, hinter seinem Erfahrungsschatz, werden aus Erfahrungen Vorurteile.
Wohl jeder Mensch hat einige davon („Die Grünen hätte man rechtzeitig verbieten sollen“), hält sich mit deren exzessiver Verkündigung aber wohlweislich zurück – schließlich hat man ja frühzeitig die Erfahrung gemacht, dass Reden zwar Silber, Schweigen aber mitunter Gold sein kann.
Ausdrücklich verlangt wird Vorurteilsfreiheit – zumindest in beruflichen Fragen – von Journalisten. Die Meinung des Schreiberlings – und dazu zählen auch dessen Vorurteile – hat in einem Bericht nichts verloren. Aber es ist ja so bequem, seinen Vorurteilen Auslauf zu geben. Schließlich muss man dann weniger denken und noch weniger recherchieren.
Ein aktuelles Beispiel für diese Berufsauffassung lieferte am gestrigen Tage der Chefreporter meiner Leipziger Lokalpostille ab. Er erzählte in großer Aufmachung eine herzige Tag-der-deutschen-Einheit-Geschichte. Zwei Knaben spielten 1942 miteinander, Kriegswirren und deutsche Teilung beendeten die Eisenbahn- und Sandkastenfreundschaft. Jetzt trafen beide einander wieder, der eine hat ein Leben in Bayern, der andere eines in Sachsen (fast) hinter sich. Und die Spieleisenbahn gibt’s immer noch.
Es hätte eine schöne Geschichte sein können – hätte mein werter Berufskollege nicht in die Kiste seiner Vorurteile gegriffen. Der „Knabe Ost“ war ein durchschnittlicher DDR-Bürger, aber ein wenig auch dagegen: Mutig löckte er wider den Stachel, war – so der Bericht – der einzige Bewohner des ganzen elfgeschossigen Plattenbaus, der nie die geforderte Fahne aus dem Fenster hängte und sogar den „Haus-Genossen“ widersprach. Dieser „einzige Aufrechte“ erinnert mich ein wenig an die Mär von der einen Stimme, die in irgendeinem deutschen Kaff bei allen Wahlen gegen Adolf Hitler abgegeben worden war. Ich habe selbst 29 Jahre DDR miterlebt; zur totalen Beflaggung fehlte trotz aller Agitation stets mehr als nur ein Stück Stoff …
Aber es kommt noch besser: Der ergraute Chefreporter greift noch einmal tief in die Schatzkiste seiner Berufs- und DDR-Erfahrung. Der „Knabe Ost“ war ein Nichtgenosse. Für alle Spätgeborenen: Er gehörte nicht der staatstragenden SED an – wie die übergroße Mehrheit der DDR-Bürger auch. Schlimmes widerfuhr ihm deshalb: „Auf die Plattenwohnung, 70 Quadratmeter groß, musste der Nicht-Genosse Wagner viele Jahre warten“, schildert der Chefreporter die Schikanen, denen die Aufrechten ausgesetzt waren.
Was sind „viele Jahre“? Zehn? Zwanzig? Vierzig? Rechnen wir mal nach. Laut des Chefreporters Text bezog Nicht-Genosse Wagner seine Platte in Leipzig-Grünau im Jahre 1980. Als Journalist, der sein Handwerk schon zu Zeiten der roten Genossen erlernt und ausgeübt hat, sollte der Herr Chefreporter wissen oder zumindest nachschlagen können, dass der Grundstein für das Neubaugebiet Leipzig-Grünau am 1.6.1976 gelegt wurde. Wie es Nicht-Genosse Wagner, der 1980 einzog, geschafft hat, viele Jahre auf seine Plattenwohnung zu warten, wird wohl auf ewig ein Geheimnis des Chefreporters und seiner Vorurteile bleiben.
Wohl jeder Mensch hat einige davon („Die Grünen hätte man rechtzeitig verbieten sollen“), hält sich mit deren exzessiver Verkündigung aber wohlweislich zurück – schließlich hat man ja frühzeitig die Erfahrung gemacht, dass Reden zwar Silber, Schweigen aber mitunter Gold sein kann.
Ausdrücklich verlangt wird Vorurteilsfreiheit – zumindest in beruflichen Fragen – von Journalisten. Die Meinung des Schreiberlings – und dazu zählen auch dessen Vorurteile – hat in einem Bericht nichts verloren. Aber es ist ja so bequem, seinen Vorurteilen Auslauf zu geben. Schließlich muss man dann weniger denken und noch weniger recherchieren.
Ein aktuelles Beispiel für diese Berufsauffassung lieferte am gestrigen Tage der Chefreporter meiner Leipziger Lokalpostille ab. Er erzählte in großer Aufmachung eine herzige Tag-der-deutschen-Einheit-Geschichte. Zwei Knaben spielten 1942 miteinander, Kriegswirren und deutsche Teilung beendeten die Eisenbahn- und Sandkastenfreundschaft. Jetzt trafen beide einander wieder, der eine hat ein Leben in Bayern, der andere eines in Sachsen (fast) hinter sich. Und die Spieleisenbahn gibt’s immer noch.
Es hätte eine schöne Geschichte sein können – hätte mein werter Berufskollege nicht in die Kiste seiner Vorurteile gegriffen. Der „Knabe Ost“ war ein durchschnittlicher DDR-Bürger, aber ein wenig auch dagegen: Mutig löckte er wider den Stachel, war – so der Bericht – der einzige Bewohner des ganzen elfgeschossigen Plattenbaus, der nie die geforderte Fahne aus dem Fenster hängte und sogar den „Haus-Genossen“ widersprach. Dieser „einzige Aufrechte“ erinnert mich ein wenig an die Mär von der einen Stimme, die in irgendeinem deutschen Kaff bei allen Wahlen gegen Adolf Hitler abgegeben worden war. Ich habe selbst 29 Jahre DDR miterlebt; zur totalen Beflaggung fehlte trotz aller Agitation stets mehr als nur ein Stück Stoff …
Aber es kommt noch besser: Der ergraute Chefreporter greift noch einmal tief in die Schatzkiste seiner Berufs- und DDR-Erfahrung. Der „Knabe Ost“ war ein Nichtgenosse. Für alle Spätgeborenen: Er gehörte nicht der staatstragenden SED an – wie die übergroße Mehrheit der DDR-Bürger auch. Schlimmes widerfuhr ihm deshalb: „Auf die Plattenwohnung, 70 Quadratmeter groß, musste der Nicht-Genosse Wagner viele Jahre warten“, schildert der Chefreporter die Schikanen, denen die Aufrechten ausgesetzt waren.
Was sind „viele Jahre“? Zehn? Zwanzig? Vierzig? Rechnen wir mal nach. Laut des Chefreporters Text bezog Nicht-Genosse Wagner seine Platte in Leipzig-Grünau im Jahre 1980. Als Journalist, der sein Handwerk schon zu Zeiten der roten Genossen erlernt und ausgeübt hat, sollte der Herr Chefreporter wissen oder zumindest nachschlagen können, dass der Grundstein für das Neubaugebiet Leipzig-Grünau am 1.6.1976 gelegt wurde. Wie es Nicht-Genosse Wagner, der 1980 einzog, geschafft hat, viele Jahre auf seine Plattenwohnung zu warten, wird wohl auf ewig ein Geheimnis des Chefreporters und seiner Vorurteile bleiben.
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Dienstag, 2. Oktober 2007
Die Handys kommen - oder: der Niedergang
zeitungsdieb, 14:26h
Jaja, den einen oder anderen gebildeten Mitmenschen höre ich jetzt schon säuseln: Handy, englischer Plural, y wird zum ie, so wie bei Babies. Ohne den Lehrer geben zu wollen: Handy ist ein deutsches Wort, sozusagen ein in vorauseilendem Gehorsam gebildetes Pseudofremdwort, das auch als solches, nämlich deutschdämliches, zu behandeln ist.
Aber zur Sache: Zu meinem Broterwerb gehört die redaktionelle Bearbeitung und graphische Gestaltung von Zeitungen & Zeitschriften, insbesondere von Kundenmagazinen. Längst hat Pisa diese Produkte erreicht. Kaum zu glauben, welchen Niedergang sprachlicher Kultur ich beinahe täglich erlebe. Nur zur Klarstellung: Niemand muss ein Dichterfürst sein oder seinen Bericht über eine Veranstaltung in feinster germanistischer Güte abliefern. Aber elementare Kenntnisse deutscher Rechtschreibung und sprachlicher Logik gehören aus meiner Sicht schon zu den Grundfertigkeiten, die ein Mensch nach erfolgreichem Abschluss (!) einer zehnjährigen Schulzeit beherrschen sollte. Die pfiffigeren unter den Unwissenden scheinen sich ihrer Lücken zumindest ein wenig bewusst zu sein ... und probieren in ihrem Textverarbeitungsprogramm so lange herum, bis die rote Kringellinie verschwindet. Duden? Fehlanzeige.
Aber auch der hilft ja nicht immer. Mir ist eine junge Berufskollegin, stolze Inhaberin eines Abiturs mit Deutschnote 1, besonders beglückend in Erinnerung geblieben. Sie schrieb in einem Artikel vom "Kirchbaum" und dessen roten Früchten. Den kritischen Hinweis zur Verwendung eines handelsüblichen Nachschlagewerkes zur deutschen Rechtschreibung vermochte sie nicht nachzuvollziehen. "Ich habe ja gesucht, aber Kirchbaum steht nicht drin, da gibt's nur Kirche, Kirchenchor, Kirchturm und sowas ..." Diese Episode ist nicht erfunden.
Aber ich wollte ja über Handys schreiben. Diese nützlichen Geräte haben die Arbeit vieler Journalisten revolutioniert. Und da sie sich nicht nur als Quatschmaschinen, sondern auch als obertollesupergeile und vor allem coole Kameras verwenden lassen, landen seit einiger Zeit auch Handyfotos zur Illustration von Berichten etc. in meinem Posteingang.
Sollte es tatsächlich eines Beweises für den Niedergang der Industriestaaten bedurft haben, die Handyfotos liefern ihn. Im blinden Vertrauen auf Marketingtrommelei und Megapixel wird ohne Sinn und Verstand abgelichtet, was vor die hosenknopfgroße, dreckverschmierte Kunststofflinse kommt. Und als wären all die Weisheiten vergangener Fotografengenerationen aus der kollektiven Erinnerung getilgt worden, als hättes es Begriffe wie Diagonale, Tessar, available light, indirekter Blitz oder Vordergrund und Hintergrund nie gegeben, ergießen sich Bildchen in meinen Posteingang, die besser nie aufgenommen worden wären.
Doch die Handyknipsbildchen sind nur die Spitze eines Eisberges, der schon seit Jahren unterwegs ist. In der Dresdner Hütte auf dem Stubaigletscher hängen die Konterfeis früherer und aktueller Vorstände bzw. Präsidenten der Dresdner Sektion des Deutschen Alpenvereins. Was gibt es dort für Portraits zu bestaunen: Sorgsam ausgeleuchtete und gerahmte Schwarzweißaufnahmen zeigen Gerichtspräsidenten im feinen Zwirn, geschniegelt und gebügelt im Wissen um die Bedeutung des Augenblicks, da der Herr Photograph nach langen Vorbereitungsarbeiten den Objektivdeckel von seiner Kamera entfernte.
Welch Niedergang offenbart sich da bei Betrachtung der jüngeren Abbildungen: Farbstichige, unscharfe, verblichene Farbfotos, lässig dahingefläzte Vereinsvorsitzende im faltigen Shirt bilden einen schwerzhaften Kontrast zu den ehrwürdigen Herren vergangener Jahrzehnte. Und schon bald wird wohl der erste Präsident mit weitwinkelverzeichneter Knollennase und gut erkennbarer Tintenstrahlspritzpixelei dieser Galerie einen neuen Tiefpunkt bescheren. Nur gut, dass es den heutigen Knipsbildchen an Lichtechtheit mangelt. Jede Nuance des Verblassens kann das Leid des Betrachters nur lindern.
Noch eine Anmerkung sei mir trotz der schon ausufernden Textlänge gestattet: Seit dem Amoklauf von Erfurt erlaubt das Waffengesetz jungen Erwachsenen den Erwerb von großkalibrigem Sportgerät erst ab einem Alter von 21 Jahren. Eine ähnliche Regel würde ich auch bei fotografischen Gerätschaften befürworten. Digital ist erst ab 26 erlaubt. Wer jünger ist, muss eine Kamera mit Film benutzen. Unzählige Terabyte banalster und vor allem schlechtester Bildchen blieben der Menschheit erspart, wenn jeder "Schuss" - so wie einst - richtig Geld kostet und nach 36 mal "Klick" der Film voll ist.
In Ehren ergraute Fotografen kennen sich noch den Satz, dass das Bild im Kopf entsteht ...
Aber zur Sache: Zu meinem Broterwerb gehört die redaktionelle Bearbeitung und graphische Gestaltung von Zeitungen & Zeitschriften, insbesondere von Kundenmagazinen. Längst hat Pisa diese Produkte erreicht. Kaum zu glauben, welchen Niedergang sprachlicher Kultur ich beinahe täglich erlebe. Nur zur Klarstellung: Niemand muss ein Dichterfürst sein oder seinen Bericht über eine Veranstaltung in feinster germanistischer Güte abliefern. Aber elementare Kenntnisse deutscher Rechtschreibung und sprachlicher Logik gehören aus meiner Sicht schon zu den Grundfertigkeiten, die ein Mensch nach erfolgreichem Abschluss (!) einer zehnjährigen Schulzeit beherrschen sollte. Die pfiffigeren unter den Unwissenden scheinen sich ihrer Lücken zumindest ein wenig bewusst zu sein ... und probieren in ihrem Textverarbeitungsprogramm so lange herum, bis die rote Kringellinie verschwindet. Duden? Fehlanzeige.
Aber auch der hilft ja nicht immer. Mir ist eine junge Berufskollegin, stolze Inhaberin eines Abiturs mit Deutschnote 1, besonders beglückend in Erinnerung geblieben. Sie schrieb in einem Artikel vom "Kirchbaum" und dessen roten Früchten. Den kritischen Hinweis zur Verwendung eines handelsüblichen Nachschlagewerkes zur deutschen Rechtschreibung vermochte sie nicht nachzuvollziehen. "Ich habe ja gesucht, aber Kirchbaum steht nicht drin, da gibt's nur Kirche, Kirchenchor, Kirchturm und sowas ..." Diese Episode ist nicht erfunden.
Aber ich wollte ja über Handys schreiben. Diese nützlichen Geräte haben die Arbeit vieler Journalisten revolutioniert. Und da sie sich nicht nur als Quatschmaschinen, sondern auch als obertollesupergeile und vor allem coole Kameras verwenden lassen, landen seit einiger Zeit auch Handyfotos zur Illustration von Berichten etc. in meinem Posteingang.
Sollte es tatsächlich eines Beweises für den Niedergang der Industriestaaten bedurft haben, die Handyfotos liefern ihn. Im blinden Vertrauen auf Marketingtrommelei und Megapixel wird ohne Sinn und Verstand abgelichtet, was vor die hosenknopfgroße, dreckverschmierte Kunststofflinse kommt. Und als wären all die Weisheiten vergangener Fotografengenerationen aus der kollektiven Erinnerung getilgt worden, als hättes es Begriffe wie Diagonale, Tessar, available light, indirekter Blitz oder Vordergrund und Hintergrund nie gegeben, ergießen sich Bildchen in meinen Posteingang, die besser nie aufgenommen worden wären.
Doch die Handyknipsbildchen sind nur die Spitze eines Eisberges, der schon seit Jahren unterwegs ist. In der Dresdner Hütte auf dem Stubaigletscher hängen die Konterfeis früherer und aktueller Vorstände bzw. Präsidenten der Dresdner Sektion des Deutschen Alpenvereins. Was gibt es dort für Portraits zu bestaunen: Sorgsam ausgeleuchtete und gerahmte Schwarzweißaufnahmen zeigen Gerichtspräsidenten im feinen Zwirn, geschniegelt und gebügelt im Wissen um die Bedeutung des Augenblicks, da der Herr Photograph nach langen Vorbereitungsarbeiten den Objektivdeckel von seiner Kamera entfernte.
Welch Niedergang offenbart sich da bei Betrachtung der jüngeren Abbildungen: Farbstichige, unscharfe, verblichene Farbfotos, lässig dahingefläzte Vereinsvorsitzende im faltigen Shirt bilden einen schwerzhaften Kontrast zu den ehrwürdigen Herren vergangener Jahrzehnte. Und schon bald wird wohl der erste Präsident mit weitwinkelverzeichneter Knollennase und gut erkennbarer Tintenstrahlspritzpixelei dieser Galerie einen neuen Tiefpunkt bescheren. Nur gut, dass es den heutigen Knipsbildchen an Lichtechtheit mangelt. Jede Nuance des Verblassens kann das Leid des Betrachters nur lindern.
Noch eine Anmerkung sei mir trotz der schon ausufernden Textlänge gestattet: Seit dem Amoklauf von Erfurt erlaubt das Waffengesetz jungen Erwachsenen den Erwerb von großkalibrigem Sportgerät erst ab einem Alter von 21 Jahren. Eine ähnliche Regel würde ich auch bei fotografischen Gerätschaften befürworten. Digital ist erst ab 26 erlaubt. Wer jünger ist, muss eine Kamera mit Film benutzen. Unzählige Terabyte banalster und vor allem schlechtester Bildchen blieben der Menschheit erspart, wenn jeder "Schuss" - so wie einst - richtig Geld kostet und nach 36 mal "Klick" der Film voll ist.
In Ehren ergraute Fotografen kennen sich noch den Satz, dass das Bild im Kopf entsteht ...
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