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Dienstag, 26. Februar 2008
Der Test: Soll MP Wolfgang Böhmer abgetrieben werden?
zeitungsdieb, 10:23h
Der Böhmer-Eklat zieht Kreise. Für seinen Aussetzer erhält der sachsen-anhaltinische Ministerpräsident Dresche von allen Seiten. Und das ist gut so, denn wer auf Pfeifferschen Spuren wandelt und die legalen Abtreibungen in der DDR praktisch zur Ursache von Kindstötungen in Gesamtdeutschland-Ost erklärt, hat Prügel verdient.
Und was tut der so heftig gescholtene MP? Er erweist sich als guter Politiker – genau wie seinerzeit Wolfgang Thierse, als dessen Entgleisung in Richtung Helmut Kohl („die Frau im dunklen Zimmer sitzen lassen“) publik (gemacht) wurde.
Wolfgang Böhmer wehrt sich mit der Universalwaffe aller Feiglinge, die nicht zu ihren Worten stehen: Er verkündet, nicht richtig bzw. verkürzt zitiert worden zu sein.
Nun sei es mir gestattet, dem glücklosen Politgynäkologen einen Tipp von Mann zu Mann, von Journalist zu Landesvater zu geben. Dazu bin ich in der Lage, denn ich verdiene meine Brötchen unter anderem damit, den einen oder anderen Politiker in Fragen seiner öffentlichen Darstellung zu beraten und schule gelegentlich Mitarbeiter von Verbänden, Verwaltungen etc. in presserechtlichen Fragen.
Es gibt, und diesen Rat gebe ich Wolfgang Böhmer unentgeltlich, neben dem hinreichend bekannten Recht am eigenen Bild auch das Recht am eigenen Wort. Wer ein Interview gibt, kann (und sollte) dieses in einer konkreten Fassung autorisieren lassen. Wenn das geschieht, darf es in dieser – nur in dieser – Fassung veröffentlicht werden. Diese Praxis ist bei vielen Journalisten unbeliebt, weil sie zusätzliche Arbeit macht und ein wenig auch die eigene Kompetenz in Frage stellt. Aber man kann sie als Gesprächspartner zur conditio sine qua non machen (ich gebe hier mal ein wenig mit Lateinerei an, weil doch ein Medizinmann im Spiel ist). Im Klartext: Zur unerlässlichen Bedingung.
Nun ist die momentane Nachrichtenlage in der causa Böhmer ein wenig wunderlich: Der MP sieht sich sinnentstellend zitiert, schmollt und sagt erst einmal gar nichts mehr. Aus den heiligen Hallen der Fokusredaktion ist hingegen zu hören, dass das Interview sehr wohl zur Autorisierung vorgelegt worden und durch die sachsen-anhaltinische Staatskanzlei freigegeben worden sei. Das verleiht der ganzen Geschichte natürlich eine besondere Note.
Schließlich wirft dieses Detail Fragen auf:
- Hat Wolfgang Böhmer das Interview gelesen und freigegeben?
- Hat er ein so wichtiges Interview von Mitarbeitern lesen und freigeben lassen, weil er die Brisanz des Themas unterschätzt hat?
- Hat Wolfgang Böhmer mit seiner Darstellung („verkürzte, sinnentstellende Wiedergabe“) die Wahrheit ein wenig kreativ gebeugt, um sich in ein besseres Licht zu rücken?
- Gibt es in der Staatskanzlei des Landes Sachsen-Anhalt Mitarbeiter, die mal eben schnell entscheiden, was der MP gesagt hat und was nicht und die solches auch bei brisanten Themen tun, ohne dass el Cheffe davon weiß?
Die Leser meines kleinen Tagebuches kennen sicher die beliebten Fragebögen in Focus, Stern & Co., durch deren Beantwortung man z.B. sein Risiko abschätzen kann, vom tiefgefrorenen Inhalt einer Flugzeugtoilette erschlagen zu werden oder an Haarausfall zu sterben. Im Sinne dieser Fragebögen gilt: Sollten Sie von den o.g. Fragen mindestens eine mit „Ja“ beantworten, wird für Wolfgang Böhmer die schnellstmögliche Abtreibung aus dem Amt des MP empfohlen.
Und was tut der so heftig gescholtene MP? Er erweist sich als guter Politiker – genau wie seinerzeit Wolfgang Thierse, als dessen Entgleisung in Richtung Helmut Kohl („die Frau im dunklen Zimmer sitzen lassen“) publik (gemacht) wurde.
Wolfgang Böhmer wehrt sich mit der Universalwaffe aller Feiglinge, die nicht zu ihren Worten stehen: Er verkündet, nicht richtig bzw. verkürzt zitiert worden zu sein.
Nun sei es mir gestattet, dem glücklosen Politgynäkologen einen Tipp von Mann zu Mann, von Journalist zu Landesvater zu geben. Dazu bin ich in der Lage, denn ich verdiene meine Brötchen unter anderem damit, den einen oder anderen Politiker in Fragen seiner öffentlichen Darstellung zu beraten und schule gelegentlich Mitarbeiter von Verbänden, Verwaltungen etc. in presserechtlichen Fragen.
Es gibt, und diesen Rat gebe ich Wolfgang Böhmer unentgeltlich, neben dem hinreichend bekannten Recht am eigenen Bild auch das Recht am eigenen Wort. Wer ein Interview gibt, kann (und sollte) dieses in einer konkreten Fassung autorisieren lassen. Wenn das geschieht, darf es in dieser – nur in dieser – Fassung veröffentlicht werden. Diese Praxis ist bei vielen Journalisten unbeliebt, weil sie zusätzliche Arbeit macht und ein wenig auch die eigene Kompetenz in Frage stellt. Aber man kann sie als Gesprächspartner zur conditio sine qua non machen (ich gebe hier mal ein wenig mit Lateinerei an, weil doch ein Medizinmann im Spiel ist). Im Klartext: Zur unerlässlichen Bedingung.
Nun ist die momentane Nachrichtenlage in der causa Böhmer ein wenig wunderlich: Der MP sieht sich sinnentstellend zitiert, schmollt und sagt erst einmal gar nichts mehr. Aus den heiligen Hallen der Fokusredaktion ist hingegen zu hören, dass das Interview sehr wohl zur Autorisierung vorgelegt worden und durch die sachsen-anhaltinische Staatskanzlei freigegeben worden sei. Das verleiht der ganzen Geschichte natürlich eine besondere Note.
Schließlich wirft dieses Detail Fragen auf:
- Hat Wolfgang Böhmer das Interview gelesen und freigegeben?
- Hat er ein so wichtiges Interview von Mitarbeitern lesen und freigeben lassen, weil er die Brisanz des Themas unterschätzt hat?
- Hat Wolfgang Böhmer mit seiner Darstellung („verkürzte, sinnentstellende Wiedergabe“) die Wahrheit ein wenig kreativ gebeugt, um sich in ein besseres Licht zu rücken?
- Gibt es in der Staatskanzlei des Landes Sachsen-Anhalt Mitarbeiter, die mal eben schnell entscheiden, was der MP gesagt hat und was nicht und die solches auch bei brisanten Themen tun, ohne dass el Cheffe davon weiß?
Die Leser meines kleinen Tagebuches kennen sicher die beliebten Fragebögen in Focus, Stern & Co., durch deren Beantwortung man z.B. sein Risiko abschätzen kann, vom tiefgefrorenen Inhalt einer Flugzeugtoilette erschlagen zu werden oder an Haarausfall zu sterben. Im Sinne dieser Fragebögen gilt: Sollten Sie von den o.g. Fragen mindestens eine mit „Ja“ beantworten, wird für Wolfgang Böhmer die schnellstmögliche Abtreibung aus dem Amt des MP empfohlen.
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Montag, 25. Februar 2008
Wolfgang Böhmer und der Präsidentenwahnsinn.
zeitungsdieb, 13:27h
Der Historienfilm „Troja“ mit Brad Pitt bescherte mir vor einigen Jahren eine neue Definition zum Stichwort Krieg. Hielt ich es bisher mit Clausewitz zeitlos-genialen Worten („Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“), so hieß es im Kino – nicht minder trefflich: „Krieg ist, wenn alte Männer reden und junge Männer sterben.“
Die regelmäßigen Leser dieses kleinen Tagebuches wissen, dass ich dazu neige, meine Einträge „von hinten durch die Brust ins Auge“ anzulegen und dass es an dieser Stelle voraussichtlich weder um den Krieg als Verbrechen noch um den Krieg als Triebkraft der menschlichen Entwicklung gehen wird.
Richtig. Ich nehme die Troja-Definition zum Anlass, das Stichwort „Politik“ zeitgemäß zu definieren. „Politik ist, wenn alte Männer reden und nicht merken, dass sie längst weggemusst hätten.“
Der geneigte Leser findet bei kurzem Nachdenken sicher eine ganze Reihe von Belegen für die Richtigkeit dieser Aussage. Es sei aber verraten, wer mich gerade heute auf diesen Satz kommen ließ. Der Dank für die überaus wertvolle Inspiration gebührt Wolfgang Böhmer. Dieser ist Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt und beging am 26. Januar 2008 seinen 72. Geburtstag. Seit 2007 trägt er das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland mit Stern und Schulterband. Ach, hätte er dieses hohe Auszeichnung doch zum Anlass genommen, sein Tun als MP zu beenden und einer altersgerechteren Tätigkeit nachzugehen. Aber nein – er machte weiter.
Bei einigen Presserterminen durfte ich Wolfgang Böhme in jüngerer Zeit erleben. Es war nicht wirklich ein Vergnügen, denn seine Auftritte waren – so meine ganz persönliche Auffassung - wenig glanzvoll und alles andere als brillant. Es sei dahingestellt, ob es an mangelnder Kompetenz des MP oder an der Unfähigkeit seiner Redenschreiber lag, Wolfgang Böhme erwarb sich unter Journalisten zunehmend den Ruf eines Grußwortonkels, den man nur schwer zitieren kann, weil er redet, ohne etwas wirklich Substanzielles zu sagen.
Über mangelnde Zitierhäufigkeit kann der nach Sachsen-Anhalt ausgewanderte Sachse Böhmer sich zumindest seit diesem Wochenende nicht beklagen. Hätte er doch nur geschwiegen, aber nein: Der Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe lieferte einen überflüssigen Deutungsversuch für Kindstötungen im Osten Deutschlands ab. Es komme ihm vor, so Böhmer gegenüber dem Nachrichtenmagazin Focus, als sei Kindstötung für manche Frauen „ein Mittel der Familienplanung“. Er begründete das mit der DDR-Abtreibungspolitik, die einen Schwangerschaftsabbruch bis zur 12. Woche ohne Begründung erlaubte.
Böhmer weiß, wovon er da redet. Schließlich hat er seine ärztliche Laufbahn zu fast 100 Prozent in Frauenkliniken verbracht: Bescherten ihm ventrikuläre Extrasystolen 1959 noch die erste Promotion, so arbeitete Böhmer ab 1960 zunächst an der Frauenklinik Görlitz, ehe er 1966 als Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe anerkannt wurde. In Wittenberg brachte er es bis zum Chefarzt. Seine Habilitation befasste sich 1983 mit dem Thema „Die Entwicklung der individuellen und gesellschaftlichen Belastung durch die menschliche Reproduktion“.
Keine Angst, ich denke jetzt nicht darüber nach, ob ein so erfahrener Geburtsmediziner sich in all den Jahren nicht etwa der Beihilfe zum Vielfachmord an ungeborenen Erdenbürgern schuldig gemacht hat.
Statt dessen grübele ich, was dem MP wohl ins Hirn gefahren sein könnte, dass er einen solchen gequirlten Unsinn absondertBritish Beef? Kalk?
Vergleichbaren geistigen Müll las man bislang lediglich aus der Feder des Kriminologen Christian Pfeiffer. Zur Erinnerung: 1999 folgerte Pfeiffer aus dem angeblichen „Töpfchenzwang“ in DDR-Kindergärten auf rechtsradikale Neigungen der Ossies.
Zudem ist er jene Koryphäe, die im Jahr 2000 mit einem Gutachten maßgeblich dazu beitrug, die Bewohner der sächsischen Stadt Sebnitz im „Fall Joseph“ als Neonazis zu stigmatisieren – inzwischen ist gesichert, dass der vermeintliche Mord ein Unfall ohne Fremdeinwirkung war. Aber Pfeiffer muss so was ja tun, damit sein Institut in die Schlagzeilen kommt, man muss ja schließlich Miete und Strom bezahlen ...
Doch zurück zu Wolfgang Böhme. Man mag zu legalen Schwangerschaftsabbrüchen stehen, wie man will – aber Böhmes Äußerungen sind eine Entgleisung, für die sich hoffentlich eine medizinische Ursache finden lässt. Sollte der MP seine Aussagen jedoch im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte gemacht haben, wäre das ein Skandal. In beiden Fällen gehört er jedoch „weg“ – weg aus dem Amt, weg aus der Regierung, hinein in irgendeine Form streng betreuter Wohnverwahrung, wo er mit seinem kranken Gebrabbel allenfalls als Kauz, nicht aber als Landesvater wahrgenommen wird.
Oder habe ich als „gelernter DDR-Bürger“ nur eine gestörte Wahrnehmung und Papa Böhmer ist der einzig Erleuchtete? Wohl kaum, denn die Reaktionen auf Böhmers Unflat lassen eine seltene Übereinstimmung zwischen ansonsten verfeindeten Parteien erkennen. Die Sachsen-CDU spricht in Gestalt ihrer Sozialministerin und des Generalsekretärs von „Unfug“, die FDP nennt Böhmers Argumente „abwegig“, die anhaltinische Linkspartei wettert über eine „ungeheuerliche Entgleisung“ und die SPD klagt über „verantwortungsloses Geschwätz“. Selbst die landeseigene CDU-Fraktion verweigert dem MP die Gefolgschaft.
Und ich? Erinnere noch einmal an meine obige Definition: „Politik ist, wenn alte Männer reden und nicht merken, dass sie längst weggemusst hätten.“
Die regelmäßigen Leser dieses kleinen Tagebuches wissen, dass ich dazu neige, meine Einträge „von hinten durch die Brust ins Auge“ anzulegen und dass es an dieser Stelle voraussichtlich weder um den Krieg als Verbrechen noch um den Krieg als Triebkraft der menschlichen Entwicklung gehen wird.
Richtig. Ich nehme die Troja-Definition zum Anlass, das Stichwort „Politik“ zeitgemäß zu definieren. „Politik ist, wenn alte Männer reden und nicht merken, dass sie längst weggemusst hätten.“
Der geneigte Leser findet bei kurzem Nachdenken sicher eine ganze Reihe von Belegen für die Richtigkeit dieser Aussage. Es sei aber verraten, wer mich gerade heute auf diesen Satz kommen ließ. Der Dank für die überaus wertvolle Inspiration gebührt Wolfgang Böhmer. Dieser ist Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt und beging am 26. Januar 2008 seinen 72. Geburtstag. Seit 2007 trägt er das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland mit Stern und Schulterband. Ach, hätte er dieses hohe Auszeichnung doch zum Anlass genommen, sein Tun als MP zu beenden und einer altersgerechteren Tätigkeit nachzugehen. Aber nein – er machte weiter.
Bei einigen Presserterminen durfte ich Wolfgang Böhme in jüngerer Zeit erleben. Es war nicht wirklich ein Vergnügen, denn seine Auftritte waren – so meine ganz persönliche Auffassung - wenig glanzvoll und alles andere als brillant. Es sei dahingestellt, ob es an mangelnder Kompetenz des MP oder an der Unfähigkeit seiner Redenschreiber lag, Wolfgang Böhme erwarb sich unter Journalisten zunehmend den Ruf eines Grußwortonkels, den man nur schwer zitieren kann, weil er redet, ohne etwas wirklich Substanzielles zu sagen.
Über mangelnde Zitierhäufigkeit kann der nach Sachsen-Anhalt ausgewanderte Sachse Böhmer sich zumindest seit diesem Wochenende nicht beklagen. Hätte er doch nur geschwiegen, aber nein: Der Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe lieferte einen überflüssigen Deutungsversuch für Kindstötungen im Osten Deutschlands ab. Es komme ihm vor, so Böhmer gegenüber dem Nachrichtenmagazin Focus, als sei Kindstötung für manche Frauen „ein Mittel der Familienplanung“. Er begründete das mit der DDR-Abtreibungspolitik, die einen Schwangerschaftsabbruch bis zur 12. Woche ohne Begründung erlaubte.
Böhmer weiß, wovon er da redet. Schließlich hat er seine ärztliche Laufbahn zu fast 100 Prozent in Frauenkliniken verbracht: Bescherten ihm ventrikuläre Extrasystolen 1959 noch die erste Promotion, so arbeitete Böhmer ab 1960 zunächst an der Frauenklinik Görlitz, ehe er 1966 als Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe anerkannt wurde. In Wittenberg brachte er es bis zum Chefarzt. Seine Habilitation befasste sich 1983 mit dem Thema „Die Entwicklung der individuellen und gesellschaftlichen Belastung durch die menschliche Reproduktion“.
Keine Angst, ich denke jetzt nicht darüber nach, ob ein so erfahrener Geburtsmediziner sich in all den Jahren nicht etwa der Beihilfe zum Vielfachmord an ungeborenen Erdenbürgern schuldig gemacht hat.
Statt dessen grübele ich, was dem MP wohl ins Hirn gefahren sein könnte, dass er einen solchen gequirlten Unsinn absondertBritish Beef? Kalk?
Vergleichbaren geistigen Müll las man bislang lediglich aus der Feder des Kriminologen Christian Pfeiffer. Zur Erinnerung: 1999 folgerte Pfeiffer aus dem angeblichen „Töpfchenzwang“ in DDR-Kindergärten auf rechtsradikale Neigungen der Ossies.
Zudem ist er jene Koryphäe, die im Jahr 2000 mit einem Gutachten maßgeblich dazu beitrug, die Bewohner der sächsischen Stadt Sebnitz im „Fall Joseph“ als Neonazis zu stigmatisieren – inzwischen ist gesichert, dass der vermeintliche Mord ein Unfall ohne Fremdeinwirkung war. Aber Pfeiffer muss so was ja tun, damit sein Institut in die Schlagzeilen kommt, man muss ja schließlich Miete und Strom bezahlen ...
Doch zurück zu Wolfgang Böhme. Man mag zu legalen Schwangerschaftsabbrüchen stehen, wie man will – aber Böhmes Äußerungen sind eine Entgleisung, für die sich hoffentlich eine medizinische Ursache finden lässt. Sollte der MP seine Aussagen jedoch im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte gemacht haben, wäre das ein Skandal. In beiden Fällen gehört er jedoch „weg“ – weg aus dem Amt, weg aus der Regierung, hinein in irgendeine Form streng betreuter Wohnverwahrung, wo er mit seinem kranken Gebrabbel allenfalls als Kauz, nicht aber als Landesvater wahrgenommen wird.
Oder habe ich als „gelernter DDR-Bürger“ nur eine gestörte Wahrnehmung und Papa Böhmer ist der einzig Erleuchtete? Wohl kaum, denn die Reaktionen auf Böhmers Unflat lassen eine seltene Übereinstimmung zwischen ansonsten verfeindeten Parteien erkennen. Die Sachsen-CDU spricht in Gestalt ihrer Sozialministerin und des Generalsekretärs von „Unfug“, die FDP nennt Böhmers Argumente „abwegig“, die anhaltinische Linkspartei wettert über eine „ungeheuerliche Entgleisung“ und die SPD klagt über „verantwortungsloses Geschwätz“. Selbst die landeseigene CDU-Fraktion verweigert dem MP die Gefolgschaft.
Und ich? Erinnere noch einmal an meine obige Definition: „Politik ist, wenn alte Männer reden und nicht merken, dass sie längst weggemusst hätten.“
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Schmökern bei Werner Sonntag
zeitungsdieb, 12:06h
Von Zeit zu Zeit schaue ich unter www.laufreport.de
nach, um Werner Sonntags Tagebuch auf neue Einträge zu inspizieren. Beim gestrigen Sonntagsdienst (die Arbeit am Tag des Herrn gehört für Journalisten zur Normalität) wurde ich fündig, Werners Eintrag vom 19. Februar www.laufreport.de/vermischtes/sonntag/sonntag.htm bereitete mir erhebliches Lesevergnügen. Schließlich tut es gut, beim Lesen der Gedanken eines anderen festzustellen, dass die eigenen Auffassungen so verquer doch nicht sein können. Und wenn mein an dieser Stelle kürzlich veröffentlichtes Elaborat über Steuerehrlichkeit (Wer frei von Fehl ist, der werfe den ersten Stein ...) auch weit davon entfernt ist, mehrheitsfähig zu sein, so stimmt es doch im Kern mit der Meinung des von mir hochgeschätzten Sport- und Berufskollegen Werner Sonntag überein. Und das ist ja eine ganze Menge wert ...
nach, um Werner Sonntags Tagebuch auf neue Einträge zu inspizieren. Beim gestrigen Sonntagsdienst (die Arbeit am Tag des Herrn gehört für Journalisten zur Normalität) wurde ich fündig, Werners Eintrag vom 19. Februar www.laufreport.de/vermischtes/sonntag/sonntag.htm bereitete mir erhebliches Lesevergnügen. Schließlich tut es gut, beim Lesen der Gedanken eines anderen festzustellen, dass die eigenen Auffassungen so verquer doch nicht sein können. Und wenn mein an dieser Stelle kürzlich veröffentlichtes Elaborat über Steuerehrlichkeit (Wer frei von Fehl ist, der werfe den ersten Stein ...) auch weit davon entfernt ist, mehrheitsfähig zu sein, so stimmt es doch im Kern mit der Meinung des von mir hochgeschätzten Sport- und Berufskollegen Werner Sonntag überein. Und das ist ja eine ganze Menge wert ...
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Mittwoch, 20. Februar 2008
Adenauer, Goethe und Heinrich der Kastrierer oder: Wie meine Lokalpostille Zitate entstellt
zeitungsdieb, 12:31h
Heute bescherte mir meine Lokalpostille wieder ein Erlebnis der besonderen Art. Da ich mich zurzeit auf ein Seminar zum Thema Pressearbeit vorbereite, dass ich demnächst vor einem größeren Teilnehmerkreis halten werde, lese ich mein Leib- und Magenblatt ein wenig intensiver, um für diese oder jene güldene Regel, die ich meinen Zuhörern verkünden möchte, aktuelle Beispiele anführen zu können.
In einer Kreisausgabe der nach eigenem Selbstverständnis dem Qualitätsjournalismus verpflichteten Leipziger Volkszeitung wurde ich jedoch in gänzlich unerwarteter Richtung fündig. Auf der ersten Seite des Blättchens philosophierte Regional-Chefredakteur Heinrich Lillie über die wundersamen Veränderungen, die das Goethe-Gedicht „Über allen Gipfeln ist Ruh, in allen Wipfeln spürest du kaum einen Hauch; die Vögelein schweigen im Walde. Warte nur, balde ruhest auch du“ durch Übersetzung ins Japanische (1902) und anschließend als vermeintlich japanisch Lyrik ins Französische (1911) erfuhr.
Durch neuerliche Übersetzung repatriiert, lauten die Zeilen des Dichterfürsten nun „Stille ist im Pavillon
aus Jade. Krähen fliegen stumm zu beschneiten Kirschbäumen im Mondlicht. Ich sitze und weine.“
Nette Geschichte, beweist sie doch eindrucksvoll, dass es nicht erst der webbasierten Übersetzungshilfen bedarf, um sprachliche Wunder zu vollbringen.
Leider sah sich mein werter Journalistenkollege genötigt, zur Einstimmung auf die wundersamen Sprachwandlungen noch einige Zeilen abzusondern, in denen er über Politiker räsonierte, die nicht zu ihren Worten stehen. Ich halte das zwar für eine handwerklich misslungene Einleitung, aber wir leben ja in einem freien Land.
Dass besagter Kollege als besonders eklatantes Beispiel für Politiker und ihre Praxis des Wortverbiegens jedoch den ersten deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer ins Feld führte, ging mir denn doch ein wenig gegen die Hutschnur. Heinrich Lillie belegte das mit dem Adenauer-Zitat „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern.“
Nun ist es mit dem Zitieren so eine Sache, vor allem wenn man einen Ausspruch sinnentstellend verkürzt. Adenauer hat sich seinerzeit meines Wissens so geäußert: „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern, wenn ich doch jeden Tag etwas dazulerne.“ In anderen Quellen ist der zweite Teil des Ausspruches mit „Schließlich bin ich am Morgen ein Stück weiser“ angegeben.
Ganz gleich, welche der beiden Fassungen man zugrundelegt, auf alle Fälle klingt Konrad Adenauer so deutlich anders als in der kastrierten Fassung. Soll ich meinem falsch zitierenden Kollegen nun böswillige Absicht oder nur schlichte Unwissenheit unterstellen?
Bis ich in diesem Punkt eine Antwort gefunden habe, halte ich es wieder einmal mit Adenauer. Neben vielen anderen schönen Aussprüchen, wie zum Beispiel dem mit den kleinen Jungen, den Journalisten und den Steinen, stammt von ihm auch der folgende:
„Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont.“
Recht hat er, der alte Fuchs!
PS.: Für einen Hinweis auf die exakte Herkunft des Geschwätz-Zitates wäre ich den Lesern meines kleinen Tagebuches dankbar.
In einer Kreisausgabe der nach eigenem Selbstverständnis dem Qualitätsjournalismus verpflichteten Leipziger Volkszeitung wurde ich jedoch in gänzlich unerwarteter Richtung fündig. Auf der ersten Seite des Blättchens philosophierte Regional-Chefredakteur Heinrich Lillie über die wundersamen Veränderungen, die das Goethe-Gedicht „Über allen Gipfeln ist Ruh, in allen Wipfeln spürest du kaum einen Hauch; die Vögelein schweigen im Walde. Warte nur, balde ruhest auch du“ durch Übersetzung ins Japanische (1902) und anschließend als vermeintlich japanisch Lyrik ins Französische (1911) erfuhr.
Durch neuerliche Übersetzung repatriiert, lauten die Zeilen des Dichterfürsten nun „Stille ist im Pavillon
aus Jade. Krähen fliegen stumm zu beschneiten Kirschbäumen im Mondlicht. Ich sitze und weine.“
Nette Geschichte, beweist sie doch eindrucksvoll, dass es nicht erst der webbasierten Übersetzungshilfen bedarf, um sprachliche Wunder zu vollbringen.
Leider sah sich mein werter Journalistenkollege genötigt, zur Einstimmung auf die wundersamen Sprachwandlungen noch einige Zeilen abzusondern, in denen er über Politiker räsonierte, die nicht zu ihren Worten stehen. Ich halte das zwar für eine handwerklich misslungene Einleitung, aber wir leben ja in einem freien Land.
Dass besagter Kollege als besonders eklatantes Beispiel für Politiker und ihre Praxis des Wortverbiegens jedoch den ersten deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer ins Feld führte, ging mir denn doch ein wenig gegen die Hutschnur. Heinrich Lillie belegte das mit dem Adenauer-Zitat „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern.“
Nun ist es mit dem Zitieren so eine Sache, vor allem wenn man einen Ausspruch sinnentstellend verkürzt. Adenauer hat sich seinerzeit meines Wissens so geäußert: „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern, wenn ich doch jeden Tag etwas dazulerne.“ In anderen Quellen ist der zweite Teil des Ausspruches mit „Schließlich bin ich am Morgen ein Stück weiser“ angegeben.
Ganz gleich, welche der beiden Fassungen man zugrundelegt, auf alle Fälle klingt Konrad Adenauer so deutlich anders als in der kastrierten Fassung. Soll ich meinem falsch zitierenden Kollegen nun böswillige Absicht oder nur schlichte Unwissenheit unterstellen?
Bis ich in diesem Punkt eine Antwort gefunden habe, halte ich es wieder einmal mit Adenauer. Neben vielen anderen schönen Aussprüchen, wie zum Beispiel dem mit den kleinen Jungen, den Journalisten und den Steinen, stammt von ihm auch der folgende:
„Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont.“
Recht hat er, der alte Fuchs!
PS.: Für einen Hinweis auf die exakte Herkunft des Geschwätz-Zitates wäre ich den Lesern meines kleinen Tagebuches dankbar.
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Dienstag, 19. Februar 2008
Armes Deutschland oder: Hehlerei von Amts wegen
zeitungsdieb, 16:41h
Mein Großmütterlein hatte ein schier unerschöpfliches Arsenal an mehr oder minder gut gereimten Lebensweisheiten auf Lager. Und obwohl sie nun schon einige Jahre tot ist, weiß ich genau, welchen Spruch sie am heutigen Tag von sich gegeben hätte. Die Worte „Der Hehler ist so schlimm wie der Stehler“ wären ihr Kommentar darauf gewesen, dass die Bundesrepublik in Gestalt ihrer Schlapphutbehörde einem Dieb ein erklecklich Sümmchen zwischen vier und fünf Millionen Euro zukommen lässt, um im Gegenzug eine geklaute CD mit vertraulichen Bankdaten zu erhalten, die über Geschäfte Auskunft gegen, die in Liechtenstein, dem Herkunftsland der CD, legal sind.
Wikipedia definiert die Hehlerei http://de.wikipedia.org/wiki/Hehlerei als bedeutendste Anschlussstraftat an einen zuvor begangenen Diebstahl. Näheres steht im § 259 StGB. Das Wesen der Hehlerei besteht darin, dass jemand eine Sache, die ein anderer gestohlen ... hat, sich oder einem Dritten verschafft, um sich oder einen Dritten zu bereichern.
Wenn die deutschen Bundesschlapphüte des BND von einem Dieb eine CD kaufen, um diese an einen Dritten weiterzugeben, auf dass dieser daraus mehrere hundert Millionen oder gar einige Milliarden Euro zu erlösen, ist das – genau: Hehlerei. Und eben dieses böse Wort war heute auch aus Liechtenstein zu hören, denn dort ist man über die deutsche Vorgehensweise alles andere als amüsiert.
Die geneigten Leser dieses kleinen Tagebuches mögen sich vielleicht noch an eine Eintrübung des deutsch-italienischen Verhältnisses im Zusammenhang mit den Mafia-Morden von Duisburg im August 2007. Bei den Ermittlungen kam ans Licht, dass der italienische Geheimdienst bei seinen Untersuchungen im Mafia-Umfeld auch in Deutschland tätig geworden ist und dazu u.a. Fahrzeugen verwanzt und deren Insassen abgehört hat.
Aus Regierungskreisen war darob ein kräftiges Murren zu hören. Hinter den politischen Kulissen zeigte man sich „not amused“, von einem Affront gegen Deutschland war die Rede. Weil die italienische Seite – Geheimhaltung hin, Geheimhaltung her – doch nicht einfach in einem souveränen Staat ermitteln kann wie sie lustig ist.
Nun ist Liechtenstein mit seinen 35.000 Einwohnern alles andere als eine Supermacht. Dennoch sollte Deutschland sich auch im Umgang mit einer Staat gewordenen Kleinstadt an gewisse Spielregeln halten. Wenn deutsche Schlapphüte auf irgendeinem der 160 Liechtensteiner Quadratkilometer Diebesgut kaufen, begehen sie Hehlerei und damit eine Straftat. Lassen sich nachrichtendienstliche Operationen auf fremdem Territorium nicht vermeiden, so ist es unter zivilisierten Staaten üblich, derartiges hinter den Kulissen abzustimmen. Alles andere hat den Beigeschmack eines Kommandounternehmens und kommt der Missachtung der staatlichen Eigenständigkeit gleich. Nun mag der eine oder andere Leser meines Tagebuches denken, dass 35.000 Liechtensteinsche Nasen nun mal nicht so ins Gewicht fallen wie 82 Millionen Deutschländer, aber das ist ein Irrtum. Auf die Größe (oder hier: Bevölkerungszahl) kommt’s nicht an. Ein souveräner Staat muss die gleichen Rechte wie der andere genießen, sonst könnte der deutsche Verteidigungsjung demnächst auf die Idee kommen, das „Problem Liechtenstein“ in einer „Operation Stiftung“ per Eingemeindung zu lösen.
Soviel zur rotzfrechen Verfahrensweise deutscher Schlapphüte und Geldeintreiber, die Gesetze eines europäischen Landes einfach zu ignorieren. Um mit Columbo zu sprechen: „Aber eine Frage hätte ich doch noch ...“
Üblicherweise brüsten sich kriminelle Elemente wie Diebe und Hehler nicht mit ihren Taten. Im Gegenteil: Verschwiegenheit gehört zum Geschäft der Verbrecher ebenso wie zu dem der Schlapphüte. Warum wird aber der Kauf einer fünf Jahre alten Daten-CD samt relativ exakt bezifferter Kaufsumme und Abwicklungsdetails bis hin zum notariellen Konto in die Welt posaunt?
Mir fällt dazu nur eine Antwort ein: Man hofft auf weitere potenzielle Datendiebe und macht diesen schon mal ein Angebot. „Hey, bei uns gibt es für illegal beschaffte Bankdaten, die zur Aufklärung von Steuerhinterziehungen beitragen, richtig Knete! Wir ziehen Dich bei der Übergabe der Sore auch nicht übern Tisch, wir schalten einen Advokaten ein! Null Risiko, Mann. Und cäsh in the täsch“
Kleinliche Menschen nennen so etwas übrigens „Anstiftung zu einer Straftat“. Nur gut, dass mein Großmütterlein das nicht mehr erleben muss. Und ich? Komme aus dem Kopfschütteln nicht mehr heraus. Dass ich in einer "Diktatur" aufgewachsen bin, habe ich relativ unbeschadet überstanden. Aber dass ich nun in einem kriminellen Regime lebe ... armes Deutschland.
Wikipedia definiert die Hehlerei http://de.wikipedia.org/wiki/Hehlerei als bedeutendste Anschlussstraftat an einen zuvor begangenen Diebstahl. Näheres steht im § 259 StGB. Das Wesen der Hehlerei besteht darin, dass jemand eine Sache, die ein anderer gestohlen ... hat, sich oder einem Dritten verschafft, um sich oder einen Dritten zu bereichern.
Wenn die deutschen Bundesschlapphüte des BND von einem Dieb eine CD kaufen, um diese an einen Dritten weiterzugeben, auf dass dieser daraus mehrere hundert Millionen oder gar einige Milliarden Euro zu erlösen, ist das – genau: Hehlerei. Und eben dieses böse Wort war heute auch aus Liechtenstein zu hören, denn dort ist man über die deutsche Vorgehensweise alles andere als amüsiert.
Die geneigten Leser dieses kleinen Tagebuches mögen sich vielleicht noch an eine Eintrübung des deutsch-italienischen Verhältnisses im Zusammenhang mit den Mafia-Morden von Duisburg im August 2007. Bei den Ermittlungen kam ans Licht, dass der italienische Geheimdienst bei seinen Untersuchungen im Mafia-Umfeld auch in Deutschland tätig geworden ist und dazu u.a. Fahrzeugen verwanzt und deren Insassen abgehört hat.
Aus Regierungskreisen war darob ein kräftiges Murren zu hören. Hinter den politischen Kulissen zeigte man sich „not amused“, von einem Affront gegen Deutschland war die Rede. Weil die italienische Seite – Geheimhaltung hin, Geheimhaltung her – doch nicht einfach in einem souveränen Staat ermitteln kann wie sie lustig ist.
Nun ist Liechtenstein mit seinen 35.000 Einwohnern alles andere als eine Supermacht. Dennoch sollte Deutschland sich auch im Umgang mit einer Staat gewordenen Kleinstadt an gewisse Spielregeln halten. Wenn deutsche Schlapphüte auf irgendeinem der 160 Liechtensteiner Quadratkilometer Diebesgut kaufen, begehen sie Hehlerei und damit eine Straftat. Lassen sich nachrichtendienstliche Operationen auf fremdem Territorium nicht vermeiden, so ist es unter zivilisierten Staaten üblich, derartiges hinter den Kulissen abzustimmen. Alles andere hat den Beigeschmack eines Kommandounternehmens und kommt der Missachtung der staatlichen Eigenständigkeit gleich. Nun mag der eine oder andere Leser meines Tagebuches denken, dass 35.000 Liechtensteinsche Nasen nun mal nicht so ins Gewicht fallen wie 82 Millionen Deutschländer, aber das ist ein Irrtum. Auf die Größe (oder hier: Bevölkerungszahl) kommt’s nicht an. Ein souveräner Staat muss die gleichen Rechte wie der andere genießen, sonst könnte der deutsche Verteidigungsjung demnächst auf die Idee kommen, das „Problem Liechtenstein“ in einer „Operation Stiftung“ per Eingemeindung zu lösen.
Soviel zur rotzfrechen Verfahrensweise deutscher Schlapphüte und Geldeintreiber, die Gesetze eines europäischen Landes einfach zu ignorieren. Um mit Columbo zu sprechen: „Aber eine Frage hätte ich doch noch ...“
Üblicherweise brüsten sich kriminelle Elemente wie Diebe und Hehler nicht mit ihren Taten. Im Gegenteil: Verschwiegenheit gehört zum Geschäft der Verbrecher ebenso wie zu dem der Schlapphüte. Warum wird aber der Kauf einer fünf Jahre alten Daten-CD samt relativ exakt bezifferter Kaufsumme und Abwicklungsdetails bis hin zum notariellen Konto in die Welt posaunt?
Mir fällt dazu nur eine Antwort ein: Man hofft auf weitere potenzielle Datendiebe und macht diesen schon mal ein Angebot. „Hey, bei uns gibt es für illegal beschaffte Bankdaten, die zur Aufklärung von Steuerhinterziehungen beitragen, richtig Knete! Wir ziehen Dich bei der Übergabe der Sore auch nicht übern Tisch, wir schalten einen Advokaten ein! Null Risiko, Mann. Und cäsh in the täsch“
Kleinliche Menschen nennen so etwas übrigens „Anstiftung zu einer Straftat“. Nur gut, dass mein Großmütterlein das nicht mehr erleben muss. Und ich? Komme aus dem Kopfschütteln nicht mehr heraus. Dass ich in einer "Diktatur" aufgewachsen bin, habe ich relativ unbeschadet überstanden. Aber dass ich nun in einem kriminellen Regime lebe ... armes Deutschland.
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Sonntag, 17. Februar 2008
Liechtenstein, Zumwinkel, 5 Mio Euro, eine CD und eine Inszenierung. Oder: Judaslohn für Steuerdenunzianten?
zeitungsdieb, 18:40h
Die Nachricht über die Festnahme von Postchef Klaus Zumwinkel erreichte mich in Stuttgart während einer Besprechungspause im Hause eines Kunden. Mein erster Gedanke war: Welcher Zumwinkel? Etwa der von der Post? Kann der so dumm gewesen sein ...? Hat der das nötig?
Erst nach meiner freitäglichen Rückkehr ins heimische Büro hatte ich Gelegenheit, mich etwas näher mit dem Thema zu beschäftigen. Häme oder gar Empörung verspüre ich allerdings auch heute nicht. Weit entfernt bin ich davon, ins allgemeine Geschrei über die maßlosen, abgehobenen Manager und die Verwahrlosung von Deutschlands vermeintlichen Eliten einzustimmen.
Wer darüber anders denkt, sollte sich selbst einige Fragen über sein Verhalten als Steuerzahler stellen. Und wer frei von Fehl ist, wer noch nie bei Reisekostenabrechnungen, Spesen, Arbeitszimmer, km-Pauschale, Zweitwohnung, Sonderaufwendungen, Werbungspauschalen und alle den anderen Verlockungen schwach geworfen ist, der werfe den ersten Stein. Aber Vorsicht, dass es nicht zu sehr im Glashaus scheppert.
Was mich indes sehr beeindruckt hat, ist die Eleganz, mit der die Steuerfahnder ihren großen Coup inszeniert haben. In diesem Zusammenhang kann man von einem Gesamtkunstwerk reden, das denen eines André Heller in nichts nachsteht.
Erstens: Man leistete sich für den Auftakt einen Paukenschlag. Man schoss zum Auftakt nicht irgendeinen deutschen Leistungsträger aus der zweiten Reihe ab, sondern erlegte einen Topmanager mit Saubermannimage, der noch dazu einem Bundesunternehmen vorsteht. Noch spektakulärer wäre es nur gewesen, hätten die Autos mit den Umzugskartons vor der Dienstvilla des Bundespräsidenten geparkt ...
Zweitens: Der Zeitpunkt war perfekt gewählt. Nicht zu früh am Tag, denn die zufällig anwesenden Fernsehkameras sollten gute Bilder liefern. Wer glaubt schon die Mär von der undichten Stelle, die den TV-Hyänen einen Tipp gegeben hat. Jeder Terrorist weiß, dass ein Anschlag über den Bildschirm flimmern muss, soll er auch Schrecken verbreiten.
Drittens: In ihrer Genialität geradezu unglaublich ist die Auswahl von Datum und Wochentag. Schon der Valentinstag spricht für unmöglich geglaubte Poesie in deutschen Amtsstuben. Den Erstschlag gegen die Steuerbösewicht Zumwinkel an einem Donnerstag zu führen, bringt aber auch handfeste psychologische Vorteile: Zugriff am Donnerstag, großes Medieninteresse, am Freitag sind die Zeitungen voll. Viele deutsche Leistungsträger nehmen ihr schlechtes Gewissen nun mit ins Wochenende oder pflegen es aus der Ferne beim Ski-Urlaub. Allenfalls ein Handytelefonat mit dem Steuerberater oder einem hoffentlich nicht ins Lager des Feindes übergelaufenen Treuhänder ist möglich. Was erfährt der schlotternde Sünder dabei? Niemand wird ihm verraten, ob auch seine Sparmodelle von den Informationen aus der „geknackten Bank“ betroffen sind, aber eine Selbstanzeige könne das Schlimmste verhindern …
Und so schmort der mehr oder minder prominente Leistungsträger auf kleiner Flamme durchs Wochenende. Immer und immer wieder erklingt bei Fernseh- und Rundfunkinterviews das Wort „Selbstanzeige“.
Viertens: Die Informationspolitik ist preiswürdig. Die ansonsten eher als verschlossen geltenden Steuerfahnder lassen es menscheln und informieren über modische Vorlieben („meist schwarz gekleidet“) und berufliche Arbeitsweise („lässt gern festnehmen und schmoren, nach zwei Stunden werden die meisten weich“) von Staatsanwältin Margrit Lichtinghagen, der zentralen Ermittlerin. Das erinnert ein wenig an Mafia-Filme, in denen sich der Pate dafür entschuldigt, dass er einen Delinquenten kurz mit Lucca im Raum allein lassen muss. „Nimm’s nicht persönlich“, raunt der Pate dann. „Aber Lucca ist ein wenig jähzornig und er bricht gern Finger. Aber er meint es wirklich nicht böse ...“
Fünftens: Wird es am morgigen Montag bei der Steuerfahndung hoch hergehen. Wahrscheinlich musste für die Aufnahme von Selbstanzeigen ein rumänisches Call-Center beauftragt werden, um den Ansturm zu bewältigen. Bei der Direktannahme wird wohl ein Fahnder Nummern verteilen ...
Was mir an der ganzen Geschichte zu denken gibt, ist hingegen ein anderer Fakt. Wie die Welt am Sonntag heute meldete, zahlte der Bund auf dem Umweg über den Bundesnachrichtendienst 5 Millionen Euro für die Denunziantendatei. Auf der Datei seien, so die WamS, Steuerdaten von „über 1.000“ Cleverles gewesen. Je nach Quelle wird mit Steuernachzahlungen von etwa 3 Milliarden Euro gerechnet.
Schluck. Das ist eine Menge Holz. Aber denken wir die Geschichte mal anders. Wohl selten hat der Bund eine so gewinnbringende Investition getätigt. Fünf Millionen spülen demnächst drei Milliarden ins Bermudadreieck des Staatshaushaltes. Das macht eine Quote von 1:600.
Das wirft eine moralische Frage auf: Natürlich schreien so ziemlich alle braven Bürger „Hurra“, weil es gelungen ist, reiche Missetäter dingfest zu machen und ihnen ihr Liebstes zu entreißen. Da applaudiert der Stino-Deutsche doch sogar einem Denunzianten, der laut Heinrich Hoffmann von Fallersleben „Der schlimmst Lump im ganzen Land“ ist (Pikant: Von Fallersleben ist übrigens der Mann, der den Text fürs „Lied der Deutschen“, allgemein bekannt als aktuelle Nationalhymne, geliefert hat.).
Ganz gleich, ob Rache oder späte Reue, wer deutsche Leistungsträger ans fiskalische Messer liefert, ist ein Held. Meint zumindest die Blöd-Zeitung. Dass er dafür 5 Millionen Öcken (steuerfrei?) genommen hat, ist zwar nicht fein, aber verständlich.
Wie sieht’s aber mit dem Denunzianten aus, der einen mittelständischen Unternehmen zum Abschuss frei gibt, dessen Schlachtung dem Finanzminister sechs Millionen Euro bringt. Dafür wären gemäß der Quote 1:600 immerhin 10.000 Euro auf die gierige Kralle zahlbar.
Und was ist mit dem Fiesling, der seinen ungeliebten Nachbarn für 600.000 hinterzogene Euro aus Börsengeschäften über die Klinge springen lassen will – stehen dem dann 1.000 Euro zu? Und wie sieht’s mit der rachsüchtigen Geliebten aus, die ihrem nun doch nicht zur Scheidung bereiten Galan das Leben zur Hölle machen will und diesen dafür bei der Steuerfahndung anzeigt? Schließlich war das gemeinsame Liebesnest doch eigentlich als betriebliche Immobilie deklariert – na, und die 1.000 Euro Judaslohn nimmt die clevere Dame nun auch noch mit?
Die Leser meines kleinen Tagebuches fragen sich nun wahrscheinlich, weshalb ich mich über diese moralischen Dinge solchermaßen echauffiere. Ganz einfach: Ein Staat sollte aus meiner Sicht zwei Dinge nicht tun – er sollte sich nicht erpressen lassen und er sollte kein Kopfgeld zahlen. Wer sich erpressen lässt, macht sich erpressbar und wird nach einer Zahlung bald die nächste leisten (müssen). Und wer Kopfgeld zahlt, macht sich gemein mit Denunzianten, Spitzeln, Mördern und anderen Kriminellen.
Erst nach meiner freitäglichen Rückkehr ins heimische Büro hatte ich Gelegenheit, mich etwas näher mit dem Thema zu beschäftigen. Häme oder gar Empörung verspüre ich allerdings auch heute nicht. Weit entfernt bin ich davon, ins allgemeine Geschrei über die maßlosen, abgehobenen Manager und die Verwahrlosung von Deutschlands vermeintlichen Eliten einzustimmen.
Wer darüber anders denkt, sollte sich selbst einige Fragen über sein Verhalten als Steuerzahler stellen. Und wer frei von Fehl ist, wer noch nie bei Reisekostenabrechnungen, Spesen, Arbeitszimmer, km-Pauschale, Zweitwohnung, Sonderaufwendungen, Werbungspauschalen und alle den anderen Verlockungen schwach geworfen ist, der werfe den ersten Stein. Aber Vorsicht, dass es nicht zu sehr im Glashaus scheppert.
Was mich indes sehr beeindruckt hat, ist die Eleganz, mit der die Steuerfahnder ihren großen Coup inszeniert haben. In diesem Zusammenhang kann man von einem Gesamtkunstwerk reden, das denen eines André Heller in nichts nachsteht.
Erstens: Man leistete sich für den Auftakt einen Paukenschlag. Man schoss zum Auftakt nicht irgendeinen deutschen Leistungsträger aus der zweiten Reihe ab, sondern erlegte einen Topmanager mit Saubermannimage, der noch dazu einem Bundesunternehmen vorsteht. Noch spektakulärer wäre es nur gewesen, hätten die Autos mit den Umzugskartons vor der Dienstvilla des Bundespräsidenten geparkt ...
Zweitens: Der Zeitpunkt war perfekt gewählt. Nicht zu früh am Tag, denn die zufällig anwesenden Fernsehkameras sollten gute Bilder liefern. Wer glaubt schon die Mär von der undichten Stelle, die den TV-Hyänen einen Tipp gegeben hat. Jeder Terrorist weiß, dass ein Anschlag über den Bildschirm flimmern muss, soll er auch Schrecken verbreiten.
Drittens: In ihrer Genialität geradezu unglaublich ist die Auswahl von Datum und Wochentag. Schon der Valentinstag spricht für unmöglich geglaubte Poesie in deutschen Amtsstuben. Den Erstschlag gegen die Steuerbösewicht Zumwinkel an einem Donnerstag zu führen, bringt aber auch handfeste psychologische Vorteile: Zugriff am Donnerstag, großes Medieninteresse, am Freitag sind die Zeitungen voll. Viele deutsche Leistungsträger nehmen ihr schlechtes Gewissen nun mit ins Wochenende oder pflegen es aus der Ferne beim Ski-Urlaub. Allenfalls ein Handytelefonat mit dem Steuerberater oder einem hoffentlich nicht ins Lager des Feindes übergelaufenen Treuhänder ist möglich. Was erfährt der schlotternde Sünder dabei? Niemand wird ihm verraten, ob auch seine Sparmodelle von den Informationen aus der „geknackten Bank“ betroffen sind, aber eine Selbstanzeige könne das Schlimmste verhindern …
Und so schmort der mehr oder minder prominente Leistungsträger auf kleiner Flamme durchs Wochenende. Immer und immer wieder erklingt bei Fernseh- und Rundfunkinterviews das Wort „Selbstanzeige“.
Viertens: Die Informationspolitik ist preiswürdig. Die ansonsten eher als verschlossen geltenden Steuerfahnder lassen es menscheln und informieren über modische Vorlieben („meist schwarz gekleidet“) und berufliche Arbeitsweise („lässt gern festnehmen und schmoren, nach zwei Stunden werden die meisten weich“) von Staatsanwältin Margrit Lichtinghagen, der zentralen Ermittlerin. Das erinnert ein wenig an Mafia-Filme, in denen sich der Pate dafür entschuldigt, dass er einen Delinquenten kurz mit Lucca im Raum allein lassen muss. „Nimm’s nicht persönlich“, raunt der Pate dann. „Aber Lucca ist ein wenig jähzornig und er bricht gern Finger. Aber er meint es wirklich nicht böse ...“
Fünftens: Wird es am morgigen Montag bei der Steuerfahndung hoch hergehen. Wahrscheinlich musste für die Aufnahme von Selbstanzeigen ein rumänisches Call-Center beauftragt werden, um den Ansturm zu bewältigen. Bei der Direktannahme wird wohl ein Fahnder Nummern verteilen ...
Was mir an der ganzen Geschichte zu denken gibt, ist hingegen ein anderer Fakt. Wie die Welt am Sonntag heute meldete, zahlte der Bund auf dem Umweg über den Bundesnachrichtendienst 5 Millionen Euro für die Denunziantendatei. Auf der Datei seien, so die WamS, Steuerdaten von „über 1.000“ Cleverles gewesen. Je nach Quelle wird mit Steuernachzahlungen von etwa 3 Milliarden Euro gerechnet.
Schluck. Das ist eine Menge Holz. Aber denken wir die Geschichte mal anders. Wohl selten hat der Bund eine so gewinnbringende Investition getätigt. Fünf Millionen spülen demnächst drei Milliarden ins Bermudadreieck des Staatshaushaltes. Das macht eine Quote von 1:600.
Das wirft eine moralische Frage auf: Natürlich schreien so ziemlich alle braven Bürger „Hurra“, weil es gelungen ist, reiche Missetäter dingfest zu machen und ihnen ihr Liebstes zu entreißen. Da applaudiert der Stino-Deutsche doch sogar einem Denunzianten, der laut Heinrich Hoffmann von Fallersleben „Der schlimmst Lump im ganzen Land“ ist (Pikant: Von Fallersleben ist übrigens der Mann, der den Text fürs „Lied der Deutschen“, allgemein bekannt als aktuelle Nationalhymne, geliefert hat.).
Ganz gleich, ob Rache oder späte Reue, wer deutsche Leistungsträger ans fiskalische Messer liefert, ist ein Held. Meint zumindest die Blöd-Zeitung. Dass er dafür 5 Millionen Öcken (steuerfrei?) genommen hat, ist zwar nicht fein, aber verständlich.
Wie sieht’s aber mit dem Denunzianten aus, der einen mittelständischen Unternehmen zum Abschuss frei gibt, dessen Schlachtung dem Finanzminister sechs Millionen Euro bringt. Dafür wären gemäß der Quote 1:600 immerhin 10.000 Euro auf die gierige Kralle zahlbar.
Und was ist mit dem Fiesling, der seinen ungeliebten Nachbarn für 600.000 hinterzogene Euro aus Börsengeschäften über die Klinge springen lassen will – stehen dem dann 1.000 Euro zu? Und wie sieht’s mit der rachsüchtigen Geliebten aus, die ihrem nun doch nicht zur Scheidung bereiten Galan das Leben zur Hölle machen will und diesen dafür bei der Steuerfahndung anzeigt? Schließlich war das gemeinsame Liebesnest doch eigentlich als betriebliche Immobilie deklariert – na, und die 1.000 Euro Judaslohn nimmt die clevere Dame nun auch noch mit?
Die Leser meines kleinen Tagebuches fragen sich nun wahrscheinlich, weshalb ich mich über diese moralischen Dinge solchermaßen echauffiere. Ganz einfach: Ein Staat sollte aus meiner Sicht zwei Dinge nicht tun – er sollte sich nicht erpressen lassen und er sollte kein Kopfgeld zahlen. Wer sich erpressen lässt, macht sich erpressbar und wird nach einer Zahlung bald die nächste leisten (müssen). Und wer Kopfgeld zahlt, macht sich gemein mit Denunzianten, Spitzeln, Mördern und anderen Kriminellen.
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Montag, 11. Februar 2008
Eine alte Kaffeetasse - oder: Erinnerungen
zeitungsdieb, 09:08h
In meinem Küchenschrank gibt es ein Fach für Espressotassen und eines für allerlei Kaffeepötte. In letzterem sammelt sich interessantes, aber auch wunderliches Gut: Da gibt es eine Rennsteigtasse (wirklich nicht schön, aber das muss ja auch nicht sein, es ist schließlich der Rennsteiglauf), eine Linkshändertasse (hundsgemein, wer sie mit der Rechten nutzt, begießt sich mit Tee bzw. Kaffee) und ein ziemlich durchschnittliches Trinkgefäß, dass seine Besonderheit lediglich aus einem Aufdruck mit dem Schriftzug "CompuServe" zieht.

Meiner Frau, die das Dickicht in unserer Küche und insbesondere in den diversen Schrankfächern gelegentlich lichtet (ich unterstütze sie dabei, in dem ich beim Espresso-Machen hin und wieder eine Tasse zertöppere), ist die CompuServe-Tasse ein Dorn im Auge. Schon mehrere Male landete der schlichte Pott auf der Abschussrampe in Richtung Mülltonne, ebenso oft rettete ich das Trinkgefäß und stellte es wieder in den Schrank zurück.
Nun steht es auf einem meiner Büroschreibtische, wurde für die Leser dieses kleinen Tagebuches im Bild festgehalten und hat gute Chancen, noch einige Zeit genutzt zu werden.
Warum? Reine Sentimentalität. Anfang der 90er-Jahre trieb ich mich per 14.400er Modem in allerlei Mailboxen herum, schaufelte Programme ins Netz und saugte Daten herunter. Hinterließ auf irgendwelchen Schwarzen Brettern Postings und landete irgendwann in dieser Zeit bei Compuserve, ehe ich zu T-Online, das damals noch BTX hieß, wechselte.
Die Bekanntschaft mit Compuserve brachte mir zweierlei Dinge: Erstens exorbitant hohe Telefonrechnungen, denn der nächstgelegene Einwahlknoten befand sich in München. Von Leipzig bis dahin - das war ein veritables Ferngespräch. Und sowas kostete zu jener Zeit noch richtig Geld.
Zweitens blieb mir besagte Compuserve-Tasse, denn das US-Unternehmen bot seinen Kunden etwas, das heute unter dem Schlagwort E-Commerce selbstverständlich ist. Man konnte bei Compuserve lauter obercoole Dinge erwerben: Basecaps, Shirts, Tassen und anderes Zeugs, das die Welt eigentlich nicht braucht. Für richtig viel Geld - inklusive Shipping und Wegelagererzoll habe ich für das Stück wohl an die 30 DM hingelegt, landete irgendeines schönen Tages zu Beginn der 90er besagte Tasse bei mir. In einem kleinen Karton, der um die halbe Welt geschippert war. Auch wenn es bis zum Niedergang von Compuserve noch einige Jahre dauern sollte, so war die Tasse schon damals ein Relikt. Denn ich hatte dem irgendwann größten Online-Anbieter der Welt längst den Rücken gekehrt und nutzte BTX - dieser Dienst bot immerhin einen Einwahlknoten ohne Ferntarif.
Die Tasse werde ich wohl noch einige Zeit vor dem entsorgenden Zugriff meiner Frau schützen. Wie man das ebenso macht mit Erinnerungen. Vorsichtshalber habe ich ihr vor einigen Wochen aber erzählt, warum mir der Pott so am Herzen liegt. Vielleicht hilft es ja ...

Meiner Frau, die das Dickicht in unserer Küche und insbesondere in den diversen Schrankfächern gelegentlich lichtet (ich unterstütze sie dabei, in dem ich beim Espresso-Machen hin und wieder eine Tasse zertöppere), ist die CompuServe-Tasse ein Dorn im Auge. Schon mehrere Male landete der schlichte Pott auf der Abschussrampe in Richtung Mülltonne, ebenso oft rettete ich das Trinkgefäß und stellte es wieder in den Schrank zurück.
Nun steht es auf einem meiner Büroschreibtische, wurde für die Leser dieses kleinen Tagebuches im Bild festgehalten und hat gute Chancen, noch einige Zeit genutzt zu werden.
Warum? Reine Sentimentalität. Anfang der 90er-Jahre trieb ich mich per 14.400er Modem in allerlei Mailboxen herum, schaufelte Programme ins Netz und saugte Daten herunter. Hinterließ auf irgendwelchen Schwarzen Brettern Postings und landete irgendwann in dieser Zeit bei Compuserve, ehe ich zu T-Online, das damals noch BTX hieß, wechselte.
Die Bekanntschaft mit Compuserve brachte mir zweierlei Dinge: Erstens exorbitant hohe Telefonrechnungen, denn der nächstgelegene Einwahlknoten befand sich in München. Von Leipzig bis dahin - das war ein veritables Ferngespräch. Und sowas kostete zu jener Zeit noch richtig Geld.
Zweitens blieb mir besagte Compuserve-Tasse, denn das US-Unternehmen bot seinen Kunden etwas, das heute unter dem Schlagwort E-Commerce selbstverständlich ist. Man konnte bei Compuserve lauter obercoole Dinge erwerben: Basecaps, Shirts, Tassen und anderes Zeugs, das die Welt eigentlich nicht braucht. Für richtig viel Geld - inklusive Shipping und Wegelagererzoll habe ich für das Stück wohl an die 30 DM hingelegt, landete irgendeines schönen Tages zu Beginn der 90er besagte Tasse bei mir. In einem kleinen Karton, der um die halbe Welt geschippert war. Auch wenn es bis zum Niedergang von Compuserve noch einige Jahre dauern sollte, so war die Tasse schon damals ein Relikt. Denn ich hatte dem irgendwann größten Online-Anbieter der Welt längst den Rücken gekehrt und nutzte BTX - dieser Dienst bot immerhin einen Einwahlknoten ohne Ferntarif.
Die Tasse werde ich wohl noch einige Zeit vor dem entsorgenden Zugriff meiner Frau schützen. Wie man das ebenso macht mit Erinnerungen. Vorsichtshalber habe ich ihr vor einigen Wochen aber erzählt, warum mir der Pott so am Herzen liegt. Vielleicht hilft es ja ...
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Donnerstag, 7. Februar 2008
Von Spambots, Deppen, Jecken und dem Karneval
zeitungsdieb, 09:20h
Als Faschingsmuffel ist der gestrige Aschermittwoch für mich beinahe ein Feiertag. Endlich ist das "Tätääää, Tätääää, Tätääää" vorbei, zumindest für einige Monate. Als von Spam geplagter Computernutzer hingegen bedaure ich das Ende der närrischen Zeit. Kaum ist der letzte Jeck wieder so nüchtern, dass er seinen verseuchten PC anschalten kann, kommen die Spambots wieder auf Touren.
Das ist keine Spekulation, sondern eine Erfahrung. In meinem Büro laufen täglich so zwischen 400 und 500 Mails ein. Drei Viertel davon sind Spam verschiedenster Art und landen mehr oder weniger sicher in den Mülleimern vorgeschalteter Filter bzw. werden durch mich per Hand gekillt. Um die 100 "vernünftige" Mails dürfen letzten Endes passieren.
Die Menge des Spams lag in den vergangenen Tagen deutlich unter Durchschnitt. Beginnend mit der Weiberfastnacht ließ die nervige Flut nach, um am Rosenmontag einen absoluten Tiefpunkt zu erreichen. Auch Fastnacht blieb ich von unerwünschter Post verschont, Aschermittwoch schwoll der Strom wieder an, um am heutigen Donnerstag-nach-Karneval den gewohnten Pegel zu erreichen.
Ach, wären die Deppen mit der verseuchten Rechnern doch das ganze Jahr über in Jeckenlaune, dann bliebe mir der größte Teil des Mülls erspart. Vielleicht könnte ich dann sogar noch ein wenig Spaß am Karneval finden.
Aber so? Die Deppen gehen wieder ans Netz, der Spam strömt in alter Frische - und ich kann auf die Weihnachtstage hoffen, wenn alte, infizierte Computer durch neue, kurzzeitig saubere ersetzt werden. Oh, Du fröhliche ....
Das ist keine Spekulation, sondern eine Erfahrung. In meinem Büro laufen täglich so zwischen 400 und 500 Mails ein. Drei Viertel davon sind Spam verschiedenster Art und landen mehr oder weniger sicher in den Mülleimern vorgeschalteter Filter bzw. werden durch mich per Hand gekillt. Um die 100 "vernünftige" Mails dürfen letzten Endes passieren.
Die Menge des Spams lag in den vergangenen Tagen deutlich unter Durchschnitt. Beginnend mit der Weiberfastnacht ließ die nervige Flut nach, um am Rosenmontag einen absoluten Tiefpunkt zu erreichen. Auch Fastnacht blieb ich von unerwünschter Post verschont, Aschermittwoch schwoll der Strom wieder an, um am heutigen Donnerstag-nach-Karneval den gewohnten Pegel zu erreichen.
Ach, wären die Deppen mit der verseuchten Rechnern doch das ganze Jahr über in Jeckenlaune, dann bliebe mir der größte Teil des Mülls erspart. Vielleicht könnte ich dann sogar noch ein wenig Spaß am Karneval finden.
Aber so? Die Deppen gehen wieder ans Netz, der Spam strömt in alter Frische - und ich kann auf die Weihnachtstage hoffen, wenn alte, infizierte Computer durch neue, kurzzeitig saubere ersetzt werden. Oh, Du fröhliche ....
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