Donnerstag, 12. März 2009
Wolfgang Schäuble grollt dem Bundesverfassungsgericht. Oder: Karrieretipps für Richter vom Bundesüberwachungsminister
Wolfgang Schäuble, seines Zeichens überwachungswütiger Bundesinnenminister, hat gegen das Bundesverfassungsgericht gewettert. Wieder mal, denn steter Tropfen höhlt ja den Stein. In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (Guckst Du hier: http://www.faz.net/s/Rub594835B672714A1DB1A121534F010EE1/Doc~EE813AF7099EE49628DFDFA4326C8B8DB~ATpl~Ecommon~Scontent.html ) kann man nachlesen, wie Schäuble über das Tun der Verfassungsrichter denkt. Angesichts der einstweiligen Anordnung des BuVFG gegen die Vorratsdatenspeicherung machte Schäuble u.a. deutlich, dass sich die Richter nicht ins Handwerk der Politiker mischen sollten. Sein Fazit: „Wer Gesetze gestalten will, sollte sich bemühen, Mitglied des Deutschen Bundestages zu werden.“ Ausführlich unter o.g. Link nachzulesen.
Wäre ich ein bösartiger Mensch, könnte mir der Vergleich mit einem einst eingebürgerten Österreicher einfallen, der sich bei einem Tischgespräch darüber ausließ, dass es eine Schande ist, Jurist zu sein. Zuvor hatte er sich darüber geärgert, dass mit Verstand, Rückgrat und Ehre gesegnete Juristen ihm den unbedingten Gehorsam verweigert hatten. Da ich aber kein bösartiger Mensch bin, enthalte ich meiner geneigten Leserschaft den Namen dieses österreichischen Gefr... uuups ... lieber vor.
Dennoch: Unserem allseits beliebten Bundesüberwachungsminister sei der der Tipp gegeben, das o.g. Fazit ein wenig umzuformulieren. Wie wäre es mit „Wer ein Problem mit dem Grundgesetz hat, sollte weder Mitglied des Deutschen Bundestages bleiben noch ein Regierungsamt ausüben.“

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Bewertungszwang und Bäckerbrot. Oder: Manchmal will ich ein Eigenbrötler sein
Sonnabends gehe ich - soweit nicht anderweitig unterwegs - am frühen Morgen zu meinem Dorfbäcker und kaufe dort frisches Brot (klassische Sauerteigführung, falls das dem geneigten Leser etwas sagt) und knusprige Brötchen (auf Stein gebacken, richtiger Teig, nicht solche neumodischen Wessi-Blasen). Mein Dorfbäcker ist ein kleiner Handwerksbetrieb, vielfach ausgezeichnet und für die Qualität seiner Backwaren bekannt.
Würde ich nun den Sonntagsfrieden des Meisters stören und mich am Tag des Herrn auf des Bäckers Terrasse schleichen, wäre dieser irritiert. Sagte ich ihm dann, dass der Grund der Störung darin besteht, ihm mitzuteilen, wie gut Brot und Brötchen und wie freundlich die Bedienung waren, würde er mich - gelinde gesagt - für bescheuert erklären und seine Frau hätte in der Folgewoche eine skandalöse Neuheit fürs Tresengespräch im Bäckerfachgeschäft.
Keine Angst, ich habe nicht vor, dem Meister solcherart meine Aufwartung zu machen.

Doch nun mag sich der eine oder andere Leser meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches fragen, wozu ich dann derlei Gedankenspiele betreibe. Die Antwort ist simpel: In meinem E-Mail-Eingang fand ich heute wieder einmal verschiedene freundliche Mahnungen von Amazon & Co. vor, die mich daran erinneren sollen, doch bitteschön all die Händler, bei denen ich in jüngerer Zeit Käufe übers Internet getätigt habe, zu bewerten.
Doch genau dazu habe ich immer weniger Lust. Okay, ich habe hier einen PC, dort einen Monitor und da ein Gigabit-Switch erworben. Okay, die Geräte sind in Ordnung und wurden pünktlich geliefert. Aber soll ich mir nun Aufkleber drucken lassen und diese an jedes Geschäft kleben, in dem ich einen Einkauf tätige. An der Tanke im Nachbarort steht dann "Der Diesel vom 13. Februar war sehr gut, die Pistole hat leider gekleckert, deshalb nur vier Punkte", im Lottoladen verewige ich mich mit "Nicht mal ein Dreier, Geschäft nicht empfehlenswert" usw.
Gut, man mag mich einen Eigenbrötler nennen (ich werde deshalb nicht gleich zum Amokläufer), aber reicht es nicht, wenn ich eine Ware aussuche, kaufe und zufrieden bin? Wenn mir was nicht passt, werde ich schon meckern ...

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Dienstag, 10. März 2009
Hoher Besuch in Leipzig. Oder: Bundeswunderminister auf Wahlkampftour
Irgendwie muss in diesem Jahr Wahl sein. Bundestagswahl. Wie ich darauf komme (bzw. käme, wenn ich's nicht schon wüsste)? Bundeswunderminister und Ostgebietswohltäter Wolfgang Tiefensee lässt sich wieder verstärkt in seinem Wahlkreis sehen ... Kürzlich beglückte er eine Leipziger Schule mit seiner Anwesenheit, am Freitag (13.!) wird der Minister am bundesweiten Erfahrungsaustausch über das Förderprogramm Kommunal-Kombi teilnehmen. Der Genosse aus der Reichshauptstadt reist in die Provinz, um sich für die Zeit nach dem Verlust des Ministerpostens ein Bundestagsmandat zu sichern.
Erstaunlich ist nur, dass die Wahlkampfbesuche nicht von der Leipziger SPD, sondern durch das Referat Presse beim Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung bekanntgemacht werden. Aber das ist sicher alles legal, vermute ich.

Noch eine Vermutung gefällig?
Wenn der letzte Frost aus dem Erdreich gewichen und der Schlamm etwas abgetrocknet ist, wird Wolfgang wohl auch wieder den Spatenstichonkel der Nation geben. Im Anfangen war er schon immer gut.

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Netz-Gedächtnis, Politiker und andere DAU. Oder: Immer noch Weihnachten.
Das Netz vergisst nichts. Normale Internet-User wissen das und verhalten sich entsprechend. Neuerdings haben das auch Politiker, Bedenkenträger und andere DAU erkannt (oder erkennen lassen?) und sondern Sprechblasen ab, in denen sie die Umsetzung des Rechts auf Info-Selbstbestimmung fordern. Im Klartext: Wenn ein User will, dass etwas Bestimmtes über ihn nicht mehr im Netz steht, müssen alle Serverbetreiber diese Info von ihren Platten, Mirrors und Bandlaufwerken löschen ... Bullshit. Wer so was fordert, sollte sich anschauen, was unser aller Bundesbespitzelungsminister plant ...
Aber zurück zum Thema: Dass das Netz wirklich nichts vergisst, macht mir an jedem Morgen der obligatorische Blick in die Tiefen meines Spam-Filters deutlich. „Ja, ist denn schon wieder Weihnachten?“, könnte man angesichts der Viagra- und Penisenlargement-Mails fragen, die mir (oder ihr) noch immer eine unvergessliche Bescherung versprechen. Oder schon wieder? Schließlich ist ja bald wieder Weihnachten ...
Aber auch der Valentins-Tag ist bei den Spammern noch nicht vorüber. Irgendein Depp scheint sich immer zu finden, der seinen verseuchten Rechner anschaltet und die ollen Würmer und das ganze Zeugs weiter versprüht. Und Ostern ist ja auch bald wieder, das reicht dann – zumindest in punkto Mail – bis Mitte September.

Noch’n PS.: Zu Anfang dieses Tagebucheintrages habe ich vom Erkennen geschrieben. Interessantes Wort, das einen sehr schönen Bedeutungswandel erfahren hat. Wenn ich mal Lust und Laune habe, philosophiere ich dazu ein wenig. Wer neugierig ist, dem sei vorab etwas Bibellektüre empfohlen. Die Bücher Mose reichen für erbauliche Erkenntnisse ...

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Sonntag, 8. März 2009
Pirna, Marburg und die Betonkästen. Oder: Hässlich in Ost und West
Am Wochenende war ich in Marburg. Nettes Städtchen, viele Studenten, hübsches Schloss, angenehmer Grieche, schöner Lauf (guckst Du hier: http://www.ultra-marburg.de/ ). Weil Reisen ja auch bildet, habe ich etwas gelernt:
Bisher glaubte ich, dass so richtig schlimme Bau-Sünden nur in der einstigen DDR vorgekommen sind. Eines der verheerendsten Beispiele ist für mich die Bebauung des Sonnensteins in Pirna. Dort wurde eine Plattenbausiedlung auf einen landschaftsprägenden Berg gedonnert, dass es in den Augen schmerzt.
Für mich war dieser Missstand immer "typisch DDR, hier demonstrierte ein System seinen Herrschaftsanspruch.
In Marburg lernte ich, dass diese Bausünde kein Einzelfall ist. Gegenüber vom Schloss thronen auf einem Berg hoch über der Altstadt Betonkästen, die denen im sächsischen Pirna an Hässlichkeit und Deplatziertheit in nichts nachstehen.

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Freitag, 6. März 2009
Vergebliches Werben. Oder: Neue Besen wollen's wissen
In meinem kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuch lästerte ich vor einer Woche über die Eigenart der Bayerischen Beamtenkrankenkasse, mich hin und wieder per Brief als Mitglied werben zu wollen – obwohl ich es schon bin. Schuld daran sind nach Aussage von Mitarbeitern falsch gesetzte Selektionskriterien im Datenbestand (guckst Du hier: http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/1349122/ ).
Aber nicht nur bei Krankenkassen arbeiten – ähem – unfitte Mitarbeiter, sondern auch bei meiner Lokalpostille, der Leipziger Volkszeitung. Für die Stammleser meines Tagebuches ist diese Aussage nicht neu, im speziellen Fall ist es allerdings eine Premiere: Am heutigen Vormittag schellte mich eine rufnummernlose Dame spätmittleren Alters an und stellte sich als im Dienst der Leipziger Volkszeitung stehend vor. Mit leicht rauchiger Stimme bot sie mir ein zweiwöchiges Probeabo zum Kennenlernen eben jeder Zeitung an, die mir monatlich ein stattliches Abo-Entgelt vom Konto saugt. Auf meinen Hinweis, dass ich bereits ein Abo der LVZ habe, verabschiedete sie sich artig, die Verärgerung war der Stimme anzuhören, mit der Zusage, den Fehler im Datenbestand zu korrigieren.
Ich nehme an, dass sie einige Zeit zu tun haben wird, denn ich glaube nicht daran, dass zufällig nur meine Adresse in die Liste der vom Callcenter abzuklingelnden „potenziellen Kunden“ gerutscht ist. Meist liegt in solchen Fällen der Fehler im System, weitere Unbill ist für die Anruferin wahrscheinlich.
Was mir zu denken gibt, ist der Dialekt der erfolglosen Abowerberin, der sie als Vertreterin der Region Hannover ausweist. Zufällig (oder eher nicht) sitzt dort die Verlagsgesellschaft Madsack, die erst vor kurzem die Springeranteile an der LVZ aufgekauft und sich zur alleinigen Herrscherin über meine Lokalpostille aufgeschwungen hat (Guckst Du hier: http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/1329813/ ).
Da scheinen doch wohl die neuen Besen der unter argem Auflagenschwund leidenden LVZ mal zeigen zu wollen, wie man Abos wirbt. Viel Erfolg! Aber ein wenig Skepsis ist angebracht: Wenn ein Produkt nichts taugt, hilft es auch nicht, es einem potenziellen Käufer 14 Tage zur Probe aufzuschwatzen. Dann landet es im Anschluss nämlich dort, wo es hingehört: in der Tonne.

PS.: Was mir noch durch den Kopf geht ist die Frage, ob "einfach mal so" anrufen überhaupt noch erlaubt ist ...

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Sex, Kinderpornographie und F-Secure. Oder: Wehe, wenn Wolfgang Schäuble sich selbst von der Kette lässt.
Über eine missliche Sache berichtete Rechtsanwalt Udo Vetter kürzlich unter www.Lawblog.de (Ich lese dort regelmäßig mit, da man dabei erstens etwas dazulernen, zweitens mitunter schmunzeln bzw. sich entrüsten, meist beides zugleich kann und drittens, weil Udo Vetter ein Jurist ist, der vor der Datenkrake namens Wolfgang Schäuble nicht einknickt, sondern der Aufweichung der Grundrechte entgegentritt.
Besagter Udo Vetter staunte hier http://www.lawblog.de/index.php/archives/2009/02/26/nichts-fur-kinder/ darüber, dass sein Internettagebuch die Kindersicherung von F-Secure zum Klingeln bringt. In einer sehr ergötzlichen und lesenswerten Diskussion trugen die Tagebuchleser zusammen, weshalb der Lawblag wohl auf diesen Index geraten sein könnte: Da gab es Beiträge zum Nachweis von Sperma-Spuren (pfui, pfui, pfui), zur Strafverfolgung von Pädophilen (pfui, pfui, pfui), zu KiPO-Delikten und Anal-Phabetismus (nicht pfui, nicht pfui, nicht pfui), die von den Crawlern, die das Netz im Dienste der Sicherheitsfirmen durchsuchen, wohl als verwerflich gewertet wurden.
Apropos Crawler und deren Suchalgorithmen: Anfang der 90er-Jahre war ich Redakteur bei der leider verschiedenen Tageszeitung „Wir in Leipzig“. Ein Kollege (Hallo Blümchen, wie geht’s so in DD?) nutzte regelmäßig die Volltextsuche im Agentur-Eingang, um in den eingelaufenen Ticker-Nachrichten nach dem String „Sex“ zu forschen – und staunte nicht schlecht, als das System ihm Meldungen über Rechtsexperten, Linksextremisten und Rechtsextremisten auswarf. Wesentlich schlauer sind übrigens auch die Algorithmen nicht, die Wolfgang Schäuble und Ursula von der Leyen zum Schutze unser freiheitlich-demokratischen Gartenlaube vor welchen Gefahren auch immer zur Anwendung bringen lassen wollen oder bereits bringen lassen.
Höchstwahrscheinlich ist die Indizierung „unschuldiger“ Seiten nur der Anfang; wenn Wolfgang erst die Verfassung zurechtgebogen und sich selbst von der Kette gelassen hat, ziehen im „deutschen Netz“ chinesische Verhältnisse ein. Apropos unschuldig: In Anlehnung an den Medizinerspruch, dass es keine gesunden Patienten gibt, wenn man nur gründlich genug untersucht, wissen emsige Schlapphüte, irre Rollteufel und all die anderen regierungsamtlichen Gutmenschen längst, dass es keine unschuldigen Bürger gibt. Zumindest nicht in Deutschland. Man muss nur gründlich genug überwachen.

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Mittwoch, 4. März 2009
Bismarck, Bullerjahn und Kretschmer. Oder: Wurst und Schweine in Zeiten der Fusion
Am Montag, also vor zwei Tagen, schrieb ich hier http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/1350261/ über die Gedanken Jens Bullerjahns, seines Zeichens Finanzminister in Sachsen-Anhalt, zu Fusion von Bundesländern. Ich halte einen solchen Schritt angesichts sinkender Bevölkerungszahlen für dringend geboten, habe jedoch mit dem Namen „Mitteldeutschland“ so meine Bedenken. Und ich sprach vom Mut Bullerjahns, einen solchen Gedanken im Vorfeld einer Wahl zu äußern. So etwas tut Politiker nicht. Das wusste schon der von mir sehr geschätzte Otto von Bismarck. Ihm wird der Ausspruch zugeschrieben, dass niemals so viel gelogen wird, wie vor der Wahl, im Krieg und nach der Jagd.
Wer sich daran nicht hält, muss büßen. Prompt setzte es für Sozi Bullerjahn von Politkollegen Schelte und Hiebe. Aus der Thüringer Staatskanzlei grummelte es vernehmlich (wobei dort momentan ja mehr die missglückte Skifahrt des erinnerungslosen MP ein Thema ist), aus Sachsen grummelte CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer gen Magdeburg. Er sprach von einem Offenbarungseide Bullerjahns und vermutete, dass dieser wohl nicht mehr an die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit seines eigenen Bundeslandes glaubte. Sachsen-Anhalt warf er jahrelanges Leben über seine Verhältnisse vor und sprach sich gegen eine Fusion aus, weil „weil die Schulden der anderen die von Sachsen erwirtschaftete Stärke zerstören würde.“
Nur gut für die neuen Bundesländer, dass der deutsche Bundeskanzler 1990 Helmut Kohl und nicht Michael Kretschmer hieß ... sonst würde ich noch heute auf Auto und Telefon warten.
Aber mal ehrlich? Wundert es irgendeinen Leser meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches, dass der Fusionsvorschlag in der Politikerkaste wenig Gegenliebe findet? He, hier geht es um Besitzstände, um Posten, Pöstchen und Pöstelchen in allerlei Ministerien.
Irgendwo habe ich mal gelesen, dass es, wenn man ein Wurstrezept sucht, keinen Sinn hat, Schweine danach zu fragen. Dieser Spruch, dessen Quelle ich leider nicht kenne, scheint mir die aktuellen Befindlichkeiten für und wider Fusion recht gut zu beschreiben.
Reichsgründer Otto von Bismarck hat das Wissen um politisch Sinnvolles übrigens auch um einen sehr treffenden Spruch bereichert: „Je weniger die Leute davon wissen, wie Würste und Gesetze gemacht werden, desto besser schlafen sie.“ Find’ ich gut, denn wenn Reformer Martin Luther auch einst gefordert hat, dem Volk aufs Maul zu schauen, so muss man dem Volk doch nicht alles sagen ... Würde man es tun, ginge ja gar keiner mehr zu Wahl.

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Dienstag, 3. März 2009
Wer einmal lügt ... Oder: Klick für Klick Beschiss am Leser
Mit gut besuchten Internetseiten lässt sich Geld verdienen. Das wissen auf die Zeitungsverlage. Kein Wunder, denn die Holzmedien leben längst nicht mehr wirklich vom Verkauf ihrer täglich erscheinenden Blätter, sondern von den Erlösen, die die darin veröffentlichten Anzeigen einspielen. Die Höhe ebendieser Erlöse richtet sich danach, wie viele Leser erreicht werden, sprich nach Auflage und Mitleserzahl.
Um bei diesen Daten allzu großen Beschiss zu erschweren – ganz vermeiden lässt er sich nicht – gibt es die Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.V. (guckst Du hier: www.ivw.de ), die die von den Verlagen gemeldeten Auflagen ein wenig unter die Lupe nehmen.
Bei den Internetablegern der Holzmedien gibt es eine solche Kontrolle bislang nicht wirklich, und so lassen sich die Verlage allerhand einfallen, um Seitenabrufe und Klickzahlen in die Höhe zu treiben.
Zu den beliebten Rosstäuschertricks zählen unnötige Seitenverweise, d.h. ein Text wird in drei oder vier Portionen zerlegt, an deren Ende der geneigte Leser auf „Fortsetzung“ klicken und dem Verlag so eine extra „Page-Impression“ darf. Das mag man noch als sinnvoll durchgehen lassen, denn auf diese Weise wird ein langer Text zwar nicht besser, aber irgendwie strukturierter.
Eine Unverschämtheit sind jedoch die Tricks, die die von mir ansonsten sehr verehrte Zeitung „Die Welt“ (www.welt.de) nutzt. Wenn z.B. von Rückrufaktionen bei Autoherstellern die Rede ist, werden die Daten über vermurkste Montagsgurken nicht etwa als Tabelle aufbereitet, sondern mit einem extra Fensterchen, in dem sich der Leser von Marke zu Marke klicken muss – das nervt, aber es schönt die Statistik der Welt-Online-Redaktion (Guckst Du hier: http://www.welt.de/motor/article3200822/Autos-die-am-haeufigsten-zurueckgerufen-werden.html ). Mit 21 Klicks ist dieser Artikel noch harmlos, es gibt auch heftigere Klickmaschinen, die dem Leser Wissen über die knackigsten Promiärsche und anderen Unsinn vermitteln.
Apropos Arsch: Eine neue Qualität in der Leserverarschung hat die Sächsische Zeitung erreicht. Unter www.sz-online.de findet der Leser heute u.a. einen Bericht über die Probleme beim Bau des neuen Dynamo-Stadions. Wer auf „Artikel lesen“ klickt, landet hier http://www.sz-online.de/_tools/kurzinfo/info.asp?id=5751 und darf den Artikel Klick für Klick in alzheimergerechten Miniportiönchen lesen: Jeweils zwei, drei Sätze kommen auf den Schirm, dann ist der nächste Klick fällig. Oh heiliger Beschiss am Leser.
Unwillkürlich drängt sich mir die Frage auf, wie ernst eigentlich - trotz ivw - die Auflagenzahlen von Zeitungen sind, die ihre Leserschaft so frech für blöd verkaufen. Üblicherweise heißt es ja "Wer einmal lügt ..."

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Montag, 2. März 2009
Auf nach Polen. Oder: Mitteldeutsche Fusionsgedanken
Wenn die Untertanen knapp werden, geht den Fürsten irgendwann das Geld aus – spätestens dann, wenn der Schatzkammer verprasst und das Tafelsilber versilbert ist. Diese Erkenntnis ist so neu nicht. Der sie jüngst wieder einmal auf die Tagesordnung gesetzt hat, heißt Peter Struck und ist seines Zeichens Chef der SPD-Bundestagsfraktion. Struck sprach sich dafür aus, die Zahl der derzeit in Entsiedelung begriffenen 16 deutschen Bundesländer in Frage zu stellen und über Länderfusionen nachzudenken. An Kandidaten für solcherart Zusammenschlüsse herrscht kein Mangel – man denke an defizitäre Stadtstaaten, aber auch an kleine Länder wie das Saarland, Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt. Für seine laut geäußerten Überlegungen erntete Struck – gelinde gesagt – reichlich Dresche. Jens Bullerjahn, Finanzminister von Sachsen-Anhalt, stärkte dem Meister mit dem roten Schal nun den Rücken. Er sprach von „Unwuchten“, Finanzausstattung und Wirtschaftskraft und vom kommenden Großland Mitteldeutschland. Das beweist Mut und vielleicht auch genau die selbstzerstörerische Neigung, für die die SPD so bekannt ist, denn wer im Vorfeld von Wahlen von Gebietsveränderungen spricht, bringt Häuptlinge und Indianer gleichermaßen gegen sich auf.
Die geneigten Leser meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches wissen, dass die SPD eine der Parteien ist, deren fortgesetzte Schrumpelei mich nicht eben traurig macht. Dennoch muss ich Struck und Bullerjahn zustimmen und zu ihrer ehrlichen Haltung gratulieren: Ja, die derzeitige Länderstruktur in deutschen Landen ist überholt. Ja, Zusammenschlüsse müssen ins Auge gefasst werden. Ja, der durch die jetzigen Bundesländer Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt gebildete Wirtschaftsraum sollte zu einem gemeinsamen Bundesland werden.
Aber musste es denn unbedingt das böse M-Wort sein? Kaum eine andere Bezeichnung ist für unsere Region so unglücklich wie das Wort Mitteldeutschland.
Dafür gibt es eine Reihe von Gründen: Zum einen ist Mitteldeutschland nicht eindeutig. Wer hier http://de.wikipedia.org/wiki/Mitteldeutschland nachschaut, wird feststellen, dass auch andere Regionen Deutschlands für sich reklamieren, mitteldeutsch zu sein. Zum anderen ist die Bezeichnung Mitteldeutschland für die drei südlichen der neuen Bundesländer ein Affront gegen unsere östlichen Nachbarn. Wenn Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt die Mitte Deutschlands darstellen und wenn es einen Westen, Norden und Süden gibt – wo bitte befindet sich dann der Osten Deutschlands? In Polen und vielleicht noch in Teilen Tschechiens.
Nun lässt sich über die Rechtmäßigkeit der Abtrennung Schlesiens, Ostpreußens und anderer Gebiete vom deutschen Territorium trefflich streiten, doch Fakt ist, dass es sich dabei um historischen Tatsachen handelt. Wer diese in Frage stellt, stiftet – vorsichtig formuliert – Unfrieden. Und wer von Mitteldeutschland redet, stellt genau diese Tatsachen und somit die aktuelle Grenzziehung in Frage. Das gilt für die Befürworter eines Landes unter der Bezeichnung „Mitteldeutschland“ ebenso wie für die geistigen Väter eines „mitteldeutschen rundfunks“.
Nun mag der eine oder andere Leser meinen, dass diese Bedenken überzogen seien. Weit gefehlt! Ein „südwestdeutscher“ Verlag, für den ich tätig bin, wies mich bereits vor zehn Jahren per Brief an, in meiner Berichterstattung über Geschehnisse in „Mitteldeutschland“ das Attribut „mitteldeutsch“ peinlichst zu vermeiden. Besagter Verlag engagiert(e) sich in Polen und spürte dort erhebliche Vorbehalte gegen die deutsche Seite. Insbesondere angesichts der aufkommenden Mitteldeutschtümelei befürchteten die polnischer Partner ein Rollback der aktuellen Grenzziehung.

Allerdings: Wie das künftige Bundeslandgebilde politisch korrekt heißen könnte, ist mir derzeit noch unklar. Eine Fusionsbenennung nach Vorbild Baden-Württembergs dürfte wohl ausfallen. Schließlich wäre ein Land namens „Sachsen-Sachsen-Anhalt-Thüringen“ (andere Reihenfolgen sind nicht besser) nicht nur unaussprechlich, sondern auch lächerlich. Nicht besser sind Abkürzungen wie ThüSaSa oder SaThüSa, schlimm auch die Fusionsbenamsung nach den Hauptstädten. Wer möchte schon in ErMaDre oder DresErfMag leben.
Aber gar zu eilig ist die ganze Geschichte auch nicht. Schließlich haben wir in diesem Jahr eine Bundestagswahl, da passiert nichts. Danach nicht gleich was. Und dann ist wieder bald Wahl. Und überhaupt kann nur dann etwas passieren, wenn alle drei beteiligten Länder von ein- und derselben Partei regiert werden. Wobei: Zumindest in einer Hinsicht stehen die Voraussetzungen gültig – schließlich hat zurzeit nur Sachsen einen handlungsfähigen Ministerpräsidenten. Der Thüringer Landesfürst kann sich trotz (oder wegen?) heftigen Kopfzerbrechens immer noch nicht daran erinnern, welcher Partei er angehört, der notorisch brubbelnde Oberhirte von Sachsen-Anhalt steht (hoffentlich) kurz vor dem Wechsel in die Altersteilzeit, folglich scheiden schon zwei Amtsinhaber bei der Diskussion um die Besitzstandswahrung aus.
Und auch die Hauptstadtfrage ließe sich dank der aktuellen Wirtschaftskrise prima lösen: Statt MD, AF oder DD bietet sich ein Neubau des Verwaltungssitzes nach brasilianischem Vorbild an. Wo? Auf den Flächen von DHL und Lufthansa Cargo, damit wäre allen Beteiligten gedient und das Gebot der zentralen Lage erfüllt.

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Dummheit, Frechheit, Aktionäre. Oder: Carl Fürstenberg aktuell
In der von mir hochgeschätzten Welt am Sonntag (guckst Du hier: www.welt.de ) wurde gleich an mehreren Stellen über das Elend der Geldanleger berichtet. Irgendwie kam ich beim Lesen nicht umhin, mit an einen Ausspruch Carl Fürstenbergs (1850 - 1933) zu erinnern. Dieser Mann war seines Zeichens Bankier – man beachte den feinen Unterschied zum heute gebräuchlichen Wort „Banker“.
Besagter Carl Fürstenberg war einer der führenden Köpfe des deutschen Finanzwesens Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts. Von ihm stammt der folgende Ausspruch: „Aktionäre sind dumm und frech. Dumm, weil sie ihr Geld fremden Leuten ohne ausreichende Kontrolle anvertrauen und frech, weil sie Dividenden fordern, also für ihre Dummheit auch noch belohnt werden wollen.“
Eigentlich ist dieser Erkenntnis Carl Fürstenbergs aus aktueller Sicht nichts hinzuzufügen.

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