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Donnerstag, 16. April 2009
Oberbürgermeisterlicher Realitätsverlust. Oder: Sportstadt Leipzig im Sinkflug?
zeitungsdieb, 10:14h
Kennt jemand den ersten deutschen Fußballmeister? Das war der VfB Leipzig. Und den Deutschen Fußballbund? Der wurde 1900 in Leipzig gegründet. Deutsche Hochschule für Körperkultur DHfK (Das darf man heute nicht mehr sagen, dann kündigen die Sportwissenschaftler der Universität Leipzig einem den z.B. für eine Veranstaltung gebuchten Saal), FKS, IAT, das Stadion der 100.000, Turnhallen, Volksschwimmhallen, jede Menge Sportvereine (auch wenn die damals noch Abteilung oder Sektionen hießen), viele Olympiasieger und Weltmeister, allen voran die legendären Ruderer – Leipzig und Sport, das hatte mal was. Soviel, dass die Bezeichnung „Sportstadt Leipzig“ in aller Munde war. Soviel, dass Erich Honecker am 21. Juni 1989, also bereits in der Phase der Götterdämmerung und wohl auch als Zeichen seiner persönlichen Umnachtung, per ADN verkünden ließ, dass Leipzig doch die Olympischen Spiele ausrichten könne. Auch wenn’s eigentlich nur ein Propaganda-Schachzug gegen die Bewerbung Berlins (West-Berlins!) war – trotz aller Skepsis flammte in Sachsen Begeisterung auf.
Als ein von allen guten Geistern verlassener Leipziger Oberbürgermeister namens Wolfgang Tiefensee (heute Bundesspatenstichminister) ein paar Jahre in Erichs Fußstapfen trat und seine Pläne für das „Projekt Olympia“ in die staunende Welt fiedelte, war Leipzig trotz des seit den 80-ern eingetretenen sportlichen Niedergangs noch so sehr Sportstadt, dass die Begeisterung erneut aufflammte und die Enttäuschung über das Olympia-Aus am 18. Juni 2004 gewaltig war.
Apropos gewaltig: Gewaltig geschrumpft ist auch die Leipziger Sportlichkeit. Gut, in der Stadt gibt es ein defizitäres WM-Stadion, in dem manchmal sogar Fußball gespielt wird. Allerdings weniger von hiesigen Vereinen, die sind nämlich, wenn sie einander nicht gerade bekriegen, abwechselnd pleite. Dann gibt es noch eine Trabrennbahn, die trotz der Stadt Leipzig irgendwie überlebt, sowie eine marode Radrennbahn, die bisher irgendwie überlebt hat (trotz der Stadt Leipzig) und nun irgendwie mit Mitteln aus dem Konjunkturpakete heile gemacht werden soll. Wenn noch was übrigbleibt von dem Geld, nachdem die Stadt der Sanierung einer zwar schönen, aber eigentlich nicht wirklich benötigten Kongresshalle höhere Finanzpriorität eingeräumt hat. Außerdem existiert dank fleißiger Ehrenamtler sportliches Leben in zahlreichen Vereinen – trotz der Stadt Leipzig.
Nun mag sich der eine oder andere regelmäßige Leser dieses kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches fragen, weshalb ich über den Niedergang einer einstigen Sportstadt so viele Worte mache.
Ganz einfach: Gestern beklagte sich der Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung vor der einbestellten Presse über die notorische Mediennörgelei in punkto Sportstadt. Unter Verweis auf die 150 Jahre währende Tradition sagte er: „Ich kann nicht verstehen, warum man uns den Status Sportstadt wegreden will.“
Hmmm. Sollte mal irgendwer ein schönes Beispiel für Realitätsverlust benötigen, kann ihm Burkhard Jung sicher weiterhelfen. Beim Stichwort Realitätsverlust fällt mir außerdem ein, dass der eingangs genannte Erich Honecker knapp vier Monate nach seiner prophetischen Äußerung über die Olympischen Spiele an der Pleiße von seinen Ämtern zurücktrat, ähm: getreten wurde. Der blasse Leipziger Oberbürgermeister wird der einstigen Sportstadt aller Wahrscheinlichkeit nach länger erhalten bleiben. Schließlich isser ja erst 2006 von einem kleinen Teil der Leipziger ins Amt gewählt worden und wird sich, weil er kein Lehrer mehr ist, wohl auch nocht vorfristig pensionieren lassen. In diesem Sinne: Sport frei!
PS.: Weil ich ja gern bei Wikipedia schmökere, sei meinen geneigten Lesern hier ein Auszug aus dem dortigen Eintrag über Burkhard Jung zur Lektüre dargeboten:
„Für die Bewerbung Leipzigs für die Olympischen Spiele 2012 war er zwei Jahre städtischer Olympiabeauftragter, bis er im November 2003 von diesem Posten aufgrund einer Provisionszahlung an die Marketingagentur SCI zurücktrat und als Beigeordneter von seinen Dienstgeschäften entbunden wurde. Die Affäre skandalisierte der Redakteur Jens Weinreich der Berliner Zeitung. Nach einem Monat Beurlaubung und Einstellung der staatsanwaltlichen Vorermittlungen trat Jung im Dezember 2003 seinen Dienst als Beigeordneter wieder an.“
Als ein von allen guten Geistern verlassener Leipziger Oberbürgermeister namens Wolfgang Tiefensee (heute Bundesspatenstichminister) ein paar Jahre in Erichs Fußstapfen trat und seine Pläne für das „Projekt Olympia“ in die staunende Welt fiedelte, war Leipzig trotz des seit den 80-ern eingetretenen sportlichen Niedergangs noch so sehr Sportstadt, dass die Begeisterung erneut aufflammte und die Enttäuschung über das Olympia-Aus am 18. Juni 2004 gewaltig war.
Apropos gewaltig: Gewaltig geschrumpft ist auch die Leipziger Sportlichkeit. Gut, in der Stadt gibt es ein defizitäres WM-Stadion, in dem manchmal sogar Fußball gespielt wird. Allerdings weniger von hiesigen Vereinen, die sind nämlich, wenn sie einander nicht gerade bekriegen, abwechselnd pleite. Dann gibt es noch eine Trabrennbahn, die trotz der Stadt Leipzig irgendwie überlebt, sowie eine marode Radrennbahn, die bisher irgendwie überlebt hat (trotz der Stadt Leipzig) und nun irgendwie mit Mitteln aus dem Konjunkturpakete heile gemacht werden soll. Wenn noch was übrigbleibt von dem Geld, nachdem die Stadt der Sanierung einer zwar schönen, aber eigentlich nicht wirklich benötigten Kongresshalle höhere Finanzpriorität eingeräumt hat. Außerdem existiert dank fleißiger Ehrenamtler sportliches Leben in zahlreichen Vereinen – trotz der Stadt Leipzig.
Nun mag sich der eine oder andere regelmäßige Leser dieses kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches fragen, weshalb ich über den Niedergang einer einstigen Sportstadt so viele Worte mache.
Ganz einfach: Gestern beklagte sich der Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung vor der einbestellten Presse über die notorische Mediennörgelei in punkto Sportstadt. Unter Verweis auf die 150 Jahre währende Tradition sagte er: „Ich kann nicht verstehen, warum man uns den Status Sportstadt wegreden will.“
Hmmm. Sollte mal irgendwer ein schönes Beispiel für Realitätsverlust benötigen, kann ihm Burkhard Jung sicher weiterhelfen. Beim Stichwort Realitätsverlust fällt mir außerdem ein, dass der eingangs genannte Erich Honecker knapp vier Monate nach seiner prophetischen Äußerung über die Olympischen Spiele an der Pleiße von seinen Ämtern zurücktrat, ähm: getreten wurde. Der blasse Leipziger Oberbürgermeister wird der einstigen Sportstadt aller Wahrscheinlichkeit nach länger erhalten bleiben. Schließlich isser ja erst 2006 von einem kleinen Teil der Leipziger ins Amt gewählt worden und wird sich, weil er kein Lehrer mehr ist, wohl auch nocht vorfristig pensionieren lassen. In diesem Sinne: Sport frei!
PS.: Weil ich ja gern bei Wikipedia schmökere, sei meinen geneigten Lesern hier ein Auszug aus dem dortigen Eintrag über Burkhard Jung zur Lektüre dargeboten:
„Für die Bewerbung Leipzigs für die Olympischen Spiele 2012 war er zwei Jahre städtischer Olympiabeauftragter, bis er im November 2003 von diesem Posten aufgrund einer Provisionszahlung an die Marketingagentur SCI zurücktrat und als Beigeordneter von seinen Dienstgeschäften entbunden wurde. Die Affäre skandalisierte der Redakteur Jens Weinreich der Berliner Zeitung. Nach einem Monat Beurlaubung und Einstellung der staatsanwaltlichen Vorermittlungen trat Jung im Dezember 2003 seinen Dienst als Beigeordneter wieder an.“
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Mittwoch, 15. April 2009
Werbedeppen im Möbelhaus. Oder: Sohn der Stadt Leipzig
zeitungsdieb, 11:10h
In Taucha, einer an Leipzig grenzenden Kleinstadt, hat gestern nach allerlei Umschwurbelei eines vorhandenen ein neuer Möbelmarkt eröffnet. Und weil solch spektakuläre Neuerung der geneigten und weniger geneigten Kundschaft ins Hirn gedroschen werden muss, prügelt Möbel-Kraft (so der Name des neuen Marktes in der alten Bauhülle) seit Tagen per Annonce, Beilage und Radiowerbung auf mein armes Seelchen ein.
Trauriger Höhepunkt war am heutigen Morgen ein Radiospot, der irgendwie eine Verbindung zwischen schönem Wohnen und guter Musik herstellte und dazu Johann Sebastian Bach missbrauchte. Das wäre ja noch hinzunehmen gewesen, allerdings bezeichneten die kräftigen Werbestrategen Bach als „Sohn der Stadt Leipzig“, was selbst für meine morgenumnebelten Gehörgänge zu viel war.
Den Machern der Werbung sei verraten, dass Johann Sebastian Bach 1685 in Eisenach geboren wurde und über mindestens sechs Stationen nach Leipzig kam. Dort lebte er von 1723 bis zu seinem Tod im Jahre 1750.
Ein Sohn der Stadt ist er nicht. Diesen Titel kann man z.B. Walter Ulbricht, August Bebel, Heinrich Brockhaus und Richard Wagner zuerkennen. Aber immerhin: Die Werbekünstler des Möbelhauses haben zumindest darauf verzichtet, Johann Wolfgang von Goethe oder Dr. Jürgen Utz Schneider zum Sohn der Stadt Leipzig zu machen. Die waren ja auch mal hier ...
Trauriger Höhepunkt war am heutigen Morgen ein Radiospot, der irgendwie eine Verbindung zwischen schönem Wohnen und guter Musik herstellte und dazu Johann Sebastian Bach missbrauchte. Das wäre ja noch hinzunehmen gewesen, allerdings bezeichneten die kräftigen Werbestrategen Bach als „Sohn der Stadt Leipzig“, was selbst für meine morgenumnebelten Gehörgänge zu viel war.
Den Machern der Werbung sei verraten, dass Johann Sebastian Bach 1685 in Eisenach geboren wurde und über mindestens sechs Stationen nach Leipzig kam. Dort lebte er von 1723 bis zu seinem Tod im Jahre 1750.
Ein Sohn der Stadt ist er nicht. Diesen Titel kann man z.B. Walter Ulbricht, August Bebel, Heinrich Brockhaus und Richard Wagner zuerkennen. Aber immerhin: Die Werbekünstler des Möbelhauses haben zumindest darauf verzichtet, Johann Wolfgang von Goethe oder Dr. Jürgen Utz Schneider zum Sohn der Stadt Leipzig zu machen. Die waren ja auch mal hier ...
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Dienstag, 14. April 2009
Bullenklatsche vom OLG Hamm. Oder: Verfahrensfehler rettet Alkoholsünder den Führerschein
zeitungsdieb, 11:41h
Natürlich weiß ich, dass man unter Einfluss von Alkohol oder anderen, zum Teil weniger schädlichen, aber dafür illegalen Drogen kein Fahrzeug führen darf. Dennoch gebe ich zu, dass auch ich – in einem früheren Leben – schon mächtig gesündigt habe und in meinem heutigen Leben gelegentlich nach dem Genuss einer Kleinmenge kühlen Gerstensaftes am Lenkrad sitze. Natürlich unter dem magischen Pegel, was mir kürzlich auch die Messung per Alkomat bestätigte. Da ich nicht wirklich ein schlechtes Gewissen hatte, ließ ich diese über mich ergehen und genoss nach Anzeige des nicht justiziablen Alkoholwertes das orgiastische Gefühl des nicht-Missetäters. Noch einmal: Ich weiß, dass das nicht gut ist und weise auch darauf hin, dass das niemand nachmachen sollte.
Für alle wirklichen Bösewichter, die womöglich mit ordentlich Dampf auf dem Kessel in die Hände der Ordnungsmacht fallen, gibt es ein sehr interessantes Urteil, das ich im Lawblog (www.lawblog.de) gefunden habe. Für zitierenswert halte ich es weniger, weil es einen Hinweis gibt, als Alkoholsünder der gerechten Strafe zu entgehen, sondern vielmehr deshalb, weil Richter hier der landesüblichen Eigenmächtigkeit vieler Polizisten eine Abfuhr erteilt haben.
Worum geht’s? Unter http://www.strafrecht-online.de/inhalte/strafrechtliche-entscheidungen/aktuelle-urteile/olg-hamm-beschl-v-12032009-3-ss-3109/ findet sich das Urteil des OLG Hamm zur Verwertbarkeit der bei einer unerlaubten Blutprobe gewonnenen Erkenntnisse über den Alkoholpegel eines Fahrers.
Was ist passiert? Besagter Missetäter wurde bei einer Kontrolle als mutmaßlicher Alkoholsünder zum Alkomattest aufgefordert, weigerte sich jedoch, „zu blasen“. Daraufhin schickte ihn die Polizei zum Blutalkoholtest, der einen ordentlichen Pegel ergab. Der Sünder wurde zu einer kräftigen Geldstrafe und zu 15 Monaten ohne Lappen verdonnert. Dagegen ging er mit anwaltlicher Hilfe in Widerspruch und bekam vor dem OLG Hamm Recht.
Warum? Weil eine Blutentnahme einen Eingriff in das grundgesetzlich garantierte Recht der körperlichen Unversehrtheit darstellt, gilt hier der Richtervorbehalt, d.h., die Blutprobe muss durch einen Richter angeordnet werden. Um eine solche Anordnung zu erhalten, gibt es sogar Bereitschaftsrichter, die in den Nachtstunden erreichbar sind. Allerdings hat der betreffende Polizeibeamte nicht versucht, einen Richter zu erreichen, sondern die Probe unter Berufung auf „Gefahr im Verzug“ und „langjährige Praxis“ selbst angeordnet. Deshalb sprach das OLG Hamm ein Verwertungsverbot für das Ergebnis aus. Dumm gelaufen und zugleich ein interessanter Einblick in die wohl gar nicht so seltene Praxis der Rechtsbeugung in deutschen Ämtern und Behörden.
Was lehrt uns das? Natürlich erstens, dass man nicht alkoholisiert am Steuer eines Fahrzeuges sitzen sollte. Zweitens, dass man, wenn’s doch mal passiert und der Pegel nicht im „harmlosen Bereich“ ist, die Klappe halten und auf keinen Fall dem Wunsch nach einem Alkomattest nachkommen sollte. Einfach den Bullen machen lassen, mit hoher Wahrscheinlichkeit macht er das, was er schon immer macht und läuft ins offene Messer, sprich: in die Falle des schweren Verfahrensfehlers.
Aber: Ich will hier natürlich niemandem etwas Böses raten. Aber ein bissel Schadenfreude ist erlaubt.
Für alle wirklichen Bösewichter, die womöglich mit ordentlich Dampf auf dem Kessel in die Hände der Ordnungsmacht fallen, gibt es ein sehr interessantes Urteil, das ich im Lawblog (www.lawblog.de) gefunden habe. Für zitierenswert halte ich es weniger, weil es einen Hinweis gibt, als Alkoholsünder der gerechten Strafe zu entgehen, sondern vielmehr deshalb, weil Richter hier der landesüblichen Eigenmächtigkeit vieler Polizisten eine Abfuhr erteilt haben.
Worum geht’s? Unter http://www.strafrecht-online.de/inhalte/strafrechtliche-entscheidungen/aktuelle-urteile/olg-hamm-beschl-v-12032009-3-ss-3109/ findet sich das Urteil des OLG Hamm zur Verwertbarkeit der bei einer unerlaubten Blutprobe gewonnenen Erkenntnisse über den Alkoholpegel eines Fahrers.
Was ist passiert? Besagter Missetäter wurde bei einer Kontrolle als mutmaßlicher Alkoholsünder zum Alkomattest aufgefordert, weigerte sich jedoch, „zu blasen“. Daraufhin schickte ihn die Polizei zum Blutalkoholtest, der einen ordentlichen Pegel ergab. Der Sünder wurde zu einer kräftigen Geldstrafe und zu 15 Monaten ohne Lappen verdonnert. Dagegen ging er mit anwaltlicher Hilfe in Widerspruch und bekam vor dem OLG Hamm Recht.
Warum? Weil eine Blutentnahme einen Eingriff in das grundgesetzlich garantierte Recht der körperlichen Unversehrtheit darstellt, gilt hier der Richtervorbehalt, d.h., die Blutprobe muss durch einen Richter angeordnet werden. Um eine solche Anordnung zu erhalten, gibt es sogar Bereitschaftsrichter, die in den Nachtstunden erreichbar sind. Allerdings hat der betreffende Polizeibeamte nicht versucht, einen Richter zu erreichen, sondern die Probe unter Berufung auf „Gefahr im Verzug“ und „langjährige Praxis“ selbst angeordnet. Deshalb sprach das OLG Hamm ein Verwertungsverbot für das Ergebnis aus. Dumm gelaufen und zugleich ein interessanter Einblick in die wohl gar nicht so seltene Praxis der Rechtsbeugung in deutschen Ämtern und Behörden.
Was lehrt uns das? Natürlich erstens, dass man nicht alkoholisiert am Steuer eines Fahrzeuges sitzen sollte. Zweitens, dass man, wenn’s doch mal passiert und der Pegel nicht im „harmlosen Bereich“ ist, die Klappe halten und auf keinen Fall dem Wunsch nach einem Alkomattest nachkommen sollte. Einfach den Bullen machen lassen, mit hoher Wahrscheinlichkeit macht er das, was er schon immer macht und läuft ins offene Messer, sprich: in die Falle des schweren Verfahrensfehlers.
Aber: Ich will hier natürlich niemandem etwas Böses raten. Aber ein bissel Schadenfreude ist erlaubt.
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Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt. Oder: Zeitungsdieb back in good (???) old Germany
zeitungsdieb, 10:49h
Einige Leser meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches haben sich per Mail und in einem Fall sogar per Handy (Sch...teure Rufumleitung) nach meinem Wohl und Wehe und vor allem dem Grund meiner Funkstille (treffender: Blogstille) erkundigt. Urbi et orbi sowie allen Freunden der Laufenden Gedanken – und den Nicht-Freunden erst recht, hähä! – sei deshalb die nachösterliche Botschaft verkündet, dass es mich immer noch gibt und dass mein Geschreibsel auch hier zu finden sein wird. Mir geht es übrigens unverschämt gut, denn ich hatte Gelegenheit, mich für einige Zeit am Golf von Akaba herumzutreiben und so allerlei Studien zu treiben.
Und obwohl ich ein News Junkie bin, habe ich der Versuchung wiederstanden, heimische Medien aus der Ferne zu konsumieren. Ganz ohne Entzugserscheinungen übrigens, wie ich betonen möchte. Wieder in good (???) old Germany angekommen, stellte ich fest, dass nichts passiert ist, was nicht vorhersagbar gewesen wäre: Es war nicht wirklich was los. Die einschlägig bekannten politischen Dampfplauderer haben gedampfplaudert, die „Ich-mach-schon-mal-Wahlkampf“-Fraktion machte schon mal Wahlkampf, die „Wir-sind-dagegen“-Partei war dagegen. Und im Leipziger rathaus machte die Verwaltung wie immer, was sie wollte. Und meine Lokalpostille verstieß wie immer gegen den Pressekodex und berichtete am liebsten und schönsten über ihre eigenen geschäftlichen Belange. Nagut, und über den kranken Fußball in LE.
Nönö, dann doch schon lieber genüsslich dekadente Engländer und seeehr blonde russische Natashas beobachten, ab und zu ein paar Kilometer unter südlicher Sonne laufen und zwischendurch ein wenig arbeiten.
In diesem Sinne: Der Zeitungsdieb ist leider wieder in Deutschland und haut in die Tasten. Und weil ich eine Plaudertasche bin, wird’s wohl auch die eine oder andere Unterwegsepisode zu lesen geben – laufende Gedanken eben. Nomen est omen.
Und obwohl ich ein News Junkie bin, habe ich der Versuchung wiederstanden, heimische Medien aus der Ferne zu konsumieren. Ganz ohne Entzugserscheinungen übrigens, wie ich betonen möchte. Wieder in good (???) old Germany angekommen, stellte ich fest, dass nichts passiert ist, was nicht vorhersagbar gewesen wäre: Es war nicht wirklich was los. Die einschlägig bekannten politischen Dampfplauderer haben gedampfplaudert, die „Ich-mach-schon-mal-Wahlkampf“-Fraktion machte schon mal Wahlkampf, die „Wir-sind-dagegen“-Partei war dagegen. Und im Leipziger rathaus machte die Verwaltung wie immer, was sie wollte. Und meine Lokalpostille verstieß wie immer gegen den Pressekodex und berichtete am liebsten und schönsten über ihre eigenen geschäftlichen Belange. Nagut, und über den kranken Fußball in LE.
Nönö, dann doch schon lieber genüsslich dekadente Engländer und seeehr blonde russische Natashas beobachten, ab und zu ein paar Kilometer unter südlicher Sonne laufen und zwischendurch ein wenig arbeiten.
In diesem Sinne: Der Zeitungsdieb ist leider wieder in Deutschland und haut in die Tasten. Und weil ich eine Plaudertasche bin, wird’s wohl auch die eine oder andere Unterwegsepisode zu lesen geben – laufende Gedanken eben. Nomen est omen.
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Münte im Wahlkampf. Oder: Artikel 146 und die DDR als Teil des russischen Großreiches
zeitungsdieb, 10:28h
Die Deutsche Presseagentur dpa sendete während der Osterfeiertage eine Meldung zur wiederaufgeflammten Debatte um die Deutsche Einheit bzw. das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Wer’s nachlesen will, schlage die heutigen Tageszeitungen auf, meine Lokalpostille, die Leipziger Volkszeitung LVZ, druckt die dpa-Nachricht auf Seite drei unter dem Titel „Beitritt statt Vereinigung“ ab.
Worum geht’s? Am 3. Oktober 1990 verschwand die DDR von der politischen Weltkarte, die kurz zuvor gebildeten fünf Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen und Brandenburg gingen per Beitritt in der bestehenden Bundesrepublik Deutschland auf, sodass die Wiedervereinigung juristisch keine Vereinigung, sondern ein Beitritt war – deshalb heißen die fünf neuen bzw. östlichen Bundesländer korrekt auch „Beitrittsgebiet“.
Über das „Wie“ von Wiedervereinigung bzw. Beitritt gab es damals wie heute viele Diskussionen; Tatsache ist, dass seinerzeit ein winziges „historisches Zeitfenster“ genutzt werden musste (und wurde), um DDR und BRD zusammenzubringen – eine tatsächliche Vereinigung mit automatischem Außerkrafttreten des Grundgesetzes gemäß Artikel 146 währe wohl nicht über die Weltbühne gegangen, solange der russische Bär schwach und mit sich selbst beschäftigt war.
Dass die Debatte um Beitritt oder Vereinigung sich heute wieder in den deutschen Zeitungen findet, ist vor allem Franz Müntefering zu verdanken. Der SPD-Wahlkampfstratege regte kürzlich die Ausarbeitung einer gesamtdeutschen Verfassung an, so wie ursprünglich im mittlerweile geänderten Artikel 146 GG gefordert.
Na, wenn da die Nachtigall mal nicht trapst. „Münte“ weiß um die Schwäche seiner Schrumpfpartei im Osten Deutschlands und hofft, mit der Debatte um die nun endlich, endlich, endlich zu schaffende Einheitsverfassung von der Einheit enttäuschte Neubundesländler und notorisch grummelnde Altkader für seinen Gemischtwarenladen zu gewinnen.
Wenn’s denn schon historisch sein muss, so sei denjenigen, die sich dem rötelnden Rattenfänger anschließen wollen, gründliches Kramen in ihrem Gedächtnis oder ein Blick in den Blätterwald des Jahres 1990 empfohlen. Dort findet sich nämlich jede Menge „Contra“ im Hinblick auf den Beitritt: Wäre es nach der SPD gegangen, hätte es statt einer Wiedervereinigung bzw. des Beitrittes per 3.10. 1990 eine auf Jahrzehnte angelegte Assoziierungsphase gegeben. Oskar Lafontaine – das ist der populistische Rattenfänger der Linkspartei mit dem seinerzeit leider fehlgeschlagenen Messerattentat – schlug schon am 25.11.1989 (!) vor, die „Bürgerinnen und Bürger der DDR künftig nicht mehr als Deutsche im Sinne des Grundgesetzes zu behandeln. Nach Öffnung der Mauer könne ihnen der Zugriff auf die sozialen Sicherungssysteme der Bundesrepublik nicht mehr offengehalten werden.“ Diese schöne Formulierung sollte man mehrmals lesen.
Ausdrücklich sprachen sich auch Günter Grass und Gerhard Schröder gegen die Wiedervereinigung aus, daran konnte auch Altmeister Willy Brandt nichts ändern, der als einziger prominenter Sozi für die Herstellung der staatlichen Einheit war. Ein gewisser Joseph Paul Fischer, bekannter als Joschka Fischer, schrieb in der TAZ kurz nach dem Mauerfall am 9.11.1989 von einer „drohenden Wiedervereinigung“ und sprach von „mindestens weiteren 45 Jahren“ bis zur Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands.
Ohne einen Politiker vom Schlage Helmut Kohls wäre das winzige Zeitfenster, das für die Wiedervereinigung offen stand, höchstwahrscheinlich ungenutzt geblieben.
Die Konsequenzen? Oskar Lafontaine wäre trotz aller Skandale und Verfilzungen noch immer Ministerpräsident im Saarland, Gerhard Schröder würde als MP derzeit wahrscheinlich die Rettung des Volkswagenkonzerns fordern, Joschka Fischer hätte nicht all die schönen Flüge als Außenminister machen dürfen und wäre immer noch „dagegen“ und würde im Parlament „mit Verlaub“ immer mal wieder Arschloch sagen.
Und die DDR? Wäre wahrscheinlich eine autonomes Gebiet um russischen Reich, in punkto Demokratie irgendwo zwischen Weißrussland und Südossetien angesiedelt ...
Und Münte? Würde mit seinem roten Schal wedeln und ein anderes Wahlkampfthema kultivieren.
Worum geht’s? Am 3. Oktober 1990 verschwand die DDR von der politischen Weltkarte, die kurz zuvor gebildeten fünf Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen und Brandenburg gingen per Beitritt in der bestehenden Bundesrepublik Deutschland auf, sodass die Wiedervereinigung juristisch keine Vereinigung, sondern ein Beitritt war – deshalb heißen die fünf neuen bzw. östlichen Bundesländer korrekt auch „Beitrittsgebiet“.
Über das „Wie“ von Wiedervereinigung bzw. Beitritt gab es damals wie heute viele Diskussionen; Tatsache ist, dass seinerzeit ein winziges „historisches Zeitfenster“ genutzt werden musste (und wurde), um DDR und BRD zusammenzubringen – eine tatsächliche Vereinigung mit automatischem Außerkrafttreten des Grundgesetzes gemäß Artikel 146 währe wohl nicht über die Weltbühne gegangen, solange der russische Bär schwach und mit sich selbst beschäftigt war.
Dass die Debatte um Beitritt oder Vereinigung sich heute wieder in den deutschen Zeitungen findet, ist vor allem Franz Müntefering zu verdanken. Der SPD-Wahlkampfstratege regte kürzlich die Ausarbeitung einer gesamtdeutschen Verfassung an, so wie ursprünglich im mittlerweile geänderten Artikel 146 GG gefordert.
Na, wenn da die Nachtigall mal nicht trapst. „Münte“ weiß um die Schwäche seiner Schrumpfpartei im Osten Deutschlands und hofft, mit der Debatte um die nun endlich, endlich, endlich zu schaffende Einheitsverfassung von der Einheit enttäuschte Neubundesländler und notorisch grummelnde Altkader für seinen Gemischtwarenladen zu gewinnen.
Wenn’s denn schon historisch sein muss, so sei denjenigen, die sich dem rötelnden Rattenfänger anschließen wollen, gründliches Kramen in ihrem Gedächtnis oder ein Blick in den Blätterwald des Jahres 1990 empfohlen. Dort findet sich nämlich jede Menge „Contra“ im Hinblick auf den Beitritt: Wäre es nach der SPD gegangen, hätte es statt einer Wiedervereinigung bzw. des Beitrittes per 3.10. 1990 eine auf Jahrzehnte angelegte Assoziierungsphase gegeben. Oskar Lafontaine – das ist der populistische Rattenfänger der Linkspartei mit dem seinerzeit leider fehlgeschlagenen Messerattentat – schlug schon am 25.11.1989 (!) vor, die „Bürgerinnen und Bürger der DDR künftig nicht mehr als Deutsche im Sinne des Grundgesetzes zu behandeln. Nach Öffnung der Mauer könne ihnen der Zugriff auf die sozialen Sicherungssysteme der Bundesrepublik nicht mehr offengehalten werden.“ Diese schöne Formulierung sollte man mehrmals lesen.
Ausdrücklich sprachen sich auch Günter Grass und Gerhard Schröder gegen die Wiedervereinigung aus, daran konnte auch Altmeister Willy Brandt nichts ändern, der als einziger prominenter Sozi für die Herstellung der staatlichen Einheit war. Ein gewisser Joseph Paul Fischer, bekannter als Joschka Fischer, schrieb in der TAZ kurz nach dem Mauerfall am 9.11.1989 von einer „drohenden Wiedervereinigung“ und sprach von „mindestens weiteren 45 Jahren“ bis zur Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands.
Ohne einen Politiker vom Schlage Helmut Kohls wäre das winzige Zeitfenster, das für die Wiedervereinigung offen stand, höchstwahrscheinlich ungenutzt geblieben.
Die Konsequenzen? Oskar Lafontaine wäre trotz aller Skandale und Verfilzungen noch immer Ministerpräsident im Saarland, Gerhard Schröder würde als MP derzeit wahrscheinlich die Rettung des Volkswagenkonzerns fordern, Joschka Fischer hätte nicht all die schönen Flüge als Außenminister machen dürfen und wäre immer noch „dagegen“ und würde im Parlament „mit Verlaub“ immer mal wieder Arschloch sagen.
Und die DDR? Wäre wahrscheinlich eine autonomes Gebiet um russischen Reich, in punkto Demokratie irgendwo zwischen Weißrussland und Südossetien angesiedelt ...
Und Münte? Würde mit seinem roten Schal wedeln und ein anderes Wahlkampfthema kultivieren.
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Donnerstag, 26. März 2009
Bürgermeisterlicher Billigflieger. Oder: Zweitkarriere für den Leipziger OBM Burkhard Jung in Sicht
zeitungsdieb, 08:40h
Regelmäßige Leser meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches wissen, dass ich zum Wahlverhalten der Leipziger – insbesondere wenn es um die Besetzung des Amtes des Oberbürgermeisters geht – ein gespaltenes Verhältnis habe. Irgendwie zählen bei besagter Personenwahl nicht Kompetenz, Verdienste und Programm, sondern nur das Parteibuch. Im Klartext: In Leipzig würde sogar ein Sack Kaminholz zum Oberbürgermeister gewählt, so er denn das SPD-Parteibuch in der Tasche hat. Diese Eigenart der Leipziger führt dazu, dass beim Betrachten der Galerie der obersten Stadtfürsten seit Jahren ein Qualitätsverlust erkennbar ist. Immerhin: Bei Sonnenkönig Wolfgang Tiefensee hat es nach dem Rückzug vom Amt noch zu einer Wahlperiode als Reichsspatenstichminister und Grußonkel gereicht, bei Burkhard Jung hingegen (so der nicht wirklich merkenswerte Name das ganz und gar nicht bemerkenswerten aktuellen Oberbürgermeisters) käme nach Dienstschluss allenfalls eine Zweitkarriere im Reisebüro in Frage.
Der Mann reist nämlich gern und viel. Und das, obwohl er im Gegensatz zum einstigen Reisepapst Johannes Paul II., aus dem Westen stammt und folglich keinen so gravierenden Nachholebedarf haben dürfte. Aber es macht schon einen Unterschied, ob man auf eigene Kosten durch die Welt tourt oder ob die Stadtkasse für Kost, Logis und Beförderung aufkommt.
Jüngst gönnte sich der Leipziger OBM einen spektakulären USA-Trip. Burkhard Jung nahm am Nationalen Gebetsfrühstück des US-Präsidenten Barack Obama teil. Mit großem Gedöns ließ der Provinzfürst zuvor verkünden, dass er mit einer tollen Rede vor Obama Eindruck schinden und für Leipzig werben werde. Wie so oft im Leben kam es anders, als man bzw. der Leipziger OBM denkt und die Rede blieb ungeredet. Statt des Provinzbürgermeisters sprach der englische Premier zur versammelten Frühstücksgemeinde, der solcherart düpierte Überdenteichhopser Burkhard redete sich den Ausflug dennoch schön. So in der Art von Magdalena Neuner, die sogar 15 Fehlschüsse noch damit kommentiert, dass sie erstens Spaß hatte und dass es zweitens hätte noch schlimmer kommen können.
Doch zurück zum Leipziger OBM. In der gestrigen Ausgabe meiner Lokalpostille war die Anfrage „einiger Leser“ abgedruckt, die sich nach den Kosten des US-Ausflugs ihres Stadtoberhaupts erkundigten. In gänzlich ungewohnter Klarheit antwortete der Pressesprecher der Stadt, Steffen Jantz, dass „die US-Reise Anfang Februar 2009 rund 7.100 Euro“ gekostet habe. Die Reise, bei der neben OBM Jung noch zwei Mitarbeiter mit von der Partie waren, führte nach Washington und Houston.
Hmmm. Als ich das las, galt mein erster Gedanke George Gershwin. In dessen Oper „Porgy and Bess“ gibt es das berühmte Stück Summertime. Dort heißt es „And the living is easy“. Noch besser scheint mir zur US-Reise des Leipziger OBM allerdings eine andere Melodei aus gleichem Stück zu passen: „It ain’t necessarily so”. Für alle, die eine deutsche Umschreibung bevorzugen: Man muss ja nicht alles glauben, was so erzählt wird.
Auf alle Fälle hat Burkhard Jung nach seinem hoffentlich nicht mehr so fernen Karriere-Ende glänzende Berufsaussichten als Reiseveranstalter. Drei Leute über den großen Teich, Quartiere, Gabelflug, Frühstück beim Präsidenten mit Humtata und allerlei Bespaßung – das ganze Programm für „rund 7.100 Euro“ – also das ist doch eine Geschäftsidee. Und dazu könnte er dort auch weniger Schaden als in seiner jetzigen Position anrichten.
PS.: Sollte sich der eine oder andere Leser fragen, weshalb ich den Oberbürgermeister als OBM abkürze, obwohl doch deutschlandweit "OB" gebräuchlich ist, so tue ich das, weil in Leipzig halt manches anders gehandhabt wird. Da kümmert sich die Verwaltung nicht um Beschlüsse des Stadtrates und da heißt der OB nunmal OBM. Wobei: Letztere Abkürzung hat den Vorteil, dass sie dem jeweiligen Amtsinhaber dusselige Tampon-Vergleiche erspart ... die ich natürlich auch nicht anstelle.
Der Mann reist nämlich gern und viel. Und das, obwohl er im Gegensatz zum einstigen Reisepapst Johannes Paul II., aus dem Westen stammt und folglich keinen so gravierenden Nachholebedarf haben dürfte. Aber es macht schon einen Unterschied, ob man auf eigene Kosten durch die Welt tourt oder ob die Stadtkasse für Kost, Logis und Beförderung aufkommt.
Jüngst gönnte sich der Leipziger OBM einen spektakulären USA-Trip. Burkhard Jung nahm am Nationalen Gebetsfrühstück des US-Präsidenten Barack Obama teil. Mit großem Gedöns ließ der Provinzfürst zuvor verkünden, dass er mit einer tollen Rede vor Obama Eindruck schinden und für Leipzig werben werde. Wie so oft im Leben kam es anders, als man bzw. der Leipziger OBM denkt und die Rede blieb ungeredet. Statt des Provinzbürgermeisters sprach der englische Premier zur versammelten Frühstücksgemeinde, der solcherart düpierte Überdenteichhopser Burkhard redete sich den Ausflug dennoch schön. So in der Art von Magdalena Neuner, die sogar 15 Fehlschüsse noch damit kommentiert, dass sie erstens Spaß hatte und dass es zweitens hätte noch schlimmer kommen können.
Doch zurück zum Leipziger OBM. In der gestrigen Ausgabe meiner Lokalpostille war die Anfrage „einiger Leser“ abgedruckt, die sich nach den Kosten des US-Ausflugs ihres Stadtoberhaupts erkundigten. In gänzlich ungewohnter Klarheit antwortete der Pressesprecher der Stadt, Steffen Jantz, dass „die US-Reise Anfang Februar 2009 rund 7.100 Euro“ gekostet habe. Die Reise, bei der neben OBM Jung noch zwei Mitarbeiter mit von der Partie waren, führte nach Washington und Houston.
Hmmm. Als ich das las, galt mein erster Gedanke George Gershwin. In dessen Oper „Porgy and Bess“ gibt es das berühmte Stück Summertime. Dort heißt es „And the living is easy“. Noch besser scheint mir zur US-Reise des Leipziger OBM allerdings eine andere Melodei aus gleichem Stück zu passen: „It ain’t necessarily so”. Für alle, die eine deutsche Umschreibung bevorzugen: Man muss ja nicht alles glauben, was so erzählt wird.
Auf alle Fälle hat Burkhard Jung nach seinem hoffentlich nicht mehr so fernen Karriere-Ende glänzende Berufsaussichten als Reiseveranstalter. Drei Leute über den großen Teich, Quartiere, Gabelflug, Frühstück beim Präsidenten mit Humtata und allerlei Bespaßung – das ganze Programm für „rund 7.100 Euro“ – also das ist doch eine Geschäftsidee. Und dazu könnte er dort auch weniger Schaden als in seiner jetzigen Position anrichten.
PS.: Sollte sich der eine oder andere Leser fragen, weshalb ich den Oberbürgermeister als OBM abkürze, obwohl doch deutschlandweit "OB" gebräuchlich ist, so tue ich das, weil in Leipzig halt manches anders gehandhabt wird. Da kümmert sich die Verwaltung nicht um Beschlüsse des Stadtrates und da heißt der OB nunmal OBM. Wobei: Letztere Abkürzung hat den Vorteil, dass sie dem jeweiligen Amtsinhaber dusselige Tampon-Vergleiche erspart ... die ich natürlich auch nicht anstelle.
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Mittwoch, 18. März 2009
Mehr als 100 Prozent der Rechten sind 15 Jahre jung. Oder: Applaus für die TAZ
zeitungsdieb, 13:15h
Mehr als 100 Prozent der organisierten Rechten sind 15 Jahre alt. Die TAZ hat's auf den Punkt gebracht. Die anderen Holzmedien sehen eher grau aus. Köstlich.
Guckst Du hier: http://www.netzeitung.de/presseschauen/1301378.html
Leider scheint auch bei der Netzeitung das Verlinken auf eine externe Quelle tabu zu sein - hier stimmt sie mit den klassischen Holzmedien überein.
Wer den sehr lesenswerten TAZ-Artikel im Original lesen will, wir hier fündig: http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/starker-zulauf-zu-rechten-gruppen/
Guckst Du hier: http://www.netzeitung.de/presseschauen/1301378.html
Leider scheint auch bei der Netzeitung das Verlinken auf eine externe Quelle tabu zu sein - hier stimmt sie mit den klassischen Holzmedien überein.
Wer den sehr lesenswerten TAZ-Artikel im Original lesen will, wir hier fündig: http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/starker-zulauf-zu-rechten-gruppen/
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Qualitätsjournalismus in Leipzig. Oder: Vergesst den Pressekodex
zeitungsdieb, 10:16h
Die regelmäßigen Leser dieses kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches wissen, dass ich mich gelegentlich in Kollegenschelte übe. Lieblingsadressat meiner kritischen Bemerkungen ist meine Lokalpostille, die nach eigener Aussage dem Qualitätsjournalismus verpflichtete Leipziger Volkszeitung. Nicht etwa, weil ich gegen besagtes Blatt etwas habe, sondern weil dieses werktäglich auf meinem Frühstückstisch landet und die Lektüre der LVZ zu meinen morgendlichen Verrichtungen zählt. Umso ärgerlicher, wenn ich in frühtags-sensibler Verfassung schlimme Qualen erleiden muss, weil wieder irgendeine Redakteuse geschlampt oder von Verlags wegen elementare Grundregeln des journalistischen Handwerks in die Tonne getreten wurden.
Letzteres war heute wieder einmal der Fall: ein recht unverschämter Verstoß gegen den Pressekodex. Dieses Regelwerk (Guckst Du hier: http://www.presserat.info/uploads/media/Pressekodex_01.pdf ) basiert auf den Empfehlungen des Deutschen Presserates, dessen stellvertretender Sprecher übrigens Bernd Hilder heißt, welcher im Hauptberuf Chefredakteuer bei ... Trommelwirrrrbellll ... der Leipziger Volkszeitung ist. Aber auch die alte Volksweisheit, dass ein jeder zuerst vor seiner Tür kehren möge, trägt ja nur Empfehlungscharakter, so wie auch die im Pressekodex aufgelisteten Regeln.
Dennoch nehme ich mir die Freiheit und zitiere den Punkt 7 besagten Regelwerkes einmal im Wortlaut:
„Ziffer 7 – Trennung von Werbung und Redaktion
Die Verantwortung der Presse gegenüber der Öffentlichkeit gebietet, dass redaktionelle Veröffentlichungen nicht durch private oder geschäftliche Interessen Dritter oder durch persönliche wirtschaftliche Interessen der Journalistinnen und Journalisten beeinflusst werden. Verleger und Redakteure wehren derartige Versuche
ab und achten auf eine klare Trennung zwischen redaktionellem Text und Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken. Bei Veröffentlichungen, die ein Eigeninteresse des Verlages betreffen, muss dieses erkennbar sein.“
Meinen Lesern empfehle ich besonders die Lektüre des letzten Satzes.
Und nun werfe ich - unter Schmerzen - einen Blick in den heutigen Lokalteil der Leipziger Volkszeitung und entdecke dort einen fünfspaltigen Artikel mit der Überschrift „Ab heute neue Leipzig-Marken“. Der geneigte Leser wird darüber informiert, dass die Transport- und Verteilungsgesellschaft Leipzig mbH (TVL) einen Markensatz mit Sehenswürdigkeiten aus dem Stadtgebiet Leipzig herausbringt. TVL-Geschäftsführerin Gabriele Krumbholz darf darüber berichten, was ihr Unternehmen aktuell tut und künftig tun will, dass es einen Ersttagsbrief für Sammler – erhältlich in den Geschäftsstellen meiner Lokalpostille – gibt und dass Informationen zum ständig wachsenden Netz der Vertriebspartner im Internet unter www.tvl-online.de zu finden sind. In einem Nebensatz des besagten LVZ-Artikels erfährt der geneigte Leser außerdem, dass TVL eine „Tochtergesellschaft der Leipziger Volkszeitung“ ist.
Das wird auch beim routinemäßigen Blick auf www.denic.de deutlich. Dort ist die Domain tvl-online.de unter Firma und Adresse der Leipziger Verlags- und Druckereigesellschaft mbH & Co. KG registriert, administrativer Ansprechpartner ist mit Holger Herzberg der Chef der LVZ-Onlineredaktion. Lustigerweise werden sowohl tvl-online.de als auch lvz-online.de beim selben Zittauer Dienstleister gehostet.
War da nicht was im Pressekodex? Ziffer 7? Um der geneigten Leserschaft das Zurückgehen im Text zu ersparen, bringe ich den erwähnten letzten Satz der Ziffer 7 noch einmal zur Ansicht: „Bei Veröffentlichungen, die ein Eigeninteresse des Verlages betreffen, muss dieses erkennbar sein.“
Als kleiner Test, ob sie auch gründlich mitgelesen haben, mögen die Leser meines kleinen Tagebuches sich nun überlegen, wie der stellvertretende Sprecher des deutschen Presserates heißt und bei welcher Zeitung er tätig ist.
Soviel für heute zum Thema Qualitätsjournalismus.
Letzteres war heute wieder einmal der Fall: ein recht unverschämter Verstoß gegen den Pressekodex. Dieses Regelwerk (Guckst Du hier: http://www.presserat.info/uploads/media/Pressekodex_01.pdf ) basiert auf den Empfehlungen des Deutschen Presserates, dessen stellvertretender Sprecher übrigens Bernd Hilder heißt, welcher im Hauptberuf Chefredakteuer bei ... Trommelwirrrrbellll ... der Leipziger Volkszeitung ist. Aber auch die alte Volksweisheit, dass ein jeder zuerst vor seiner Tür kehren möge, trägt ja nur Empfehlungscharakter, so wie auch die im Pressekodex aufgelisteten Regeln.
Dennoch nehme ich mir die Freiheit und zitiere den Punkt 7 besagten Regelwerkes einmal im Wortlaut:
„Ziffer 7 – Trennung von Werbung und Redaktion
Die Verantwortung der Presse gegenüber der Öffentlichkeit gebietet, dass redaktionelle Veröffentlichungen nicht durch private oder geschäftliche Interessen Dritter oder durch persönliche wirtschaftliche Interessen der Journalistinnen und Journalisten beeinflusst werden. Verleger und Redakteure wehren derartige Versuche
ab und achten auf eine klare Trennung zwischen redaktionellem Text und Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken. Bei Veröffentlichungen, die ein Eigeninteresse des Verlages betreffen, muss dieses erkennbar sein.“
Meinen Lesern empfehle ich besonders die Lektüre des letzten Satzes.
Und nun werfe ich - unter Schmerzen - einen Blick in den heutigen Lokalteil der Leipziger Volkszeitung und entdecke dort einen fünfspaltigen Artikel mit der Überschrift „Ab heute neue Leipzig-Marken“. Der geneigte Leser wird darüber informiert, dass die Transport- und Verteilungsgesellschaft Leipzig mbH (TVL) einen Markensatz mit Sehenswürdigkeiten aus dem Stadtgebiet Leipzig herausbringt. TVL-Geschäftsführerin Gabriele Krumbholz darf darüber berichten, was ihr Unternehmen aktuell tut und künftig tun will, dass es einen Ersttagsbrief für Sammler – erhältlich in den Geschäftsstellen meiner Lokalpostille – gibt und dass Informationen zum ständig wachsenden Netz der Vertriebspartner im Internet unter www.tvl-online.de zu finden sind. In einem Nebensatz des besagten LVZ-Artikels erfährt der geneigte Leser außerdem, dass TVL eine „Tochtergesellschaft der Leipziger Volkszeitung“ ist.
Das wird auch beim routinemäßigen Blick auf www.denic.de deutlich. Dort ist die Domain tvl-online.de unter Firma und Adresse der Leipziger Verlags- und Druckereigesellschaft mbH & Co. KG registriert, administrativer Ansprechpartner ist mit Holger Herzberg der Chef der LVZ-Onlineredaktion. Lustigerweise werden sowohl tvl-online.de als auch lvz-online.de beim selben Zittauer Dienstleister gehostet.
War da nicht was im Pressekodex? Ziffer 7? Um der geneigten Leserschaft das Zurückgehen im Text zu ersparen, bringe ich den erwähnten letzten Satz der Ziffer 7 noch einmal zur Ansicht: „Bei Veröffentlichungen, die ein Eigeninteresse des Verlages betreffen, muss dieses erkennbar sein.“
Als kleiner Test, ob sie auch gründlich mitgelesen haben, mögen die Leser meines kleinen Tagebuches sich nun überlegen, wie der stellvertretende Sprecher des deutschen Presserates heißt und bei welcher Zeitung er tätig ist.
Soviel für heute zum Thema Qualitätsjournalismus.
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Dienstag, 17. März 2009
Blutiges Schneidwerkzeug. Oder: köstliche Küchentipps für Dumme
zeitungsdieb, 10:37h
Die von mir hochgeschätzte Welt am Sonntag (www.welt.de) veröffentlicht auf der letzten Seite ihres Berlin-Teils seit dem vergangenen Wochenende die Interims-Serie „Kochen für Dumme“. Interim, da diese Reihe der Überbrückung des Urlaubs von Heinz Horrmann dient, welcher normalerweise den freien Raum unter der eigentlich überflüssigen People-Rubrik mit seinen genussvoll zu lesenden Gastrokritiken füllt.
Nun denn: Während Horrmann im Urlaub hoffentlich neue Gaumenfreuden testen kann, schreibt Christian Lohse, Berlins einziger Zwei-Sterne-Koch, in der WamS für Kochdeppen, Seine Einstiegsdroge: ein belegtes Brot mit Schinken.
Die geneigte Leserschaft erfährt Wissenswertes über Brot (nicht aus dem Backshop), Schinken und den Vorteil von Butter, die man eine Viertelstunde vor Verwendung aus dem Kühlschrank nimmt.
Meine Lieblingsstelle im aktuellen „Kochen für Dumme“ ist der Tipp, das frische Brot am besten gleich beim Bäcker schneiden zu lassen, weil Brotmesser hässliche Wunden machen. Ich bin seit einem halben Jahr stolzer Besitzer und Nutzer eines wirklich guten, preisintensiven, 30 Zentimeter langen und sauscharfen Brotmessers, welches ich mir vor ziemlich genau zwei Wochen erstmals durch den Daumen gezogen habe. Für den Fall, dass sich ein zartes Gemüt unter die Leserschaft meines Tagebuches verirrt haben sollte, beschränke ich mich auf die Feststellung, dass es aus so einem Daumen erstaunlich sprudeln kann, dass die Selbstheilungskräfte des menschlichen Körpers, soweit durch Mull und Pflaster unterstützt, jedoch beachtlich sind.
Übrigens hatte Christian Lohse für Küchen-Dummies noch einen zweiten Messertipp parat: Fürs Schneiden der Zwiebel riet er zur Anschaffung eines scharfen Messers. Dieses sorge im Fall der Fälle für einen sauberen Schnitt, der schneller abheilt als die von einem stumpfen Schneidwerkszeug verursachten Wunden ...
Übrigens bin ich schon jetzt auf die praxisnahen Ratschläge gespannt, die ich dem "Kochen für Dumme" am kommenden Wochenende entnehmen kann. Vielleicht geht es ja um den Umgang mit heißem Fett.
Nun denn: Während Horrmann im Urlaub hoffentlich neue Gaumenfreuden testen kann, schreibt Christian Lohse, Berlins einziger Zwei-Sterne-Koch, in der WamS für Kochdeppen, Seine Einstiegsdroge: ein belegtes Brot mit Schinken.
Die geneigte Leserschaft erfährt Wissenswertes über Brot (nicht aus dem Backshop), Schinken und den Vorteil von Butter, die man eine Viertelstunde vor Verwendung aus dem Kühlschrank nimmt.
Meine Lieblingsstelle im aktuellen „Kochen für Dumme“ ist der Tipp, das frische Brot am besten gleich beim Bäcker schneiden zu lassen, weil Brotmesser hässliche Wunden machen. Ich bin seit einem halben Jahr stolzer Besitzer und Nutzer eines wirklich guten, preisintensiven, 30 Zentimeter langen und sauscharfen Brotmessers, welches ich mir vor ziemlich genau zwei Wochen erstmals durch den Daumen gezogen habe. Für den Fall, dass sich ein zartes Gemüt unter die Leserschaft meines Tagebuches verirrt haben sollte, beschränke ich mich auf die Feststellung, dass es aus so einem Daumen erstaunlich sprudeln kann, dass die Selbstheilungskräfte des menschlichen Körpers, soweit durch Mull und Pflaster unterstützt, jedoch beachtlich sind.
Übrigens hatte Christian Lohse für Küchen-Dummies noch einen zweiten Messertipp parat: Fürs Schneiden der Zwiebel riet er zur Anschaffung eines scharfen Messers. Dieses sorge im Fall der Fälle für einen sauberen Schnitt, der schneller abheilt als die von einem stumpfen Schneidwerkszeug verursachten Wunden ...
Übrigens bin ich schon jetzt auf die praxisnahen Ratschläge gespannt, die ich dem "Kochen für Dumme" am kommenden Wochenende entnehmen kann. Vielleicht geht es ja um den Umgang mit heißem Fett.
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Adressen frei Haus. Oder: ein Angebot an die Landesdirektion Chemnitz
zeitungsdieb, 09:10h
Die regelmäßigen Leser meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches wissen um meine ehrliche Begeisterung für E-Mails, die mir ihren kompletten Empfängerkreis offenbaren: Solche Nachrichten lassen jeden Adressaten wissen, wer außer ihm noch mit der jeweiligen Mail beschickt wurde. Mich freuen derartige Posteingänge, denn zum einen befriedigen sie meine Neugierde, zum anderen – und nun wird’s geschäftlich – ist so ein Adressverteiler durchaus ein Wertgegenstand.
Eben deshalb landen E-Mails, die mir eine geldwerte Adressenliste frei Haus liefern, auch nicht im Papierkorb, sondern in einem Unterverzeichnis namens „Adressensammlung“.
Gelegentlich greife ich auf diese Sammlung zu, z.B. dann, wenn ich im Kundenauftrag Nachrichten versende und einen speziellen Verteiler benötige. Kürzlich tat ich das wieder und verwendete die mir von der Pressestelle der Landesdirektion Chemnitz wohlfeil zur Verfügung gestellte Medienliste.
Das Ergebnis war – vorsichtig formuliert – sehr lehrreich. Lebte ich bislang in dem Glauben, Behörden seien zwar womöglich langsam, unkreativ und konservativ, auf alle Fälle aber doch zuverlässig und exakt, so wurde ich dank des gehighjackten Verteilers der LD Chemnitz eines Schlechteren belehrt: Die Adressenliste, nach der besagte Behörde regelmäßig ihre Mitteilungen versendet, ist voller Schreibfehler und Leichen.
Kaum hatte ich „meine“ Nachrichten verschickt, trudelte in meinem Posteingang ein Heer von Remailern ein, die mich über unbekannte Empfänger, nicht existierende Subdomains und allerlei andere Unbill informierten. Da ich dafür ja von meinem Auftraggeber bezahlt werde, habe ich mich an die Arbeit gemacht und derlei Botschaften „eingepflegt“, sodass „mein“ Verteiler nun aktuell ist. Sollte die Pressestelle der LDC Interesse an einem aktuellen Medienverteiler für ihr Zuständigkeitsgebiet haben, genügt eine E-Mail an mein Büro bzw. ein Anruf. Über den Preis werden wir uns sicher einig. Auf Wunsch erkläre ich ausgewählten Mitarbeitern auch, wie man E-Mails ohne sichtbare Adressliste versendet. Aber das kostet extra – ich muss ja auch leben ...
Eben deshalb landen E-Mails, die mir eine geldwerte Adressenliste frei Haus liefern, auch nicht im Papierkorb, sondern in einem Unterverzeichnis namens „Adressensammlung“.
Gelegentlich greife ich auf diese Sammlung zu, z.B. dann, wenn ich im Kundenauftrag Nachrichten versende und einen speziellen Verteiler benötige. Kürzlich tat ich das wieder und verwendete die mir von der Pressestelle der Landesdirektion Chemnitz wohlfeil zur Verfügung gestellte Medienliste.
Das Ergebnis war – vorsichtig formuliert – sehr lehrreich. Lebte ich bislang in dem Glauben, Behörden seien zwar womöglich langsam, unkreativ und konservativ, auf alle Fälle aber doch zuverlässig und exakt, so wurde ich dank des gehighjackten Verteilers der LD Chemnitz eines Schlechteren belehrt: Die Adressenliste, nach der besagte Behörde regelmäßig ihre Mitteilungen versendet, ist voller Schreibfehler und Leichen.
Kaum hatte ich „meine“ Nachrichten verschickt, trudelte in meinem Posteingang ein Heer von Remailern ein, die mich über unbekannte Empfänger, nicht existierende Subdomains und allerlei andere Unbill informierten. Da ich dafür ja von meinem Auftraggeber bezahlt werde, habe ich mich an die Arbeit gemacht und derlei Botschaften „eingepflegt“, sodass „mein“ Verteiler nun aktuell ist. Sollte die Pressestelle der LDC Interesse an einem aktuellen Medienverteiler für ihr Zuständigkeitsgebiet haben, genügt eine E-Mail an mein Büro bzw. ein Anruf. Über den Preis werden wir uns sicher einig. Auf Wunsch erkläre ich ausgewählten Mitarbeitern auch, wie man E-Mails ohne sichtbare Adressliste versendet. Aber das kostet extra – ich muss ja auch leben ...
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Schneckenpost. Oder: Es gibt ihn noch ...
zeitungsdieb, 08:34h
Gestern habe ich einen Brief verschickt. Das ist sicher nichts Spektakuläres und ich tue solche Dinge durchaus hin und wieder und schaffe das sogar ohne fremde Hilfe. Aber der gestrige Brief war - vorsichtig formuliert - etwas Besonderes. Der Empfänger, der den von mir befüllten Umschlag heute in seinem Kasten vorfinden dürfte, ist ein mittelalter Mensch. Er rief in meinem Büro an und bestellte ein Abo für eine Fachzeitschrift, die ich produziere.
Nun bin ich kein Bürokrat, doch wir befinden uns in good old Germany, folglich muss für den Abschluss eines solchen Vertrages eine schriftliche Willenserklärung vorliegen. Nichts einfacher als das, pflegte früher Schweinchen Frederic (das vom West-Sandmännchen) seiner Schwester Pigeldy zu sagen. Nichts einfacher als das, sagte auch ich und bat den Anrufer um Nennung seiner E-Mail-Adresse. So etwas habe er nicht, erfuhrt ich. Gleichlautend war auch die Antwort auf meine Bitte um Nennung einer Faxnummer - und ich wusste: Es gibt ihn noch, den Kommunikationsverweigerer. Nicht nur in Hinterandalusien oder Nordostsibirien, sondern auch hier, mitten in Deutschland.
Nun bin ich kein Bürokrat, doch wir befinden uns in good old Germany, folglich muss für den Abschluss eines solchen Vertrages eine schriftliche Willenserklärung vorliegen. Nichts einfacher als das, pflegte früher Schweinchen Frederic (das vom West-Sandmännchen) seiner Schwester Pigeldy zu sagen. Nichts einfacher als das, sagte auch ich und bat den Anrufer um Nennung seiner E-Mail-Adresse. So etwas habe er nicht, erfuhrt ich. Gleichlautend war auch die Antwort auf meine Bitte um Nennung einer Faxnummer - und ich wusste: Es gibt ihn noch, den Kommunikationsverweigerer. Nicht nur in Hinterandalusien oder Nordostsibirien, sondern auch hier, mitten in Deutschland.
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Freitag, 13. März 2009
Pfeiffergeiferfreies Leipzig. Oder: Der Osten hatte noch mal Glück
zeitungsdieb, 14:08h
Es liegt mir fern, über den Amoklauf in Winnenden irgendwelche dummen Sprüche abzulassen. Das haben die hinreichend bekannten Worthülsenwerfer aus der Politik schon reflexartig praktiziert: "Killerspiele verbieten", "Waffengesetz verschärfen", "Schulen sicherer machen" usw.
In zwei Punkten bin ich allerdings froh.
Zum einen: Die Bluttat ist im Musterländle geschehen und nicht im Osten der Republik. Wäre letzteres der Fall, hätte Kriminologe Pfeiffer wieder einmal auf die DDR-Kindergärten verwiesen, in denen die Ossies in Reih und Glied auf dem Töpfchen sitzen mussten und so für spätere Wahnsinnstaten geprägt wurden. Das ist keine Ironie, sondern bitterer Ernst, der Mann hat Dinge in der Art schon formuliert. Und auch Brubbelböhme aus der Staatskanzlei von Sachsen-Anhalt kann nun nicht herumnuscheln, dass die angeblich gehäuften Abtreibungen der DDR-Frauen dran schuld seien.
Zum anderen: Die unfassbare Tat des Tim K. hat den Medien Futter gegeben. Ohne auf Beweise zu achten oder gar Fakten zu prüfen wurde getwittert, gesendet und gedruckt auf Teufel komm raus - die Wahrheit geriet bei Focus und Co. so gründlich unter die Räder wie eigentlich nur in Kriegszeiten. Dieses Wetteifern der blutrünstigen Meute und das Rennen um die heißeste Information haben dazu geführt, dass die Festnahme des mutmaßlichen Mörders im Fall Michelle schnell aus den bundesweiten Schlagzeilen verschwunden ist. Danke!
Denn so ist Leipzig noch einmal davongekommen, bundesweit als vermeintliche Hochburg irgendwelchen Mordgesindels breitgeschmiert zu werden. So blieb es meiner Stadt erspart, vom Pfeiffergeifer bespuckt zu werden. Auch wenn der Preis dafür hoch ist.
In zwei Punkten bin ich allerdings froh.
Zum einen: Die Bluttat ist im Musterländle geschehen und nicht im Osten der Republik. Wäre letzteres der Fall, hätte Kriminologe Pfeiffer wieder einmal auf die DDR-Kindergärten verwiesen, in denen die Ossies in Reih und Glied auf dem Töpfchen sitzen mussten und so für spätere Wahnsinnstaten geprägt wurden. Das ist keine Ironie, sondern bitterer Ernst, der Mann hat Dinge in der Art schon formuliert. Und auch Brubbelböhme aus der Staatskanzlei von Sachsen-Anhalt kann nun nicht herumnuscheln, dass die angeblich gehäuften Abtreibungen der DDR-Frauen dran schuld seien.
Zum anderen: Die unfassbare Tat des Tim K. hat den Medien Futter gegeben. Ohne auf Beweise zu achten oder gar Fakten zu prüfen wurde getwittert, gesendet und gedruckt auf Teufel komm raus - die Wahrheit geriet bei Focus und Co. so gründlich unter die Räder wie eigentlich nur in Kriegszeiten. Dieses Wetteifern der blutrünstigen Meute und das Rennen um die heißeste Information haben dazu geführt, dass die Festnahme des mutmaßlichen Mörders im Fall Michelle schnell aus den bundesweiten Schlagzeilen verschwunden ist. Danke!
Denn so ist Leipzig noch einmal davongekommen, bundesweit als vermeintliche Hochburg irgendwelchen Mordgesindels breitgeschmiert zu werden. So blieb es meiner Stadt erspart, vom Pfeiffergeifer bespuckt zu werden. Auch wenn der Preis dafür hoch ist.
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Reinigungsversäumnisse. Oder: Ein Gespräch über Toilettenfunde
zeitungsdieb, 13:26h
Der Berliner Tagesspiegel berichtet über einen grausigen Fund: In einer Besuchertoilette der Berliner Charité wurde am Mittwoch, dem 11. März, eine bereits verwesende Leiche gefunden (Guckst Du hier: http://www.tagesspiegel.de/berlin/Charit%E9-Leiche;art270,2750821 ) Bei dem Mann handelt es sich um einen Drogensüchtigen, der am 6. März in der Notaufnahme der Klinik versorgt worden war.
Nun liegt es mir fern, über Sinn und Unsinn seiner anschließenden Entlassung zu philosophieren. Allerdings: Mit der Reinigungsfirma, die die Toiletten in der Charité mehrmals täglich auf Vordermann bringt (oder das zumindest tun sollte), müsste mal jemand Tacheles reden ...
Nun liegt es mir fern, über Sinn und Unsinn seiner anschließenden Entlassung zu philosophieren. Allerdings: Mit der Reinigungsfirma, die die Toiletten in der Charité mehrmals täglich auf Vordermann bringt (oder das zumindest tun sollte), müsste mal jemand Tacheles reden ...
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