Montag, 12. Oktober 2009
Herz statt HiTech. Oder: undankbare Gedanken nach einem realsatirischen Festmahl
Wenn man zu einem „Feschtle“ – vulgo: kleines Fest – eingeladen wird, ist das schön. Schließlich gibt es Speis’ und Trank und nette Unterhaltung; oder zumindest sollte es das. Dieses Vergnügen erwartete mich am vergangenen Wochenende. Die Voraussetzungen für einen genüsslichen Abend waren eigentlich gut: Die Einlader bewohnen ein Haus der gehobenen Preisklasse in besserer Lage, ausgestattet mit einer Küche der noch gehobeneren Preisklasse samt allerlei oberfeiner Technik und setzen – soviel weiß ich von früheren Anlässen – für ihre „Feschtles“ ausschließlich Zutaten ein, welche einer ebenfalls deutlich gehobenen Kategorie zuzuordnen sind.
Um es kurz zu machen: Wäre ich nicht durch frühere Veranstaltungen im selben Rahmen vorgewarnt gewesen, hätte ich sicher eine heftige Enttäuschung verspürt. So war ich im Bilde und hielt mich an die eine oder andere nicht zu verderbende Vorspeise, statt knurrenden Magens aufs Hauptgericht zu warten. Und auch die Kürbissuppe war, obgleich nicht inspiriert zubereitet, so doch zumindest erträglich. Trotz der Jakobsmuschel. Wenn die Dinger halt weg mussten ...
Am Hefeweizen nippend, schaute ich dem Braten zu, der im exklusiven Ofen vor sich hin garte, natürlich per fest installiertem Bratenthermometer permanent kerntemperaturüberwacht. Als dieses Messinstrument die gewünschte 64 Grad meldete, wurden feine Brokkoliröschen dem schonenden Dampfgarer anvertraut und irgendwann gab es den Hauptgang auf die vorgewärmten Teller.
Das kulinarische Erlebnis lässt sich in gute und schlechte Nachrichten fassen. Die gute Nachricht: Das sauber geschnittene Fleisch war perfekt gegart, der edle Brocken zeigte im Anschnitt genau den Hauch von Röte, der Gourmets verzückt grunzen lässt.
Die schlechten Nachrichten waren leider in der Überzahl und ergossen sich auf mich beim ersten Probieren: Trotz des elektronischen Overkills und der noblen Küchenausstattung war der Hauptgang allenfalls lauwarm und weitestgehend geschmackfrei.
Unfreiwilliger Höhepunkt des aufwändig inszenierten Kulinarmassakers war für mich der vermeintlich schonend dampfgegarte Brokkoli, der die Konsistenz von Brühreis aufwies und auch so ähnlich schmeckte – nämlich nach nichts, auf alle Fälle nicht nach Brokkoli.
Da ich im Vorfeld derartiger „Feschtles“ zumeist auf Friedenswahrung gebrieft werde, verzichtete ich auf Kommentare zum Ausmaß der Genussexplosion ebenso wie auf den feilgebotenen Nachschlag und das Dessert. Weil: Schlimmer geht bekanntlich immer. Und auch an Muffins kann man viel verderben. Schließlich muss ich ja in dieser Woche wieder arbeiten.
Die essensbegleitende Konversation hätte durchaus das Zeug zur Realsatire. Die Gastgeberin lobte ihren Göttergatten für das Mahl und versuchte, eine verbale Lobeslaola dafür zu inszenieren, dass dieser den Tag in der Küche zugebracht hatte. Meinen Gedanken, dass er diese Zeit sinnvoller hätte nutzen können, behielt ich für mich.
So wie viele andere Gedanken an diesem Abend. Das war nicht etwa einer Redehemmung geschuldet, sondern der psychischen Verfassung der Gastgeberin: Den Namen der Krankheit kenne ich nicht, sie äußert sich aber darin, dass Fragen nur zu dem Zweck gestellt werden, sie auch gleich selbst zu beantworten und über vermeintliche, eigene Bonmots auch noch selbst zu lachen. Da ich nicht wusste, ob es sich dabei um einen neuen Therapieansatz oder nur eine Art von Verbalmasturbation handelte, schwieg ich und genoss das bizarre Schauspiel. Für solcherart Unterhaltung muss man ansonsten Fernsehgebühren zahlen.

Auf der Heimfahrt bewegten mich vor allem zwei Gedanken.
Zum einen grübelte ich über Vorratsausreden nach, um mich von künftigen „Feschtles“ befreien zu können.
Zum anderen lobte ich die unerfindlichen Wege des Schicksals, die mich mit einer Ehefrau gesegnet haben, mit der man sich angenehm unterhalten kann und die zu allem Glück eine exzellente Köchin ist. Auch ohne Nobelküche samt Bratenonlineüberwachung, dafür aber mit der notwendigen Portion „Herz“ ...

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Freitag, 9. Oktober 2009
120 Zentner Briketts am 9. Oktober 1989. Oder: Etwas andere Gedanken zur Revolution
9. Oktober. Vor 20 Jahren wurde in Leipzig Geschichte geschrieben, die Medien quellen heute über von zum Teil kaum erträglichen Betroffenheitsdarstellungen und Pseudoanalysen. Besonders lesensunwert sind für mich die geistigen Ergüsse all der nachträglich Dabeigewesenen. Selbst ein stadtbildverhunzender Bilderbuntmaler, seinerzeit immerhin schon 20 Jahre alt, fühlt sich heute berufen, Schüler über die DDR aufzuklären.
Machte sich ein emsiger Buchhalter die Mühe, alle „Hier“-Rufe echter und vermeintlicher Revolutionäre zu summieren, würde er wohl zu dem Schluss gelangen, dass am 9. Oktober 1989 nicht 70.000, sondern mindestens 100.000 Menschen auf dem Leipziger Ring demonstrierten. Und dass, obwohl mindestens 68.000 der tatsächlich beteiligten Demonstranten heute nicht mehr über das Thema reden, weil sie sich entweder in ihrem neuen Leben eingerichtet haben oder aber, weil ihnen genau das gründlich misslungen ist.
Da habe ich es gut: Ich war am 9. Oktober 1989 nicht dabei. Sicher, auch ich musste mir grimmige Blicke meines Chefs gefallen lassen, der mich wegen meines an diesem Tag sehr frühen Feierabends zur Rede stellte, mit meiner Antwort nicht zufrieden war und mir – auch dank der einen und der anderen frechen Äußerung – Konsequenzen in Aussicht stellte. Warum sollte ein Prof. mir auch glauben, dass mich an einem so besonderen Tag, an dem die Stimmung knisterte, 120 Zentner Kohlen zum verfrühten Verschwinden veranlasst hatten?
Aber so war es halt: Auf dem Bürgersteig lagen sechs Tonnen Braunkohlenbriketts. Sie lagen dort, weil der Kohlenhändler sie abgekippt hatte, denn mein Keller ging „nach hinten“ – und 120 Zentner Kohlen durch einen engen Gang dorthin zu tragen, das konnte man einem jungen Wissenschaftler zumuten, aber auf keinem Fall einem sozialistischen Werktätigen.
Auch wenn’s aus heutiger Sicht so manchem Leser meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches unverständlich erscheinen mag: Die bescheidene Freiheit, im Winter eine zumindest nicht ganz kalte Bude zu haben war mir wichtiger, als die große Freiheit auf dem Leipziger Ring.
Um noch mal auf die Berichte und Analysen tatsächlicher oder vermeintlicher Zeitzeugen zu kommen. Unter all dem zumeist verquasten Geschreibsel ist mir ein Artikel von Wolfgang Kleinwächter (http://www.heise.de/tp/r4/artikel/31/31019/1.html) sehr positiv aufgefallen. Da schreibt einer, der mit dem Auftrag „dabei“ war, in der Nikolaikirche einen Platz zu blockieren, sehr lesenswerte Gedanken. Bei Kleinwächters Beschreibung des selbst angesichts des Leipziger Stasi-Hauptquartiers friedlich gebliebenen Demonstrationszuges gab mir vor allem ein Satz zu denken: „Hätte es damals einen ‚schwarzen Block’ gegeben, die Weltgeschichte wäre anders verlaufen.“
Darüber lohnt es sich nachzudenken.

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Freitag, 25. September 2009
Rosenkrieg bei der Leipziger Messe. Oder: Vom Jüngling, der zur besseren Partie zieht.
Das Possenspiel um den erst dementierten und nun doch stattfindenden Wechsel des Geschäftsführers der Leipziger Messe GmbH, Wolfgang Marzin, ins Amt des Geschftäsführers der Messe Frankfurt, nimmt allmählich Züge einer Beziehungskrise an.
Beziehungskrise? Hä? Das ist doch eine private Kiste ... was soll das im Business zu tun haben? So oder ähnlich mag sich an dieser Stelle der eine oder andere Leser meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches fragen.
Sicher, es gibt Unterschiede, aber die Ähnlichkeit zu einer richtig üblen Beziehungskiste, so in der Art „Rosenkrieg“ sind doch beeindruckend.

Da wäre zunächst die Vorgeschichte. Ein junger Mann aus gutem Münchner Hause geht auf Wanderschaft und kommt bei einer älteren Dame in Sachsen unter und lässt sich von ihr aushalten. Na gut, sie hat ihre besten Jahre hinter sich, aber Geld stinkt nicht. Und ein paar Jahre kann man sich ja auch bei einer alternden Braut zusammenreißen. Noch dazu, wo sie erst kurz zuvor ein teures Lifting gemacht hat. Und außerdem hat der Lover ja noch seine Koffer in München.

Dann folgt die Phase Ernüchterung: Hey, die alte Dame macht keinen wirklichen Spaß mehr. Der Lack ist ab. Das Lifting bröckelt, und eigentlich bin ich immer noch jung. Es wird schon über mich gelästert: Was ich an der Madam so finde. Oder ob ich’s bei einer anderen nicht mehr packe? Apropos andere: Auch andere Mütter haben hübsche Töchter, und besser situierte dazu. „Mann“ sollte seine Chance nutzen, solange sich die eigenen Falten noch kaschieren lassen.

Und nun kommt die Phase der Heimlichtuerei: Aber hallo, in Frankfurt, da ist ein, die hat was. Auch nicht die Allerjüngste, aber sehr gut im Futter. Außerdem: Tolle Familie, reiche Verwandschaft, dazu selbst ein stattliches Bankkonto. Ein wenig Turtelei muss erlaubt sein, allerdings vorerst noch heimlich. Schließlich könnte die alte Leipzigerin sauer reagieren, wenn sie mitbekommt, dass ich auf ihre Kosten nach Frankfurt auf Brautschau fliege. Aber mal ehrlich: Die bekommt nicht wirklich was mit, die Sache mit Köln hat sie bis heute verdrängt.

Es wird ruchbar: Keine Ahnung, warum, aber irgendwie ist das süße Geheimnis kein Geheimnis mehr. Die alte Leipziger Lady hat mitbekommen, dass da eine Nebenbuhlerin im Spiel ist. Viel zu früh, denn der fesche Münchner Bubi hat in Frankfurt zwar schon mal Vorspiel geübt, aber so richtig zum Schuss ist er noch nicht gekommen. Die Familie muss erst zustimmen. Und langsam wird’s nervig, denn in Leipzig fängt das Getuschel an. Aber zumindest für paar Tage kann der wechselwillige junge Mann seine misstrauische Gespielin noch beruhigen. Wenn er ihr mit treuem Blick verspricht, dass da keine andere ist und dass er sie mindestens bis 2014 lieben wird, glaubt sie’s. Oder zumindest tut sie so, weil sie’s glauben will.

Es ist raus: Na endlich, die Familie hat zugestimmt, jetzt geht’s mit der Neuen in Frankfurt in die Kiste. Die Verlobung wird bekannt gegeben, am 1. April wird’s offiziell. Nochmal Glück gehabt, nun kann die schrumplige Alte in Leipzig meckern und ihre ganze Mischpoke dazu.

Und wie geht’s weiter? Na, wie es in solchen Fällen immer weitergeht. Freunde und Familie der enttäuschten Ex-Freundin mischen sich ein. Als erstes raten sie der heulenden Lady mit dem geknickten Herzen, den Kerl sofort rauszuschmeißen und die Türschlösser wechseln zu lassen. Und dem Kerl keine Träne hinterherzuweinen, denn der ist das ja gar nicht wert. Und wie sie überhaupt auf den reinfallen konnte ... Schließlich habe jeder sofort gesehen, dass der Münchner Bubi ein ganz ein übler Schlawiner und so ... Und außerdem braucht sie so einen nicht, ohne geht es eh besser.

Und dann? Wird noch ein wenig Rosenkrieg gespielt. Die besonders guten Freunde der alten versetzten Braut werden suchen, stöbern und finden, was sie dem getürmten Bräutigam alles noch anhängen können. Ganz gleich, ob’s wahr ist, oder nicht. Die schiefe Nase? Hat sie von ihm. Genau wie den Mundgeruch und den Wackelzahn. Und außerdem hat er, ehe er nach Frankfurt gegangen ist, noch beim Wirtschaftsgeld geschummelt – wo sie doch immer so großzügig gewesen ist. Und schon vor einem halben Jahr hat er mit der Putzfrau rumgemacht. Bloß gut, dass das jetzt vorbei ist.

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Donnerstag, 24. September 2009
Selbstlose Seelenjäger ohne Feuer und Schwert. Oder: Sektenalarm im Leipziger Rathaus.
Meine Lokalpostille, die Leipziger Volkszeitung, hat mir heute wieder viel Freude beschert. Nein, es geht nicht vordergründig um die Werbung für das Buch „Nachdenken über Leipzig“, ein verlegerisches Eigengewächs, die heute in der hölzernen LVZ und in der Online-Ausgabe http://www.lvz-online.de/aktuell/content/111984.html an exponierter Stelle nachzulesen ist. Natürlich ist das wieder einmal ein feiner Verstoß gegen den Pressekodex, aber das juckt doch bei diesem als Abo-Zeitung getarnten Anzeigenblatt längst niemanden mehr.

Nein, so richtig amüsiert habe ich mich über einen gutmenschelnden Artikel zum Thema „Hare Krishna“. Oder viel mehr zum Thema „Interkulturelle Wochen“. Im Rahmen dieser Veranstaltungsreihe wird u.a. auch die Internationale Gesellschaft für Krishnabewusstsein im Leipziger Rathaus einen Abend gestalten.
Und, so berichtet meine Lokalpostille, nun fordern „Experten die Absetzung dieses Indischen Abends“, weil Hare Krishna böse ist und so weiter und so gutmenschelnd.

Um von den Lesern meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches nicht missverstanden zu werden: Ich habe mit Hare Krishna nichts am Hut. Gelegentlich lasse ich in meinem CD-Player mal „Krishna Das“ laufen http://www.amazon.de/Greatest-Hits-Kali-Yuga-Krishna/dp/B0002O06PI/ref=pd_sim_m_3 , aber das hat etwas mit Musikgeschmack und nicht mit Religion zu tun. Ich höre manchmal übrigens Gospel, Orgelmusik und arabische Klänge.

Zurück zu den gutmenschelnden Experten. Gegen den „Indischen Abend“ durfte in meiner Lokalpostille zuerst Solveig Prass, die Geschäftsführerin der „Eltern- und Betroffeneninitiative gegen psychische Abhängigkeit Sachsen“ wettern. Da meine Lokalpostille Links für etwas Unmoralisches und Böses hält und auf solch Teufelei zumeist verzichtet (so sie nicht auf eigene Angebote verweisen), fehlt natürlich im vorliegenden Text der Link zu besagter Initiative. Bitteschön: Sie wirbt im Internet unter http://www.ebi-sachsen.de/ für sich, d.h. sie wirbt nicht, sondern warnt vor allem. Zum Beispiel vor Mormonen sowie vor dieser und jener Religionsgruppe. So richtig gut scheint eigentlich nur die „echte Mutter Kirche“ zu sein.
Dass Gutes tuende, ausschließlich der Sache verpflichtete Gutmenschen mitunter ein wenig übers Ziel hinausschießen, ist keine neue Erkenntnis. In Sachsen ebi-sachsen gibt es durchaus kritische Stimmen ... so z.B. hier http://www.novo-magazin.de/63/novo6332.htm ...

Interessant finde ich die auf der ebi-Seite angebotene Sekten-Checkliste, eine Art bebildertes Hilfsmittel für Pisa-Geschädigte, die durch die Beantwortung simpler Fragen feststellen sollen, ob ein Gegenüber sie womöglich für eine Sekte gewinnen will, nachzulesen hier: http://www.ebi-sachsen.de/sekten/checkliste.html Es gilt: „Schon bei einem Ja – Vorsicht!“
Beispiel gefällig? Zitat Checkliste: „Das Weltbild der Gruppe ist verblüffend einfach und erklärt jedes Problem.“ Hmm, also könnten Die Linke und die NPD Sekten sein ...
Noch’n Beispiel? „Die Gruppe hat einen Meister, ein Medium, einen Führer oder Guru, der allein im Besitz der ganzen Wahrheit ist.“ Oskar Lafontaine?
Noch eins? „Du sollst sofort Mitglied werden.“ Fitness-Club?


Aber ich will ja nicht lästern, also lasse ich einen weiteren Experten zu Wort kommen, der in der LVZ seine Sicht der Dinge darlegen durfte: Thomas Feist, Bundestagskandidat der CDU. Er hat sich in Leipzig bereits einen Namen als toleranter Kunstkenner und Vordenker gemacht. Zur Erinnerung: Als das Leipziger Bildermuseum die Installation „Animatograph“ des Berliner Künstlers Christoph Schlingensief zeigte, schaltete Thomas Feist die Justiz ein und forderte in einem Schreiben an die Staatsanwaltschaft und den Museumsdirekter Hans-Werner Schmidt eine sofortige Altersbeschränkung wegen „gewaltverherrlichender, obszöner und pornographischer Inhalte“. Hmm.
Thomas Feist (http://thomasfeist.de/biografie.html) ist Referent für musisch-kulturelle Bildung beim Jugendpfarramt Sachsen und in der DDR laut offizieller Biographie vor allem Nicht-FDJler gewesen. Dass er für die evangelische Kirche tätig ist, beeinträchtigt sicher nicht seine Objektivität im Umgang mit anderen Religionen, nehme ich mal an.
Obwohl die in der LVZ veröffentlichte Feist-Forderung, dass die Stadt „dieser Sekte“ am 30. September kein öffentliches Forum geben darf, so etwas durchaus nahe legen könnte. Wäre ja auch noch schöner, wenn einfach eine Konkurrenz zu Mutter Kirche für sich werben dürfte! Schließlich kann man die Seele nur einmal erlösen bzw. einfangen. Wenn man von späterer Neubekehrung absieht, gilt „Wech ist wech!“. Seit Abschaffung der Heiligen Inquisition sind die Falschgläubigen so verdammt störrisch; früher, mit Feuer und Schwert, ließ sich noch das eine oder andere fehlgeleitete Schaf umstimmen.
Wobei: Die Feistsche Wortmeldung hat durchaus Unterhaltungswert. Zitat: „Sie stellen eine Person in den Mittelpunkt, durch den die Menschen zu Erlösung kommen sollen.“ Nun mag es ja blaphemisch sein, Hochwürden, aber beim Stichwort „Erlösung“ fällt mir immer zuerst ein Typ religiöser Fanatiker namens Jesus Christus ein, um dessen Herkunft sich allerlei seltsame Mythen ranken. Jungfräuliche Geburt, vom Heiligen Geist gezeugt und so. Also, wenn ich da mal die Fragen in der Sekten-Checkliste auf http://www.ebi-sachsen.de/ anschaue ... aber hallo. Sektenalarm!
Für alle Leser, die bis hierher durchgehalten haben, noch einmal zur Erinnerung: Ich habe mit Hare Krishna nichts am Hut, obwohl meine Ohren Chanten eher mögen als Choräle.
Aber, beim Stichwort Erinnerung muss ich daran denken, dass vor gar nicht so langer Zeit Buddhisten in der kleinen Stadt Taucha bei Leipzig ein deutschlandweites Meditationszentrum errichten wollten. Im Unterschied zu den selbernannten Erben Jesu wollten sie dazu ausschließlich eigenes Geld einsetzen und hofften nicht auf staatliche Bezuschussung. Sie fanden ein Grundstück, legten eine Planung vor und begeisterten viele Tauchaer für sich – nicht zuletzt eine stattliche Anzahl von Geschäftsleuten, die sich von den Buddhisten zusätzliche Umsätze versprachen. Beinahe hätte es auch geklappt, wäre da nicht plötzlich eine heilige Allianz kreuztragender Seelenfänger aktiv geworden, die ein finsteres Bedrohungsszenario entwickelt und im Stadtrat eine unheilige Zweckkoalition der Andersfeindlichen geschaffen hat.
Wie gesagt: Der Kampf um die Seelen ...

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Nachschlag aus der Leipziger Gerüchteküche. Oder: Nun geht Wolfgang M. doch nach Frankfurt, und was macht Wolfgang T.?
Vor wenigen Tagen grübelte ich hier http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/1492009/ über den mehrfach dementierten Wechsel des Geschäftsführers der Leipziger Messe, Wolfgang Marzin, ins Amt des Geschäftsführers der Messe Frankfurt. Und ich kam durch simple Analyse von allerlei Dementis und Worthülsen zu dem Schluss, dass der Wechsel beinahe so sicher ist wie das Amen in der Kirche.
Und nun? Gestern verkündete Petra Roth, Bürgermeisterin der Stadt Frankfurt am Main (die Kommune ist Hautpeignerin der größten deutschen Messegesellschaft), hier http://www.frankfurt.de/sixcms/detail.php?id=2855&_ffmpar[_id_inhalt]=6120027 den Wechsel von Wolfgang Marzin von seinem bisherigen 200.000-Euro-Job an der Pleiße auf den Halbmillionenposten am Main.
Und auch Märchenonkel Wolfgang Marzin hat aufgehört, die Moritat von der Erfüllung seines bis 2014 laufenden Vertrages mit der Leipziger Messe zu verbreiten und lässt via Presseverteiler seines Noch-Arbeitgebers erklären, dass er das Angebot aus Frankfurt annehmen wird. Schön sind die folgenden beiden Sätze seines Statements: „Die Ereignisse der letzten Tage haben leider nicht zugelassen, die üblichen Abläufe eines Führungswechsels einzuhalten. Ich bedauere, dass mir keine Möglichkeit gegeben wurde, nach der Anfrage aus Frankfurt zunächst mit meinen bisherigen Gesellschaftern, Kollegen und Partnern zu sprechen.“ Böse Medien, böse Mitarbeiter, böse Welt.

Beim Nachdenken über das Marzin-Dementi http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/1492009/ hatte ich auch noch eine andere Spekulation angerissen: Den Wechsel des Bundespatenstichministers Wolfgang Tiefensee zur Leipziger Messe, über den die Bild-Zeitung geschrieben hatte und der aus dem Ministeriums der Sonnenkönigs natürlich sofort heftig dementiert worden war.
Nachdem ich mit meiner schlichten Analyse der Marzin-Dementis und der diesbezüglichen Worthülsen richtig gelegen hatte, reizt es mich natürlich, den Tiefensee-Faden ein wenig weiterzuspinnen. Und siehe: Unter gewissen Voraussetzungen erscheint mir ein Wechsel Wolfgang Tiefensees in die Geschäftsführung der Leipziger Messe immer wahrscheinlicher.
Warum? Da wäre Voraussetzung Nummer 1 – die Bundestagswahl am kommenden Sonntag. Sollte der Wahlausgang für ein schwarz-gelbes Regierungsbündnis reichen, muss Wolfgang Tiefensee nicht mehr länger den dauerlächelnden, kompetenzfreien Spatenstecher geben, sondern kann sich dank Position 1 auf der Landesliste der Sachsen-SPD als gut alimentierter Bundestagsabgeordneter Zeit für andere Aufgaben nehmen. Mit Sicherheit, denn unter der Fünf-Prozent-Hürde wird die SPD wohl (noch) nicht bleiben.
Dass zwischenzeitlich medial darüber spekuliert wird, dass mit Martin Buhl-Wagner wohl der bisherige GF-Vize die Nachfolge Marzins antreten könnte, passt aus meiner Sicht gut zu diesem Szenario. Schließlich wäre es nicht gut, würde vor der Bundestagswahl zu laut über den möglicherweise neuen Versorgungsposten für einen Ex-Bauminister in spe spekuliert ... das könnte das Stimmvieh dazu bringen, über Sinn und Unsinn des Kreuzchens für die SPD nachzudenken. Also schnell einen anderen Kandidaten vors Loch geschoben. Dass nach der Wahl die Versprechen aus der Vorwoche gebrochen werden, wundert doch längst niemanden mehr.

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Mittwoch, 23. September 2009
Wahlgedanken II. Oder: Am Sonntag kriechen die Ratten in ihre Löcher zurück.
Bei der heutigen morgendlichen Zeitungslektüre schüttelte es mich wiederholt. Nicht Kälte oder gar unmoralischer Lebenswandel ließ mich leiden, sondern die allgegenwärtige Wahlpropaganda. Hier eine Anzeige (Soll einer sagen, die Roten wären arm), da eine verkappte PR, dort ein Bericht vom zufällig kurz vor der Wahl erfolgten Besuch des Bundesspatenstichministers Wolfgang T. in Leipzig, da noch ein geistiges Rülpserchen irgendeines schwarzen Hinterbänklers, dort noch ein neuronales Fürzchen aus der grünlichen Ecke - grausam. Das alles - und das allgemeine Leiden der frühmorgendlichen Stunde - ließ mir einen Stoßseufzer entfahren: "Gott sei Dank ist am Sonntag der ganze Wahlzauber vorbei und all die Ratten kriechen wieder in ihre Löcher."
Unerwartete Zustimmung erhielt ich von meiner Frau. Sie, die mit meinen politischen Auffassungen nicht immer übereinstimmt, ergänzte meinen Spruch: "Und dort werden sie dann die nächsten vier Jahre hocken und man sieht und hört nichts von ihnen."
Wie wahr.

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Dienstag, 22. September 2009
Leipziger Gerüchteküche. Oder: Marzin, Tiefensee und viele Dementis.
Zu den unbestrittenen Vorzügen des Älterwerdens gehört erstens, dass es alle trifft und zweitens, dass es den Betroffenen die Chance eröffnet, mit der Zeit einige Erfahrungen zu sammeln. Das muss nicht zur Weisheit führen, aber die eine oder andere Sau, die durchs Dorf getrieben wird und die eine oder andere vermeintliche Neuheit kennt man halt schon und kein sich seinen Teil zu diversen Sensatiönchen und Dementis denken.
Die regelmäßigen Leser dieses kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches wissen, dass ich sie nach solchen Einleitungs-Phrasen nur zu gern mit einem Beispiel aus dem „ächdn Lähm“ (Für Nichtsachen: aus dem wahren, wirklichen Leben) beglücke. Also dann:
In Leipzig gibt es die Leipziger Messe (www.leipziger-messe.de) und selbige bekam in den vergangenen Jahren neben einem wirklich tollen Messegelände auch verschiedene Chefs. Aktuell steht Wolfgang Marzin dem Unternehmen vor.
Seit einigen Wochen wabern im Messe-Glaspalast Gerüchte, dass Wolfgang Marzin trotz eines bis 2014 laufenden Vertrages als GF der Leipziger Messe in Richtung Frankfurt blinzelt. Oder – anders formuliert – der mit 200.000 Euro dotierte Vertrag in Leipzig mag zwar nicht übel sein, aber wenn in Frankfurt 500.000 Euro locken, kann man schon mal schwach werden.
Nur der Vollständigkeit halber: Natürlich wurden alle diesbezüglichen Gerüchte dementiert. Vor allem jenes, das von einem mieses Betriebsklima in den heiligen Messehallen berichtet. Sogar die Betriebsratsspitze widersprach solchen verleugnerischen Behauptungen und lobte das Betriebsklima. Warum muss ich jetzt an VW denken? Hmmm.

Inzwischen waberte es weiter und nun bestätigt auch Wolfgang Marzin, dass es Gespräche mit der Frankfurter Messe gibt. Natürlich sei alles „noch nicht spruchreif“ und er „habe einen Vertrag bis 2014“ und so, aber derlei Fabulierungen sind nicht wirklich bindend. Sagt meine Lebenserfahrung.
Dafür, dass Wolfgang Marzin wohl schon bald seinen Tätigkeitsmittelpunkt in Richtung Frankfurt verlagern wird, sprechen mehrere Anhaltspunkte. Zum einen ist der einstige Chef der Münchner Messe nicht wirklich in Leipzig angekommen. Hartnäckig hält sich das Gerücht vom „Dimido“, d.h. von einem Angestellten, der nur Dienstag-Mittwoch-Donnerstag an seinem Platz und den Rest der Woche irgendwie daheim ist. Natürlich ist an diesem Gerücht nichts, aber auch gar nichts dran, denn es wurde bereits dementiert.
Aber da ich mich vage an die Zeit vor dem Wechsel Marzins nach Leipzig erinnere, weiß ich auch noch um seine Sprüche gegen den hiesigen Messestandort. Da war von einer Kraut- und Rübenmesse die Rede, die sich nicht mit München vergleichen lasse. Hmmm.
Warum ich mir jedoch sehr sicher bin, dass die Ära Marzin in Leipzig nur noch kurz andauern wird, das sind die flott abgefeuerten Worthülsen des stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden der Leipziger Messe, Burkhardt Jung.
Für alle Auswärtigen: Burkhardt Jung ist zugereister Oberbürgermeister der Stadt Leipzig und in der Stadt ungefähr ebenso „verortet“ (schönes neudeutsches Wort) wie Wolfgang Marzin. Jung. Laut „Leipziger Volkszeitung“ http://www.lvz-online.de/aktuell/content/111756.html geht der OBM davon aus, dass (Achtung, Worthülse Nr. 1) auch ohne Marzin „für Kontinuität in der Messe gesorgt ist“. Und nun kommt Worthülse Nr. 2: „Die Gesellschaft ist gut aufgestellt.“ Weil’s so schön ist, Worthülse Nr. 3: „Ich habe volles Vertrauen in die Kompetenz des Messeteams.“
Von Zeit zu Zeit führe ich bei netten, weil gut zahlenden Auftraggebern Workshops zu den Feinheiten und Tücken der deutschen Sprache durch und darf dabei auch ein wenig über die wundersame Welt der Krisen-PR schwadronieren. Zu den absoluten Tophits in meiner Liste der beliebtesten Hohlphrasen gehört „gut aufgestellt“, gefolgt von „Für Kontinuität gesorgt“ und „vollem Vertrauen“.
Wer nähere Erläuterungen zu Sinn und Unsinn solcher Worthülsen erfahren möchte, kann mich gern buchen – Anruf unter 0171/5213650 genügt. Dann erfährt er allerlei Neues und weiß „am Ende des Tages“, wie er in seinem Unternehmen „die Weichen stellen“ muss, damit er „die Zeichen der Zeit“ erkennen und sich den „Herausorderungen der Zukunft“ stellen und mit Wettbewerbern „auf Augenhöhe“ verhandeln kann.

Was mir noch einfällt: Im Zusammenhang mit dem ganz und gar nicht stattfindenden Wechsel von Wolfgang Marzin von der Pleiße an den Main verdichtet sich allmählich das (natürlich inzwischen auch dementierte und folglich haltlose) Gerücht, dass Bundesspatenstichminister Wolfgang Tiefensee der Nachfolger Marzins werden könnte. Trotz aller Dementis sprechen aus meiner Sicht gleich zwei Indizien für diese Spekulation: Zum einen könnte der Sonnenkönig nach der Bundestagswahl Zeit für neue Herausforderungen haben. Zum anderen hat Tiefensee in den vergangenen Jahren eindrucksvoll bewiesen, dass man auch kompetenzfrei große Ämter ausfüllen kann. Zumindest optisch. Und damit wäre er für die Leipziger Messe eine Idealbesetzung, denn (siehe Burkhardt Jung), sie ist „gut aufgestellt“ und verfügt über ein „kompetentes Messeteam“. Noch Fragen?

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Freitag, 18. September 2009
Streisand-Effekt. Oder: Wie der mdr aus einem Udo Reiter zwei macht.
Der Mitteldeutsche Rundfunkt mdr ( www.mdr.de ) probiert zurzeit aus, ob an der Sache mit dem Streisand-Effekt (Guckst Du hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Streisand-Effekt ) etwas dran ist. Fur Unwissende in aller Kürze: Wenn versucht wird, eine bestimmte Information aus dem web zu entfernen, wird diese nur umso belannter. Benannt ist der Effekt nach Barbra Streisand, die gegen ein im Internet abrufbares Luftbild ihres Domizils vorging und damit eine ungeahnte Popularität ebendieses Motives erreichte. Auch Frau Ypsilanti musste nach dem Fake-Interview mit Müntefering http://www.netzeitung.de/internet/internet/1466781.html erfahren, dass dieser Effekt funktioniert. Je mehr youtube-Veröffentlichungen gelöscht wurden, umso hurtiger wuchsen diese nach ...
Nun testet mal der mdr was passiert, wenn man bei twitter einen gefakten Account unter dem Namen des Intendaten Udo Reiter löschen lässt: Statt des entfernten Twitter-Profils gibt es nun zwei. Nachzulesen hier: http://www.netzeitung.de/internet/internet/1466781.html
Köstlich. Die Dummen werden aber auch nicht alle.

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Amokgedanken. Oder: Äxte und Streichhölzer gehören verboten.
Mal ehrlich: Wer kannte eigentlich bis gestern das mittelfränkische Ansbach? an einer Schule in Bayern. Schlimme Sache. Mal abgesehen von den gut 40.000 Ansbachern ... trotz Bachwoche, Residenzschloss und Bosch ist Ansbach nicht wirklich der Nabel der Welt. Doch nach dem gestrigen Amoklauf mit Messer, Axt und Molotowcocktails steht die Stadt im Medienfokus. Das irre Geschehen, das mit dem nichtfinalen Abschuss des Amokläufers endete, findet sich heute in allen Zeitungen wieder, recht nah am Ereignis (und gern von den Kollegen abgeschrieben) ist der Bericht der Abendzeitung http://www.abendzeitung.de/bayern/132802 .
Was mich beeindruckt, ist der nur wenige Minuten nach Bekanntwerden der Tag einsetzende Automatismus der üblichen Verdächtigen. Betroffenheitslyrik, Lob für diesen und jenen, Kritik an dem und dem - und die schlauen Sprüche der Seelenklempner und selbsternannten Internetexperten.
Man muss kein Prophet sein um Vorherzusagen, dass der 18-jährige Täter 1. schon einmal ein Killerspiel gespielt hat, 2. jemanden kennt, der von einem gehört hat, der Paintball gutfindet und 3. ganz bestimmt schonmal "arg komisch dreingeschaud had, da wo is mir ganz eisgald den Rügge nundergelaufe".
Und ebenso sicher ist es, dass nun ganz bestimmt irgendwelche Populisten kommen und eine Verschärfung von irgendwas fordern werden.
Was eigentlich? Strafen für den Bau (und die Veröffentlichung von Bauanleitungen) für "Mollis"? Höhere Strafen für Axtanschläge? Registrierung von Axtkäufen? Keine Ahnung, aber irgendein verschnarchter Politiker wird sich schon melden, 's ist ja Wahlzeit.

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