Dienstag, 2. Februar 2010
Dammbruch in Deutschland. Oder: Angela Merkel und Wolfgang Schäuble als Hehler
Erinnert sich noch jemand an den früheren Postchef Zumwinkel? Dem ist vor ziemlich genau einem Jahr zum Verhängnis geworden, dass seine Liechtensteiner Finanzdaten auf einem geklauten Datenträger enthalten waren, den ein Dieb auf dem Umweg über das BKA an die deutschen Steuerbehördern vertickt hat. Hier http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/1051495/ schrieb ich damals etwas über Hehlerei als wichtigste Anschlussstraftat nach einem Diebstahl und über den Dammbruch, den der Kauf illegal erworbenen Datenmaterials durch einen Rechtsstaat (!) in diesem nach sich ziehen kann.
Zugegeben: Es ist ein gutes Gefühl, wenn eine Prognose eintrifft, aber im konkreten Fall hätte ich darauf lieber verzichtet. Mit weitaus weniger Bedenken als vor Jahresfrist hat der Rechtsstaat in Gestalt von Angela Merkel sich entschlossen, wieder einmal als Hehler aufzutreten. Und praktisch ohne erkennbare Bedenken ist Finanzminister Wolfgang Schäuble, der schon in seiner vorherigen Tätigkeit als Innenminister nicht eben als Hüter bürgerlicher Freiheiten aufgefallen ist, dem Auftrag seiner Chefin nachgekommen.
Die geklaute CD wird also gekauft, für zweieinhalb Millionen Euro in die Tasche des Diebes. Der Rechtsstaat Deutschland erhofft sich von dieser Rechtsbeugung Zugang zu den Schwarzgeldkonten cleverer Steuerbürger und um die 100 Millionen Euro Einnahmen.
Wenn Investition und Ertrag in einem Verhältnis von 1:40 stehen, wirft die Bundesrepublik Deutschland also geltendes Recht über Bord und beteiligt sich an kriminellen Geschäften.
Doch das ist nicht nur unmoralisch, sondern es wirft eine Reihe weiterer Fragen bzw. Optionen auf.
1. Ab welcher Rendite kauft die Bundesrepublik auch Daten, die mittels anderer rechtswidriger Praktiken erlangt wurden. Im Klartext: Was muss das eingesetzte Geld „bringen“, damit die Kanzlerin durch illegales Abhören, Folter, Vergewaltigung oder Mord erlangte Informationen ordert?
2. Gibt es eine „Untergrenze“ für den Kauf von Informationen? Der eine oder andere Blockwart würde für einen „Hunni“ sicher seinen Nachbarn denunzieren, der sich von einer Schwarzarbeitertruppe Bad und Sauna einbauen ließ ... 1:40 kommen da auch zusammen. Oder wie wäre es mit Informationen über getürkte Fahrtenbücher und kreativ inszenierte Bewirtungen ... auch da sind locker 1:40 drin ...
3. Wieviele Euro müssen in die Kasse kommen, damit die Kanzlerin nicht nur illegale Daten kaufen lässt, sondern Maßnahmen zur rechtswidrigen Informationsbeschaffung im In- und Ausland in Auftrag gibt?
Legal – illegal – Scheißegal. Mir allerdings nicht.

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Früher war alles besser. Oder: Ein Plädoyer für das Verpackungsaufmachpimpelchen
Früher war alles besser. Nagut, nicht alles, aber vieles. Zum Beispiel die Verpackungsaufmachpimpelchen. Die braucht man, um z.B. eine eingeschweißte CD-Hülle zu öffnen. Früher, als es noch keine CDs oder DVDs gab, gab es besagte Pimpelchen an mit Klarsichtfolie verschweißten Audio-Kassetten (Liebe Spätgeborene, eine solche Kassette gehört zu einem Abspielding, das so eine Art iPod ist, nur ohne Computer und USB, dafür viel größer). Nur am Rande sei erwähnt, dass in die Hülle einer solchen "Kompaktkassette" locker ein iPhone und fünf iPods passen würden.
Um nun diese Kompaktkassetten ohne Zuhilfenahme schwerer Technik aus ihrer Einschweißfolie zu bekommen, trug diese eine Art Reißleine. An deren Ende befand sich als Griff das Verpackungsaufmachpimpelchen. Zum besseren Auffinden waren Reißleine und Pimpelchen rot.
Und heute: Kniepelt und piepelt und polkt und flucht man, weil das Pimpelchen ebenso durchsichtig wie die Folie ist, wenn es denn überhaupt noch existiert. Wie gesagt: Früher war zwar nicht alles, aber manches besser ...

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Montag, 1. Februar 2010
Blind und blind gesellt sich gern. Oder: Eine lässliche Sünde der TAZ
Okay, okay, man tut sowas nicht. Lernt man ja schließlich als Neuling schon bei der ersten journalistischen Betriebsführung und auch ich habe es höchstselbst schon einigen Praktikanten mitteilen dürfen: Man macht keine Witze über die Namen anderer Leute und man macht keine Witze über irgendwelche Behinderungen.
Dennoch: Manchmal isses einfach schön. So wie auf der heutigen Titelseite der Taz www.taz.de zum Thema "100 Tage Schwarz-Gelb":


Zugegeben, auch ich bin empört. Aus meinem tiefsten, schwarzen Inneren heraus. Aber schön ... isses schon. Glückwunsch, Kollegen.

Übrigens: Sehr anschauenswert ist diese Rubrik ... http://www.taz.de/fileadmin/static/html/taz-titel.html

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Donnerstag, 28. Januar 2010
Schelte für Jennifer . Oder: Kann ein Tief eine Unfallserie verursachen?
In der Nacht hat es geschneit. Nagut, es ist Winter, da kommt das vor, allen Unkenrufen der Klimafälscher zum Trotz. Zumindest in unseren Breiten. Wie üblich ist, wenn fünf bis zehn Zentimeter Schnee liegen, der Untergang der abendländischen Zivilisation nicht mehr weit, auf alle Fälle aber das Verkehrschaos nahe.
Meine Lokalpostille, Leipziger Volkszeitung, ein wahrer Hort des Qualitätsjournalismus und ein Fels in der Brandung des Niedergangs der Holzmedien (Satire-Modus "off") berichtet erschröckliche Dinge über den Extremwinter.
In ihrer Online-Ausgabe titelt die LVZ heute "Tief "Jennifer" verursacht LKW-Unfallserie auf Autobahnen - zwei Tote bei Jena", nachzulesen hier http://nachrichten.lvz-online.de/nachrichten/topthema/tief-jennifer-verursacht-lkw-unfallserie-auf-autobahnen--zwei-tote-bei-jena/r-topthema-a-12825.html
Na, liebe Kollegen, da hat wohl jemand beim Einlaufenlassen der dpa-Meldung das Gehirn schon zum Frühstück vorgehen lassen. Ganz gleich, ob Mandy, Cindy oder Jennifer - seit wann kann ein Tief eine Unfallserie verursachen?
Hochs und Tiefs hat es auf diesem Planeten schon vor dem Auftreten der Menschen gegeben und es wird sie auch nach dessen Abtreten noch geben. Damit es zu einer Unfallserie kommt, braucht's Autos und Deppen, die diese nicht beherrschen.

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Montag, 25. Januar 2010
Willkommen in der bunten Welt des Denglischen. Oder: Carp Hunter und andere Wunderlichkeiten.
Die Deutschen haben’s nicht so mit ihrer Sprache. Zumindest nicht mit der Treue zu selber. Wann immer sich die Möglichkeit bietet, die eigene Sprache zu verhunzen oder aber durch vermeintlich innovative Vokabeln mit Migrationshintergrund zu verschlimmbessern, schlagen sie zu.
Beispiele gibt es reichlich. Fast schon legendär sind der Backshop und der Postpoint (man denke sich gelegentlich die Übersetzungen ins Deutsche dazu), aber natürlich auch so schöne Dinge wie der Info-Point der Deutschen Bahn. Und welcher Stino-Bürger gehobenen Alters versteht schon so spezielle Sachen wie „Point-of-Sale“ ...
Mitunter tragen die neudeutsch-denglischen Worte zur Erheiterung bei. Wenn Mandy und Cindy sich eine Tasche um die schwabbelige Taille schnüren, sprechen sie vom „Bodybag“ – dass der Ami das als Leichensack deutet, sei nur am Rande erwähnt. Ebenso wie das in Deutschland neuerdings sehr beliebte (und demnächst wieder stattfindende) Public Viewing – gemeinsames Glotzen in der Öffentlichkeit. Jenseits des großen Teiches steht diese Bezeichnung für die amtliche (=public, also öffentlich) Leichenschau. Nagut, beim Public Viewing zur WM werden auch wieder viele Scheintote zu besichtigen sein.

Ein sehr naturnah agierendes Unternehmen aus der Reisebranche wird in der Sächsischen Schweiz für Spaßtours. Immerhin ist das Wort „Spaß“ korrekt geschrieben und nicht in Verdrehung der Rechtschreibreform als „Spass“. Mein persönlicher Liebling in Sachen Sprachvernudelung kommt übrigens aus einer ganz anderen Ecke, aus der Oberlausitz. Dort gibt es eine Gruppe von Anglern, deren Leidenschaft dem Fangen kapitaler Karpfen gilt. Nun mag man über Menschen, die zum Zwecke der Ausübung ihres Steckenpferdes anderen Lebewesen ans Leben gehen, geteilter Meinung sein. Ich halte sowohl Jäger als auch Angler mehrheitlich für Tierquäler und Mörder, wobei ich diese Einschätzung ausdrücklich nicht auf diejenigen Vertreter beider Zünfte beziehe, die sich dem Waidwerk widmen und nicht nur so tun ...
Doch zurück zu den Oberlausitzer Karpfenangler. Die nennen sich Carp Fishing Group Oberlausitz und werben unter http://www.carp-fishing-group-oberlausitz.de für ihre friedvolle, naturnahe und tierliebende Tätigkeit. Den Lesern meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches sei diese Seite zur Lektüre empfohlen. Ein Erlebnis ist der durchaus kreative Umgang mit der deutschen Rechtschreibung – da wundert es wenig, dass die Carp-Fisher mehr zur englischen Sprache tendieren. So erfährt man auch, dass die unter Sportanglern (!, Betonung auf Sport) übliche Quäl-Praxis, die geschundene Kreatur, nachdem man sie aus ihrem Lebensraum gezerrt, vermessen, fotografiert und eventuellen Mittätern gezeigt hat, wieder ins Wasser zu setzen, mit dem schönen Spruch „Catch & Release“ umschreiben lässt.
Und überhaupt: Wer sich die Links zu anderen Seiten anschaut, kann eine neue Welt entdecken, die normalen Sterblichen zumeist verschlossen bleibt: Da gibt es Carp-Hunter, Carpland und German Carp Catcher.
Oh Herr, Du bist ein gütiger Gott, was Du in Deiner Gnade alles unter der Sonne existieren lässt ...

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Freitag, 22. Januar 2010
Dümmst anzunehmende IT-Fachleute in Sachsen. Oder: Hey Alter, mach mir den Komsa!
Die menschliche Dummheit ist unendlich und birgt Tag für Tag Überraschungen. Beispiel gefällig? Man setzt in der Firmen-EDV einen ad-Blocker ein, der unerwünschte Werbung herausfiltert und an deren Stelle einen genehmen Inhalt platziert, sagen wir mal ... denke, denke, denke ... das eigene Firmenlogo. Soweit alles klar?
Und nun ruft ein Mitarbeiter der eigenen Firma eine Seite im großen, bösen Internet auf und sieht dort ... Trrrrommelwirrrrbel ... das eigene Firmenlogo. Auf einer anderen Seite ebenfalls, und auf noch einer und noch einer. Was macht der brave Gehaltsempfänger? Rennt zur Rechtsabteilung und meldet den Verstoß. Immer noch alles klar?
Die Rechtsabteilung holt einen Abmahner, ähem: Anwalt, ins Boot, es werden Abmahnungen verschickt, Unterlassungserklärungen eingefordert und Strafen in Aussicht gestellt, die den Staatshaushalt kleinerer Euro-Länder ins Wanken bringen könnten. Was, immer noch alles klar?
Nagut, dem Anwalt sind Fehler unterlaufen. Beim Ausdrucken seiner Abmahnschreiben verwendete er statt Serienbrief die Copy- and Paste-Funktion und passte nicht auf, sodass das Schreiben an die Adresse von Herrn Müller mit der Anrede für Herrn Meyer rausging usw. Und weil sich Müller und Meyer kannten, nicht wirklich so heißen, sondern weitaus seltenere Namen tragen, kamen sie miteinander ins Gespräch und staunten und fanden des Rätsels Lösung, nämlich die Sache mit dem Werbeblocker. Soweit alles klar? Genau.

Nun mag sich der eine oder andere Leser meines kleinen, politisch und auch sonst nicht immer korrekten Tagebuches fragen, warum ich mir solch realitätsfernen Müll aus den Finger sauge. Die Antwort ist ganz simpel: Weil die Geschichte wirklich passiert ist und im Netz bereits zu allerschlimmsten Lachmuskelkrämpfen geführt hat.

Besonders lustig wird die Geschichte dadurch, dass besagte Firma mit dem tollen Werbeblocker nicht irgendeine Kraut-und Rübenklitsche wie „Moni’s Imbiss’ – auch zum mit nehmen“ ist, sondern die sächsische IT-Firma Komsa, guckst Du hier: www.komsa.de , die üblicherweise für sich in Anspruch nimmt, die IT-Kompetenz wenn schon nicht erfunden, so aber doch aus dem Sangria-Eimer gesoffen zu haben. Wer vor dem Wochenende so richtig ablachen will, kann die sächsische Realsatire hier http://www.heise.de/tp/blogs/6/146946 (bitte auch die Kommentare lesen) und hier http://christophsalzig.posterous.com/witzabmahnung-von-komsa-an-100partnerprogramm nachlesen. Aber Vorsicht, für Schluckauf und Lachmuskelverschlingungen wird nicht gehaftet!

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Mittwoch, 20. Januar 2010
US Army auf Haiti. Oder: Wer sonst?
Fast hätte ich sie schon vermisst, die linkslastigen antiamerikanischen Brubbler, Knurrer und Nörgler. Leute von der Sorte, die auf Jack Daniels und Coke allein deshalb verzichten, da beide aus den USA stammen. Aber nun haben sie sich zurückgemeldet und protestieren gegen die Besetzung Haitis. So wurde ein Artikel zum Thema „Hilfe für Haiti“ in der gestrigen TAZ mit der Schlagzeile „USA übernehmen Haiti“ übertitelt, nachzulesen hier http://www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/?ressort=a1&dig=2010%2F01%2F19%2Fa0137&cHash=5872d6629d
Ähnlich sahen es viele andere Kommentatoren, die den USA unterstellten, in Haiti nach dem Erdbeben fortsetzen zu wollen, was sie 1957 mit „Papa Doc“ http://de.wikipedia.org/wiki/Fran%C3%A7ois_Duvalier eingerührt und mit dessen Sohn „Baby Doc“ http://de.wikipedia.org/wiki/Jean-Claude_Duvalier fortgesetzt hatten.
Dass den Amis nicht daran gelegen war und ist, Castro & Co. auf der Westhälfte der Isla Hispaniola einmarschieren zu lassen und dass sie sich dabei in der Wahl ihrer Mittel nicht wirklich wählerisch gezeigt haben, ist unbestritten.
Genauso unbestritten ist aber auch, dass der „failed state“ Haiti von einer Katastrophe apokalyptischen Ausmaßes heimgesucht wurde, gegen die sich der Thailand-Tsunami vom 26. Dezember 2004 wie ein mittleres Frühjahrshochwasser ausnimmt: Die schon vor dem Erdbeben nicht funktionierenden staatlichen Strukturen Haitis existieren praktisch nicht mehr. Zudem gibt es – anders als in Thailand usw. – eine „nicht betroffenen Regionen, von denen aus Opfern geholfen werden könnte.
Hilfe bei Rettung, Bergung und Wiederaufbau kann nur von außen kommen. Aber nicht von den Vereinten Nationen, denn diese – so Cap Anamur-Gründer Rupert Neudeck gestern im DLF-Interview http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/1108739/ – sind vor Ort vor allem mit der Installation ihrer bürokratischen Infrastruktur, also mit sich selbst beschäftigt. Hilfe kann nur eine schnell einsatzbereite, auf Befehl agierende Truppe bringen – womit wir bei der US Army wären ... Oder glaubt im Ernst jemand, dass die EU etwas Vergleichbares auf die Beine stellen könnte, oder gar Deutschland? Bis über einen humanitären Out-of-Area-Einsatz beraten und beschlossen ist, hat auch der letzte noch atmende Haitianer seinen allerletzten Schnaufer getan ...

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Montag, 18. Januar 2010
Spanplattengrillwurstenttäuschung. Oder: Selbst schuld, wer "sowas" zu sich nimmt.
Mitte Dezember, also kurz vor Winterbeginn habe ich Bratwürste gekauft. Ein paar frische und solche, die sich einige Tage halten, falls etwas übrigbleibt. Die Übrigbleibwürste sind tatsächlich übriggeblieben und gerieten in Vergessenheit. In den Tiefen des heimischen Kühlschranks überdauerten sie den Jahreswechsel und wurden jetzt wiederentdeckt. Fast schon auf dem Weg zur „Tonne“, spähte ich nach dem Haltbarkeitsdatum und las staunend, dass die vor Winterbeginn gekauften Würste noch alle Zeit der Welt haben sollten: Ihre MHD war nicht etwa ablaufen, sondern reichte noch bis in den März, also kurz vor Frühlingsbeginn.
Und weil die Dinger „Brutzler“ heißen und laut Werbehinweis auf der wohlverschweißten Kunststoffverpackung auch noch „würzig“ sein sollen, habe ich sie gestern bei bestem Tauwetter auf den Grill gepackt und gebrutzelt. Naja, ich hätte gewarnt sein sollen ... geschmeckt hat's in etwa so furchtbar wie der Typ aussieht, der für die Dinger Werbung macht. Aber was soll man auch von einem Lebensmittel erwarten, das die Haltbarkeitsdauer einer Spanplatte hat.

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