Montag, 25. Februar 2013
EU - Einfach unnötig. Oder: OP am offenen Herzen
Die regelmäßigen LeserInnen dieses kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches wissen, dass ich die Europäische Union für eine der unnützesten Schöpfungen der Neuzeit halte. Eigentlich für die unnützeste, aber sie wird in punkto Sinnfreiheit noch durch den Euro übertroffen - also Platz 1 und 2 eigentlich an die selbe Adresse.
Allerdings hat die EU zumindest eine Sache bewirkt, die nicht ganz schlecht ist. Irgendwie haben die Bürokraten ja dazu beigetragen, dass Mobiltelefone irgendwann einen standardisierten Ladeanschluss haben werden; genau: die Sache mit dem USB-Dingens. Ob es dazu allerdings eines heftig metastasierenden Behördenkarzinoms mit einem fast-1000-Mrd.-Etat bedarf, wage ich zu bezweifeln.
Sollte die EU und ihre Bürokraten noch ein paar freie Minuten haben, könnte sie sich eines weiteren Problems annehmen und damit in meiner Gunst um mindestens Zwölzigtrillionenhochvier Punkte steigen.
Worum geht's ? Erlasst doch ein Gesetz, dass innerhalb Europas das Inverkehrbringen technischer Geräte mit fest installiertem Akku verbietet. Und, um dem Killerargument zu entgehen: Ja, es gibt bereits Geräte mit austauschbarem Akku. Und ja, ich bin bereit, dafür eineinhalb Euro mehr zu zahlen.
Um nicht missverstanden zu werden: Ich will mich hier nicht am (durchaus nachvollziehbaren) Apple-Bashing beteiligen. Irgendwann habe ich die Produkte dieser Firma gemocht und sogar genutzt, damals, als Apple noch auf der hellen Seite und als Pluto noch ein Planet war ... Inzwischen ist Apple auf der dunklen Seite angekommen und ich werde demnächst meinen letzten Mac verschrotten (Interessenten können sich bei mir melden, der olle Appel liest und kopiert so ziemlich jede CD). Dass ich dennoch für ein Anti-Festakku-Gesetz plädiere, hat andere Gründe: Ich darf heute mit Riesenlupe und Lötnadel eine Operation an einem Forerunner von Garmin vornehmen, sozusagen OP am offenen Herzen mit ebenso offenem Ausgang. Warum? Um einen nach zwei Jahren verschlissenen Akku zu wechseln.

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Dienstag, 12. Februar 2013
Rücktritt eines Sektenführers. Oder: Wo leben wir eigentlich?
Breaking News, Sondersendungen, Brennpunkte - am gestrigen Rosenmontag verkam das ganze Karnevalsgenerve gottlob zur Nebensache. Parteibonzen äußern sich, geben Einschätzungen zur Lage ab. Sogar die Kanzlerin spricht. Am heutigen Fastnachtsdienstag gibt's in den Zeitungen* Sonderseiten en masse, Hintergrundberichte und lauter so Zeugs.
Was ist passiert? Krieg? Terror? Revolution?
Alles falsch: Der Führer einer skandalumwitterten, in unzählige Gewaltakte und Gesetzesverstöße verwickelten religiösen Sekte von schwindendem Einfluss ist aus Altersgründen zurückgetreten.

Hä? Stimmt.
Papst Benedikt XVI. gibt sein Amt zum 28. Februar 2013 auf. Geht's noch? Ich wähnte mich trotz diverser Wunderlichkeiten bisher in einem leidlich säkularen Staat, nun bringt der Schwanengesang des Kinderschändersektenhäuptlings alles durcheinander (und sicher steigen an den Tankstellen gleich die Preise).
Um von den LeserInnen meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches nicht missverstanden zu werden: Natürlich herrscht in Deutschland Religionsfreiheit; lt. Grundgesetz http://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_4.html darf hierzulande jeder glauben, was er soll bzw. will. Und er darf seine Religion ausüben, wie sein Gott oder Fetisch es von ihm verlangt, er darf dazu lebende Tiere tierschutzwidrig ausbluten lassen, an lebenden Kleinkindern männlichen Geschlechts rumschnibbeln und Kleinstkinder, die noch nicht wirklich zu einem religiösen Bekenntnis fähig sind, schonmal "auf Vorrat" einem Gott weihen. Aber er darf auch ans Fliegende Spaghettimonster http://de.wikipedia.org/wiki/Spaghettimonster glauben; und das versöhnt mich mit der ganzen deutschen Religionsfreiheitsheuchelei ein wenig ...

Aber dass die bevorstehende Verrentung eines Sektenführers zur Nachricht Nummer 1 hochgekocht wird, ist für meine Begriffe wirklich ... pervers.

Apropos pervers: Dass dem ollen Ratzinger die deutsche Kerntugend der Pflichterfüllung am päpstlichen Gesäß vorbeigeht und er einfach aus Altersgründen hinschmeißt, glaube ich nicht wirklich. Wer weiß, wer da vor 50 Jahren wem in die Hose oder sonstwohin ...

* Eine sehr löbliche Ausnahme stellt die heutige TAZ dar. Sie präsentiert eine leere Titelseite, versehen mit dem Schriftzug "Gott sei Dank".

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Donnerstag, 7. Februar 2013
Abi 2013. Oder: TAZ-Werbung mit einem VW-Modell
Also ... man kann ja zur Aberkennung des Dr.-Titels einer gewissen Frau Anette Schavan geteilter Meinung* sein ... (ich halte zumindest an meiner These fest, dass die Guudsde nur deshalb Karriere gemacht hat, weil man sie fälschlich für ein VW-Modell hielt). Aber: Die beste Berichterstattung zum Thema hat die TAZ. Und die beste Titelseite allemal.
Guckst Du hier:



Schon für solche Geistesblitze lohnt sich das Abo, für das ich hiermit ausdrücklich die Werbetrommel rühre. Und außerdem steht auf den Innenseiten auch noch eine Menge Zeugs, das den Preis der TAZ wert ist.

*Was meine Meinung zu Anette Schavan und/oder ihrem Doktortitel angeht, so will ich diese den LeserInnen meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches nicht vorenthalten.
1. Wer eine Dissertation zum Thema "Person und Gewissen – Studien zu Voraussetzungen, Notwendigkeit und Erfordernissen heutiger Gewissensbildung." schreibt, braucht keinen Titel, sondern einen Therapeuten; noch dazu, wenn er aus konservativ-katholischem Hause kommt und der Kinderschändersekte (Ich nutze hier bewusst die etwas harmlosere Benennung, obwohl die zutreffendere, die mit dem F-Wort, gerichtlich erlaubt wäre.) bis heute verbunden ist, so z.B. als Honorarprofessorin für Katholische Theologie.
2. zeigt mir die geniale Titelseite der TAZ dank des dort abgebildeten Schavan-Jugendfotos, wie grausam Genetik sein kann. Die sah sogar als Studentin schon aus wie ein olles Muttchen ...
3. Wäre Anette Schavan keine Jüngerin des Angetackerten, sondern z.B. Muslima (schon optisch ein netter Gedanke), würde sie in den deutschen Mainstreammedien wahrscheinlich zumindest als "Fundamentalistin" bezeichnet. Wer daran zweifelt, lese hier http://de.wikipedia.org/wiki/Schavan ein wenig nach, insbesondere im Abschnitt "Sonstiges Engagement" findet sich spannendes Material.

PS.: Von Zeit zu Zeit gebe ich ja auch Prognosen ab, die eine erstaunlich hohe Trefferquote haben (Okay, bei Bernd Hilder habe ich danebengelegen.). Also dann: Heute ist Donnerstag, der 7. Februar 2013. Mein Tipp: Spätestens am Montag (Das Datum müsst Ihr schon selbst ausrechnen, es ist noch früh am Tag) wird's wohl eine Rücktrittsnachricht geben. Bei den Worthülsen bin ich mir ziemlich sicher: "Keinerlei Schuldeingeständnis", "... Schaden vom Amt abwenden", "...habe mir nichts vorzuwerfen, kann aber der gegen meine Person gerichteten Kampagne nicht länger standhalten."

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Montag, 4. Februar 2013
Neues vom Pressekodex. Oder. LVZ reloaded
Meine Lokalpostille, die nach eigenem Glauben dem Qualitätsjournalismus verpflichtete Leipziger Volkszeitung LVZ, hat in ihrem Lokalteil so eine putzige „Guten-Morgen-Rubrik“. In Spalte wird täglich über dies und das schwadroniert, mitunter findet sich da ein ganz netter Text, häufiger jedoch merkt man dem Füllgeschreibsel die Unlust seines Autors an. Mehrere Mitarbeiter der Lokalredaktion schilderten mir bei passender Gelegenheit bereits ihre „Guten-Morgen-Aversion“, aber man könne da nichts machen … es sei so gewollt.
Wie gewollt und nicht gekonnt las sich die heutige „Guten-Morgen-Auslassung“ meiner LVZ-Lieblingsredakteuse. Gesellschaftskolumnistin Kerstin Decker schilderte ihr jüngstes Erlebnis mit der Deutschen Post. Ums kurz zu machen: Sie wollte mal eben schnell 10 Zusatzmarken a‘ 3 Cent ergattern, doch der Drucker versagte und sie musste sich anstellen. Was wenig glaubwürdig ist, denn das setzt ja voraus, dass eine LVZ-Mitarbeiterin daheim Marken der gelben Post gehortet hat, diese folglich auch nutzt … und das, obwohl ihr Arbeitgeber selbst mit einem Postdienstleister verbandelt ist, der in ebendieser LVZ-Ausgabe sogar damit wirbt, für 50 Cent deutschlandweit Standardbriefe an den Mann respektive die Frau zu bringen.
Aber wer kann schon einschätzen, was im Kopf einer Redakteuse vorgeht. Hoffentlich bekommt sie nach ihrem Outing keinen Ärger mit ihrem Arbeitgeber; den als LVZette die gelbe Post zu bemühen, das ist ja fast so, als führe ein Opelaner mit einem Golf zur Arbeit.
Doch zurück zur Post: Dass die LVZ die gelbe Post nicht wirklich mag, erlebte ich zum ersten Mal so ums Jahr 2001. Damals war ich für eine Außenredaktion meiner Lokalpostille tätig und verzapfte unter der Rubrik „Zeitlos schöne Geschichten“ ein durchaus nettes Rührstück über eine Postfrau, die seit ewigen Zeiten über Land tourt und für ihre Kunden nicht nur Brief, sondern stets auch ein nettes Wort dabei hat. „Bist Du verrückt?“, wurde ich damals begrüßt, als ich besagtes Stück journalistischer Kleinkunst ablieferte, „Du weißt wohl nicht, dass wir über die Post nichts Gutes schreiben sollen, weil der Verlag doch selbst auf dem Gebiet arbeitet? Wenn das erscheint, gibt’s nur Ärger.“ Ehe nun Doc M., der promovierte Rechtsgelehrte der LVDG, auf mich losgelassen wird, möchte ich klarstellen, dass ich nicht behaupte, diese Ablehnung sei Ausdruck offizieller Verlagspolitik gewesen, aber mir wurde sie zumindest so dargeboten. Und meine gar nicht so schlechte nette Geschichte erschien nicht …
Seitdem amüsiere ich mich allerdings immer wieder, wenn ich in meiner Lokalpostille Jubelbotschaften über den hauseigenen Dienst, die LVZ-Post, lese. Und ich grinse, wenn viel Platz im Blatt für die Berichterstattung über Missstände bei der DPAG verwendet wird. Gerade das Thema „3-Cent-Marken“ wurde in den vergangenen Woche intensiv durchgekaut; und wer als Leserbriefautor seinen Namen in der Zeitung lesen wollte, musste nur ein paar Zeilen über die böse, böse Post absondern. Die regelmäßigen LeserInnen meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches wissen, dass ich spätestens an dieser Stelle gern auf den Pressekodex hinweise. Also dann: Pressekodex, Ziffer 7. http://www.presserat.info/inhalt/der-pressekodex/pressekodex.html
Wen wundert’s da, dass „andersrum“ nichts erscheint. Trotz berufsbedingt leider täglicher, sehr aufmerksamer Lektüre meiner Lokalpostille habe ich dort noch nie einen Hauch von Kritik an der Zustellleistung der LVZ-Post entdeckt. Dabei ist es längst kein Geheimnis mehr, dass man für Sendungen, die ihren Empfänger 1. wirklich und 2. zeitnah erreichen sollen, besser die gelbe Post benutzt. Wenn ich z.B. mehrere hundert Rechnungen sachsenweit versende, schicke ich diese per LVZ-Post. Trudeln dann die Rückläufer bei mir ein, fasse ich bei den Empfängern telefonisch nach. Mit schöner Regelmäßigkeit höre ich als Antwort auf meine Frage nach der möglicherweise inkorrekten Adresse die Gegenfrage, mit welcher Art Post die Rechnung den wohl verschickt worden sei. Nuschele ich dann etwas von LVZ-Post in den Hörer, heißt es zumeist „Ach so, na da nehm‘n Se mal de richd’sche Bosd, dann gommd‘s ooch an.“
In diesem Sinne wünsche ich meiner abhängig beschäftigten LVZ-Lieblingsredakteuse noch viele, viele „Guten Morgen“ im Haus an der Klagemauer.

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Freitag, 11. Januar 2013
Neues aus Hurenhausen. Oder: Meine Lokalpostille LVZ und der Pressekodex - reloaded.
Meine Lokalpostille, die Leipziger Volkszeitung LVZ, stellt sich gern als Bastion des Qualitätsjournalismus' dar. Daran musste ich denken, als ich gestern beim Durchblättern des Holzblattes einen recht umfangreichen Artikel über eine Sauriershow las, die in Leipzig gastiert. Unter dem Titel "XXL-Dinos erobern Arena" erfuhr die geneigte Leserschaft allerlei tolle Sachen über das Spektakel. Dazu gleich drei Fotos (okay, zwei gab's für lau vom Veranstalter), also ein obersuperduperwichtiges Ereignis. Dazu der kleine Hinweis, dass die Schau von der LVZ präsentiert wird.
Heute legte meine Lokalpostille nach; die gleiche Redakteuse wie tags zuvor durfte gleich nochmal die Werbetrommel für die Veranstaltung schüren, aus der Pressemappe des Veranstalters zitieren und (hoffentlich) eigene Eindrücke von der "umjubelten Auftaktshow" am Abend zuvor ins Blatt tippen.
Achja, natürlich fehlte auch der Hinweis auf den Verkauf der Tickets für die spektakuläre Show in den LVZ-Geschäftsstellen, unter einen kostenlosen Hotline und im Media Store meiner Lokalpostille nicht.
Die regelmäßigen LeserInnen meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches ahnen sicher, worauf ich nun hinweise (und die Neulinge haben die Gelegenheit, etwas zu lernen): Es gibt da in Deutschland einen Pressekodex, nachzulesen hier http://www.presserat.info/inhalt/der-pressekodex/pressekodex.html Unter Ziffer 7 findet sich dort u.a. "... dass redaktionelle Veröffentlichungen nicht durch private oder geschäftliche Interessen Dritter oder durch persönliche wirtschaftliche Interessen der Journalistinnen und Journalisten beeinflusst werden. Verleger und Redakteure ... achten auf eine klare Trennung zwischen redaktionellem Text und Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken. Bei Veröffentlichungen, die ein Eigeninteresse des Verlages betreffen, muss dieses erkennbar sein."
Alles klar soweit?
Nun bin ich kein altmodischer Prinzipienreiter und viel zu lange im Geschäft, um nicht zu wissen, dass man sich in der Medienbranche auch mal zur Hure machen muss. Etwas vornehmer formuliert heißt das wohl "breit aufgestellt ... mehrere Standbeine ... neue Geschäftsfelder". Das sei meiner Lokalpostille gegönnt, denn irgendwie muss ja der galoppierende Auflagenverlust kaufmännisch kompensiert werden. Und wenn's mit einem Provisionsgeschäft wie dem Verkauf von Eintrittskarten zu einer "umjubelten Show" ist.
Aber die geneigte Leserschaft für so blöd zu verkaufen, das ist schon dreist ...
PS.: Auf die begeisterten Leserbriefe und Zombie-Dankschreiben in der kommenden Woche freue ich mich schon.

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Mittwoch, 9. Januar 2013
Rettung aus Sachsen. Oder: Meine Lokapostille und der deutsche Sprech.
Meine Lokalpostille, die nach eigenem Glauben dem Qualitätsjournalismus verpflichtete Leipziger Volkszeitung LVZ, schafft es mitunter, mich zu überraschen. Nun mögen die geneigten LeserInnen meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches sagen, dass das doch positiv sei. Nun, gelänge es der LVZ, mich mit interessanten Themen abseits des Agentur-Einerleis und der Selbstbeweihräucherung eigener wirtschaftlicher Unternehmungen zu überraschen, würde ich das durchaus als Bereicherung empfinden. Aber das schafft nur die TAZ www.taz.de, die ich aus genau diesem Grund im Abo lese.
Doch zurück zur LVZ. Dieses Holzmedium überraschte mich heute mit einem schönen Stück Sprachmurks auf der Titelseite. "Schneewanderer aus Sachsen gerettet" durfte ich dort lesen. Gemeint war allerdings, dass aus Sachsen stammende, evtl. sogar sächsische, Schneewanderer gerettet wurden. Und zwar nicht aus Sachsen, sondern aus einer Nothütte am Wildalmkirchel, wo die beiden Deppen untergekrochen waren, weil sie versäumt hatten, vor dem Aufbruch zu ihrer Skiwanderung den Wetterbericht auf Ö3 oder einem anderen Almdudelsender zu hören.
Soweit, so klar? Man rettet aus Gefahr, aus höchster Not, die Jungfrau aus den Klauen des Drachens, vielleicht sogar aus Sachsen; letzteres aber nur dann, wenn der Drache die kreischende Tusse in eine Höhle irgendwo im weißgrünen Freistaat geschleppt hat.
So, damit das alle bei der LVZ verstehen, machen wir zur Festigung des Stoffes ein Beispiel: "LVZ holt ihre Redakteure aus der Hilfsschule. Aus Geiz". Alles klar soweit?

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Dienstag, 8. Januar 2013
Eine Zensur findet doch statt. Oder: Wann wird die Bibel bereinigt?
Eigentlich ist es ja nur ein PR-Gag. Noch eigentlicher eine unbeschreibliche Dummheit, die für einen PR-Gag genutzt wird. Am allereigentlichsten aber ist es ein Indiz dafür, wie krank unser System ist.
Ehe die geneigten LeserInnen meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches nun kopfschüttelnd die Suche nach dem hinter dieser Einführung aufgeben, löse ich das Rätsel auf. Es geht um Zensur, die sich als politisch korrekte Bearbeitung von Büchern usw. tarnt.
Natürlich geistern schon seit längerem irgendwelche verschwurbelten Gutmenschen durch die Gegend, denen allerlei Formulierungen in diversen Büchern, Kinderliedern, Filmen etc. missfallen. Man konnte über irgendwelche heilig daherschreitenden Tussen lachen, ernst nehmen musste man sie nicht.
Das Thema "political correctness" erlangte eine neue, erschreckende Dimension, als die aktuelle Familienministerin Kristina Schröder, bisher weder durch übermäßiges Charisma noch durch sonderliche Fortune bei ihrer Amtsführung aufgefallen, sich in einem verzichtbaren Interview übers Vorlesen äußerte. Sie ersetze unpassende Inhalte (gemeint waren Pfui-Worte aus der rassistischen Ecke, wie z.B. Neger, aber auch genderinkorrekte Begriffe wie Müllmann) in Echtzeit durch andere Vokabeln. Dass sie in dem Zusammenhang Gott auch noch zum Neutrum erklärte, ließ mich kichern; aus dem bajuwarischen Urwald waren jedoch Grunzlaute harrscher Fundamentalchristenverärgerung zu hören.
Dass nun der Stuttgarter Verleger Klaus Willberg vom Thienemann Verlag ankündigte, Otfried Preußlers Buch "Die kleine Hexe" zu zensieren (er spricht vom "Austausch fraglicher Begriffe" in Absprache mit der Familie des Autors). Nun ist Otfried Preußler http://de.wikipedia.org/wiki/Otfried_Preu%C3%9Fler nicht der Verfasser von "Mein Kampf" und wandelt auch nicht in den Fußstapfen eines gewissen Paul Joseph Goebbels, sondern ein international anerkannter, in Deutschland mit höchsten Ehrungen überhäufter Autor.
An seinem Buch "Die kleine Hexe" wurde von fanatisch weltverbessernden Gutmenschen u.a. das Auftauchen der Begriffe "Negerlein", "Chinesenmädchen" und "Türke" bemängelt. Noch einmal: Es geht nicht darum, dass Preußler den so benannten Personen Bösartigkeit, Minderwertigkeit o.ä. unterstellte; nein, allein die Nennung der Begriffe führte zum Zensurverlangen.
Damit prescht der Thienemannverlag übrigens nicht vor. Auch Pipi-Langstrumpf-Übersetzungen, die beim Verlag Friedrich Oetinger in Hamburg erscheinen, werden seit einigen Jahren auf Linie getrimmt. Neger? Zigeuner? Fehlanzeige!
Die grassierende Seuche der political correctness wird in den nächsten Jahren sicher noch einem ganzen Heer von Zensoren (wahrscheinlich wird dafür irgendeine wohlklingende Tätigkeitsbeschreibung erworthülst, in der irgendwo "Lektor" vorkommt) Arbeit und gutes Auskommen bescheren.
In diesem Zusammenhang ist es mir ein Bedürfnis, gleich ein weiteres Buch zur Bearbeitung vorzuschlagen. Die heilige Schrift, auch bekannt als Bibel. Beim Lesen in diesem Erfolgswerk fühle ich mich regelmäßig traumatisiert, denn da geht es rassistisch und ethnisch zur Sache, dass es eine Affenschande ist. Und wenn ich mir überlege, dass mit der Bibel ja auch Neger missioniert werden ...
Außerdem gibt es im Alten Testament Stellen, wo sogar zur Gewalt gegen Minderheiten aufgerufen wird. "Schläft einer mit einem Manne, wie man mit einer Frau schläft ... mit dem Tod bestraft ..." (http://www.bibleserver.com/text/EU/3.Mose20) - hallo, geht's noch? Sowas in unserer aufgeklärten Zeit?
Schröder, übernehmen Sie! Bibelverbot ist das Mindeste, am besten Vorratsdatenspeicherung, damit man nachkommen kann, wer alles in dieser bösen Schrift liest ...

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