Samstag, 26. Januar 2008
Was Wolfgang Thierse von Möllemann lernen kann
zeitungsdieb, 12:18h
Man hat’s nicht leicht. Die geneigten Leser dieses kleinen Tagebuches werden dieser pauschalen Einschätzung aufgrund eigener Erfahrungen sicher zustimmen, aber doch ein wenig neugierig sein, worauf sich diese meine Erkenntnis bezieht.
Die Antwort: Der Bürokram ist ganz schön schwierig. Als auf diversen Hochzeiten tanzender Freier Journalist habe ich mehr als nur eine Sorte Papier in meinem Laserdrucker. Für allerlei Manuskripte, Korrekturbögen und solcherart Zeugs nutze ich weißes Druckpapier. Wenn Angebote oder Rechnungen gedruckt werden, kommen meine eigenen Briefköpfe zum Einsatz, auf denen „Pressebüro & Ultralauf“ steht und die durch einen dicken Balken im Zeitungsblau verziert sind. Und da ich für den Sächsischen Schützenbund auch dessen offizielles Mitteilungsblatt produziere, nutze ich gelegentlich auch Briefköpfe, auf denen „Sächsische Schützenzeitung“ steht. Hier prangt zudem das ans Sachsenwappen angelehnte Logo des Verbandes in Grün und Gelb auf dem Papier. Nicht auszudenken, wenn ich da mal etwas verwechselte.
Dann könnte es Irritationen geben oder gar Ärger, so wie im Fall meines Lieblingsallergens Wolfgang Thierse. Jener haarige Geselle (richtig, das ist der mit dem Vermieterstreit und Helmut Kohls Frau, die im Dunklen ausharren musste ...) ist seines Zeichens immerhin noch Bundestagsvizepräsident und damit einer der oberwichtigen Repräsentanten Deutschlands. Über den darf man auch nicht lästern, denn das steht unter Strafe.
Aber man darf darüber berichten, dass besagter Bartmann einen Brief geschrieben hat. An das Bezirksamt Pankow, Anteilung öffentliche Ordnung. Darin beschwert sich der Bundestagsvizepräsident bitterlich über die Verlegung eines so genannten Sonnabendmarktes von einer zur anderen Seite des Kollwitzplatzes. Thierse, nach eigener Aussage eines der Urgesteine von Prenzlauer Berg, wohnt eben dort schon seit 20 oder 30 Jahren – da ist er sich selbst nicht sicher, denn die Zahlen schwanken von Interview zu Interview. Jedenfalls schon sehr lange. Und durch die Verlegung des Marktes befindet sich selbiger nun einmal wöchentlich unter den Fenstern von Thierses Altbauwohnung.
Was den wackeren Staatsmann fast zum Barthaareausraufen treibt, denn das Markttreiben stört. Also beschwerte sich Wolfgang Thierse beim zuständigen Bezirksamt. Schließlich leben wir in einer Demokratie, und Beschwerden zählen zu den ersten Bürgerrechten.
Die Adressaten des Schreibens rieben sich verwundert die Augen. Thierses Protest, der ja eindeutig privater Natur war, erreichte sie auf exklusivem Briefpapier mit Bundesadler und der Amtsbezeichnung des Bundestagsvizepräsidenten.
Nachdem es die präsidial-private Protestnote vor wenigen Tagen immerhin auf die Titelseite der Berliner Zeitung geschafft hatte, ruderte Thierse zurück. „Die Verwendung des Briefbogens ist der Eile geschuldet und also ein Versehen“, erklärte er gegenüber der Deutschen Presseagentur.
Mein Gedächtnis ist nicht sonderlich gut, aber ganz spontan fiel mir beim Lesen dieser Aussage die unflätige Äußerung ein, die Wolfgang Thierse über Helmut Kohl und dessen Umgang mit seiner kranken Frau getan hat. Guckst du hier: http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/969065/
Auch diese war ja plötzlich ein falsches Zitat, nie so gemeint und außerdem ganz anders gesagt gewesen. Sagte Wolfgang Thierse. Wer den Mitschnitt des Mitarbeiters meiner Lokalpostille, der das Zitat veröffentlicht hatte, kennt, könnte zu dem Schluss kommen, dass Wolfgang Thierse wenn schon kein Problem mit der Wahrheit, so doch mit seinem Gedächtnis hat. Aber gesagt ist gesagt und entschuldigt ist entschuldigt.
Im vorliegenden Fall ist die Situation ein wenig anders. Denn, so steht es am Eingang zur Deutschen Bibliothek in Leipzig, „Flüchtig ist das gesprochene Wort“. Auf Papier überdauert es hingegen die Zeiten, vor allem dann, wenn es sich bei dem Papier um offizielle, amtliche Briefbögen handelt.
So wie 1993 bei Wirtschaftminister und Vizekanzler Jürgen W. Möllemann. Zur Erinnerung: Auf bundesministeriellem Briefkopf empfahl Möllemann Handelsketten die Nutzung des Einkaufswagen-Chips, mit dem ein Verwandter seiner Frau das große Geschäft machen wollte. Der Ärger wegen der Briefkopfverwechslung war so groß, dass Möllemann am 3. Januar 1993 seinen Hut nahm und seine Ämter als Wirtschaftsminister und Vizekanzler aufgab.
Nun zähle ich ja nicht zum Stab der Berater eines Wolfgang Thierse. Wäre ich einer seiner Berater, würde ich dem Bundestagsvizepräsidenten empfehlen, „den Möllemann“ zu machen. Weil es langsam reicht, weil die Eskapaden des ranghöchsten deutschen Bartträgers allmählich unerträglich werden. Aber da ich keiner von Thierses Beratern bin, habe ich hier nur von meinem ganz persönlichen, grundgesetzlich verbrieften Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht. Ganz neutral und nicht auf versehentlich gewähltem, offiziellem Briefkopf.
Angst um die Zukunft eines zurückgetretenen Wolfgang Thierse müsste niemand haben. Möllemann hat ja bewiesen, dass man auch nach einem Rücktritt von hohen Ämtern noch große Sprünge machen kann.
Die Antwort: Der Bürokram ist ganz schön schwierig. Als auf diversen Hochzeiten tanzender Freier Journalist habe ich mehr als nur eine Sorte Papier in meinem Laserdrucker. Für allerlei Manuskripte, Korrekturbögen und solcherart Zeugs nutze ich weißes Druckpapier. Wenn Angebote oder Rechnungen gedruckt werden, kommen meine eigenen Briefköpfe zum Einsatz, auf denen „Pressebüro & Ultralauf“ steht und die durch einen dicken Balken im Zeitungsblau verziert sind. Und da ich für den Sächsischen Schützenbund auch dessen offizielles Mitteilungsblatt produziere, nutze ich gelegentlich auch Briefköpfe, auf denen „Sächsische Schützenzeitung“ steht. Hier prangt zudem das ans Sachsenwappen angelehnte Logo des Verbandes in Grün und Gelb auf dem Papier. Nicht auszudenken, wenn ich da mal etwas verwechselte.
Dann könnte es Irritationen geben oder gar Ärger, so wie im Fall meines Lieblingsallergens Wolfgang Thierse. Jener haarige Geselle (richtig, das ist der mit dem Vermieterstreit und Helmut Kohls Frau, die im Dunklen ausharren musste ...) ist seines Zeichens immerhin noch Bundestagsvizepräsident und damit einer der oberwichtigen Repräsentanten Deutschlands. Über den darf man auch nicht lästern, denn das steht unter Strafe.
Aber man darf darüber berichten, dass besagter Bartmann einen Brief geschrieben hat. An das Bezirksamt Pankow, Anteilung öffentliche Ordnung. Darin beschwert sich der Bundestagsvizepräsident bitterlich über die Verlegung eines so genannten Sonnabendmarktes von einer zur anderen Seite des Kollwitzplatzes. Thierse, nach eigener Aussage eines der Urgesteine von Prenzlauer Berg, wohnt eben dort schon seit 20 oder 30 Jahren – da ist er sich selbst nicht sicher, denn die Zahlen schwanken von Interview zu Interview. Jedenfalls schon sehr lange. Und durch die Verlegung des Marktes befindet sich selbiger nun einmal wöchentlich unter den Fenstern von Thierses Altbauwohnung.
Was den wackeren Staatsmann fast zum Barthaareausraufen treibt, denn das Markttreiben stört. Also beschwerte sich Wolfgang Thierse beim zuständigen Bezirksamt. Schließlich leben wir in einer Demokratie, und Beschwerden zählen zu den ersten Bürgerrechten.
Die Adressaten des Schreibens rieben sich verwundert die Augen. Thierses Protest, der ja eindeutig privater Natur war, erreichte sie auf exklusivem Briefpapier mit Bundesadler und der Amtsbezeichnung des Bundestagsvizepräsidenten.
Nachdem es die präsidial-private Protestnote vor wenigen Tagen immerhin auf die Titelseite der Berliner Zeitung geschafft hatte, ruderte Thierse zurück. „Die Verwendung des Briefbogens ist der Eile geschuldet und also ein Versehen“, erklärte er gegenüber der Deutschen Presseagentur.
Mein Gedächtnis ist nicht sonderlich gut, aber ganz spontan fiel mir beim Lesen dieser Aussage die unflätige Äußerung ein, die Wolfgang Thierse über Helmut Kohl und dessen Umgang mit seiner kranken Frau getan hat. Guckst du hier: http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/969065/
Auch diese war ja plötzlich ein falsches Zitat, nie so gemeint und außerdem ganz anders gesagt gewesen. Sagte Wolfgang Thierse. Wer den Mitschnitt des Mitarbeiters meiner Lokalpostille, der das Zitat veröffentlicht hatte, kennt, könnte zu dem Schluss kommen, dass Wolfgang Thierse wenn schon kein Problem mit der Wahrheit, so doch mit seinem Gedächtnis hat. Aber gesagt ist gesagt und entschuldigt ist entschuldigt.
Im vorliegenden Fall ist die Situation ein wenig anders. Denn, so steht es am Eingang zur Deutschen Bibliothek in Leipzig, „Flüchtig ist das gesprochene Wort“. Auf Papier überdauert es hingegen die Zeiten, vor allem dann, wenn es sich bei dem Papier um offizielle, amtliche Briefbögen handelt.
So wie 1993 bei Wirtschaftminister und Vizekanzler Jürgen W. Möllemann. Zur Erinnerung: Auf bundesministeriellem Briefkopf empfahl Möllemann Handelsketten die Nutzung des Einkaufswagen-Chips, mit dem ein Verwandter seiner Frau das große Geschäft machen wollte. Der Ärger wegen der Briefkopfverwechslung war so groß, dass Möllemann am 3. Januar 1993 seinen Hut nahm und seine Ämter als Wirtschaftsminister und Vizekanzler aufgab.
Nun zähle ich ja nicht zum Stab der Berater eines Wolfgang Thierse. Wäre ich einer seiner Berater, würde ich dem Bundestagsvizepräsidenten empfehlen, „den Möllemann“ zu machen. Weil es langsam reicht, weil die Eskapaden des ranghöchsten deutschen Bartträgers allmählich unerträglich werden. Aber da ich keiner von Thierses Beratern bin, habe ich hier nur von meinem ganz persönlichen, grundgesetzlich verbrieften Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht. Ganz neutral und nicht auf versehentlich gewähltem, offiziellem Briefkopf.
Angst um die Zukunft eines zurückgetretenen Wolfgang Thierse müsste niemand haben. Möllemann hat ja bewiesen, dass man auch nach einem Rücktritt von hohen Ämtern noch große Sprünge machen kann.
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