Donnerstag, 10. April 2008
Beunruhigende Stille oder: Russische U-Boote und (k)eine Bombenbauanleitung
Literaten und Filmemacher sprechen in ihren Werken gern von "beunruhigender Stille". Der Held lauscht in solchen Szenarien plötzlich ganz angestrengt, hört aber nichts, dann äugt er mit eulengleicher Kopfrotation in die Umgebung, sieht nichts - und wird von einem oberbösen Untier gefressen oder einem zweibeinigen Feindbild abgeschlachtet. Manchmal fällt ihm, wenn die beunruhigende Stille lange genug währte, auch etwas auf den Kopf oder ein Speer piekst ihn.
In den vergangenen Tagen habe ich mich in meinem Büro an eine neue Geräuschkulisse - oder besser eben: Nichtgeräuschkulisse - gewöhnen dürfen und müssen, die irgendwie auch etwas beunruhigendes hatte.
Nachdem am Wochenende mein Dell-Server seinen letzten Rappler getan hatte und ich meine EDV komplett umgestricken musste, hat sich der Geräuschpegel in meinem Büro signifikant verringert. Der alte Server hatte mir sein Tun durch leises Lüfterrauschen mitgeteilt. Deutlich vernehmbarer ging mein bisheriges Hub zur Sache. Ein kleiner Lüfter schaufelte Frischluft ins 19-Zoll-Gehäuse. Beide Geräusche fehlen nun, denn statt des Dellservers dienen jetzt zwei NATS-Laufwerke als Datenlager. Da ich weder Cineast noch MP3-Süchtiger, sondern einfach ein emsig arbeitender Schreiberling bin, lasse ich die 250-GB-Platten im Spiegelbetrieb laufen und freue mich ob der gestiegenden Datensicherheit.
Mein neuer Switch distanziert sich klar von seinem Vorgänger. Er ist ersten kleiner (logisch, weil er eben nicht mehr 16, sondern nur 8 "Kunden" bedienen muss), sieht deutlich cooler aus (weiß - würde mir bei einem Auto nicht wirklich gefallen, höchsten bei einem Rolls, aaaaaber ...) und ist lüfterlos. Wunder des Fortschritts.
Dafür ist meine Wanduhr nun wieder gut zu hören. Was kein wirkliches Wunder ist, denn die stammt aus Russland und ist eigentlich für den Einsatz in der Kommandantenkabine eines U-Bootes bestimmt. Dass sie in meinem Büro die Zeit anzeigt, ist einer höchst kuriosen Kausalkette geschuldet: Anfang der 90er-Jahre hatte der russische Bäre eine Schwächephase. Die Verbündeten entbündeten sich, die Armee bröselte. Die Herstellung neuer Waffensysteme - darunter auch die U-Boote - geriet ins Stocken.
Das war weltweit bekannt, nur dem Hersteller der U-Boot-Uhren war's entgangen, was zu einer gewissen Überproduktion führte. Eine dieser Kommandantenuhren ist auf höchst verschlungenen Pfaden bei mir gelandet und wird hier in Ehren gehalten. Jeweils freitags wird das gute Stück aufgezogen, denn geordnete Verhältnisse müssen ja sein. Außerdem läuft das Unterwasser-Chronometer "nur" eine Woche, dann braucht's frische Energie aufs Federwerk.
Um Missverständnisse zu vermeiden, möchte ich den Lesern dieses Tagebuches allerdings raten, nicht dem Prinzip der vollständigen Induktion zu folgen und vom Besitz dieses einen militärischen low-Tech-Artikels auf das Vorhandensein weiteren russischen MIK-Interieurs in meinen heiligen Hallen zu schließen. Es befinden sich in meinem Büro weder Kernsprengköpfe noch Mittelstreckenraketen, weder RPG 8 noch Strela-Raketen (so heißt der russische Stingernachbau), keine AK 47, kein Sehrohr, keine Torpedos oder sonstwelches Zeuchs aus dieser Schublade. Und wenn es doch so wäre, würde ich es hier nicht veröffentlichen.
Warum ich aber die ganze Liste aufgeschrieben habe? Um mich in einigen Stunden daran zu ergötzen, wonach die Leute bei Google so alles suchen. Na, und um noch einige Zugriffe mehr zu erhalten, dürfen natürlich zwei besonders gern nachgefragte Vokabeln auch nicht fehlen: Bombenbauanleitung und Sprengstoffrezept - so, nun haben auch die Schlapphüte wieder Lesestoff. Nicht sauer sein, Jungs. Seid froh, dass ihr meinen Text nicht erst aus dem Arabischen übersetzen musstet. *g*

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