Mittwoch, 11. Februar 2009
Orthographische Solidargemeinschaft: Oder: Wer zum Teufel haftet für wessen Gören?
Beim Laufen findet man so allerlei. Zum Beispiel dieses Schild:



Entdeckt habe ich es auf dem klitzekleinen Holzspielgerät eines winzigen Alibispielplatzes am Rande des imposanten Golfplatzes der Gemeinde Machern.
Warum ich angesichts dieses Schildes mein Lauftraining unterbrochen und die Kamera hervorgefummelt habe?
Weil dieses Schild gleich doppelt bescheuert und somit doppelt schön ist.

Zum einen ist die typisch-deutsche Drohgebärde, dass Eltern die Haftung für die Missetaten ihres Nachwuchses übernehmen müsses, in ihrer Absolutheit juristischer Mumpitz. Mag sein, dass sich der deutsche Spießer die Welt so einfach vorstellt, aber die juristische Realität ist gottlob anders. Guckst Du hier: http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/specials/81186/index.html
Wer an genannter Stelle nachschaut, wird feststellen, dass die Hauptzielgruppe eines solchen Kleinkinderbeglückungsgerätes, nämlich die Knirpse, von jeglicher Haftung ausgenommen sind ... Und auch bei der sonstigen Elternhaftung sieht's eher mau aus.

Zum anderen ist das Haftungsandrohungsschild in seiner schlichten Schönheit ein orthographischer Leckerbissen. Die Schreibweise "Ihre Kinder" spricht den Leser direkt an, darum ist diese Anrede auch großgeschrieben. Folglich müsste sich jeder zufällige Leser dieses hölzernen Kleinods, ganz gleich, ob mit eigenem Nachwuchs gestraft oder nicht, die Frage stellen, welche Eltern dieser Welt denn nun für seine evtl. gar nicht vorhandenen Kinder haften sollen ...
Andererseits kann sich jeder Wissende, dessen hyperaktive Kinderschar sich anschickt, das hölzerne Golfplatzedelspielgerät zu zerspanen, nach der Lektüre der Botschaft an Loch 19 einen Schluck zur Entspannung gönnen: Schließlich steht geschrieben, dass irgendwelche Eltern schon für seine Kinder haften werden. Eine orthographische Solidargemeinschaft sozusagen.

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