Mittwoch, 6. April 2011
Anruf vom Unternehmen Hartwig. Oder: Bis zur ersten Mille dauert's nun doch noch
Okay, der Zeitpunkt des Anrufes war ungünstig; ich hatte zu tun und war nun "raus". Aber daran lag es nicht, dass ich sauer war. Vielmehr daran, dass ich nicht zum ersten Mal von einer Dame behelligt wurde, die mich im Namen des "Unternehmens Hartwig" anrief und einen kostenfreien Gespräch ihres Chefs mit mir vorbereiten wollte. Artig sagte sie auf, dass mich das zu nichts verpflichtete, das ich für dieses Gespräch allenfalls 20 Minuten meiner kostbaren Zeit investieren und nicht einmal Unterlagen bereithalten müsste.
Dafür würde es - im übertragenen Sinne - Manna http://de.wikipedia.org/wiki/Manna_%28Bibel%29 vom Himmel regnen. Im Klartext: Herr Hartwig würde mir Wege zu mehr Liquidität aufzeigen.
Dass ich der Dame einen Korb gab, hatte vor allem etwas mit Lebenserfahrung zu tun. Dummerweise hatten sich all die Hartwigs der letzten Jahre als dubiose Verkäufer entpuppt, die mir - natürlich nach eingehender Analyse meiner ganz, ganz persönlichen Vermögenssituation - stets irgendein tolles Finanzprodukt bzw. eine andere Krankenversicherung andrehen wollten. Meist verbunden mit dem Lob, dass ich schon sehr, sehr kostenbewusst agieren würde, aber genau in diesem einen, klitzekleinen Pünktchen könne man noch etwas tun ...
Okay, vielleicht tue ich der Dame unrecht und Herr Hartwig hätte mich der schwersten Million tatsächlich ein Stück näher gebracht.
Ein Tipp an die Telefon-Feen des Unternehmens Hartwig: Vielleicht geben Sie sich ja demnächst als Mitarbeiterinnen eines Weinhauses aus. Bei denen kaufe ich zwar auch nichts, aber die lasse ich ein paar Minuten länger in der Leitung. Weil sie mit all ihren Abfüllungen und Trockenbeerenauslesen so schöne Phantasien wecken und weil sie gleich sagen, was sie mir verkaufen wollen ...
Ach ja, und wenn ich mir noch etwas wünschen dürfte: Nett wär's auch, wenn die Telefonmaus eine Rufnummer hätte, die sich tatsächlich einem "Unternehmen" zuordnen lässt - Prepaid-Handys und son Zeugs lassen mein Vertrauen ganz schnell schrumpeln.

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Donnerstag, 31. März 2011
Googleberg-Nachschlag trifft Stoibers Tochter. Oder: Servus, mach's gut, Dr. Veronica Saß
Kennt noch jemand KT zu Googleberg? Die Sache mit der versehentlich nicht ganz sauber angefertigten Promotionsschrift?
Es geht weiter - auf gut Deutsch: reloaded. Allerdings nicht mit dem smarten Freiherren, sondern mit der Promotion von Dr. Veronica Saß. Kennt keiner? Sie ist die Tochter von Edmund Stoiber (richtig, der erfolglose Kanzlerkandidat mit den Ähems), hat in Konstanz (na, was wohl?) Jura studiert und bei Georg Jochum promoviert.

hat in Konstanz Rechtswissenschaften studiert und bei Georg Jochum promoviert. Derzeit arbeitet sie in München in einer Münchener Anwaltskanzlei. Steht alles bei Wikipedia. Allerdings findet man Veronica Sass dort bisher nur unter dem Eintrag ihres Herrn Papa, einen eigenen hat sie noch nicht. Das dürfte sich aber bald ändern, schätze ich.
Warum? Man schaue sich nur mal die Ausbeute in Vronis Plagiatswiki an http://de.vroniplag.wikia.com/wiki/VroniPlag_Wiki
Okay, mag der eine oder andere Leser meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches sagen, das weiß doch keiner.
Okay, erwidere ich gutgelaunt: Als es in der Münchner Abendzeitung stand, wussten's schon ein paar mehr. Und nun hat es sogar der Spiegel in seiner Online-Ausgabe, also isses rum.
http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,754088,00.html

Ach ja, die Darstellung der noch-Doktorin auf der Seite ihres Arbeitgebers findet man hier http://www.raupach.de/de/home/diekanzlei/rechtsanwlte/veronicasa.php
Noch. Solange sie da noch steht und solange der Server der Kanzlei mitspielt. Schon bei den heutigen Recherchen für diesen Text ließ sich die Seite www.raupach.de der Raupach & Wollert-Elmendorff
Rechtsanwaltsgesellschaft mbH viel Zeit ... ein gutes Zeichen für eine virale Ausbreitung der Nachricht.



http://de.vroniplag.wikia.com/wiki/VroniPlag_Wiki

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Mittwoch, 23. März 2011
Degeto-Chef Jurgan und der Streisand-Effekt. Oder: Wie ein Film von Michael Graeter verschwand und nun wieder auftaucht.
Manche Leute lernen es nicht und tappen in die Falle des Streisand-Effektes http://de.wikipedia.org/wiki/Streisand-Effekt
Das mag am realen und/oder gefühlten Alter liegen. Nun mögen sich die geneigten LeserInnen meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches fragen, wie ich gerade jetzt auf diese These komme.
Ganz einfach: Beim Bayerischen Filmball, Mitte Januar in München, schaute sich der legendäre Klatschreporter Michael Graeter http://de.wikipedia.org/wiki/Michael_Graeter beruflich unter den Promis, Sternchen und Stars um. Einiges von dem, was er gesehen hatte, stellte Graeter unter http://www.michaelgraeter.de/ ins Netz, darunter auch ein netter Film namens "Heiße Küsse", der die schauspielernde Frau von Weltstar Jürgen Prochnow ("Das Boot") beim sehr vertraulichen Gespräch mit Hans-Wolfgang Jurgan, dem Chef der Frankfurter ARD-Produktionstochter Degeto, zeigte. Wobei - gesprochen wurde weniger, eher mehr "ausgetauscht".
Sehr nett nachzulesen übrigens bei http://www.sueddeutsche.de/C5F38x/3983082/Austauschprogramm.html
Bis hierhin war alles nur lustig, doch am 1. März kassierte Graeter laut SZ eine von Jurgan per Medienanwalt Christian Schertz erwirkte einstweilige Verfügung des Hamburger Landgerichtes (sehr berühmt, sehr berüchtigt, hier möge meine geneigte Leserschaft selbst nachlesen, Stichwort "Fliegender Gerichtsstand") und nahm den Film erstmal vom Netz.
Doch der Streisand-Effekt wäre nicht der Streisand-Effekt, fände sich das Techtelmechtel nicht inzwischen anderenorts im Netz. Zum Beispiel bei youtube ...

Edit per 13.4.11: Hier stand ursprünglich ein Verweis auf das Video bei youtube. Diesen habe ich, um Schaden vom Betreiber der Domain blogger.de abzuwenden, entfernt. Good old Germany ...

Ungeachtet dessen sind die geneigten LeserInnen meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches sicher in der Lage, auf Youtube weitere Kopien des netten Late-Night-Movies finden. Die für die Suche benötigten Stichworte liegen ja auf dem Tisch, ähem ... der Hand.

Diejenigen, die dazu nicht in der Lage sind, haben sicher einen Taschenträger (vulgo: Referenten oder Wissenschaftlichen Mitarbeiter), der ihnen in bewährter Weise "mal das Internet ausdruckt".

PS.: Michael Graeter ist übrigens die "Vorlage" für Baby Schimmerlos in Kir Royal; und auch wenn ich die einschlägigen Klatschsendungen nicht mag, muss ich den Typen schon deshalb gut finden. Gell, spatzl?

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Dienstag, 22. März 2011
Knut auf Scholle 7. Oder: Die TAZ lässt mich sogar 4.30 Uhr grinsen.
Die TAZ bescherte mit heute trotz unchristlich frühen Aufstehens (wer’s genau wissen will: 4.30 Uhr sind nicht wirklich normal!) wieder einen grinsenden Start in den Tag. Nun mögen sich die geneigten LeserInnen meines kleinen, politisch nicht immer (oder eigentlich immer nicht) korrekten Tagebuches fragen, wie es Tageszeitung geschafft hat, mir solcherart frühmorgendliches Leid erträglich zu machen.
Nein, es war nicht die Verbaldresche wegen der ehrenrührigen Stimmenthaltung Deutschlands im Weltsicherheitsrat. Was macht es schon, bei der Abstimmung über die Flugverbotszone in Libyen in einer Fraktion mit Russland und China zu sein ... fast nichts.
Nein, und es waren auch nicht die Lästereien über unsere wahlkämpferisch taktierende Rückzugskanzlerin. Warum auch? Schließlich hat Angela Merkel in den vergangenen Monaten so viele Zusagen „relativiert“, da kommt es auf die augenscheinliche Eierei für die Atomlobby auch nicht mehr an. Und außerdem: So amüsant, dass sie mir das Aufstehen punkt 4.30 Uhr erträglich machen könnten, sind weder ein todeskämpfender Dikators noch eine schlingernde Kanzlerin.
Was mich grinsen ließ, war hat mit dem frühen Tod des Berliner Eisbären Knut zu tun. Die TAZ vermeldete heute in ihrem Berliner Lokalteil „Knut ist ausgestorben“ und widmete sich ganzseitig dem ungeplant auf dem Rücken dümpelnden Popstar. Nachzulesen hier http://www.taz.de/1/berlin/artikel/1/knut-ist-ausgestorben/
Lustig ist das allein zwar ein wenig, aber für 4.30 Uhr reicht’s nicht. Grinsen konnte und musste ich nach dem Umblättern. Dort bot sich mir folgendes Bild:



Energieversorger GASAG warb mit einem Eisbären (Lieber Gott, lass’ es Knut sein!) für bessere „Luft, Luft, Luft“. So eine schöne Überschneidung kann man nicht planen, die bringt nur das Leben zu stande. Und natürlich die TAZ.
Wobei in mir ein böser Verdacht keimt: Vielleicht ist's ja gar keine zufällige Überschneidung von Tage vor dem Bärentod gebuchter Anzeige und letztem Schnaufer des haarigen Popstars; vielleicht verbirgt sich hinter der Anzeige mit dem weißen Fell tiefschwarzer Humor, so in der Art "Ein toter Eisbär gibt kein Kohelndioxid mehr ab". Das sollte mich freuen, denn dann darf man auf die nächsten Gasag-Claims gespannt sein.

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Freitag, 11. März 2011
Mach mir den Lierhaus. Oder: Vom Nutzen der Reflexe im Alltag.
Ein Reflex ist eine unwillkürliche, rasche und gleichartige Reaktion eines Organismus auf einen bestimmten Reiz. So steht’s bei Wikipedia, womit ich der Pflicht zum leidlich korrekten Zitat nachgekommen wäre. Doch weiter mit dem Thema „Reflex“. Machen wir mal ein Beispiel: Wenn ich in Deutschland publik mache, dass eine/r für sein Tun ein Salär in Höhe von xxx.xxx Euro erhält, ertönt aus allen Richtungen neidisches Kläffen und Jaulen. Das ist praktisch, denn es ist planbar. Um jemanden in Misskredit zu bringen oder die geneigten Unterschichtenfernsehzuschauer von anderen Themen abzulenken, muss man nur bekannt geben, dass ... z.B. Monika Lierhaus http://de.wikipedia.org/wiki/Lierhaus für ihre Auftritte in Sachen ARD-Fernsehlotterie 450.000 Euro http://www.faz.net/s/Rub510A2EDA82CA4A8482E6C38BC79C4911/Doc~E826B0038B4B14FB69F4FB448183B3481~ATpl~Ecommon~Scontent.html erhält, schon beginnt das Jaulen, Rappel, Quieken und Jammern, dass es an eine Naturkatastrophe erinnert. Dieser Neidreflex geht soweit, dass sich sogar der eine oder andere Lotto-Junkie vom legalen Glücksspiel abwendet http://www.haz.de/Nachrichten/Medien/Uebersicht/Abo-Kuendigungen-wegen-450.000-Euro-fuer-Lierhaus .
Womit sich das Lierhaus-Engagement für die ARD schon vor deren erstem Auftritt bezahlt gemacht hat. Denn, mal ehrlich, wer hat angesichts der gutmenschelnden Nebelkerze und des Gezerres um die nicht-mal-halbe-Million eigentlich mitbekommen, dass der mitteldeutsche rundfunk mdr praktisch zeitgleich einen Vertrag mit dem Boxstall Sauerland unterzeichnet hat?
Diese Zwei-Jahres-Vereinbarung hat einen Volumen von 54 Millionen Euro, nachzulesen u.a. hier http://www.tagesspiegel.de/medien/ard-mag-lieber-k-o-schlaege-/3917652.html , http://www.ard.de/intern/presseservice/-/id=8058/nid=8058/did=1379868/1md6wxj/index.html , http://www.sueddeutsche.de/s5838j/3946918/Faeuste-in-der-Anstalt.html und hier
http://www.spiegel.de/spiegel/vorab/0,1518,749015,00.html .
Den LeserInnen meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches, die sich nun fragen, was Monis 450.000 mit Sauerlands 54 Millionen zu haben, antworte ich mit einem Zitat des TAZ-Kolumnisten Küppersbusch vom 7. März: „ ... kündigt der mdr einen Vertrag mit dem Boxstall Sauerland über 54 Millionen Euro an. Honorar für zwei Jahre Liveübertragung von Versuchen, Leuten so vor den Kopf zu schlagen, dass sie für den Rest ihres Lebens den Lierhaus machen.“
In diesem Sinne: Immer schön an die Zahlung der GEZ-Schutzgelder denken.

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Donnerstag, 10. März 2011
Ein kleiner Nachschlag in Sachen KTG. Oder: Wer hat hier überhaupt was gelesen?
Karl-Theodor zu Guttenberg, vielen Zeitgenossen dank einer genialen TAZ-Überschrift auch als Karl-Theodor zu Googleberg bekannt, hat in den vergangenen Wochen so viele Federn lassen müssen, dass es für einen Kompaniesatz Kopfkissen reichen dürfte. Nun kann man über gewisse „linke Bazillen“, die mit ihrer Intensivlektüre der angeblich zu Guttenbergschen Doktorarbeit genau den Stein ins Rollen brachten, der den smarten Überflieger nun platt gemacht hat, geteilter Meinung sein. Fakt ist jedoch, dass auch die linkeste aller Bazillen ins Leere geforscht hätte, wäre die nun doch nicht zu Guttenbergsche Arbeit sauber gewesen.
Und wahrscheinlich wäre der Ex-Verteidigungsminister noch heute im Amt, hätte er sich bei der Bewältigung der eingetretenen Krise nicht gar so dämlich, nein: nicht gar so überheblich, angestellt. Aber – und hier muss ich dem mir eigentlich gänzliche unsympathischen einstigen Popkulturbeauftragten der SPD, Sigmar Gabriel, zustimmen – da ging mit dem Freiherrn wohl das über Generationen gepflegte ständische Denken durch: Was erdreistet sich das Pack, unsere allerhöchsten Referenzen in Frage zu stellen ...

Dass die causa Guttenberg aber eine wirklich schräge Kiste und der „Ex“ ein wirklich krummer Hund sein muss, wurde mir gestern bei der Lektüre einer neuen Nachricht deutlich. In der Welt war hier http://www.welt.de/politik/deutschland/article12748033/Guttenberg-kupferte-auch-bei-seinem-Doktorvater-ab.html zu lesen, dass KTG seiner Promotionsschrift an 29 Stellen insgesamt 234 Zeilen aus dem Standardwerk „Europäische Verfassungslehre“ seines Doktorvaters Peter Häberle ohne ausreichende Quellenangabe einverleibt hat, hieß es am 8. März 2011 im Guttenplag-Wiki http://de.guttenplag.wikia.com/wiki/Plagiate

Nun mag der eine oder andere Leser meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches stirnrunzelnd ausrechnen, dass 234 Zeilen nur knapp sechs Maschinenseiten sind und dass es abstrus ist, wegen dieser sechs Seiten überhaupt das Hirn zu booten. Auf der einen Seite stimmt das, denn was sind schon sechs Seiten, wenn im Guttenplag-Wiki bereits rund 300 Plagiatsseiten aufgeführt sind. Andererseits aber sind diese fragmentierten sechs Seiten etwas ganz Besonderes, denn sie werfen mehrere neue Fragen auf.

Zum einen, und das weiß ich aus eigener, weit zurückliegender wissenschaftlicher Arbeit, gibt es nichts wichtigeres, als seinen Chef zu zitieren – und diesen als Top-Quelle zu vermerken. Das freut den Chef, das schafft Wohlwollen. Und was für den Chef gilt, gilt für den Doktorvater schon lange. Dafür, den Boss nicht bauchkraulend zu hofieren, kann es mehrere Erklärungen geben: Der Verfasser der Doktorarbeit ist entweder saublöd, sauarrogant, saumäßig davon überzeugt, dass seine bereits geflossenen Spenden ihn unangreifbar machen, oder aber – und das ist die naheliegendste – er hat die vermeintlich eigene Arbeit nicht wirklich selbst geschrieben.
Auf der anderen Seite werfen die 234 übernommenen Zeilen die Frage auf, wieso der Doktorvater die Übernahme nicht bemerkt hat. Hat er die Arbeit etwa auch nicht selbst gelesen?

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Donnerstag, 3. März 2011
Was hat die TAZ, was die LVZ nicht hat. Oder: ein Lehrstück zum Thema "Umgang mit Kritik"
Wie gut oder wie schlecht ein System tatsächlich ist, zeigt sich am Umgang mit Kritik. Und auch, ob ein Mensch groß oder nur ein aufgeblasenes Arschloch ist. Das musste mal gesagt werden. Und bevor sich die geneigten LeserInnen meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches nun fragen, was ich ihnen mit dieser pseudophilosophischen Einlassung eigentlich sagen möchte, löse ich das Rätsel auf; ein wenig, zumindest.
Es geht mir wieder einmal um die Holzmedien, genauer gesagt um meine Lokalpostille, die nach eigener Aussage dem Qualitätsjournalismus verpflichtete Leipziger Volkszeitung (LVZ), ein geradezu klassisches Holzmedium. Und es geht mir um die TAZ, die Tageszeitung; ein Medium, das ebenfalls in gedruckter Form daherkommt, aber alles andere als hölzern auftritt.
Über den etwas schwierigen Umgang der Leipziger Volkszeitung mit kritischen Stimmen habe ich in meinem Tagebuch bereits häufiger nachgedacht, z.B. hier http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/1775856/ Generell gilt bei der LVZ, dass in Foren und Kommentaren so ziemlich jeder Idiot seinen Frust ablassen darf. Dass dabei regelmäßig Beiträge ins Netz geraten, die nicht nur geschmacklos, sondern auch bei wohlwollender Betrachtungsweise mehr als beleidigend sind, bleibt da nicht aus. Insbesondere bei rechts-links-Debatten und beim leidigen Thema „Rasenball Leipzig“ (der geneigte Leser möge dazu einfach mal die Suchfunktion unter www.lvz-online.de nutzen und nach solcherart Themen Ausschau halten) fliegen die Fetzen so tief, dass es auftragsgeilen Juristen in den Fingern jucken dürfte. Erstaunlich ist allerdings, dass solche Kommentare im Netz bleiben.
Schnell wieder verschwunden sind hingegen Kommentare, in denen die Leipziger Volkszeitung kritisiert wird. Schreibt ein Leser über die nachlassende Qualität, die Arbeitsbedingungen der Zusteller oder andere „heiße Eisen“, haben seine Zeilen kein langes Leben.
Gelegentlich taucht mal eine kritische (gefakte?) Leserfrage im Blatt auf, meist so in der Art „Warum ist das Fernsehprogramm plötzlich auf Seite xyz und nicht mehr auf Seite abc?“ oder „Warum macht die LVZ Werbung für unseriöse Firmen wie xyz?“. Dann darf ein wichtiger Mitarbeiter antworten und dem Leser erklären, warum das so sein muss und dass die LVZ alles richtig macht. Ein wenig erinnern mich diese Szenarien an die gute, alte DDR. Da durfte der Bürger auch immer mal erfahren, dass „die Genossen in Berlin“ schon alles in seinem Sinne regeln werden. Mit bekanntem Ergebnis.
Dass es auch anders geht, stellte die TAZ dieser Tage eindrucksvoll unter Beweis. Dort erschien ein lesenswerter Beitrag http://www.taz.de/1/leben/medien/artikel/1/da-kommt-niemand-ungeschoren-weg-1/ über Judith Holofernes („Wir sind Helden“) und ihre Weigerung, für die BILD-Zeitung Werbung zu machen. Dass letztere neben diesen Anti-BLÖD-Artikel eine Pro-BLÖD-Anzeige stellte, war ein Coup der besonderen Art – und es versetzte weite Teile der geneigten Stammleserschaft der Tageszeitung in hellen Aufruhr. Von Prostitution war die Rede, von Unterwerfung vor dem medialen Hauptfeind usw. Das Forum kochte, die Kommentarfunktion glühte, es hagelte Leserbriefe. Sehr lesenwert das alles, z.B. hier http://blogs.taz.de/hausblog/2011/03/01/taz-einnahmen_sichern_bild-anzeigen_verhindern/
Die TAZ reagierte darauf so, wie es nur die TAZ tut: Sie stellte sich der Kritik. Sie veröffentlichte Leserbriefe, in denen von Abo-Auflösung und anderen Folterinstrumentarien die Rede war. Aber die geneigte Leserschaft erfuhr auch etwas über das Warum: Die Anzeige der bösen, bösen BLÖD-Zeitung brachte der TAZ immerhin mehr als 12.000 Euro, und damit sind „mehrere Monatsgehälter“ gesichert. Darum werde die TAZ Anzeigen dieser Art auch künftig veröffentlichen, auch solche von Unternehmen, die Atomstrom anbieten usw. (Letzteres geschah z.B. schon am 3. Februar 2011, als Vattenfall ca. halbseitigvierfarbig für seine energetische Unterstützung des Wintersportes inserierte.)

Geradezu genial mutet die fast seitenhohe Anzeige an, die die TAZ am gestrigen 2. März auf Seite 13, dem Titel des Buches „Gesellschaft, Kultur, Medien“ veröffentlichte. Dort prangte die Frage: „Ihre Meinung BILD, Karl-Theodor zu Guttenberg?“
Besagter von und zu Ex-Verteidigungsminister, den die TAZ den Ehrentitel „zu Googleberg“ angeheftet hatte, erwiderte: „Eigentlich nicht mein Niveau, aber wenigstens selbst geschrieben. Haltet die Stellung, Jungs!“ Darunter war ein Foto KTzGs in der berühmten Broadway-Pose zu sehen, außerdem das BLÖD-Logo und der Hinweis „BILD bedankt sich bei Herrn zu Guttenberg für seine ehrliche und unentgeltliche Meinung“.
Das allein war schon feinstes Gras, aber das Sahnehäubchen entdeckte der geneigte Leser erst bei genauerem Hinsehen: Über besagter Anzeige findet sich in Winzigtypographie der Hinweis „Keine Anzeige“.

Lang anhaltender, stürmischer Beifall. Hochrufe. Bravo, TAZ! Viel Spaß beim Sterben, LVZ!

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Dienstag, 15. Februar 2011
Wenn Leserkommentare verschwinden. Oder: Kritik mag man bei der LVZ nicht
Meine Lokalpostille, die nach eigener Aussage dem Qualitätsjournalismus verpflichtete Leipziger Volkszeitung, kümmert sich in aller Regel nicht einmal den sprichwörtlichen Dreck um die Kommentare, die von der geneigten Leserschaft zu Artikeln der Online-Ausgabe abgegeben werden. Da bleiben dann so manche vermeintliche Meinungsäußerungen stehen, die auch bei wohlwollendster Betrachtungsweise Tatbestände wie Beleidigung, Volksverhetzung usw. erfüllen. Am 10. Februar 2011 griff die Online-Redaktion allerdings ein und schaffte Ordnung unter den Kommentaren.
Nun mögen sich die geneigten LeserInnen meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches fragen, ob es sich bei der deletierten Äußerung womöglich um entgleiste Kritik an überdurchschnittlich inkompetenten Vertretern der Leipziger Rathausspitze, einen Aufruf zum Dschihad oder eine Holocaustleugnung gehandelt habe.
Weit gefehlt, es war viel schlimmer ... Es handelte sich um Kritik am Geschäftsgebaren der Leipziger Volkszeitung, die da dem Löschbefehl zum Opfer fiel.
In einem netten Beitrag der Rubrik „Polizeiticker“ berichtete meine Lokalpostille hier http://nachrichten.lvz-online.de/leipzig/polizeiticker/keine-anzeigenblaetter-im-briefkasten--zustellerin-macht-altpapier-zu-geld/r-polizeiticker-a-74465.html über eine Zustellerin, die die ihr anvertrauten Druckerzeugnisse nicht erst in die Briefkästen der mehr oder weniger geneigten Leserschaft stopfte, sondern gleich zum Altpapierankauf schaffte und sich von ihren Chefs dabei erwischen ließ, als sie mit einem Zentner davon an der Rampe stand.
Recht schnell entspann sich um dieses Thema eine lustige Diskussion, die aktuell aber nur noch auszugsweise nachzulesen ist. Verschwunden ist zum Beispiel eine Leserkommentierung, in der davon die Rede war, dass solches Verhalten doch nicht überraschend sei, angesichts der „Hungerlöhne, die die LVZ und andere Auftraggeber ihren Zustellern zahlen.“ Verschwunden sind auch Äußerungen wie „Warum suchen die wohl dauern neue Zusteller?“. Dass die Aussage einer Leserin namens „Bin Zustellerin“ mit dem Wortlaut „Ich trage die LVZ aus, die Bezahlung? Eine Frisörin hat einen höheren Stundenlohn...“ am heutigen Morgen noch nachzulesen war, ist wohl einem Moment der Schwäche geschuldet, den auch Zensoren einmal haben und der sie irgendwie menschlich wirken lässt ...

PS.: Sollte sich der eine oder andere Leser dieser Zeilen nun fragen, warum ein so nach-hinten-losgeh-gefährdeter Text überhaupt veröffentlich wurde, so sei ihm bzw. ihr die Antwort nicht vorenthalten: Weil's die Polizeimeldungen für lau gibt und weil die sterbenden Holzmedien mit Vorliebe Content nutzen, für den sie nichts abdrücken müssen - im Print wie im Netz.

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Sonntag, 13. Februar 2011
GAP2011. Oder: Fuck Olympia
GAP2011, vulgo Alpine Ski-Weltmeisterschaft in Garmisch-Partenkirchen 2011. Dafür hat es sich nun gelohnt, dass in einem sensiblen Ökosystem jede Menge Wald abgeholzt wurde? Vielleicht hat der "liebe Gott" (ein Widerspruch in sich) ja Erbarmen und schmeißt Hirn vom Himmel, auf dass die angestrebten Olympischen Winterspiele in Bayern noch verhindert werden. GAP 2011 war jedenfalls nur ein Vorgeschmack auf die dann zu erwartenden Schäden ... Fuck Olympia!

PS.: Wer näheres erfahren will, kann hier http://www.taz.de/1/sport/artikel/1/roden-fuer-die-raser/ nachlesen. Per Google findet man kritische Stimmen erst sehr, sehr weit hinten. Da hat die Propaganda-Abteilung der WM-Lobby gute Arbeit geleistet.

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Freitag, 4. Februar 2011
Meine Lokalpostille erfindet die Routinebiopsie. Oder: Heraustreten zum Stanzen
Eine Biopsie (http://de.wikipedia.org/wiki/Biopsie) ist eine Gewebeentnahme aus einem lebenden Organismus. Das macht man nicht mal eben so aus lauter Jux und Dollerei und Routine, sondern weil es im Ergebnis anderer Untersuchungen einen Anfangsverdacht auf etwas Unerfreuliches, Schlimmes, Zerstörerisches gibt, den man durch Untersuchung des Bioptats erhärten oder entkräften möchte. So betrachtet ist die Biopsie eine Folgeuntersuchung, im wahrsten Sinne des Worte eine vertiefende, auf gar keinen Fall eine Routineuntersuchung. Wer bei einer solchen Gewebeentnahme also von einer Routinebiopsie spricht, ist eine Phrasendrescher, ein saublöder dazu.
Nun mögen sich die geneigten LeserInnen meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches fragen, weshalb ich hier über Biospie und umliegende Ortschaften philosophiere. Nun, die Antwort ist ganz einfach: Meine Lokalpostille, die nach eigener Aussage dem Qualitätsjournalismus verpflichtete Leipziger Volkszeitung LVZ (ja, die gibt’s immer noch) berichtete heute in ihrer Onlineausgabe über eine sehr unerfreuliche Erkrankung der Dresdner Oberbürgermeisterin Helma Orosz (http://nachrichten.lvz-online.de/nachrichten/mitteldeutschland/dresdens-oberbuergermeisterin-helma-orosz-an-brustkrebs-erkrankt/r-mitteldeutschland-a-73356.html) und spricht in diesem Zusammenhang davon , dass an der oberbürgermeisterlichen Brust bei „einer Routinebiopsie“ ein Tumor diagnostiziert worden sei. Die Sächsische Zeitung SZ scheint weniger blinde Schreiberlinge zu beschäftigen, denn dort erfährt der geneigte Leser, dass besagter Tumor „bei einer routinemäßigen Untersuchung“ entdeckt wurde. Das ist zwar genauso schlimm, dazu schlimmstes Klippschuldeutsch, aber sachlich zumindest weniger grausam als die Leipziger „Routinebiospie“. Setzen, ungenügend.

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