Montag, 13. Dezember 2010
Gastronomischer Zeitsprung. Oder: Aus meinem Büro geplaudert.
Kürzlich fühlte ich mich plötzlich um 10, nein 15 Jahre jünger. Oder, genauer gesagt, um eine ebensolche Zeitspanne zurückversetzt. Ausgelöst hatte diesen gefühlten Zeitsprung die Arbeit an einer Kundenzeitschrift, genauer gesagt an einem Teil derselben. Im Rahmen eines so genannten "Specials" wurden auf mehreren Seiten Unternehmen der Gastronomie mit ihren kulinarischen und sonstigen Höchstleistungen vorgestellt. Die Maitres stellten das dazu benötigte Material (nichts Essbares, es ging um Informationen, Fotos usw.) zur Verfügung. In zwei, drei Fällen klappte das ganz gut, ich erhielt eine lesbare (!) Datei mit einer fertig gestalteten Unternehmenspräsentation. Zwar lässt sich über Geschmack streiten, aber zumindest ist die Arbeit so recht angenehm. Die anderen Kochlöffelschwinger demonstrierten mir hingegen die Richtigkeit der alten Weisheit "Schlimmer geht immer". Einige grauslige Bilder kamen per E-Mail, die Stichworte zum segensreichen Tun des Bierzapfers immerhin als Word- oder sonstwas-Datei. Doch die Mehrheit wollte von solcherart modernem Kram rein gar nichts wissen und schickte mir wie anno dunnemals Zettelchen und Bilderchen, die es in sich hatten und die ich erfassen bzw. scannen durfte. Dass ein Kneiper kein Kalligraph sein muss, leuchtet mir ein, dass er aber seine unternehmerische Selbstdarstellung mit Bleistift auf einen Kellnerblock kritzelt, eher nicht.
Über die meisten der gelieferten Fotos decke ich den Mantel des Schweigens. Nur so viel: Wenn die Zukunft der deutschen Gastronomie von diesen Aufnahmen abhinge, sollte ein jeder Kneipengänger bzw. Restaurantbesucher ganz schnell lernen, selbst zu kochen ...

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Augenzeugen und Experten. Oder: Ein schönes Stück Qualitätsjournalismus von meiner Lokalpostille
Okay, dass sich neuerdings jeder, der mal etwas von einer Sache gehört hat oder zumindest jemanden kennt, der mal dabei war, als ein anderer etwas über eine so ähnliche Geschichte erzählt hat, Experte nennt und mit seinem Expertenwissen im Fernsehen auftritt, muss wohl so sein. Schlimm isses trotzdem.
Von der medialen Verwurstungsmaschinerie blieben so genannte Augenzeugen allerdings bisher weitgehend verschont. Wenn Du dabei warst und etwas gesehen oder zumindest gehört hast, bist Du ein Augenzeuge, wenn nicht, hast Du ruhig zu sein. Ausnahmen galten bisher nur für TV-Korrespondenten von ARD und ZDF, die vom Fenster ihres Kairoer Hotels "live" über Ereignisse in Israel, Jordanien und Somalia berichteten - oder zumindest so taten, indem sie den Zuschauern daheim erzählten, was diverse arabische Sender über den Schirm schickten und was die Zweitaugenmumien aus der ersten Reihe hätten auch selbst im Internet herausfinden können - wenn sie denn könnten.
Aber ich vertrudele mich, ich wollte ja ganz woanders hin: Meine Lokalpostille, die nach eigener Aussage dem Qualitätsjournalismus verpflichtete Leipziger Volkszeitung, machte heute in ihrer Online-Ausgabe eine Mitarbeiterin zur Augenzeugin des Stockholmer Terroranschlages vom Sonntag. Nachzulesen ist das wirklich schöne Stück hier http://nachrichten.lvz-online.de/nachrichten/topthema/das-leben-geht-weiter-augenzeugin-berichtet-nach-dem-versuchten-attentat-aus-stockholm/r-topthema-a-64980.html
Dass die Redakteurin gar nicht am Ort des Geschehens, sondern "ein paar Straßen weiter" im Kaufhaus "Nordiska Kompaniert" beim Weihnachtsshoppen war und dort nicht nur nichts vom Anschlag gesehen, sondern auch nichts gehört und erst im Hotel von dem Anschlag erfahren hat - wen stört das schon? It's not a buck, it's LVZ.

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Mittwoch, 8. Dezember 2010
Versuch eines Gespräches mit einem early adopter. Oder: Schenke Euch Gott den richtigen Player
Gestern hatte ich ein Gespräch der etwas anderen Art. Nönö, weder beim Doc noch bei meiner Steuerberaterin, sondern in einer jahreszeitlich typischen, geselligen Runde mit einem sehr entfernten Bekannten. Dieser ist nicht nur technik-affin, sondern zudem ein so genannter early adopter, Im Klartext: Der Typ begeistert sich nicht nur für allerlei technischen Schrumms, er muss das Gerödel auch noch unbedingt gleich nach Markteinführung besitzen. Die geneigten LeserInnen meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches können sich in diesem http://www.zeit.de/2000/36/200036_early_adapters.xml sehr lesenswerten Zeit-Artikel über diesen sehr speziellen Menschenschlag näher informieren. Dass der Text aus dem Jahr 2000 stammt, macht in nicht unaktuell. Man muss bei der Lektüre lediglich Begriffe ersetzen, z.B. Palm durch iPhone, dann passt es wieder.
Doch zurück zu dem early adopter, mit dem ich am gestrigen Abend bei einem meiner vorweihnachtlichen Biere plauderte. Oder es zumindest versuchte, denn gerade das klappte nicht.
Ganz gleich, worauf die Sprache kam – Gesundheit, Familie, geschäftliche Vorhaben -, besagter Mann (early adopter sind fast ausschließlich irgendwie zu kurz gekommene Männer, ähämm) antwortete darauf nicht, sondern witschte und wutschte minutenlang auf dem drucksensitiven Bildschirmchen seines iPhones herum. Nach allerlei Fingerhäkelei wurde mir mit einem triumphierenden „hier!“ (manchmal auch „da!“) das Display vor die Nase gehalten, viel zu nah übrigens für meine doch schon spürbar einsetzende, altersbedingte Weitsichtigkeit; was aber nicht so schlimm war, weil die meisten dieser Konversationsfotos ohnehin verwackelt oder aus anderem Grund unscharf waren.
Einen Höhepunkt erreichte unser Nicht-Gespräch, als auf eine meiner Fragen das Handydisplay derart beackert wurde, dass ich glaubte, einen Bauern bei der Frühjahrsbestellung zu erleben. Doch statt des erwarteten „hier!“-Ausrufes erreichte mich ein enttäuscht klingendes „Ach nö!“, gefolgt von der Entschuldigung, dass das Video zwar da sei, aber nicht abgespielt werden könne. „Weil, mein neues iPhone ist zur Reparatur. Das hier ist mein altes, und da ist der passende Player nicht drauf.“
Nur mit Mühe konnte ich der Versuchung widerstehen, den geplagten early adopter mit einem Spruch in der Art „Dann gucken wir’s uns eben auf dem iPad an“ zu reizen. Aber ich widerstand; zu groß war die Sorge, mein Nichtgesprächspartner könnte zu seinem Mantel eilen und aus einer Innentasche auch noch diese Geißel der Menschheit hervorholen.
In diesem Sinne: Bleibt immer schön auf dem Laufenden... und möge Euch der himmlische Schöpfer in seiner unerschöpflichen Gnade immer den richtigen Player dabeihaben lassen.

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Montag, 6. Dezember 2010
B2Run oder: Der Untergang ist nahe ...
Der Untergang des Abendlandes ward schon oft prophezeit, doch blieb er bislang aus. Ob das nun gut oder schlecht ist, darüber mag ich noch nicht öffentlich nachdenken. Auf alle Fälle ist er, der Untergang, heute wieder ein Stück nähergerückt. Nein, nicht finster nach Deutschland migrierende Mächte sind es, die den Untergang bringen.
Zumindest ein Hort des Bösen muss Nürnberg sein - die Stadt ... nein, nicht der Reichsparteitage, sondern des schönsten deutschen Firmenlaufes. Letztere Einschätzung stammt nicht von mir, sondern vom Veranstalter des "Nürmberger Firmenlaufes".

Nun mag die geneigte LeserInnenschaft meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches fragen, was ein Firmenlauf über die läppische Strecke von 6.000 Metern mit dem Untergang unserer oberwichtigen Welt zu tun haben mag.
Hat er nicht, bzw. hatte er nicht, so lange besagtes Läufchen seinen bisherigen Namen trug. Aber jetzt wurde er umbenannt, ließ mich das online-Portal davengo in seiner aktuellen Botschaft wissen:

"Nürnberger Firmenlauf wird B2RUN
Der B2RUN macht am 28.7. das erste Mal Halt in Nürnberg. Die ca. 6-km lange Strecke führt um den Dutzenteich. Belohnt werden die Läufer mit dem Zieleinlauf ins easyCredit-Stadion. Dabei sein kann jeder vom Vorstand bis zum Azubi. Auch 2011 geht wieder ein Teil der Startgebühren an ein regionales Charity-Projekt."

B2Run steht wohl für Business to Run und soll sicher irgendwie dynamischerfolgreichaufstrebendmainstraimig klingen. Macht's aber nicht, es ist und bleibt hohles Marketing-Geschrummel. Auch der Verweis auf ein "regionales Charity-Projekt", dem "ein Teil der Einnahmen" zugute kommen soll. ist schlimmste Schlammrührerei. Wer kriegt wieviel und was macht er damit? Diese Frage gehört klar beantwortet, alles andere ist nichts als Worthülsengeklapper. Wobei: Ein wenig Platz wäre noch gewesen für so zeitlos schöne Phrasen wie "gut aufgestellt" und "auf Augenhöhe mit ..." - aber vielleicht habe ich auf http://www.b2run.de/index.php?id=423 nur nicht genau genug gelesen und irgendwo findet sich die eklige Marketingsauce ...

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1984 bei meiner Lokalpostille. Oder: Wie Nachrichten plötzlich verschwinden.
Eine Black Box http://de.wikipedia.org/wiki/Black_Box_%28Systemtheorie%29 ist in der Kybernetik ein System, von dem im vorgebebenen Zusammenhang nur das äußere Verhalten betrachtet wird, um aus dem Input/Output-Verhalten Rückschlüsse auf die (möglicherweise sehr komplexe) innere Struktur zu ziehen. Den Leserinnen und Lesern meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches, die das als zu technisch empfinden, möchte ich mit dem Allheilmittel eines meiner Physiklehrer auf die Sprünge helfen. Besagter Pädagoge pflegte, wenn das Röcheln, Schwitzen und Augenverdrehen der Schüler endemische Ausmaße annahm, zu fo-fo-formulieren: „Ma-ma-mach-mermal ein B-B-Beispiel.“
Also dann, es folgt das Beispiel: Wir stellen uns eine Blackbox vor, in die wir Wasser, Gras (grünes, nicht das zum Rauchen!) und Luft hineingeben („Input“). Dafür entlässt besagte Black Box u.a. Kohlendioxid und Methan, plätscherstinkeblubbernde „Fladen“ und eine weißliche Flüssigkeit nach außen („Output“). Der geneigte Leser sollte nun ohne weitere fremde Hilfe den Schluss ziehen können, dass die Black Box eine Kuh ist.

Keine Angst, ich äußere mich nicht zu „Bauer sucht Frau“, sondern verlasse die Landwirtschaft, um mich der viel appetitlicheren Welt der Medien zu widmen, genauer gesagt der Holzmedien, die so tun, als ob sie Internet machten. Womit wir bei meiner Lokalpostille wären, der nach eigener Darstellung dem Qualitätsjournalismus verpflichteten Leipziger Volkszeitung. Besagte LVZ als Black Box zu betrachten, kann durchaus interessant sein. Input sind Informationen, Papier, Energie, Arbeitsleistungen und Geld. Output wiederum Informationen und Papier sowie Geld. Allein über das Phänomens des Verschwindens von Arbeitsleistungen und Energie in der Black Box ließen sich gleich mehrere Promotionen schreiben ...
Aber auch das Verschwinden von Informationen sollte näher betrachtet werden. Und damit ist nicht die Filterung zwischen Input und Output gemeint, sondern die nachträgliche Bearbeitung bereits outgeputeten Materials, die ein wenig an das segensreiche Tun des Ministeriums für Wahrheit in „1984“ erinnert.
Wer das nicht auf Anhieb nicht versteht, darf sich auf „Ma-ma-mach-mermal ein B-B-Beispiel“ freuen: Wer heute auf www.lvz-online.de die Suchfunktion bemüht (Ja, die LVZ hat neuerdings ein solches „Fiieetschor“, das nicht mehr nur Anzeigen sucht), findet bei Eingabe des Stichwortes „wikileaks“ sechs treffer, genauer gesagt sechs dpa-Meldungen, deren jüngste (vulgo: „die aktuellste“) vom 29.11.2010 datiert und folglich nicht wirklich aktuell ist. Das Stichwort „Julian Assange“ bringt zwei Treffer, der jüngste stammt vom 28.11. 2010, ist also auch nicht wirklich frisch.
Putzig ist in diesem Zusammenhang, dass das am gestrigen Morgen noch anders aussah. Ehe der reguläre Sonntagsdienst seinen Kampf um die Meinungsdeutungshoheit im sächsischen Medienraum aufgenommen hatte, fanden sich unter www.lvz-online.de durchaus einige interessante Informationen zu wikileaks. Man durfte über die terroristischen Angriffe der USA auf die Onlineplattform ebenso lesen wie über die tapferen Hilfstruppen Amazon und Paypal sowie die IP-Adresse http://213.251.145.96/ , unter welcher wikileaks trotz des Cyberterrors der USA ("Wir bomben sie zurück in die Steinzeit!") erreichbar bleibt. Und sogar einige Kommentare fanden sich, in denen verschiedene LeserInnen ihrem Ärger über die Angriffe Luft machten. Und nun? Alles weg, selbst per Suchfunktion nicht mehr auffindbar. Zumindest nicht auf den LVZ-Seiten, allenfalls noch im Cache ...

Doch zurück zur Systemtheorie und zur Black Box. Wie war das? „… aus dem Input/Output-Verhalten Rückschlüsse auf die (möglicherweise sehr komplexe) innere Struktur zu ziehen …“ Dieser Denkaufgabe mögen sich die geneigten LeserInnen meines Tagenbuches an den derzeit kalten und dunklen Winterabenden in aller Ruhe widmen. Eine Hilfestellung gebe ich allerdings noch: In der heutigen Holzausgabe der Leipziger Volkszeitung habe ich das Wort wikileaks gar nicht gefunden, was mögicherweise meiner Morgenmüdigkeit geschuldet ist. Möglicherweise. Dafür wird aber völlig unkritisch über Spenden für die Geldmaschine „Innocent in Danger“ und deren Präsidentin, Stephanie zu Guttenberg, geschrieben. Also dann: Denken Sie sich ihren Teil, solange Sie es noch dürfen ...

Update: Plötzlich sind wieder Infos zu wikileaks vorhanden. http://www.lvz-online.de/multimedia/content/27591580_mldg.html Und es gibt sogar einen Link auf eine externe (!) Seite - was dem Nachdenken über die Balck Box neues Futter liefern dürfte ...

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Dienstag, 23. November 2010
Wenn Du ein altes Haus bist, halt Dich von Leipzig fern. Oder: Berlin stoppt U-Bahn-Ausbau
Unter dem Titel „Aufgehalten durch Ruinen“ berichtet die TAZ hier http://www.taz.de/1/berlin/artikel/1/aufgehalten-durch-ruinen/ über zu erwartende Verzögerungen beim Bau der U-Bahnlinie U5, genauer gesagt bei deren Verlängerung. Direkt vor dem Roten Rathaus wurden jetzt die Fundamente des alten Berliner Rathauses, das an gleicher Stelle stand, entdeckt. Für den „U-Bahnhof Berliner Rathaus“ bedeutet das Verzögerungen und Mehrkosten, inzwischen ist von einer kompletten Umplanung des Vorhabens die Rede, um das aus dem Mittelalter stammende alte Rathaus in den neuen Bahnhof zu integrieren und erlebbar zu machen.
Als Leipziger kann ich da nur neidisch dreinschauen. Wenn in meiner Heimatstadt etwas gebaut wird, dürfen die Pinselschwinger vom Archäologischen Landesamt zwar ein wenig mitspielen, wenn die großen Jungs kommen (sprich: die Bauarbeiter mit ihren Baggern und Brechern), müssen sie sich vom Acker machen. Nur gut, dass die Terrakotta-Armee nicht in Leipzig gefunden wurde ...
Nun mag der eine oder andere Leser meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches solcherart Meckerei für übertrieben und grundlos halten. Beispiel gefällig? Beim Bau des Parkhauses am Petersbogen – das ist gleich „hinter“ dem Neuen Rathaus – wurde auf historischem Grund gearbeitet, denn dort stand einst die von Dietrich dem Bedrängten errichtete Pleißenburg. Gebaut wurde das gute Stück im 13. Jahrhundert. Nach diversen Hin- und Herschubsereien wurde die Burg 1897 abgebrochen, an ihrer Stelle entstand von 1899 bis 1905 das Neue Rathaus. Beim Parkhausbau stieß man nicht ganz unerwartet auf altes Mauerwerk und legte gut erhaltene Kasematten frei. Okay, die Pinselschwinger durften ein wenig Staub wischen, dann kam der Brecher und zeigte den Archäologenheinis mal, wie Baustoffrecycling geht.
Ein ähnliches Szenario gab es auch beim Bau des neuen Galeria-Kaufdingens am Leipziger Neumarkt. Auch dort durfte gepinselt und gespachtelt werden – und es gab allerhand zu tun. Freigelegt wurde diesmal eine olle Kneipe, vulgo „Gastwirtschaft“ – justament die, in der der spätere Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe als Studiosus sein benebeltes Haupt bettete.
Preisfrage: Was ist aus der Poetenherberge geworden? Fein gekrümelter Split.
Glückliche Berliner!

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Dienstag, 16. November 2010
Selbstmordanschlag einer Mohnrolle. Oder: Aus Schaden wird man klug - aber nicht auf Dauer
Mit der Zeit sammelt man so seine Erfahrungen. Seit ich z.B. mal bei einer "ehe ich den Computer ausschalte, installiere ich mal schnell noch ..."-Aktion einen Server geschrottet und mir einige Tage zusätzlicher Arbeit aufgehalst hatte, gilt in meinem Büro für die Installation neuer Software "Nie nach 20 Uhr".
Eine andere Erfahrung machte ich 1991 im Verlag der leider viel zu früh entschlafenen Zeitung "Wir in Leipzig": Ein Glas Sekt ist für eine Tastatur nicht gut. Auch nach mehrmaligem Wässern behielten einige Tasten die Neigung zum Klebenbleibeeeeeeeeeen ...
Was lernte ich aus dieser perlenden Panne? Am Schreibtisch wird weder gegessen noch getrunken.

Doch wie es im Leben nunmal so läuft; nach und nach verblasste die Erinnerung an die Schaumweinschweinerei, Kaffeepott, Obst, Teetasse und ein Bier (wenn's mal wieder länger dauert) haben sich längst wieder in meinem Büro etabliert.
Heute wurde die alte Erfahrung aufgefrischt: Ein Scheibchen hausgemachter Mohnrolle stürzte sich beim Einschweben des mit vier leckeren Stücklein gefüllten Tellers in offensichtlich terroristischer Absicht auf meine silbern glänzende Enermax-Tastatur. Bei diesem Selbstmordanschlag wurde eine größere Menge Mohnkörner freigesetzt, die prompt zwischen die Tasten flutschte. Nur gut, dass es Staubsauger gibt. Und dass die Enermax-Tasten gute befestigt sind ...
In diesem Sinne wünsche ich allen Büroschaffenden einen guten, krümelfreien Appetit.

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Sonntag, 14. November 2010
Der Ausweis ist sicher, sagt das BSI. Genau wie die App. Sagt das BSI.
Der neue Personalausweis ist sicher, absolut sicher. Sagen die zuständigen Politiker. Und die müssen's ja wissen, denn ihnen haben es die zuständigen IT-Versteher vom Bundeamt für Sicherheit in der Informationstechnik, kurz: BSI, gesagt (Bitte keine dämlichen Witze über dieses amtliche Kürzel, mit BSE macht man keinen Spaß). Nachzulesen hier https://www.bsi.bund.de/cln_165/DE/Home/home_node.html - man beachte übrigens die Verschlüsselung der Verbindung!
Zurück zum absolut sicheren, neuen Personalausweis. Oder nein, eher doch zur Ausweis-App die ja ebenfalls absolut sicher ist. Oder doch nicht. Dafür aber jedenfalls bald wieder, wenn die neue Version der App zum Download bereitsteht, nachzulesen hier https://www.bsi.bund.de/cln_165/ContentBSI/Presse/Pressemitteilungen/AusweisApp_101110.html
Normalerweiser empfehle ich den geneigten LeserInnen meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebüchleins natürlich nicht, Behörden-PR zu lesen und sich dazu auch noch auf höchst fragwürdige Internetseiten zu begeben. Aber im konkreten Fall komme ich um diese Empfehlung ausdrücklich nicht herum.
Diese liebevoll verschwurbelte und verschwafelte Worthülsensuppe ist ein Genuss. Nachdem die BIS-Propagandisten lang und breit begründet haben, dass es erstens keine Sicherheitslücke in der Ausweis-App gibt, beweisen sie zweitens nicht minder liebevoll, dass diese Lücke, so es sie unwahrscheinlicherweise denn doch gäbe, ganz, ganz sicher gar keine Lücke wäre, sondern allenfalls ein winziges Lückelchen. Und selbst für den Fall, dass irgendein böser, böser Netzkrimineller sich dieses Lückelchens bedienen wollte, sei er zum Misserfolg verurteilt. Und selbst wenn nicht, so sei das nicht schlimm.
Warum von der nichtexistenten Lücke selbst im unmöglichen Fall der Ausnutzung derselben keine Gefahr für Leib und Leben und Bankkonto und freiheitlich-demokratische und so weiter ausgeht, lässt sich allerdings auch kürzer begründen: Weil das nicht sein darf. Weil das BSI die Ausweis-App nämlich zertifiziert hat. Das selbe BSI übrigens, dass auch festgelegt hat, dass der neue Personalausweis absolut sicher ist. Genau wie die Renten übrigens, aber das ist ein anderes Zitat, das stammt von Norbert Blüm ...

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Samstag, 13. November 2010
Automaten bei "Ich bin doch nicht blöd". Oder: Der Service bleibt wie gehabt.
Na, wenn das keine tolle Neuigkeit ist: Mediamarkt plant die Aufstelllung von Automaten an Flughäfen, Bahnhöfen usw., die per Knopfdruck (natürlich nur nach vorheriger Zahlung) überlebenswichtige Dinge ausspucken: Kameras, iPods, Kabel, Batterien, Ladegeräte oder Memorysticks, alles in allem so um die 150 Produkte, heißt es aus der PR-Abteilung der metro-Tochter. Nachzulesen in so ziemlich allen deutschen Zeitungen, u.a. hier http://www.welt.de/wirtschaft/webwelt/article10854319/Media-Markt-plant-iPod-Verkauf-aus-dem-Automaten.html
Also, mal in aller Kürze: Ich finde die Idee gut. Die Arbeitsplätze bei mediamarkt wären doch früher oder später sowieso weggefallen, bei den Preisen, von wegen ich bin doch nicht blöd. Und mal ehrlich: In puncto Service und Beratung sind die Automaten dem Fachpersonal bei mediamarkt (und Saturn) zumindest ebenbürtig. Schlechter zu sein, ist unmöglich.

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Donnerstag, 11. November 2010
Staatspleite und Spaß dabei. Oder: Alles wie immer.
So, da bin ich wieder. Wer gehofft haben sollte, dass ich von einer fehlgeleiteten Paketbombe geröstbumst oder im Auftrag des niedersächsischen Innenministers wegen möglicherweise gefährlicher Inhaltsstoffe gegroundet wurde, dem sei mit dem legendären Ausruf des Kaleu geantwortet: "Not yet, Kameraden, not yet." Wer das nicht versteht, möge sich den immer noch sehr sehenswerten Film "Das Boot" anschauen, aber bitte nicht den Directors Cut, der ist nur eine auf den US-amerikanischen Markt zugeschnittene Verhunzung des Oiginals.
Zurück zu meiner Wiederkunft. Ich habe mich einige Tage auf einer durchaus angenehmen Dienstreise befunden und mich in Griechenland umgeschaut. Und weil Reisen bildet, habe ich wieder etwas dazugelernt.
Einige Krümelchen dieses Wissenszuwachses möchte ich den LeserInnen meines kleinen, poltisch nicht immer korrekten Tagebuches natürlich nicht vorenthalten.
1. Linienflüge sind angenehmer als Charter. Wusste ich zwar schon, freut mich aber immer wieder. Warum das so ist? Zum einen, weil nicht laufend irgendwelche schlecht gesträhnten Muttis dem Piloten dafür applaudieren, dass er die Maschine "so toll" runtergebracht hat. Zum anderen, weil die Kiste nicht voller Jasons und Jasminas oder sonstwie heißender Lehnenbummergören ist, die von ihren Großeltern (oder war's nur eine Spätgebärende?) mit Süßigkeiten und Nüssen vollgestopft werden, bis das ganze Kampfstoffgemisch sich unter spannender Geräuschentwicklung in die Reihen der Economy ergießt, ehe sich der Leistungsträger in spe wieder neues Junkfood in die Ladeluke schiebt.
2. Griechenland ist besser dran als Berlin. Während die Bundeshauptstadt nach Wowereitschem Selbstverständnis zwar arm, aber sexy ist, trifft auf die Hellenen irgendwie "pleite, aber keinen stört's". Auch wenn der Staat kein Geld hat, werden Autobahnen beleuchtet, und irgendwie geht das Leben weiter. Das macht Mut. Wenn Deutschland in ein paar Jahren das Licht in der EU ausmacht, muss das nicht das Ende sein. Die Kapelle spielt weiter.
3. gibt es in Griechenland Ecken, in denen der sprichwörtliche Hund verreckt ist. Mir hat das zu der Erkenntnis verholfen, das Mecklenburg-Vorpommern eigentlich ein blühendes, dynamisches Land mit einer gesunden demographischen Entwicklung ist. zumindest im Vergleich zu einigen Dörfern und Städtchen, über denen munter die griechische Fahne flattert. Es ist halt alles relativ.
4. Relativ interessant ist es auch, sich in einem Land umzuschauen, das sich einen Großteil des von EU-Bürokraten und Lobbyisten erdachten sinnfreien Gesetzeswerks nicht schert. Es funktioniert einfach; vielleicht ein wenig anders als im Musterland Teutonia, auf alle Fälle ziemlich entspannt.
5. Besonders interessant ist es, sich nach einigen Tagen weitestgehender Medienabstinenz ein wenig die Augen auszukratzen und nachzuschauen, was alles so passiert ist. Eigentlich nichts Besonderes. Unserer aller Bundesmerkel sieht "Döitschland auf ein'm gut'n Weg", Westerguido hatte irgendwo wichtige Gespräche unter Einbeziehung von zwei verfeindeten Parteien, die nun zumindest in der Frage "Who the fuck was this?" einig sind und Rollteufel Wolfgang hat mal wieder einen gucken lassen. Also alles wie immer.
Demnächst mehr dazu.

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