Dienstag, 13. Oktober 2009
Nächtlicher Lärm und Herzinfarkt. Oder: Keine Zensur, nur Unfähigkeit bei der Leipziger Volkszeitung
Meine Lokalpostille, die nach eigener Aussage dem Qualitätsjournalismus verpflichtete „Leipziger Volkszeitung“, berichtete in der vergangenen Woche über die Schädlichkeit des Nachtlärms. Allerdings kamen nicht alle Leser in den Genuss dieser durchaus wichtigen Information, sondern „nur“ die Landeier, d.h. die Leser einer der Kreisausgaben der LVZ. Die schwindende Zahl der Leser in der Stadt Leipzig durfte am 9. Oktober auf der LVZ-Titelseite statt besagter dpa-Meldung zum Thema Nachtlärm eine Eigenanzeige der Leipziger Verlags- und Druckereigesellschaft genießen – zum Thema „Probeabo zum Nulltarif“. Meines Wissens – und ich weiß ziemlich viel – wurde die Erkenntnis, dass laute Geräusche während des Schlafes zu Herzinfarkten führen können, den Lesern der Stadtausgabe der LVZ auch nicht nachgeliefert.
Nun könnte der eine oder andere Leser meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches auf die abwegige Idee kommen, dass hier Zensur im Spiele gewesen ist und die Weglassung des Themas ganz bewusst erfolgt ist, z.B. weil in Leipzig eine beachtliche Anzahl von Menschen vom Nachtfluglärm des Flughafens Leipzig/Halle betroffen ist – Stichwort Südabkurvung.
Aber das ist sicher falsch. Denn erstens steht ja schon in Artikel 5 des Grundgesetzes, dass eine Zensur nicht stattfindet. Und zweitens gehört das vorausschauende Denken nicht zu den Stärken der LVZ-Macher. Etwas anders wäre die Situation freilich, wenn der Flughafen Leipzig/Halle als guter Kunde der LVZ in den heiligen Hallen des Verlagsgebäudes vorgesprochen oder gar schon vor einiger Zeit eine entsprechende „Wir-haben-uns-doch-alle-lieb“-Vereinbarung getroffen hätte. Dass es solche Vereinbarungen mit Leipziger Unternehmen gibt bzw. gab, ist mir aus meinem beruflichen Tun hinlänglich bekannt, aber ich werde natürlich nicht behaupten, dass im vorliegenden Fall ein solcher Deal Einfluss auf die (Nicht-)Veröffentlichung hatte.

Doch zurück zur LVZ, dem gestörten Nachtschlaf und dem Herzinfarkt. Da ich außerhalb der Stadt wohne, konnte ich mir die abgedruckte dpa-Meldung zu Gemüte führen. Fazit: Bei jedem fünften Europäer geht es im Bett nachts zu laut zu – ohne eigenes Dazutun, versteht sich –, sodass die Gefahr von Krankheiten gegeben ist. Der nächtliche Lärm kann zu Schlafstörungen/-losigkeit führen, aber auch Bluthochdruck und Herzinfarkte verursachen. Zu Schädigungen komme es auch dann, wenn die Betroffenen z.B. durch nächtlichen Flugverkehr nicht aufwachen. Fazit der WHO: Runter mit den Grenzwerten auf maximal 40 dB – das wäre das Aus für praktisch alle Nachtflüge.

Wie üblich, hat die LVZ natürlich darauf verzichtet, dem stark eingeschränkten Kreis der Leser besagter dpa-Meldung durch Links den Zugang zu ergänzenden Informationen zu erleichtern. Im Text ist zwar von „neueren Forschungsarbeiten“ die Rede, aber das war’s auch schon mit dem Vorspiel. Mehr kommt nicht bei den Machern der verholzten Uraltzeitung.

Also dann. Weil ich ein netter Mensch bin, liefere ich meinen geneigten Lesern – vor allem den Nutzern der Seite http://www.nachtflugverbot-leipzig.de/ das nach, was meine werten Damen und Herren Kollegen von der Lokalpostille aus Faulheit oder Unfähigkeit unterlassen haben:
Auf 3sat findet sich die ein wenig aufgepeppte dpa-Meldung, der geneigte Leser erfährt dort
http://www.3sat.de/dynamic/sitegen/bin/sitegen.php?tab=2&source=/nano/news/86006/index.html zumindest, um welche „neueren Forschungsarbeiten“ es geht und dass sogar deutsche Wissenschaftler mit im Boot waren bzw. sind.
Recht interessant ist auch dieser (nicht ganz frische) Artikel in der Welt http://www.welt.de/wissenschaft/article1664231/Fluglaerm_treibt_Blutdruck_auch_im_Schlaf_hoch.html , hier werden einige Ergebnisse von Untersuchungen in Berlin genannt. Dort soll es ja auch Fluglärm geben ...
Wer es wirklich genau wissen will, dem sei die Lektüre des European Heart Journal empfohlen. Dort wurden nämlich die „neueren Forschungsarbeiten“ publiziert: http://eurheartj.oxfordjournals.org/cgi/content/full/29/5/658?maxtoshow=&HITS=10&hits=10&RESULTFORMAT=&fulltext=noise+blood+pressure&searchid=1&FIRSTINDEX=0&resourcetype=HWCIT

Sollte sich nun der eine oder andere meiner faulen und/oder unfähigen Kollegen von der Lokalpostille LVZ mit dem Argument herausreden wollen, dass ihnen die Zeit zu solcherart Recherchen fehlt, sei diesen entgegnet, dass das Herausfinden der fehlenden Links – nebenher beim zweiten Frühstück – keine fünf Minuten in Anspruch genommen hat.

Fazit: Beim Lesen in der Leipziger Volkszeitung komme ich immer häufiger zu einer alternativen Deutung des Kürzels „LVZ“: Leider verlorene Zeit.

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Dienstag, 22. September 2009
Leipziger Gerüchteküche. Oder: Marzin, Tiefensee und viele Dementis.
Zu den unbestrittenen Vorzügen des Älterwerdens gehört erstens, dass es alle trifft und zweitens, dass es den Betroffenen die Chance eröffnet, mit der Zeit einige Erfahrungen zu sammeln. Das muss nicht zur Weisheit führen, aber die eine oder andere Sau, die durchs Dorf getrieben wird und die eine oder andere vermeintliche Neuheit kennt man halt schon und kein sich seinen Teil zu diversen Sensatiönchen und Dementis denken.
Die regelmäßigen Leser dieses kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches wissen, dass ich sie nach solchen Einleitungs-Phrasen nur zu gern mit einem Beispiel aus dem „ächdn Lähm“ (Für Nichtsachen: aus dem wahren, wirklichen Leben) beglücke. Also dann:
In Leipzig gibt es die Leipziger Messe (www.leipziger-messe.de) und selbige bekam in den vergangenen Jahren neben einem wirklich tollen Messegelände auch verschiedene Chefs. Aktuell steht Wolfgang Marzin dem Unternehmen vor.
Seit einigen Wochen wabern im Messe-Glaspalast Gerüchte, dass Wolfgang Marzin trotz eines bis 2014 laufenden Vertrages als GF der Leipziger Messe in Richtung Frankfurt blinzelt. Oder – anders formuliert – der mit 200.000 Euro dotierte Vertrag in Leipzig mag zwar nicht übel sein, aber wenn in Frankfurt 500.000 Euro locken, kann man schon mal schwach werden.
Nur der Vollständigkeit halber: Natürlich wurden alle diesbezüglichen Gerüchte dementiert. Vor allem jenes, das von einem mieses Betriebsklima in den heiligen Messehallen berichtet. Sogar die Betriebsratsspitze widersprach solchen verleugnerischen Behauptungen und lobte das Betriebsklima. Warum muss ich jetzt an VW denken? Hmmm.

Inzwischen waberte es weiter und nun bestätigt auch Wolfgang Marzin, dass es Gespräche mit der Frankfurter Messe gibt. Natürlich sei alles „noch nicht spruchreif“ und er „habe einen Vertrag bis 2014“ und so, aber derlei Fabulierungen sind nicht wirklich bindend. Sagt meine Lebenserfahrung.
Dafür, dass Wolfgang Marzin wohl schon bald seinen Tätigkeitsmittelpunkt in Richtung Frankfurt verlagern wird, sprechen mehrere Anhaltspunkte. Zum einen ist der einstige Chef der Münchner Messe nicht wirklich in Leipzig angekommen. Hartnäckig hält sich das Gerücht vom „Dimido“, d.h. von einem Angestellten, der nur Dienstag-Mittwoch-Donnerstag an seinem Platz und den Rest der Woche irgendwie daheim ist. Natürlich ist an diesem Gerücht nichts, aber auch gar nichts dran, denn es wurde bereits dementiert.
Aber da ich mich vage an die Zeit vor dem Wechsel Marzins nach Leipzig erinnere, weiß ich auch noch um seine Sprüche gegen den hiesigen Messestandort. Da war von einer Kraut- und Rübenmesse die Rede, die sich nicht mit München vergleichen lasse. Hmmm.
Warum ich mir jedoch sehr sicher bin, dass die Ära Marzin in Leipzig nur noch kurz andauern wird, das sind die flott abgefeuerten Worthülsen des stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden der Leipziger Messe, Burkhardt Jung.
Für alle Auswärtigen: Burkhardt Jung ist zugereister Oberbürgermeister der Stadt Leipzig und in der Stadt ungefähr ebenso „verortet“ (schönes neudeutsches Wort) wie Wolfgang Marzin. Jung. Laut „Leipziger Volkszeitung“ http://www.lvz-online.de/aktuell/content/111756.html geht der OBM davon aus, dass (Achtung, Worthülse Nr. 1) auch ohne Marzin „für Kontinuität in der Messe gesorgt ist“. Und nun kommt Worthülse Nr. 2: „Die Gesellschaft ist gut aufgestellt.“ Weil’s so schön ist, Worthülse Nr. 3: „Ich habe volles Vertrauen in die Kompetenz des Messeteams.“
Von Zeit zu Zeit führe ich bei netten, weil gut zahlenden Auftraggebern Workshops zu den Feinheiten und Tücken der deutschen Sprache durch und darf dabei auch ein wenig über die wundersame Welt der Krisen-PR schwadronieren. Zu den absoluten Tophits in meiner Liste der beliebtesten Hohlphrasen gehört „gut aufgestellt“, gefolgt von „Für Kontinuität gesorgt“ und „vollem Vertrauen“.
Wer nähere Erläuterungen zu Sinn und Unsinn solcher Worthülsen erfahren möchte, kann mich gern buchen – Anruf unter 0171/5213650 genügt. Dann erfährt er allerlei Neues und weiß „am Ende des Tages“, wie er in seinem Unternehmen „die Weichen stellen“ muss, damit er „die Zeichen der Zeit“ erkennen und sich den „Herausorderungen der Zukunft“ stellen und mit Wettbewerbern „auf Augenhöhe“ verhandeln kann.

Was mir noch einfällt: Im Zusammenhang mit dem ganz und gar nicht stattfindenden Wechsel von Wolfgang Marzin von der Pleiße an den Main verdichtet sich allmählich das (natürlich inzwischen auch dementierte und folglich haltlose) Gerücht, dass Bundesspatenstichminister Wolfgang Tiefensee der Nachfolger Marzins werden könnte. Trotz aller Dementis sprechen aus meiner Sicht gleich zwei Indizien für diese Spekulation: Zum einen könnte der Sonnenkönig nach der Bundestagswahl Zeit für neue Herausforderungen haben. Zum anderen hat Tiefensee in den vergangenen Jahren eindrucksvoll bewiesen, dass man auch kompetenzfrei große Ämter ausfüllen kann. Zumindest optisch. Und damit wäre er für die Leipziger Messe eine Idealbesetzung, denn (siehe Burkhardt Jung), sie ist „gut aufgestellt“ und verfügt über ein „kompetentes Messeteam“. Noch Fragen?

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Freitag, 18. September 2009
Streisand-Effekt. Oder: Wie der mdr aus einem Udo Reiter zwei macht.
Der Mitteldeutsche Rundfunkt mdr ( www.mdr.de ) probiert zurzeit aus, ob an der Sache mit dem Streisand-Effekt (Guckst Du hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Streisand-Effekt ) etwas dran ist. Fur Unwissende in aller Kürze: Wenn versucht wird, eine bestimmte Information aus dem web zu entfernen, wird diese nur umso belannter. Benannt ist der Effekt nach Barbra Streisand, die gegen ein im Internet abrufbares Luftbild ihres Domizils vorging und damit eine ungeahnte Popularität ebendieses Motives erreichte. Auch Frau Ypsilanti musste nach dem Fake-Interview mit Müntefering http://www.netzeitung.de/internet/internet/1466781.html erfahren, dass dieser Effekt funktioniert. Je mehr youtube-Veröffentlichungen gelöscht wurden, umso hurtiger wuchsen diese nach ...
Nun testet mal der mdr was passiert, wenn man bei twitter einen gefakten Account unter dem Namen des Intendaten Udo Reiter löschen lässt: Statt des entfernten Twitter-Profils gibt es nun zwei. Nachzulesen hier: http://www.netzeitung.de/internet/internet/1466781.html
Köstlich. Die Dummen werden aber auch nicht alle.

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Freitag, 11. September 2009
Nichts ist so alt wie die Zeitung von gestern. Oder: Die LVZ als Zeitkapsel
"Nichts ist so alt wie die Zeitung von gestern" ist ein geläufiger Spruch aus der guten, alten zeit der Holzmedien - volkstümlich auch "Tageszeitung" genannt. Meine Lokalpostille, die "Leipziger Volkszeitung", www.lvz.de , stellte am heutigen Morgen, gegen 8 Uhr, unter Beweis, dass bei diesem qualitätsjournalistischen Produkt sogar die Zeitung von heute so alt sein kann wie die von gestern. Nämlich in ihrer Internausgabe, laut Verlagsjargon "E-Paper" genannt.
Diese Rubrik des Internetauftrittes bot am heutigen 11. September 2009 den zahlenden (!) Lesern frech die Ausgaben vom 4. bis zum 10. September an, die des 11. fehlte glatt. Womit die Macher der "Leipziger Volkszeitung" eindrucksvoll unter Beweis gestellt haben, dass sie mit ihrem Blättel den Sprung vom Holz- zum Internetmedium gemeistert haben: So mies wie die Print-Ausgabe der LVZ ist auch ihre Online-Version.
Aber ist das wirklich eine Neuigkeit?
Schönen Tag noch, zum Glück gibt's ja auch www.netzeitung,de , www.tagesspiegel.de , www.welt.de , www.taz.de und vor allem www.telepolis.de

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Montag, 24. August 2009
Jackpotgedanken. Oder: Dünger statt Leipziger Volkszeitung
Die Medien vermelden's: Der Jackpot in Italien ist geknackt, rund 184 Mio. Euro haben einen neuen Besitzer. Meine Lokalpostille orakelt und spekuliert, was man mit der Knete alles so anfangen könnte ... irrwitzig lange ins Kino gehen, einen riesigen Milchsee oder ein Brötchengebirge kaufen.
Oder - und dieser Vorschlag ist schon tüchtig pervers - für 561.151 Jahre ein LVZ-Abo bezahlen. Nachzulesen ist dieser geistige Redakteursdünnschiss übrigens hier: http://www.lvz-online.de/slideshow/content/79834.html

Aber mal ehrlich: Sollten mir irgendwann 184 oder so Mio Öcken zufliegen, würde ich die ganze LVZ kaufen. Die ist in absehbarer Zeit ohnehin für wenig Geld zu haben. Und sollte der Verlag, dieser hehre Hort des Qualitätsjournalismus', am Tage nach meinem Lottogewinn noch zu teuer für mich sein, dann würde ich das Geld halt zum Erwerb des Platzes vor dem LVZ-Gebäude anlegen.
Ich ließe die Klagemauer abreißen und dort Leipzigs größte öffentliche Toilette errichten. Dann würde, zum ersten Mal seit vielen Jahrzehnten, im Leipziger Peterssteinweg 19 endlich mal etwas wirklich Nützliches produziert. Und wenn's nur Dünger wäre ...

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Sonntag, 23. August 2009
Holzmedien sorgen für Fußball mit Überlänge. Oder: Die LVZ packt's einfach nicht ...
In Leipzig dauern Fußballspiele länger als im Rest der Welt. Zumindest dann, wenn man sich auf die superschnellen Redakteure der Online-Ausgabe meiner Lokalpostille verlässt. Die Leipziger Volkszeitung, nach häufig proklamiertem Selbstverständnis ein Hort des Qualitätsjournalismus’, vermeldete am heutigen Fußballsonntag unter http://www.lvz-online.de noch gegen 17.30 Uhr, dass „Leipzig gespannt auf das Ergebnis des Lokalderbys“ wartet. Als dümmstanzunehmender LVZ-Leser vielleicht, als normalbegabter Mensch längst nicht mehr: Schließlich begann das von mehreren Polizeihundertschaften bewachte Lokalderby zwischen den Allerletztligavereinen FC Lok und FC Sachsen bereits 14 Uhr und war folglich selbst bei ausladender Pausengymnastik der Rasenkomiker beider Mannschaften Geschichte. Nur die Dauerschläfer der Leipziger Volkszeitung vermochten nicht, eine halbe Stunde nach Spielende das weltbewegende Resultat von 0:0 (*gähn) ins Netz zu heben. Holzmedien packen’s halt nicht. Früher gab es den Spruch: Nichts ist älter als die Zeitung von gestern.
Inzwischen weiß ich, dass das so nicht stimmt: Die Online-Ausgabe der LVZ ist älter. Um Bartlängen. Aber das macht ja nichts, solange deren Redakteure twittern, dass sie jetzt Feierabend machen oder pullern gehen, ist die Verlagswelt ja in Ordnung.

PS.: Wer nachschauen will – unter www.fc-sachsen.de gibt es zumindest Fotos und Resultat.

PS.: 17.40 Uhr haben sogar die LVZ-Redakteure das Ergebnis ins Netz gestellt. Was mögen die für eine Blase haben ...

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Freitag, 21. August 2009
Fränkische Musikantenbaggerer. Oder: Wenn geschenkt noch zu teuer ist
Zu den angenehmen Seiten journalistischen Daseins gehört die Tatsache, dass man auch mal was „für nass“ – auf gut Deutsch: für lau – erhält. Das kann mal des eine oder andere Buch sein, das ein Verlag zum Zwecke der Rezension verschickt, heute war’s per E-Mail der Zugriff auf eine vielleicht-Hymne zur Fußball-WM 2010.
Ausgedacht hat sich das alles `sBaggers (Asche auf mein ergrautes Haupt, hab’ nie was davon gehört), muss wohl so eine fränkische Art von Neuer Markt in der Gastronomiebranche sein. Hochgelobt. Auf deren Homepage www.sbaggers.de kann sich der geneigte User drei oberlustige Melodeien anhören.
Erstens einen Song namens Hasta la Vista Frau Merkel, laut Presseinfo „ein Song zur Wahl und der aktuellen Situation (Dienstwagenaffäre & Finanzkrise) in Deutschland“ sowie unter dem Namen „Deutschland vor“ die designierte Hymne zur WM.
Mir wurde per E-Mail das Passwort für den Zugang zur „Presse-Lounge“ gewährt (Dank, Dank, Dank!) und ich hatte das Privileg, mir beide hochkulturellen Genüsse zu Gemüte zu führen. Wer es mir gleichtun will, muss mir ein Bier ausgeben, dann teile ich mein Wissen. Wer dazu zu geizig ist, der kann auch über einen klitzekleinen Player auf der sbaggers-Seite zumindest des Deutschland-Lied anhören.
Ich zumindest habe durch den Genuss des sBaggerschen Liedgutes zwei Erkenntnisse gewonnen:
1. Manche Dinge sind geschenkt noch zu teuer; wer die CD zum Preis von vier Euro erwirbt, macht definitiv ein Verlustgeschäft.
2. Das Essen der fränkischen Baggerer muss besser sein als ihre Musik. Andernfalls wären die schon längst pleite.

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Dienstag, 4. August 2009
Stellenangebot aus Ägypten. Oder: Wohin schicke ich denn nun meinen Lebenslauf?
Eigentlich ist es ja nicht meine Art, mich über die Unzulänglichkeiten anderer Menschen lustig zu machen. Nagut, es sei denn, sie heißen, Wolfgang, Ulla, Ursula, Burkhard, Oskar, Frank-Walter... Aber das sind Ausnahmen. So wie heute: Beim Aufräumen meines E-Mail-Eingangs fiel mir eine wirklich nette Nachricht in die Hände, die – obwohl eindeutig Spam – ich den Lesern meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches nicht vorenthalten möchte:

„Sehr geehrte Damen und Herren,
Trans Cargo GmbH ist auf der Suche nach flei?igen Mitarbeitern, Arbeiten von zu Hause aus.
Pay-Rate: Euro35/Hours

Job-Beschreibung
===================
> Verantwortlich fьr alle Aktivita"ten in der Debitoren-und Kreditorenbuchhaltung
Funktion;
> Zahlungen von Kunden;
> Dein Wille revcieve Zahlungen in Ihrem Bankkonto
> Ha"lt genaue Aufzeichnungen ьber alle Forderungen und Verbindlichkeiten der
> Rechnungslegung bietet erweiterte Beratung und Unterstьtzung bei der Entwicklung,
Analyse, und die Finanzierung
Haben Sie Ihren Lebenslauf an Trans Cargo GmbH
(jobs@trancargo.com)

Personal-und Recruiting-Abteilung,
Regional Manager,
Trans Cargo GmbH
Corporate Headquarter
12 Harwell GROOVE
Kairo
CUM 3UR A"gypten “

Die Mail habe ich nicht verändert, lediglich Leerzeilen wurden entfernt. Besonders köstlich ist für mich „Dein Wille revcieve Zahlungen“ – das hat was von „Dein Wille geschehe ...“ und bringt ein wenig religiöses Licht in meinen Posteingang.
Aber mal ganz ohne Ulk: Ein Blick in den Header der fröhlichfrömmelnden Stellenofferte offenbarte mir als Absender einen Mail-Server von trancargo.com – der steht in den USA, genauer gesagt in Wheaton, Maryland. Hmmm.
Eine zweite Herkunftsspur in der an mich adressierten E-Mail verweist auf infojobs.net. Diese Domain ist auf die infojobs S.A. in Madrid registiert, der dazugehörende Server steht in Polen.
Ganz drollig wird’s, wenn man die IP-Adresse zurückverfolgt, von der aus das tolle Stellenangebot „Dein Wille revcieve Zahlungen“ ins Netz geschickt wurde: Aufgegeben wurde die ägyptische Offerte im Central District von Hon Kong.
Nun würden mich die in Aussicht gestellten 35 Euro pro Stunde einfacher Heimarbeit ja durchaus reizen und Kairo ist eine tolle Stadt, sofern man dort nicht atmen will – aber in mir wachsen langsam Zweifel: Schicke ich den gewünschten Lebenslauf mit allen interessanten persönlichen Daten nun nach Wheaton, nach Polen, nach Hong Kong oder doch ins „Corporate Headquarter“ der Trans Cargo GmbH ( nun plötzlich doch mit „s“) nach Kairo?

Eine zweite Frage drängt sich mir außerdem auf: Wie blöd muss man sein, um auf eine solche E-Mail hereinzufallen?

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Dienstag, 21. Juli 2009
dpa kündigt Staatsstreich in Deutschland an. Oder: Sind die einfach nur sprachlich minderbemittelt?
Deutschland steht vor einem Staatsstreich, die parlamentarische Demokratie dankt schon bald ab. Unklar ist nur, ob Oskar Lafo Bonaparte oder ein anderer Imperator das Ruder an sich reißen wird.
Woher ich das wissen will? Meine Lokalpostille, die nach eigener Aussage dem Qualitätsjournalismus verpflichtete „Leipziger Volkszeitung“, hat ihre geneigte Leserschaft am heutigen Vormittag in ihrer Online-Ausgabe über ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zur Bundestagswahl 2005. Dazu hob ein fleißiger Redakteur eine dpa-Meldung ohne erkennbare Bearbeitung ins Blatt. Guckst Du hier: http://www.lvz-online.de/aktuell/content/104491.html Morgen wird der Text wohl ebenso unverändert in der Print-Ausgabe stehen.
„Das Bundesverfassungsgericht hat die Beschwerde eines Wählers gegen die letzte Bundestagswahl zurückgewiesen.“, so verkündet es besagte dpa-Meldung.
Das macht mir Sorge, denn wenn lt. dpa und Leipziger Volkszeitung 2005 „die letzte Bundestagswahl“ stattgefunden hat, wird die für kommenden September geplante wohl ausfallen. Fände sie statt, hätten die deutschen Qualitätsmedien und der dicke Dampfer dpa doch nicht „letzte“, sondern „jüngste“ geschrieben.
Was mich nun umtreibt, ist die Frage, wie die Kollegen von dpa das herausbekommen haben. Ein Staatsstreich wird doch in aller Heimlichkeit vorbereitet ... Oder hat nur irgendeine sprachlich minderbemittelter Urlaubsvertreter das Ding mit der „letzten Bundestagswahl“ verzapft und die anderen minderbemittelten Redaktionspraktikanten haben’s brav überlesen?

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Freitag, 17. Juli 2009
Hopsende Moonwalker. Oder: Astronauten, Masse, Gewicht und dpa
Der Mond und vor allem die Mondlandung geistern derzeit durch alle Medien. Kein Wunder, denn am 20. Juli 1969 betraten mit Neil Armstrong und Edwin Aldrin die ersten Menschen den Mond. Es war die Sache mit „dem kleinen Schritt“ und dem „großen Sprung“.
Klar, auch die Deutsche Presseagentur dpa beglückt angesichts dieses Jubiläums ihre Kunden, zu denen auch meine Lokalpostille, die Leipziger Volkszeitung, zählt, mit allerlei Infokrümeln zum Thema Mondlandung. Und so durfte ich heute im Magazinteil meiner Lokalpostille eine ganze Seite über die Mondlandung und deren Bedeutung als Teil des Kalten Krieges erfahren. Verzapft hat das ganze Werk dpa-Autor Peer Meinert.
Nun mag der eine oder andere Leser meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebüchleins sich angesichts des Wortes „verzapft“ räuspern und darüber nachsinnen, dass dieses doch einen negativen Klang habe.
Stimmt, und so war’s auch gemeint. Schließlich stach mir als erstes Stück der Mondlandungssonderseite ein kleiner Kasten mit dem Titel „Stichwort Der Mond“ ins Auge. Dort durfte der geneigte Leser Interessantes über den Erdtrabanten erfahren. Zum Beispiel über die Gezeiten, über das allmähliche Abbremsen der Erdrotation – und darüber, dass ein 80 Kilogramm schwerer Astronaut auf dem Mond nur 13 Kilogramm wiegt.
Hä? Wie war das doch gleich mit den Kilogramms und der Masse? In Kurzfassung: Die Masse des 80 Kilogramm schweren Astronauten beträgt auch auf dem Mond – Trommelwirbel – 80 Kilogramm. Was sich ändert, ist sein Gewicht, d.h. die Kraft, mit welcher er auf den Boden drückt bzw. beim Verlassen des Landemoduls die Leiter belastet.
Angegeben wird diese Kraft in Newton, früher mal in Kilopond. Letztere entsprachen unter irdischen Verhältnissen, d.h. wegen der bei uns geltenden Fallbeschleunigung, numerisch den Kilogramms. Richtig wäre folglich eine Formulierung der Art „Auf dem Mond ist die auf einen Menschen mit einer Masse von 80 kg wirkende Gewichtskraft so groß wie auf einen Körper von 13 kg auf der Erde.“
Nachzulesen und durchaus auch für Redakteure mit solider Halbbildung verständlich im Physikbuch, Klasse 8 und hier http://de.wikipedia.org/wiki/Masse_(Physik)#Sprachgebrauch:_Masse_und_Gewicht
Um das Thema noch ein wenig weiter zu quälen: Die Masse ist ein Maß für die Trägheit eines Körpers (Ich verkneife mir an dieser Stelle wie auch immer geartete Hinweise auf welche Berufsgruppen auch immer; der geneigte Leser möge seine eigene Phantasie bemühen). Die Trägheit kennzeichnet den Widerstand eines Körpers gegen eine Änderung seines Bewegungszustandes. Soll heißen: Ruht ein Körper im gegebenen Koordinatensystem, benötigt man, um ihn auf eine gegebene Geschwindigkeit zu beschleunigen, eine ganz bestimmte Kraft, die von seiner Masse abhängt. Analog sind die Verhältnisse beim Abbremsen.
Die Sache mit der Massenträgheit hat übrigens nichts mit der Schwerkraft an einem bestimmten Ort zu tun. Im Klartext: Die Trägheit eines Körpers auf der Erde, auf dem Mond und in der Schwerelosigkeit bleibt – gleiche Masse vorausgesetzt – unverändert (Wenn’s relativistisch zugeht, werden die Karten neu gemischt, aber – so sagt der Oberlehrer – „das kriege mir später.). Sehr schön zu beobachten ist das angesichts herumfliegender Werkzeuge in Raumstationen, verschwindender Werkzeugtaschen bei Außenbordeinsätzen usw.
Klar soweit?

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