Dienstag, 26. Mai 2009
Leipziger Qualitätsjournalismus reloaded. Oder: Mit dem Glückstelefon zum neuen Auto
Vor langer, langer Zeit stand auf meinem Stundenplan das Unterrichtsfach Deutsch. Irgendwann (es muss kurz nach der Entstehung der Braunkohle gewesen sein) lernte ich auch etwas über das Steigern von Adjektiven. Also „schön“, „schöner“, „am schönsten“, damals Grund-, Mehr- und Meistform genannt. Heute nennt man das übrigens Komparation, die drei Formen heißen Positiv, Komparativ und Superlativ. Nur der Vollständigkeit halber: Nach dem Superlativ kommen eigentlich noch Elativ und Exzessiv als Steigerungsformen Nummer 4 und 5, allerdings sind diese im Deutschen ungebräuchlich – wir sind halt eher nordisch-kühl und nicht so überschwänglich. Elativ und Exzessiv ist also eher etwas für die US-Amerikaner, bei denen ja schon „great“ ist, wer die Uhr ablesen kann.
Nun mag sich der eine oder andere Leser meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches fragen, weshalb ich meine knapp bemessene Lebenszeit dazu missbrauche, um über die Steigerung von Adjektiven bzw. Adverbien zu philosophieren.
Schuld ist ein Phänomen, auf das ich beim Lesen eher per Zufall gestoßen bin. Es gibt offensichtlich eine ganze Reihe von Adjektiven, bei deren Steigerung man auf den selben Superlativ kommt.
Beispiel gefällig? Nehmen wir das Wort „frech“. Steigerung: Frecher, LVZ. Auf den selben Superlativ komme ich bei „unverschämt“: unverschämter, LVZ. Die Reihe lässt sich mit Worten wie „dreist“, „betrügerisch“ usw. beliebig fortsetzen. Im Klartext: Meine Lokalpostille, die nach eigener Aussage dem Qualitätsjournalismus verpflichtete Leipziger Volkszeitung, befleißigt sich zunehmen einer Arbeitsweise, die mit Worten wie „unverschämt“, „dreist“ und „frech“ sehr wohlwollend umschrieben ist. Weniger zurückhaltende Menschen als ich sprechen eher von „kriminell“ und „Leserverarschung“.

Wie ich darauf komme? In den vergangenen Monaten hat die Praxis, eigene geschäftliche Belange des Verlages redaktionell breitzutreten, einen bisher unbekannten Stand erreicht. Ich weiß, wovon ich spreche, denn berufsbedingt tue ich mir allmorgendlich die „Leipziger Volkszeitung“ an – aber aktuell ist sie eigentlich „unlesbar“ (auch die Steigerung dieses Wortes führt zu „LVZ“).

Schuld sind – neben dem unverkennbaren qualitativen Niedergang – die fortwährenden Verstöße gegen den Pressekodex ( Guckst Du hier: http://www.presserat.info/uploads/media/Pressekodex_01.pdf ) . In letzterem ist in Ziffer 7 folgendes festgelegt:

„Ziffer 7 – Trennung von Werbung und Redaktion
Die Verantwortung der Presse gegenüber der Öffentlichkeit gebietet, dass redaktionelle Veröffentlichungen nicht durch private oder geschäftliche Interessen Dritter oder durch persönliche wirtschaftliche Interessen der Journalistinnen und Journalisten beeinflusst werden. Verleger und Redakteure wehren derartige Versuche
ab und achten auf eine klare Trennung zwischen redaktionellem Text und Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken. Bei Veröffentlichungen, die ein Eigeninteresse des Verlages betreffen, muss dieses erkennbar sein.“

Näheres zu dieser Thematik mag der geneigte Leser hier http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/1362406/ und da http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/1393681/ nachlesen. Im Zuge ihres Tests, wie blöd der immer noch verbliebene Durchschnittsrestleser der LVZ mittlerweile ist, hat meine Lokalpostille ein Gewinnspiel aufgelegt. Gestern durfte Heinrich Lillie, ein zur Selbstgoogelung neigendes Mitglied der Verlagselite, zum wiederholten Male die redaktionelle Werbetrommel für die Verlosung eines Megane-Cabrios rühren. Per „Glückstelefon“ (Originalton LVZ) darf der geneigte, hinreichend unbedarfte Leser schon seit einigen Wochen für 50 ct je Anruf die Kasse klingeln lassen. Noch bis zum 8. Juni übrigens. Und schon am 9. Juni darf das Auto beim Autohaus Lange in Grimma abgeholt werden – wenn man genug angerufen und Glück hat, immer an den Osterhasen glaubt und zu Nikolaus seine Stiefelchen fein geputzt hat. Die netten Privatfunker von 9 live & Co. lassen artig grüßen.

Was mich daran so ärgert, ist weniger die galoppierende Leserverscheißerung, die hier betrieben wird. Wer bei solchen Spielen mitmacht, verdient es nicht besser. Fast schon kriminell ist hingegen, dass meine Lokalpostille solcherart Geschäftemacherei nicht als Anzeige deklariert, ja nicht einmal in einer so genannten „Verlagssonderveröffentlichung“ platziert, was das gedruckte Gegenstück zur „Dauerwerbesendung“ wäre.
Nein, die Qualitätsjournalistiker meiner Lokalpostille stellen die schamlose Werbung für ihr Gewinnspiel auf die Titelseite des Lokalteils – nicht nur in Leipzig, sondern auch in den angeschlossenen Kreisblättchen.

Meine Beschwerde an den Deutschen Presserat werde ich übrigens weder per Post noch per E-Mail schicken. Ich gebe das Schreiben einfach dem Chefredakteur der Leipziger Volkszeitung. Das bietet sich an, denn schließlich ist Bernd Hilder Stellvertretender Sprecher des Presserates, so kann ich mir das Porto sparen.

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Mittwoch, 20. Mai 2009
Meine Lokalpostille hat doch noch Leser. Oder: Petra Köpping und die Staatsanwaltschaft
Über Petra Köpping, die zum Glück gescheiterte Landratswiederwahlkandidatin, war an dieser Stelle schon häufiger etwas zu lesen. Auch über ihren geschickten Umgang mit Versorgungsleistungen und Zuverdienst, auf dass die ersteren nicht durch letztgenannte irgendwie beeinträchtigt werden. Als Verwaltungsprofi weiß man halt, worauf es im Leben ankommt.
Aber weil frau mit 50+ für den Ruhestand noch zu jung ist, ist Petra Köpping recht umtriebig. Als Vize der schrumpfenden Landes-SPD kümmert sie sich ums Geschäft und knüpft Kontakte, als Landtagskandidatin auf dem recht sicheren Listenplatz 4 (wobei, bei der SPD weiß man ja nie, ob's für den Einzug reicht ...) dürfte schon bald wieder mit standesgemäßer Reputation und ordentlichem Einkommen zu rechnen sein.
Schade nur, dass die smarte Sozi-Dame sich nun gegen allerlei böse Anfeindungen zur Wehr setzen muss. Schuld ist eine Altlast aus ihren zeiten als Landrätin, die mittlerweile sogar die Staatsanwaltschaft tätig werden ließ. Es geht um Fördermittel für ein 7,2-Mio-Euro-Projekt zur Ausstattung von Schulen im einstigen Köpping-Kreis mit Computern.
Das ist eine schöne Sache - nur gab es dabei einige Wunderlichkeiten. Die Firmen, die den Zuschlag für das Projekt erhielten, spendeten dem Kreis 1,8 Mio Euro, damit dieser die nötigen Eigenmittel vorweisen konnte, um 5,4 Mio. Euro EU-Förderung abzufassen. Die Spende floss dann retour, sagt der Landesrechnungshof. Zudem wird gerügt, dass der Chef einer der beteiligten Firmen mit der Landrätin mehr als nur das Interesse am Landkreis, sondern auch einen guten Teil des Privatlebens teilt ... Und weil das böse Wort vom Fördermittelbetrug gefallen ist, wird nun ermittelt.
Nun mag sich der eine oder andere Leser meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches fragen, wieso ich mich für solcherart Gefilze und Gemauschel interessiere. Ganz einfach: Weil es mich darauf gebracht hat, dass ich meiner Lokalpostille, der unter grassierendem Auflagenschwund leidenden Leipziger Volkszeitung, bitteres Unrecht zugefügt habe.
In allerlei Gesprächen habe ich nicht wiedersprochen, wenn davon die Rede war, dass die LVZ doch kaum noch gelesen wird. Aber ein paar unbeirrbare Leser muss das SPD-nahe Blatt (so nennt man es wohl, wenn die Sozis maßgebliche Anteile an einem Verlag halten) doch noch immer haben.
Wie ich darauf komme?
Gestern berichtete meine Lokalpostille unter der Überschrift "Der Fall Köpping erreicht Dresden" über die Aktivitäten der Staatsanwaltschaft im Fall Köpping. Garniert wurde der Bericht mit einem Foto der "roten Pauli", auf dem diese ausnahmsweise mal etwas gerupft aussieht.
Seit Erscheinen dieses Artikels hat die Google-Sucher nach "Petra Köpping" meinem Tagebuch viele neue Leser beschert. Das ist entweder ein seltsamer Zufall - oder die LVZ hat doch noch Leser.

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Frischer Wind bei der Stasiaufarbeitern. Oder: Auch Behördenmitarbeiter sind lernfäig
Wenn man älter wird, sammelt man Erfahrungen. Von diesen ist es nicht mehr weit bis zum Vorurteil. Ein solches hegte ich - geboren aus jahrelanger Erfahrung - bisher gegenüber einer wichtigen Behörde - nein, ich rede weder vom BMI noch vom Finanzamt oder ähnlichen Kröpfen, sondern von wirklich wichtigen Leuten, von denen in der "Außenstelle Leipzig der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik". Besagte Behörde, besser bekannt als Gauck-, Birthler- oder Stasi-Unterlagenbehörde, in Leipzig auch "Runde Ecke" genannt, verschickt regelmäßig Pressemitteilungen, über deren Sinn bzw. Unsinn ich mich an dieser Stelle ausschweige. Man mag das beginnende Altersmilde nennen ...

Und eben diese Mitteilungen kamen seit Jahren per E-Mail in meinem Büro an. Besonders lesenswert fand ich daran den E-Mail-Verteiler, den mir die Stasinachlassverwalter jedes Mal komplett mitlieferten.
Wer sich im Medienbereich ein wenig auskennt, weiß, dass ein kompletter Presseverteiler ein kleiner Schatz ist (sofern er nicht so mies gepflegt ist wie der der Landesdirektion Chemnitz, aber das ist eine andere Geschichte). Über die Jahre partizipierte ich ausgiebig von der Unwissenheit der Stasi-Aufarbeiter, die mir mit schöner Regelmäßigkeit einen gut gepflegten Verteiler frei Haus lieferten.
Und nicht nur das: Den Kopf der Mails aus dem Hause Birthler baute ich in eines meiner Seminare ein - als abschreckendes Beispiel in Sachen Datenschutz.

Allmählich wuchs aus meiner Erfahrung ein Vorurteil: "Die sind zu blöd, die kommen nie drauf, dass man nicht jedem Empfänger alle Adressen zuschickt" - so oder ähnlich dachte ich über die beamteten Bewohner der "Runden Ecke" am LeipzigerInnenstadtring.

Und nun? Muss irgendeine Schreibtischmaus doch in einem meiner Seminare gewesen sein oder sich anderweitig weitergebildet haben. Vielleicht ist aber auch nur ein Handbuch aus dem Regal gefallen und zufällig auf der Seite mit dem Stichwort "Blindcopy" liegengeblieben. Oder die Schreibtischmaus hat die Adressen versehentlich ins bcc-Feld kopiert und macht's nun immer so.

Fazit: Die Schnippselzusammenkleber senden ihre Pressemitteilungen neuerdings mit verdecktem Verteiler.
Da soll noch einer sagen, dass Behördenmitarbeiter nicht lernfähig sind.

Allerdings: Ich habe noch die Hoffnung, dass besagte Schreibtischmaus nur die Schwangerschaftsvertretung des blinden Huhns ist, dem ich die bisherige Frei-Haus-Lieferung zu verdanken hatte. Vielleicht ist ja nach einigen Monaten wieder alles beim alten ...

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Montag, 4. Mai 2009
Danke, Toom. Oder: Was'n das?
Die regelmäßigen Leser dieses kleinen, nicht immer korrekten Tagebuches wissen, dass der Verfasser dieser Zeilen seine Brötchen (und auch die Wurst darauf) als freiberuflicher Lohnschreiber und Zeitungsmacher verdient. Sehr erfreulich finde ich, dass sich gelegentlich Unternehmen und Verbände meiner Dienste als Vortragskünstler bedienen, um ihre Mitarbeiter u.a. in punkto Marketing, Telefonverhalten, Schreiben, Anti-Behördendeutsch usw. fit machen zu lassen. Solche Auftritte sorgen für Abwechslung, machen durchaus Spaß (beiden Seiten) und bekommen meinem Konto recht gut.
Für meine Marketing- und Schreibseminare halte ich natürlich immer nach netten Beispielen aus dem realen Leben Ausschau. Soll heißen: Ich sammle allerlei Texte, die so daneben und/oder unverständlich sind, dass es schon wieder schön ist.
Der Baumarkt Toom hat mir in seiner jüngsten Werbung ein feines Stück geliefert. In ihrem Faltblatt bietet die Rewe-Tochter zum Preis von 9,99 Euro ein "LED Remote Bright-Light mit Push-Mechanismus" an.
Mal ehrlich: Ob die Zielgruppe der Late-Silver-Ager (vulgo: Alte Säcke) auf Anhieb gewusst hat, dass es sich dabei um eine batteriebetriebene Leuchte mit Druckknopffernschalter handelt?

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Donnerstag, 30. April 2009
Bratwurst für Dumme. Oder: Wie meine Lokalpostille den Pressekodex grillt.
Die regelmäßigen Leser dieses kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches wissen, dass ich an dieser Stelle gelegentlich darüber schwadoniere, wie meine Lokalpostille, die nach eigener Aussage dem Qualitätsjournalismus verpflichtete Leipziger Volkszeitung, gegen geltendes Presserecht und den so genannten Pressekodex verstößt.
Heute möchte ich mich bei meinen werten Kollegen vom Blättle dafür bedanken, dass sie mir das Aufspüren solcher Verstöße einfach machen: Waren’s noch vor wenigen Jahren noch eher kleine, verschämt an den Blattrand gequetschte Meldungen, in denen z.B. über die tollen Taten guter Anzeigenkunden oder über weltrettende Vorhaben des eigenen Verlages berichtet wurde, so geht’s bei der LVZ nun schon seit geraumer Zeit recht dreist zur Sache in punkto Leserverdummung: Da wird schon mal auf 100 Druckzeilen über ein Projekt berichtet, mit dem die Leipziger Verlags- und Druckereigesellschaft mbH & Co. KG ein wirtschaftliches Eigeninteresse verfolgt. Das ist einerseits zwar ausgesprochen nett, denn auch meine Augen lassen mit den Jahren etwas nach. Andererseits stellt selbst barrierefreie Eigenwerbung einen klaren Verstoß gegen den Pressekodex dar. Dieses Regelwerk (Guckst Du hier: http://www.presserat.info/uploads/media/Pressekodex_01.pdf ) basiert auf den Empfehlungen des Deutschen Presserates, dessen stellvertretender Sprecher übrigens Bernd Hilder heißt, der im Hauptberuf Chefredakteuer der Leipziger Volkszeitung ist. Aber das wissen die regelmäßigen Leser meines kleinen Tagebuches.
Zurück zum Pressekodex. Dort steht unter Punkt 7:

„Ziffer 7 – Trennung von Werbung und Redaktion
Die Verantwortung der Presse gegenüber der Öffentlichkeit gebietet, dass redaktionelle Veröffentlichungen nicht durch private oder geschäftliche Interessen Dritter oder durch persönliche wirtschaftliche Interessen der Journalistinnen und Journalisten beeinflusst werden. Verleger und Redakteure wehren derartige Versuche
ab und achten auf eine klare Trennung zwischen redaktionellem Text und Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken. Bei Veröffentlichungen, die ein Eigeninteresse des Verlages betreffen, muss dieses erkennbar sein.“

So wie zum Beispiel auf der Seite „Sachsen und Mitteldeutschland“ der heutigen Ausgabe der LVZ. Dort findet sich ein obertoller, vierspaltiger Artikel mit der Überschrift „Grillen macht den Meister“. Im Text geht es ums Grillen. Soweit keine Überraschung. Überraschend ist hingegen, mit welcher Unverschämtheit meine Lokalpostille dort eine Eigenaktion bewirbt: Am 14. Juni soll im LVZ-Imperium der „LVZ-Grillator“ gekürt werden. Nun geht es mir nicht ums geistige Niveau dieser Wortschöpfung, sondern darum, dass es sich bei der Aktion, die im Rahmen des Sommerfestestes der Leipziger Konsumgenossenschaft ihr Finale hat, um eine Kiste mit handfestem wirtschaftlichem Hintergrund hat. Der Leipziger Konsum ist ein guter Anzeigen- und Beilagenkunde meiner Lokalpostille, die dem Thema „Grillen“ sogar ein 48-seitiges Heft „Schlemmen und Genießen mit der LVZ – Grillen“ widmet, das der geneigten Leserschaft natürlich zum Kauf angeboten wird. Weil sich’s damit so gut trainieren lässt. Wer angucken möchte: http://www.lvz-online.de/aktuell/content/grillator.html

Auch wenn ich kein Prophet bin, so kann ich doch vorhersagen, dass meine Lokalpostille die Werbung für ihren Grillratgeber und für die gesamte Aktion in den nächsten Wochen noch kräftig ausbauen wird. Und sicher erscheint zum Sommerfest der Konsumgenossenschaft wieder eine Zeitungsbeilage, in der sich auch die Sponsoren des Grillator-Events darstellen dürfen. Schließlich braucht’s dazu auch Holzkohle, Fleisch, Würste ... Wenn sich da kein Anzeigenkunde findet, will ich Hilder heißen. Oder besser doch nicht ... Meier reicht, das wäre schon schlimm genug.

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Mittwoch, 15. April 2009
Werbedeppen im Möbelhaus. Oder: Sohn der Stadt Leipzig
In Taucha, einer an Leipzig grenzenden Kleinstadt, hat gestern nach allerlei Umschwurbelei eines vorhandenen ein neuer Möbelmarkt eröffnet. Und weil solch spektakuläre Neuerung der geneigten und weniger geneigten Kundschaft ins Hirn gedroschen werden muss, prügelt Möbel-Kraft (so der Name des neuen Marktes in der alten Bauhülle) seit Tagen per Annonce, Beilage und Radiowerbung auf mein armes Seelchen ein.
Trauriger Höhepunkt war am heutigen Morgen ein Radiospot, der irgendwie eine Verbindung zwischen schönem Wohnen und guter Musik herstellte und dazu Johann Sebastian Bach missbrauchte. Das wäre ja noch hinzunehmen gewesen, allerdings bezeichneten die kräftigen Werbestrategen Bach als „Sohn der Stadt Leipzig“, was selbst für meine morgenumnebelten Gehörgänge zu viel war.
Den Machern der Werbung sei verraten, dass Johann Sebastian Bach 1685 in Eisenach geboren wurde und über mindestens sechs Stationen nach Leipzig kam. Dort lebte er von 1723 bis zu seinem Tod im Jahre 1750.
Ein Sohn der Stadt ist er nicht. Diesen Titel kann man z.B. Walter Ulbricht, August Bebel, Heinrich Brockhaus und Richard Wagner zuerkennen. Aber immerhin: Die Werbekünstler des Möbelhauses haben zumindest darauf verzichtet, Johann Wolfgang von Goethe oder Dr. Jürgen Utz Schneider zum Sohn der Stadt Leipzig zu machen. Die waren ja auch mal hier ...

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Dienstag, 14. April 2009
Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt. Oder: Zeitungsdieb back in good (???) old Germany
Einige Leser meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches haben sich per Mail und in einem Fall sogar per Handy (Sch...teure Rufumleitung) nach meinem Wohl und Wehe und vor allem dem Grund meiner Funkstille (treffender: Blogstille) erkundigt. Urbi et orbi sowie allen Freunden der Laufenden Gedanken – und den Nicht-Freunden erst recht, hähä! – sei deshalb die nachösterliche Botschaft verkündet, dass es mich immer noch gibt und dass mein Geschreibsel auch hier zu finden sein wird. Mir geht es übrigens unverschämt gut, denn ich hatte Gelegenheit, mich für einige Zeit am Golf von Akaba herumzutreiben und so allerlei Studien zu treiben.
Und obwohl ich ein News Junkie bin, habe ich der Versuchung wiederstanden, heimische Medien aus der Ferne zu konsumieren. Ganz ohne Entzugserscheinungen übrigens, wie ich betonen möchte. Wieder in good (???) old Germany angekommen, stellte ich fest, dass nichts passiert ist, was nicht vorhersagbar gewesen wäre: Es war nicht wirklich was los. Die einschlägig bekannten politischen Dampfplauderer haben gedampfplaudert, die „Ich-mach-schon-mal-Wahlkampf“-Fraktion machte schon mal Wahlkampf, die „Wir-sind-dagegen“-Partei war dagegen. Und im Leipziger rathaus machte die Verwaltung wie immer, was sie wollte. Und meine Lokalpostille verstieß wie immer gegen den Pressekodex und berichtete am liebsten und schönsten über ihre eigenen geschäftlichen Belange. Nagut, und über den kranken Fußball in LE.
Nönö, dann doch schon lieber genüsslich dekadente Engländer und seeehr blonde russische Natashas beobachten, ab und zu ein paar Kilometer unter südlicher Sonne laufen und zwischendurch ein wenig arbeiten.
In diesem Sinne: Der Zeitungsdieb ist leider wieder in Deutschland und haut in die Tasten. Und weil ich eine Plaudertasche bin, wird’s wohl auch die eine oder andere Unterwegsepisode zu lesen geben – laufende Gedanken eben. Nomen est omen.

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Mittwoch, 18. März 2009
Mehr als 100 Prozent der Rechten sind 15 Jahre jung. Oder: Applaus für die TAZ
Mehr als 100 Prozent der organisierten Rechten sind 15 Jahre alt. Die TAZ hat's auf den Punkt gebracht. Die anderen Holzmedien sehen eher grau aus. Köstlich.
Guckst Du hier: http://www.netzeitung.de/presseschauen/1301378.html
Leider scheint auch bei der Netzeitung das Verlinken auf eine externe Quelle tabu zu sein - hier stimmt sie mit den klassischen Holzmedien überein.
Wer den sehr lesenswerten TAZ-Artikel im Original lesen will, wir hier fündig: http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/starker-zulauf-zu-rechten-gruppen/

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Qualitätsjournalismus in Leipzig. Oder: Vergesst den Pressekodex
Die regelmäßigen Leser dieses kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches wissen, dass ich mich gelegentlich in Kollegenschelte übe. Lieblingsadressat meiner kritischen Bemerkungen ist meine Lokalpostille, die nach eigener Aussage dem Qualitätsjournalismus verpflichtete Leipziger Volkszeitung. Nicht etwa, weil ich gegen besagtes Blatt etwas habe, sondern weil dieses werktäglich auf meinem Frühstückstisch landet und die Lektüre der LVZ zu meinen morgendlichen Verrichtungen zählt. Umso ärgerlicher, wenn ich in frühtags-sensibler Verfassung schlimme Qualen erleiden muss, weil wieder irgendeine Redakteuse geschlampt oder von Verlags wegen elementare Grundregeln des journalistischen Handwerks in die Tonne getreten wurden.
Letzteres war heute wieder einmal der Fall: ein recht unverschämter Verstoß gegen den Pressekodex. Dieses Regelwerk (Guckst Du hier: http://www.presserat.info/uploads/media/Pressekodex_01.pdf ) basiert auf den Empfehlungen des Deutschen Presserates, dessen stellvertretender Sprecher übrigens Bernd Hilder heißt, welcher im Hauptberuf Chefredakteuer bei ... Trommelwirrrrbellll ... der Leipziger Volkszeitung ist. Aber auch die alte Volksweisheit, dass ein jeder zuerst vor seiner Tür kehren möge, trägt ja nur Empfehlungscharakter, so wie auch die im Pressekodex aufgelisteten Regeln.
Dennoch nehme ich mir die Freiheit und zitiere den Punkt 7 besagten Regelwerkes einmal im Wortlaut:

„Ziffer 7 – Trennung von Werbung und Redaktion
Die Verantwortung der Presse gegenüber der Öffentlichkeit gebietet, dass redaktionelle Veröffentlichungen nicht durch private oder geschäftliche Interessen Dritter oder durch persönliche wirtschaftliche Interessen der Journalistinnen und Journalisten beeinflusst werden. Verleger und Redakteure wehren derartige Versuche
ab und achten auf eine klare Trennung zwischen redaktionellem Text und Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken. Bei Veröffentlichungen, die ein Eigeninteresse des Verlages betreffen, muss dieses erkennbar sein.“

Meinen Lesern empfehle ich besonders die Lektüre des letzten Satzes.
Und nun werfe ich - unter Schmerzen - einen Blick in den heutigen Lokalteil der Leipziger Volkszeitung und entdecke dort einen fünfspaltigen Artikel mit der Überschrift „Ab heute neue Leipzig-Marken“. Der geneigte Leser wird darüber informiert, dass die Transport- und Verteilungsgesellschaft Leipzig mbH (TVL) einen Markensatz mit Sehenswürdigkeiten aus dem Stadtgebiet Leipzig herausbringt. TVL-Geschäftsführerin Gabriele Krumbholz darf darüber berichten, was ihr Unternehmen aktuell tut und künftig tun will, dass es einen Ersttagsbrief für Sammler – erhältlich in den Geschäftsstellen meiner Lokalpostille – gibt und dass Informationen zum ständig wachsenden Netz der Vertriebspartner im Internet unter www.tvl-online.de zu finden sind. In einem Nebensatz des besagten LVZ-Artikels erfährt der geneigte Leser außerdem, dass TVL eine „Tochtergesellschaft der Leipziger Volkszeitung“ ist.
Das wird auch beim routinemäßigen Blick auf www.denic.de deutlich. Dort ist die Domain tvl-online.de unter Firma und Adresse der Leipziger Verlags- und Druckereigesellschaft mbH & Co. KG registriert, administrativer Ansprechpartner ist mit Holger Herzberg der Chef der LVZ-Onlineredaktion. Lustigerweise werden sowohl tvl-online.de als auch lvz-online.de beim selben Zittauer Dienstleister gehostet.
War da nicht was im Pressekodex? Ziffer 7? Um der geneigten Leserschaft das Zurückgehen im Text zu ersparen, bringe ich den erwähnten letzten Satz der Ziffer 7 noch einmal zur Ansicht: „Bei Veröffentlichungen, die ein Eigeninteresse des Verlages betreffen, muss dieses erkennbar sein.“

Als kleiner Test, ob sie auch gründlich mitgelesen haben, mögen die Leser meines kleinen Tagebuches sich nun überlegen, wie der stellvertretende Sprecher des deutschen Presserates heißt und bei welcher Zeitung er tätig ist.
Soviel für heute zum Thema Qualitätsjournalismus.

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Dienstag, 17. März 2009
Adressen frei Haus. Oder: ein Angebot an die Landesdirektion Chemnitz
Die regelmäßigen Leser meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches wissen um meine ehrliche Begeisterung für E-Mails, die mir ihren kompletten Empfängerkreis offenbaren: Solche Nachrichten lassen jeden Adressaten wissen, wer außer ihm noch mit der jeweiligen Mail beschickt wurde. Mich freuen derartige Posteingänge, denn zum einen befriedigen sie meine Neugierde, zum anderen – und nun wird’s geschäftlich – ist so ein Adressverteiler durchaus ein Wertgegenstand.
Eben deshalb landen E-Mails, die mir eine geldwerte Adressenliste frei Haus liefern, auch nicht im Papierkorb, sondern in einem Unterverzeichnis namens „Adressensammlung“.
Gelegentlich greife ich auf diese Sammlung zu, z.B. dann, wenn ich im Kundenauftrag Nachrichten versende und einen speziellen Verteiler benötige. Kürzlich tat ich das wieder und verwendete die mir von der Pressestelle der Landesdirektion Chemnitz wohlfeil zur Verfügung gestellte Medienliste.
Das Ergebnis war – vorsichtig formuliert – sehr lehrreich. Lebte ich bislang in dem Glauben, Behörden seien zwar womöglich langsam, unkreativ und konservativ, auf alle Fälle aber doch zuverlässig und exakt, so wurde ich dank des gehighjackten Verteilers der LD Chemnitz eines Schlechteren belehrt: Die Adressenliste, nach der besagte Behörde regelmäßig ihre Mitteilungen versendet, ist voller Schreibfehler und Leichen.
Kaum hatte ich „meine“ Nachrichten verschickt, trudelte in meinem Posteingang ein Heer von Remailern ein, die mich über unbekannte Empfänger, nicht existierende Subdomains und allerlei andere Unbill informierten. Da ich dafür ja von meinem Auftraggeber bezahlt werde, habe ich mich an die Arbeit gemacht und derlei Botschaften „eingepflegt“, sodass „mein“ Verteiler nun aktuell ist. Sollte die Pressestelle der LDC Interesse an einem aktuellen Medienverteiler für ihr Zuständigkeitsgebiet haben, genügt eine E-Mail an mein Büro bzw. ein Anruf. Über den Preis werden wir uns sicher einig. Auf Wunsch erkläre ich ausgewählten Mitarbeitern auch, wie man E-Mails ohne sichtbare Adressliste versendet. Aber das kostet extra – ich muss ja auch leben ...

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