Dienstag, 26. August 2008
Ansbacher IT-Stadel oder: Gedanken zu einer erschröcklichen Agenturmeldung
Wenn unfähige Journalisten auf inkompetente Gesprächspartner treffen, gestehen sich beide Seiten leider fast nie ein, dass ein Gespräch keinen Sinn hat. Meist reden sie sinnfrei aneinander vorbei, und stets ist das Produkt ein journalistisches Kleinod, das besser ungeboren geblieben wäre.
Jüngstes Beispiel in dieser Galerie der Kuriositäten ist eine Meldung der Agentur ddp. Diese berichtete am gestrigen 25. August über die Missetat eines 15-Jährigen, der Ende Juli (zumindest wurde zu diesem Zeitpunkt der Schaden bemerkt) den Internetauftritt der Stadt Ansbach zerstört und die Daten größtenteils vom Server gelöscht hat. Der 15-Jährige werde wegen Datenveränderung angezeigt und müsse möglicherweise die auf 10.000 Euro bezifferten Kosten für die Wiederherstellung des Webauftrittes zahlen.

Hmmm. Diese Agenturmeldung ist nicht das Ergebnis eigener Recherchen seitens ddp, sondern einer sommerlichen Entspannungsübung, denn meine werten Kollegen haben die entsprechende Mitteilung des Polizeipräsidiums Mittelfranken weitestgehend unverändert in ihre Computer übernommen. Guckst Du hier: www.polizei.bayern.de/mittelfranken/news/presse/aktuell/index.html/76386
Allerdings haben auch die Mitarbeiter anderer Agenturen einen entspannten Sommerdienst geschoben und auf Nachfragen verzichtet, der Polizeitext findet sich u.a. auch bei AP.

Allerdings habe ich im Netz keinen Bericht gefunden, der darauf schließen lässt, dass einer meiner Kollegen etwas intensiver über den Fall nachgedacht oder gar recherchiert hat. Da wird auf Kosten für die Wiederherstellung (Letztere muss inzwischen erfolgt sein, den unter www.ansbach.de findet man wieder allerlei Ansbacher Informationen.) verwiesen, die bei 10.000 Euro liegen. Das provoziert zumindest bei mir die Frage, ob die Ansbacher kein Backup ihres Internetauftrittes hatten? Fehlte ein solches, hätten die IT-Verantwortlichen der Stadt bzw. die beauftragten Dienstleister zumindest grob fahrlässig gehandelt. Oder kostet das Einspielen eines Backups etwa 10.000 Euro? Dann sollte Ansbach schleunigst seine IT-Fachleute feuern und neue einstellen, die so etwas nebenbei machen ...

Und überhaupt: Wenn der jugendliche Missetäter „die Daten größtenteils vom Server gelöscht hat“, muss er zu diesem Zugang gehabt haben. Da ich einige meiner Brötchen im kommunalen IT-Bereich verdiene, weiß ich zumindest ansatzweise um die aktuellen Sicherheitsanforderungen und -konzepte. Wenn ein externer Bösewicht mal eben per FTP den Server einer Kommune putzen kann, müssen im Sicherheitssystem Löcher klaffen, die groß wie Scheunentore sind. Für den Schutz sensibler Daten vor unbefugten externen Zugriffen gibt es Dinge wie VPN, Verschlüsselung und Einmalpassworte. In Ansbach wohl eher nicht ... Überhaupt scheint das Eindringen in den Server www.ansbach.de recht einfach gewesen zu sein und nicht gerade exorbitante Hackerkenntnisse erfordert zu haben. Denn schließlich hat der jugendliche Datenvernichter zwar die Festplatte ein wenig erleichtert, sich aber offensichtlich keine Gedanken darum gemacht, seine Spuren zu verwischen. Und dieses Versäumnis lässt schon tief blicken ...

Für den Fall, dass der eine oder andere Leser an meinen Prognosen interessiert ist, so gehe ich davon aus, dass
1. die ganze Sache wie das berühmte Hornbacher Schießen ausgehen wird, weil
2. die Ansbacher Admins in ihrer mittelfränkischen Unbedarftheit mit den im Internet einzusehenden default-Einstellungen gearbeitet haben oder
3. die FTP-Zugangsdaten für den Server irgendwo per Klebezettel gut sichtbar aufgehängt waren.

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Montag, 23. Juni 2008
Gutmenschenverein reloaded. Oder: Von Selbstgooglern, Lobbyisten und einem herrlichen Leserbrief.
Mein kleiner, politisch natürlich wieder ein wenig inkorrekter Tagebucheintrag über den neuen Verein „Pro Flughafen Leipzig/Halle“ und einige seiner gutmenschelnden Begründer (guckst Du hier: http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/1153490/ hat bereits eine Menge Leser gefunden. Und nicht nur das: Einige E-Mails zum Thema plongten in mein Postfach, außerdem gab es von Pro-Flughafen-Protagonisten Einladungen zum Gespräch. Die regelmäßigen Leser meines kleinen Tagebuches wissen zudem, dass ich gelegentlich der Versuchung nicht widerstehen kann, mir Gedanken über die Herkunft der IP-Adressen meiner Leser und – soweit Suchmaschine oder Verlinkung sie zu meinen vollkommen unwichtigen Einträgen geführt hatten – ihr Suchinteresse zu machen.
Ohne den einen oder anderen Mitmenschen bloßstellen zu wollen (Das tun solche Menschen in aller Regel selbst viel besser, als ich unbedeutender Schreiberwicht es je könnte): Es bescherte mir wieder einen erheblichen Lustgewinn, der Such-Versuchung zu erliegen. Kaum zu glauben, wie emsig erwachsene Menschen mitunter nach ihrem eigenen Namen googeln …
Ein klitzekleiner Lustgewinn war es auch, beim heutigen Blättern in meiner Lokalpostille zwei Leserbriefe zu entdecken, die sich des Themas „Pro Flughafen Leipzig/Halle“ angenommen hatten. Und es freute mich, dass die Verfasser dieser Briefe, darunter ein namhaftes Leipziger SPD-Mitglied, zum gleichen Ergebnis gekommen waren wie ich. Um mal zu zitieren:
„… Da gründet sich eine Bürgerinitiative ‚Pro Flughafen’, und wenn man hinter die Namen der Akteure schaut, finden sich keine bloßen Bürger, sondern eingefleischte Lobbyisten der Wirtschaft und des Flughafens …”
Nicht, dass ich gelegentlich von Selbstzweifeln zerfressen wäre – aber es freut einen unbedeutenden Schreiberling wie mich doch ungemein, wenn anderen Menschen beim Lesen eines PR-Textes über die Gründung eines Gutmenschenvereins Zweifel kommen. Wer meine Tagebucheinträge regelmäßig liest, weiß, dass ich mit der SPD nichts am Hut habe – aber dem Verfasser des Leserbriefes muss ich doch mal eine freundliche Mail schreiben.
Achja, es gibt übrigens weitere, gleichfalls natürlich unbedeutende Schreiberlinge, die sich ihre Gedanken über den Gutmenschenverein machen. Guckst Du hier: http://helmutgobsch.wahl.de/2008/06/18/bauuml-rger-wie-du-und-ich-4330191

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Sonntag, 22. Juni 2008
Nachtrag zu: Wozu braucht meine Lokalpostille ein CMS?
Am heutigen 22. Juni fand in einigen Landkreisen Sachsens die zweite Runde der Bürgermeister- und Landratswahlen statt. Wer in den zum Regierungsbezirk Leipzig gehörenden Landkreisen Delitzsch und Muldental/Leipzig Land das Rennen gemacht hat, erfuhr ich gegen 20.45 Uhr übrigens nicht von meiner Lokalpostille namens LVZ. Dort war eine dpa-Meldung über die Wahlbeteiligung zu sehen, sonst nichts. Statt dessen fand ich die Ergebnisse bei der Sächsischen Zeitung. Die Dresdner Kollegen haben den Leipziger Schnarchnasen vom Springerverlag (nagut, die Hälfte des Schlafwagens gehört zu Madsack) gezeigt, wie Journalismus geht. Ruhe sanft, Leipziger Volkszeitung.

PS.: Vor einigen Minuten wurde auch die Partie Italien gegen Spanien angepfiffen. Und wieder wird meine Lokalpostille brav schlummernd ihre Internetausgabe vergessen.

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Freitag, 20. Juni 2008
EM-Viertelfinale mal anders. Oder: Wozu braucht meine Lokalpostille ein CMS?
Fußball ist nicht mein Ding. Und so war für mich das gestrige EM-Viertelfinale auch kein wirklich heißer Termin. Mit meinem Tipp lag ich – genau wie der ganze Freundes- und Bekanntenkreis – voll daneben: Wer hätte auch ahnen können, dass die deutschen Standfußballer im Spiel gegen Portugal plötzlich zu Läufern werden und – Wunder über Wunder – dass die Blindhühnertruppe nun sogar noch Tore schießt?
Zur Halbzeit jedenfalls setzte ich mich noch mal an meinen Computer und nahm einen Rundblick durch die Online-Ausgaben deutscher Zeitungen. Es war – vorsichtig formuliert – wenig überraschend, also: enttäuschend.
Wer Netzeitung heißt und ganz ohne Printausgabe daherkommt, muss ja schnell sein. Fehlanzeige! Zur Halbzeitung stimmte die Netzeitung www.netzeitung.de ihre geneigte Leserschaft noch immer brav und statisch auf das bald beginnende Viertelfinalspiel Deutschland:Portugal ein. Wie die meisten richtigen deutschen Tageszeitungen auch, bei denen aus Anlass der EM zwar die Sportredaktion Überstunden schieben darf, aber die separate Online-Redaktion bereits in den Feierabend enteilt ist. Folglich bot auch meine Lokalpostille, die Leipziger Volkszeitung, unter www.lvz.de Qualitätsjournalismus der gewohnten Art, nämlich gar keinen. Auf der Startseite eine Agenturmeldung mit Spekulationen über das bevorstehende Viertelfinalspiel.
Ein wenig besser stand zumindest die Sächsische Zeitung da. Auch auf deren Startseite bot sich dem geneigten Online-Leser zwar die bis zur Überschrift identische Agenturmeldung dar, doch die Dresdner hatten wenigstens so eine Art „Live-Ticker“ installiert, über den der Halbzeit-Spielstand lief.
Auf der Höhe der Ereignisse präsentierte sich Yahoo. Wer dieses Portal aufrief, fand in der Halbzeitpause zwar auch eine Agenturmeldung, aber zumindest eine aktuelle mit Infos zum bisherigen Spielgeschehen.
In Bestform zeigte sich – und auch das war nicht wirklich eine Überraschung – die Welt. Auf www.welt.de konnte sich der geneigte Internetnutzer, so er die erste Halbzeit verschlafen hatte, hautnah über das Spiel informieren. Vor einigen Jahren strukturierte die Welt unter dem Motto „Online first“ ihre Redaktionsabläufe, insbesondere im Newsdesk, um. Das spürt man: Print („Holzmedium“) und Online laufen nicht mehr nebeneinander bzw. aneinander vorbei, sondern als organisches Ganzes. Im Klartext: Eine Nachricht kommt herein, wird aufbereitet und landet im Online-Bereich – auch nach 17 Uhr. Ja, die Weltler leisten sich sogar den Luxus echter Live-Berichterstattung. Bei bestimmten Ereignissen, zu denen neben Formel-1-Rennen und Pressekonferenzen aus österreichischen Inzestkellern auch die EM zählt, schreibt ein Redakteur aktuell mit und sendet seine Textstücke im Minutentakt ins Redaktions-CMS.
Apropos CMS: Wozu haben meine Lokalpostille und all die anderen Holzmedien eigentlich ein CMS? Für solche bleiärschigen Qualitätsjournalisten sollte doch html zum Hochladen ausreichen.

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Dienstag, 17. Juni 2008
Ein Nachtrag zum Flughafen-Verein
Im Forenbereich meiner Lokalpostille beharken sich DHL-Befürworter und -Gegner recht vehement. Den jüngsten Eintrag möchte ich meinen Lesern nicht vorenthalten:

"Ab heute gibt es für all die hier vertretenen Forenschreiber, die sich aktiv gegen die Manipulation und Desinformation der Nachtflug- und damit Arbeitsplatzgegner zur Wehr setzen wollen, dem Verein "PRO-Flughafen-Leipzig/Halle beizutreten. ( www.pro-flughafen-lej.de )
Dieser hat es sich zum Ziel gesetzt, im Interesse der Region, deren Einwohner und der hier entstandenen und noch entstehenden Arbeitsplätze sachliche Aufklärung über die mit dem Ausbau des Flughafens verbundenen Fragen zu betreiben.
sbranse"

Zwei Anmerkungen:
1. Die Betroffenen, die sich gegen den Nachtflugterror zur Wehr setzen, werden der "Manipulation und Desinformation" beschuldigt.
2. Der genannte Link www.pro-flughafen-lej.de wird derzeit noch auf die Seite der Beziehungsmanagerin Maria Sharichin umgeleitet, die bei der Denic auch als Ansprechpartner registriert ist. Da war wohl der Forumsschreiber etwas zu schnell ...

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Lobbyismus "Pro Flughafen" oder: Gutmenschenalarm
Bei der heutigen Morgenlektüre bescherte mir die Berichterstattung meiner Lokalpostille einen Hustenanfall: Ein Verein „Pro Tierversuche“ wurde gegründet und soll dem marktschreierischen Argumenten der Tierversuchsgegner Paroli bieten.
Unglaublich? Keine Angst, ich habe die Tatsachen ein wenig verfremdet. Den Verein „Pro Tierversuche“ gibt es tatsächlich (noch) nicht in Leipzig, dafür wurde am 13. Juni 2008 (Also doch ein black friday?) der Verein „Pro Flughafen Leipzig/Halle“ gegründet. Dieser versteht sich als Bürgerverein und will sich für den Flughafen und dessen Entwicklung einsetzen. Man sei offen für jedermann, heißt es. Das komme auch im bewusst niedrig gewählten Jahresbeitrag von nur 25 Euro zum Ausdruck.
Den ortsunkundigen Lesern meines kleinen Tagebuches sei an dieser Stelle ein wenig Information über den Flughafen Leipzig/Halle verabreicht. Die anderen können ja den nun folgenden Absatz überspringen.
Also: Der Flughafen Leipzig/Halle war lange Zeit eher so eine Art Feldflughafen, der (zu Zeiten der entschlafenen DDR) nur zweimal pro Jahr reanimiert wurde, um den Flugverkehr der Leipziger Messe (die fand damals im Frühjahr und im Herbst statt) abzufangen. Der viel zu früh verstorbene Franz Josef Strauß nannte besagten Airport einmal eine „liebenswürdige sächsische Kesselschmiede“. Ab 1990 wuchs der Flughafen, erhielt ein neues Terminal und über eine zweite Landebahn und war eigentlich immer irgendwie beliebt. Daran änderte auch die Tatsache, dass die US-Army den Flughafen für sich entdeckte, nicht wirklich etwas. Bis dann die Sache mit DHL passierte: Die gelben Frachtflieger durften in Brüssel nicht mehr nachts fliegen und kamen nach Sachsen. Bauten am Flughafen gar heftig und weihten erst kürzlich ihr „Hub“ (gemeint ist damit das neudeutsche Luftfrachtdrehkreuz, nicht das Computer-Hub) ein. Nun schweben gegen Mitternacht allerlei dröhnende Frachtflieger ein, um am frühen Morgen wieder in den Himmel aufzusteigen. Dass angesichts der mitternächtlichen Turboproperei in den besonders betroffenen Betten nicht nur die Popperei, sondern auch der ganz normale Nachtschlaf leidet, sorgt seither für Zoff. Bürgerinitiativen entstanden, Verstöße gegen Planfeststellungsauflagen wurden vor Gericht gebracht, Leserbriefschreiber echauffieren sich über nächtlichen Lärm und kalte Enteignung von Häuslebauern, die nun plötzlich in einer zuvor nicht vorhandenen Einflugschneise die Nächte durchwachen. Und auch die Gegenseite macht mobil und hetzt gegen diejenigen, die aufs vermeintlich ruhige Land gezogen sind. Aus der DHL-Führungsriege war jüngst gar die Drohung zu hören, das Engagement in Halle/Leipzig auf den Prüfstand zu stellen. Ein Abzug von Leipzig dürfte für DHL durchaus lukrativ sein, denn der Freistaat Sachsen hat dem gelben Segensbringer bei der Ansiedlung eine Bürgschaft gegeben: Wenn die Nachtflugerlaubnis vor Ablauf der versprochenen 30 Jahre fällt, gibt es für DHL bis zu 500 Mio. Euro Entschädigung.
So, nun aber zurück zum Verein „Pro Flughafen Leipzig/Halle“. Diesem gehören nach Aussage seines Pressesprechers derzeit 50 Mitglieder an, denen es (das ist jetzt meine Aussage) vor allem um so hehre Ziele wie Arbeitsplätze, Weltfrieden, Glücklichsein und Bienengesummse geht.
Die Stimme des Vereins ist ein Gutmensch namens Holger Schmahl, den ich seit 1990 aus gemeinsamer Tätigkeit für die einstige Tageszeitung „Wir in Leipzig“ kenne. Kurz nach der Wende zählten wir beide zu den Gründungsmitgliedern des „Leipziger Pressestammtisches“. Ich trat irgendwann aus. Zwar nehme ich fast jedes Freibier an, aber irgendwie gehört es nicht zu meiner Lebenszielen, mich abends von Firmensprechern aushalten zu lassen und im Gegenzug für freie Atzung deren Selbstdarstellung zu ertragen.
Holger Schmahl ist dem Metier treugeblieben. In den 90er-Jahren kam er mit einem Titel namens „Argos“ auf den Markt, der eine Art „Spiegel“ für den Osten werden sollte. Nachdem das nicht funktionierte, wurde daraus eine PR-Postille, in der allerlei Unternehmen sich darstellen dürfen – wenn die Kasse stimmt.
Apropos Kasse: Die muss auch bei den „Leutzscher Gesprächen“ stimmen, zu denen Holger Schmahl von Zeit zu Zeit ins Leipziger Lindner Hotel bittet. Das Muster ist einfach: Wer dort auftreten will, zahlt. Dafür kann er sich vor diversen Journalisten, PR-Leuten etc. präsentieren und seine Weisheiten verkünden. Diese Möglichkeit nutzten u.a. Gasversorger Mitgas, Stromlieferant envia, Deutsche Bahn und der Flughafen Halle/Leipzig nebst Tochter FH Dresden. Nachzulesen übrigens hier: www.argos-sentinel.de/leutzscher_gespraeche_archiv.html - solange es nicht gelöscht ist.
Darf man es unmoralisch nennen, wenn ein Holger Schmahl sich dann unter die Gutmenschen des Vereins „Pro Flughafen“ mischt? Das möge der geneigte Leser selbst entscheiden.
Apropos Gutmenschen: Vizechefin des Flughafenvereins ist Maria Sharichin. Diese veranstaltet gemeinsam mit ... Trommelwirbel ... Holger Schmahl die „Ratsgespräche zu Leipzig“. O-Ton auf der Homepage: „Die „ Ratsgespräche zu Leipzig“ im RatskellerClub bieten eine exklusive Gesprächs-Plattform für Erstentscheider, Geschäftsführer, Unternehmer und Verwaltungsspitzen aus Leipzig und der Region.“ Nachzulesen hier: www.ratsgespraeche-zu-leipzig.de/Ratsgesprache/ratsgesprache.html
Unter besagter Adresse ist nachzulesen, wer dort schon so alles seine Heilslehre verkünden durfte. Soviel sei verraten: Der Flughafen Leipzig/Halle war auch schon dabei.
Schauen wir doch mal, was es mit dem dritten Gutmenschen, den meine Lokalpostille als Mitbegründer des Flughafenschutzvereins nennt, auf sich hat. Der Hallesche Anwalt Freidrich Weiss (guckst Du hier: www.huemmerich-partner.de/berufstraeger/friedrich_weiss.html) sieht sich selbst als wirtschaftsnah und verweist in seiner Selbstdarstellung auf diverse Mitgliedschaften in einschlägigen Vereinen sowie auf Veröffentlichungen im Wirtschaftsmagazin Argos. Man kennt sich.
Noch ein Gutmensch gefällig? Wie wäre es mit dem in meiner Lokalpostille gleichfalls genannten Dietmar Schulz aus Halle an der Saale? Auch der gehört dem Bürgerverein „Pro Tierversuche“ – nööö: Pro Flughafen – an und ist im Hauptberuf Geschäftsführer der Alpha 2000 GmbH. Zu den Kunden dieses Unternehmens zählt u.a. der Flughafen Leipzig/Halle. Guckst Du hier: www.alpha2000.net/cms/pressespiegel/leipziger-volkszeitung-rechner-fur-alle-lebenslagen Und auch der einstige Ost-Spiegel Argos hat darüber geschrieben: www.alpha2000.net/cms/pressespiegel/argos-seiscomp-der-besondere-computer-fur-alle-lebens-lagen Kennt man sich?
Chef vons Janze ist übrigens Dr. Lothar Müller vom Unternehmerverband Sachsen-Anhalt. Auch ihm kann man für sein Tun nur die edelsten Motive nachsagen, schließlich hat der Mann auch schon für die als höchstgradig uneigennützig bekannte Oskar-Patzelt-Stiftung juriert.
Nun mag sich der eine oder andere Leser meines kleinen Tagebuches fragen, warum ich das ganze Thema so breittrete? Auch ich verdiene meine Brötchen, indem ich für Geld arbeite. „Man muss doch essen“, sagte schon „Pate“ Marlon Brando mit herrlicher Fistelstimme, als er einem ihm hilfreichen Polizeioffizier einen Umschlag mit Dollarnoten überreichte. Es gibt nun einmal (jetzt wieder die Fistelstimme einschalten) „Angebote, die man nicht ablehnen kann“. Und auch zu meinem Tun gehört es, den einen oder anderen Zeitgenossen – vorsichtig formuliert – bei seiner Imagegestaltung kreativ zu unterstützen. Aber: Man sollte dabei hinter den Kulissen bleiben.
Und: Wer in Sachen PR unterwegs ist, sollte Ross und Reiter nennen und sich nicht als Gutmensch darstellen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es Idealisten so gut wie gar nicht gibt. Wahrscheinlich ist diese Gattung mit Mahatma Gandhi 1948 ausgestorben. Wenn ein Mensch irgendetwas tut, gibt es dafür – überspitzt formuliert – drei Beweggründe: Geld, Sex oder Macht. Misstrauisch werde ich, wenn ein Gegenüber versucht, mir einzureden, dass er einer Sache um ebendieser Sache willen diene und dass es ihm ein Herzensbedürfnis sei ... Dann erwiesen sich meine Gesprächspartner bisher stets als Lügner – oder sie waren verrückt.
Um noch mal auf meine Lokalpostille zu kommen: Die nach eigener Aussage dem Qualitätsjournalismus verpflichtete Leipziger Volkszeitung hat natürlich nur die offiziellen Statements der Gutmenschen veröffentlicht und auf kritische Fragen verzichtet – oder die darauf erhaltenen Antworten unter den Tisch fallen lassen.

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Montag, 16. Juni 2008
Die Türken vor Wien oder: Dürfte Deutschland vor Moskau stehen?
So. Gestern haben es die Türken also geschafft und sich mit einer tollen Energieleistung ins EM-Viertelfinale geschossen. Wer eine eigentlich entschiedene Partie kippt und gegen Tschechien spektakulär 3:2 gewinnt, hat Grund zum Jubeln.
Die Türken sehen sich im Finale, allerlei Halbmondblätter Titeln heftig nationalstolzistisch. Nachzulesen u.a. hier: www.welt.de/sport/article2108962/Tuerken_sehen_sich_wieder_vor_den_Toren_Wiens.html

Hmmm. Mal kurz nachgedacht. Die Türken vor den Toren Wiens? Das war doch die berühmte Kaffeefahrt, bei der das türkische Heer unter Ibrahim Pascha im Jahre 1529 nach Kräften Leute erschlug, Ländereien verwüstete und erstaunlicherweise vor Wien eine Schlappe einsteckte. Dass die abziehenden Türken dabei den Mitteleuropäern der Legende nach den Kaffee bescherten, sehen wir mal als ungewollt positiven Nebeneffekt an.
Ansonsten war das ganze Unternehmen ein Eroberungskrieg erster Güte, bei dem auch das stattfand, was man heute als "ethnische Säuberungen" zurecht an den Pranger stellt.
Und nun stehen die Türken wieder vor den Toren Wiens?

Fußball-EM hin, Euphorie her - mich kotzen solche Formulierungen an. Mit gleichem Recht könnte eine deutsche Mannschaft demnächst zum neuerlichen "Sturm auf Moskau" ansetzen oder einen Finalsieg unter dem Stichwort "Endlösung" verkünden.

Um nicht missverstanden zu werden: Es gibt vergleiche, die gut sind; und es gibt welche, die einfach "hinken". Außerdem gibt es welche, die man sich verkneifen sollte - dazu gehören aus meiner Sicht der "Türken vor den Toren Wiens" ebenso wie der Angriff auf Moskau oder die Endlösung.
Wer sie dennoch gebraucht, zeigt, dass Fußball wirklich blöd macht. Nicht nur die Spieler, sondern auch die darüber-Schreiber.

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Freitag, 30. Mai 2008
Das ist die Zukunft – aber bis dahin haben wir noch anderes zu tun ... oder: Sanft entschlafende Leistungsträger
Zu den freudvollen Nebenerscheinungen meiner journalistischen Arbeit gehört die Teilnahme an allerlei Veranstaltungen. Einen Teil des gestrigen Abends verbrachte ich in der Ratsversammlung einer sächsischen Kleinstadt. Oft geht es bei solcherlei Events so dröge zu, dass die Hausstaubmilben in der Auslegware schlimmen Husten bekämen, wenn sie den Lungenatmer wären. Aber die gestrige Veranstaltung hatte ihren Reiz und war bescherte mir einen beträchtlichen Erkenntnisgewinn. Das lag zum kleineren Teil daran, dass mein Berichts- und Fotoauftrag sich nur auf den ersten Tagesordnungspunkt, die feierliche Inbetriebnahme eines recht interessanten und nützlichen Internetportals, des Virtuellen Rathauses, erstreckte und ich anschließend davoneilen durfte.
Den größeren Teil des Lust- und Erkenntnisgewinns zog ich jedoch aus den Kommentaren, mit denen einige der Zuschauer das Geschehen verfolgten. Die konnten (oder – im Einzelfall: wollten) den Nutzen der vorgestellten IT-Lösung schlicht und einfach nicht begreifen und moserten kernige Sprüche wie „Jetzt wiss’mer endlich, was die im Rasthaus aus lauter Langeweile machen“ und derlei von Sachkunde geprägte Äußerungen. Dass eine Vielzahl von Dienstleistungen, für die der geneigte Bürger (oder die Bürgerin) bislang ins Rathaus traben musste, nunmehr auf elektronischem Wege zu nutzen sind, dass Vereine ihre Veranstaltungen im Redaktionssystem via Internet selbst anmelden können – das interessierte die anwesende Kleinstadtelite wie der sprichwörtliche Sack Reis, der in China umfällt. Wobei – letzterer interessiert angesichts der aktuellen Lebensmittelpreise doch mehr.
Nun gut, zum Zwecke der Veranschaulichung wurde Stadträten und Publikum per Beamer und drahtlosem Internetzugang noch ein besonderes Schmankerl vorgeführt: Ortsansässige Unternehmen erhalten die Möglichkeit, einen Basisdatensatz zur Darstellung ihres ruhmreichen Tuns gleichfalls per Redaktionssystems in das Onlineportal des Virtuellen Rathauses einzupflegen. Nach Freigabe im Content Management System sind diese Inhalte dann für jeden Nutzer abrufbar.
Wer nun glaubte, dass die anwesende Wirtschaftsprominenz der Heidestadt angesichts dieses kostenfrei nutzbaren Angebotes vor Freude den Boden das Saals küssen und anschließend in laute Lobpreisungen an die Adresse des Bürgermeisters und seiner Verwaltung ausbrechen würde, der sah sich enttäuscht. Der Chef eines ehrwürdigen Handwerksunternehmens moserte zunächst herum, dass er „kein Spezialist“ für so was sei, seine Zeit damit verbringen müsse, um zu „arbeiten, damit ich Gewerbesteuern zahlen kann“ und auch künftig alles per Brief erledigen wolle. Als ihm live vorgeführt wurde, dass sein Unternehmen dank der Vorarbeit einer eifrigen Verwaltungsmitarbeiterin „schon drin“ ist im Virtuellen Rathaus, fand das meisterliche Grummeln kein Ende. „Das mag ja die Zukunft sein, aber für uns ist das jetzt noch kein Thema“, sprach der wackere Handwerker.
Was habe ich aus diesem Abend gelernt?
Erstens, dass ein zu hohes Maß an Basisdemokratie nichts bringt. Hätte man im ausgehenden 19. Jahrhundert „das Volk“ gefragt, ob es die Elektrifizierung der Städte wünscht, wären Fackel, Kerze und Öllampe wohl bis heute die dominierenden Beleuchtungsmittel. Oder, anders gesprochen, wer ein Rezepte für die Herstellung von Knacker, Tee- und Leberwurst sucht, sollte darüber nicht mit Schweinen reden – dann wird alles Tofu. Ääähh.
Zweitens hat mit der amüsante Abend gezeigt, dass zumindest ein Teil der Unternehmer, die mit ihren Betrieben den sprichwörtlichen Bach hinuntergehen, daran selbst Schuld trägt. Wer sagt, dass die Zukunft für ihn heute noch kein Thema ist, der hat keine und kann nur auf sanftes Entschlummern statt eines schmerzhaften Ablebens hoffen.
Und drittens sind auch die vermeintlichen Leistungsträger nicht immer das, was die Bezeichnung suggeriert. Manchmal sind sie – wahrscheinlich dank ihrer visionären Eltern, Großeltern, Urgroßeltern usw. – einfach nur da. Noch.
PS.: Die Kleinstadt, von der ich hier geschrieben habe, gibt es wirklich. Sie liegt eine reichliche halbe Autostunde östlich von Leipzig. Dass ich ihren Namen nicht nenne, hat einen simplen Grund: Es gibt viele solcher Städte, viele solcher Zuschauer und viele solcher zukunftslosen Leistungsträger.

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Mittwoch, 14. Mai 2008
Frühstück für Helden oder: Leipziger Qualitätsjournalismus
Meine Lokalpostille hat’s einfach drauf. Wann immer ich glaube, dass die Bandbreite verlegerischer Wunderlichkeiten ausgereizt ist – die LVZler schaffen es mit ihrem Verständnis von Qualitätsjournalismus doch stets aufs Neue, mich zu verblüffen. Unter dem Motto „Frühstück für Helden“ prangte auf der heutigen ersten Lokalseite der Leipziger Volkszeitung ein großer Text, in dem für ein Leserfrühstück geworben wird.
Worum geht’s? Ende Juni startet meine Lokalpostille eine Werbeaktion, in deren Verlauf allerlei Menschen (mindestens zwei, höchstens 15) mit einem Gratisfrühstück bedacht werden. Samt Brötchen, Marmelade, Tasse und – diese Kröte muss man schlucken – druckfrischer LVZ.
Mit geringen Modifikationen fand sich die epische Ankündigung dieser Aktion nicht nur in der Leipziger Ausgabe der LVZ, sondern auch auf dem Lokaltitel der Kreisausgaben. Solcherart Gleichschaltung spricht für zentrale Vorgaben aus der Chef-Etage. Roland Herold, der Ressortleiter Regionales himself, hat den Text geliefert.
Die regelmäßigen Leser dieses kleinen Tagebuches werden sich nun fragen, warum ich das erwähnenswert finde. Dass meine dem Qualitätsjournalismus verpflichtete Lokalpostille eine Eigenmarketingaktion an exponierter Stelle ins Blatt hebt, mag Geschmacksache sein bzw. allenfalls ein leichtes Geschmäckle haben. Allerdings muss laut Pressekodex in einem solchen Fall eine Kennzeichnung erfolgen, die es auch dem DAL (Dümmstanzunehmendem Leser) leicht macht, den Braten zu riechen. In besagtem Pressekodex heißt es unter Ziffer 7 „Bei Veröffentlichungen, die ein Eigeninteresse des Verlages betreffen, muss dieses erkennbar sein.“ Wer’s genauer nachlesen will, findet den Pressekodex hier: www.presserat.de/Einfuehrung.27.0.html Es lohnt sich übrigens, ein wenig auf den Seiten des Presserates zu stöbern, möglicherweise sieht der eine oder andere Leser meines kleinen Tagebuches „seine“ Lokalpostille unter einem ganz neuen Licht.
In diesem Sinne – angenehmes Frühstück noch.

PS.: Ach ja, eine Anmerkung muss noch sein. Das "Frühstück für Helden" ist so neu übrigens nicht. 1999 kam eine US-amerikanische Filmkomödie gleichen Namens (Original: Breakfast of Champions) in die Kinos, die sich in den USA zwar als veritabler Durchfaller erwies, deren Titel aber dennoch geschützt sein dürfte - nicht zuletzt, da der Film auf dem Buch "Breakfast of Champions" von Kurt Vonnegut aus dem Jahre 1973 basiert. Das macht die Aktion meiner Lokalpostille nicht besser, aber spannender. Vielleicht meldet sich ja ein Abmahner bei den Helden ...

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Montag, 5. Mai 2008
Die Lücke, die er hinterließ, ersetzte ihn ganz. Oder: Schöne Überschriften für meine Sammlung
Eine Erkenntnis vorweg: Beim Blick in die Zugriffsstatistik, die mir das Leserinteresse an diesem kleinen Tagebuch offenbart, gibt es immer wieder Grund zum Staunen: Unangefochtene Nummer 1 ist mein Bericht über den Thüringen Ultra. Kein Wunder, der Lauf war toll und die potenziellen 2008er Starter informieren sich über die Veranstaltung. Gefragt sind auch - obwohl's schon Schnee von gestern und vorgestern ist - meine kautzigen Texte über eine Weltumdingselung, die irgendwie oder doch nicht ... Zunehmender Beliebtheit erfreuen sich auch meine Kommentare zur lokalen Medienwelt. Neben dem verantwortlichen Mitarbeiter meiner Lokalpostille, der regelmäßig nach seinem Namen googelt (macht nüscht, ist ja nicht ehrenrührig ...), lesen auch andere Lokalpostilleros regelmäßig nach, was über ihren Qualitätsjournalismus auf den Seiten des Zeitungsdiebes steht.
Um diesen Berufskollegen bei ihren Recherchen Futter zu liefern, möchte ich den geneigten Lesern eine besonders schöne Blüte, die ich heute in der Leipziger Volkszeitung erspähte, natürlich nicht vorenthalten. Dabei habe ich gar nicht nach Wunderlichkeiten gesucht - dieses Kunstwerk sprang mich förmlich an. Ich verhalf dem unverhofften Fund allerdings zu einem weiteren Sprung: In pdf-Form liegt das schöne Stück in meinem Archiv und wird wohl demnächst Eingang in einen meiner Vorträge finden. Anmerkung für meinen Lieblingsleser aus der Chefetage: Gegen die glaubhafte Inaussichtstellung eines angemessenen Honorars trete ich auch vor ausgewählten Qualitätsjournalisten auf ...

Aber zurück zu meinem Zufallsfund. In der Überschrift zu einem Interview über das Thema "Mammographie" fand sich die folgende Unterzeile: "Fehlende Mammographie-Praxen in Sachsen sollen bis zum Jahresende eröffnen"
Haben's alle verstanden? Auch die Leser aus dem Petersteinweg? Gern würde ich denjenigen, die den Qualitätshumor in dieser Formulierung nicht zu entdecken vermögen, mit einem Vergleich auf die Sprünge helfen - aber leider fällt mir beim besten Willen nichts vergleichbar Dämliches ein. Und - soviel sei zu meiner Ehrenrettung verraten - ich habe mich im Rahmen meiner Möglichkeiten aufrichtig bemüht und mit meinen noch morgenfrischen Äuglein einige Minuten auf diesen Tagebucheintrag gestarrt und um eine passend unpassende Formulierung gerungen.
Manchmal vermag mich sogar meine Lokalpostille noch zu überraschen ...

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