Freitag, 2. Mai 2008
1. Mai, Leiharbeit im Journalismus oder: Mut zur Lücke in der Berichterstattung
zeitungsdieb, 15:44h
Heute durfte ich mich wieder einmal als erfolgreicher Prophet fühlen. Warum? Am gestrigen 1. Mai prangerte der Deutsche Journalistenverband DJV die Bedrohung der unabhängigen Preosse durch immer mehr Leiharbeit in den Redaktionen an. Hier http://www.djv.de/SingleNews.20.0.html?&tx_ttnews[tt_news]=1372&tx_ttnews[backPid]=18&cHash=e3870963cb findet sich die Mitteilung des Verbandes. Unter der Überschrift „Billige Lohnschreiber bedrohen Journalismus“ nahm sich die netzeitung hier http://www.netzeitung.de/medien/999757.html des Themas an.
Worum geht es? Nun, im Medienbereich gibt es recht attraktive Tarifverträge, die Journalistinnen und Journalisten auskömmliche Bezüge weit jenseits der Prekariatsgrenze sichern. Mit zunehmenden Berufsjahren und wachsender Verantwortung kann man als Zeitungsredakteur durchaus anständig verdienen. Dass das dem einen oder anderen Verlagsmanager ein Dorn im Auge ist, liegt auf der Hand, denn schließlich wollen auch Aktionäre beglückt werden.
„Outsourcing“ und freie Mitarbeiter waren bisher das Mittel der Wahl, um die Kosten im Zaum zu halten. Von den meisten Lesern unbemerkt, werden große Teile vieler Tageszeitungen längst „fremd“ und vor allem kostengünstig produziert. Die Rede ist nicht vom freien Schreiberling, der über die abendliche Versammlung des Karnickelzüchtervereins „Flotter Rammler“ berichtet, sich dazu vier Stunden ins Vereinslokal setzt, eifrig mitschreibt und fotografiert, für seine 28 Fahrtkilometer keine Kostenerstattung erhält, anschließend eine Stunde lang den Text über die Karnickelmafia in den Computer drischt, Text und Bilder an seine Redaktion mailt und dafür – mit etwas Glück – neben der Ehre der Autorenschaft 30 Euro erhält. Den Stundenlohn für solcherart Ausbeutung möge sich der geneigte Leser meines kleinen Tagebuches selbst ausrechnen.
Aber darüber wollte ich ja gar nicht schreiben. Sondern über Dienstleister, die für Tageszeitungsverlage komplette Seiten bzw. Beilagen erarbeiten und bis zur druckfertigen pdf-Datei aufbereiten. Natürlich ohne Tarifbindung, ohne Urlaubsansprüche und all die anderen Segnungen des Tarifrechtes. Das ist in deutschen Verlagen längst die Normalität.
Neu ist der ausufernde Einsatz von Leiharbeitern, die große Tageszeitungsverlage bei Zeitarbeitsfirmen anheuern und im normalen Redaktionsbetrieb einsetzen. Nur am Rande erwähnt sei, dass einige Tageszeitungsverlag in unserem schönen Land selbst Besitzer derartiger Zeitarbeitsfirmen sind.
Und so sitzen dann in einer Redaktion der in Ehren ergraute Redakteur in Festanstellung, der jungdynamische Praktikant mit der Hoffnung auf wenigstens eine befristete Anstellung und der Zeitarbeiter Tisch an Tisch und produzieren Qualitätsjournalismus. Am Monatsende bekommt der eine runde viereinhalbtausend Euro, der andere mit etwas Glück gar nichts und der dritte Schreiberling von seiner Zeitarbeitsfirma 2.000 Euro. So schön ist die Arbeitswelt auch in etablierten deutschen Großverlagen.
Der DJV-Bundesvorsitzende wertete die Praxis, Journalisten zu billigen Lohnschreibern zu degradieren, als beschämend und nannte mehr als ein Dutzend deutscher Verlage, die qualifizierte Redakteursstellen auf Dauer mit Leiharbeitnehmern besetzen. Zu den besonders verwerflichen Fällen zählt aus Sicht des DJV die Sächsische Zeitung. Dort ist Leiharbeit gängige Praxis, obwohl das Blatt sich im Besitz der SPD befindet.
Das wunderte mich nicht wirklich, denn die Sächsische Zeitung zählte auch zu den Vorreitern beim Outsourcing von kompletten Regionalredaktionen. Neue Firma, neue Verträge – so macht Unternehmertum Spaß – auch bei der SPD.
So, und nun komme ich wieder auf die eingangs gemachte Feststellung, dass ich mich als erfolgreicher Prophet gefühlt habe, zurück. Ich hatte mir am gestrigen 1. Mai überlegt, was wohl die so gescholtene Sächsische Zeitung und was meine gleichfalls (anteilig) im SPD-Besitz befindliche Lokalpostille namens Leipziger Volkszeitung über das Thema berichten würde. Und ich lag richtig. In beiden Blättern ist das Thema „Leiharbeit im Journalismus“ in der heutigen Ausgabe kein Thema.
Aber, mal ehrlich: Ein Prophet musste ich dazu nicht wirklich sein.
Worum geht es? Nun, im Medienbereich gibt es recht attraktive Tarifverträge, die Journalistinnen und Journalisten auskömmliche Bezüge weit jenseits der Prekariatsgrenze sichern. Mit zunehmenden Berufsjahren und wachsender Verantwortung kann man als Zeitungsredakteur durchaus anständig verdienen. Dass das dem einen oder anderen Verlagsmanager ein Dorn im Auge ist, liegt auf der Hand, denn schließlich wollen auch Aktionäre beglückt werden.
„Outsourcing“ und freie Mitarbeiter waren bisher das Mittel der Wahl, um die Kosten im Zaum zu halten. Von den meisten Lesern unbemerkt, werden große Teile vieler Tageszeitungen längst „fremd“ und vor allem kostengünstig produziert. Die Rede ist nicht vom freien Schreiberling, der über die abendliche Versammlung des Karnickelzüchtervereins „Flotter Rammler“ berichtet, sich dazu vier Stunden ins Vereinslokal setzt, eifrig mitschreibt und fotografiert, für seine 28 Fahrtkilometer keine Kostenerstattung erhält, anschließend eine Stunde lang den Text über die Karnickelmafia in den Computer drischt, Text und Bilder an seine Redaktion mailt und dafür – mit etwas Glück – neben der Ehre der Autorenschaft 30 Euro erhält. Den Stundenlohn für solcherart Ausbeutung möge sich der geneigte Leser meines kleinen Tagebuches selbst ausrechnen.
Aber darüber wollte ich ja gar nicht schreiben. Sondern über Dienstleister, die für Tageszeitungsverlage komplette Seiten bzw. Beilagen erarbeiten und bis zur druckfertigen pdf-Datei aufbereiten. Natürlich ohne Tarifbindung, ohne Urlaubsansprüche und all die anderen Segnungen des Tarifrechtes. Das ist in deutschen Verlagen längst die Normalität.
Neu ist der ausufernde Einsatz von Leiharbeitern, die große Tageszeitungsverlage bei Zeitarbeitsfirmen anheuern und im normalen Redaktionsbetrieb einsetzen. Nur am Rande erwähnt sei, dass einige Tageszeitungsverlag in unserem schönen Land selbst Besitzer derartiger Zeitarbeitsfirmen sind.
Und so sitzen dann in einer Redaktion der in Ehren ergraute Redakteur in Festanstellung, der jungdynamische Praktikant mit der Hoffnung auf wenigstens eine befristete Anstellung und der Zeitarbeiter Tisch an Tisch und produzieren Qualitätsjournalismus. Am Monatsende bekommt der eine runde viereinhalbtausend Euro, der andere mit etwas Glück gar nichts und der dritte Schreiberling von seiner Zeitarbeitsfirma 2.000 Euro. So schön ist die Arbeitswelt auch in etablierten deutschen Großverlagen.
Der DJV-Bundesvorsitzende wertete die Praxis, Journalisten zu billigen Lohnschreibern zu degradieren, als beschämend und nannte mehr als ein Dutzend deutscher Verlage, die qualifizierte Redakteursstellen auf Dauer mit Leiharbeitnehmern besetzen. Zu den besonders verwerflichen Fällen zählt aus Sicht des DJV die Sächsische Zeitung. Dort ist Leiharbeit gängige Praxis, obwohl das Blatt sich im Besitz der SPD befindet.
Das wunderte mich nicht wirklich, denn die Sächsische Zeitung zählte auch zu den Vorreitern beim Outsourcing von kompletten Regionalredaktionen. Neue Firma, neue Verträge – so macht Unternehmertum Spaß – auch bei der SPD.
So, und nun komme ich wieder auf die eingangs gemachte Feststellung, dass ich mich als erfolgreicher Prophet gefühlt habe, zurück. Ich hatte mir am gestrigen 1. Mai überlegt, was wohl die so gescholtene Sächsische Zeitung und was meine gleichfalls (anteilig) im SPD-Besitz befindliche Lokalpostille namens Leipziger Volkszeitung über das Thema berichten würde. Und ich lag richtig. In beiden Blättern ist das Thema „Leiharbeit im Journalismus“ in der heutigen Ausgabe kein Thema.
Aber, mal ehrlich: Ein Prophet musste ich dazu nicht wirklich sein.
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Mittwoch, 16. April 2008
Wer - wie - was? Oder: Aufschlussreiche Herkunft
zeitungsdieb, 10:24h
Vor einiger Zeit hatte ich an dieser Stelle bereits über das Wunder der IP-Adressen geschwafelt, die - sofern man sie nicht mittels Tor oder anderer schlauer Helferlein verdingsbumst - Aufschlüsse über die Herkunft von Internet-Nutzern und Tagebuch-Mitlesern zulassen.
Nicht minder interessant ist die Auflistung der Suchbegriffe, die den einen oder anderen Neu-Leser auf mein kleines Tagebuch aufmerksam werden ließen. Keine Bange, ich rede hier nicht von "Sex", "Sprengstoff", "Terror", Britney Spears" oder "Paris Hilton" - wer sucht denn schon nach sowas.
Allerdings scheint ein Berufskollege derzeit verstärkt nach seinem Namen zu googeln - und da ich eben diesen Kollegen wegen der äußerst brutalen Verwendung eines vermeintlichen Adenauer-Zitates mit dem Beinamen "der Kastrierer" bedacht hatte, landete er prompt auch in den Zeitungsdiebs Tagebuch.
Gelle, das ist mal ein ordentlicher Lesestoff. Nicht immer so'n Zeugs wie sonst ... In diesem Sinne: Viel Spaß noch beim Schmökern und: Gegen Honorar schreibe ich auch mal wieder ein paar Zeilen für die Lokalpostille.
Nicht minder interessant ist die Auflistung der Suchbegriffe, die den einen oder anderen Neu-Leser auf mein kleines Tagebuch aufmerksam werden ließen. Keine Bange, ich rede hier nicht von "Sex", "Sprengstoff", "Terror", Britney Spears" oder "Paris Hilton" - wer sucht denn schon nach sowas.
Allerdings scheint ein Berufskollege derzeit verstärkt nach seinem Namen zu googeln - und da ich eben diesen Kollegen wegen der äußerst brutalen Verwendung eines vermeintlichen Adenauer-Zitates mit dem Beinamen "der Kastrierer" bedacht hatte, landete er prompt auch in den Zeitungsdiebs Tagebuch.
Gelle, das ist mal ein ordentlicher Lesestoff. Nicht immer so'n Zeugs wie sonst ... In diesem Sinne: Viel Spaß noch beim Schmökern und: Gegen Honorar schreibe ich auch mal wieder ein paar Zeilen für die Lokalpostille.
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Mittwoch, 19. März 2008
Meine Lokalpostille LVZ oder: Qualitätsjournalismus aus der Medienstadt Leipzig
zeitungsdieb, 10:32h
Demnächst darf ich im Auftrag eines langjährigen Kunden mal wieder einer meiner Lieblingstätigkeiten nachgehen. Nein, ich rede nicht vom Laufen (an alle geneigten Leser dieses Tagebuches: Sollten Sie Ihre Veranstaltung noch mit einem „Irren“ veredeln wollen, der z.B. einen Marathon läuft, während sich ihre Gäste am Büfett laben – Anruf genügt!), sondern vom gescheit Daherreden. Ich soll netten Menschen etwas übers Zeitungsmachen erzählen, erhalte dafür nette Worte, freie Kost und eine erfreuliche Überweisung auf mein Geschäftskonto – was will man als Lebenskünstler mehr?
In Vorbereitung dieser Veranstaltung lese ich meine geliebte Lokalpostille samt ihrer Kreisausgaben derzeit etwas gründlicher als sonst. Mein Eindruck: Pisa ist keine Bedrohung, Pisa ist längst Realität. Was sich da alles an ausgemachten Dümm- und Grauslichkeiten in der Leipziger Volkszeitung findet, ist beeindruckend. Keine Angst, ich wettere jetzt nicht in gewohnter Weise über die laut Pressekodex verbotene Verknüpfung von wirtschaftlichen Verlagsinteressen und redaktionellem Teil, denn dann würde dieser Tagebucheintrag unlesbar, weil schlicht und einfach zu lang.
Mit fiel erst heute wieder die offenkundige Unwissenheit auf, die so mancher meiner geschätzten Berufskollegen wie ein Ehrenzeichen stolz vor sich herträgt. Beispiel gefällig? Ein Artikel über die Tücken des Lückenschlusses im DSL-Netz war mit „Gegen die DSL-Diaspora: Kupferkabel auf dem Vormarsch“ übertitelt. Mal abgesehen davon, dass der Verfasser des Textes nicht wirklich fit in punkto DSL, Telefonie etc. zu sein scheint und sich das Blähdeutsch der PR-Leute des Magenta-Riesen ohne erkennbare Gegenwehr einflößen ließ, hat er beim „Fremdwortwürfeln“ mit dem Griff nach der Vokabel „Diaspora“ ein ungeschicktes Händchen bewiesen. Da diese falsche Vokabel auch im Text auftaucht, kann sich der Missetäter auch nicht auf eine „einmalige Entgleisung“ berufen.
Nur zur Sicherheit und zum Zwecke der Bildung: Laut Duden bezeichnet das Wort „Diaspora“ (griechisch: Verstreutheit) ein „Gebiet, in dem die Anhänger einer Konfession in der Minderheit“ sind. Im aktuellen Sprachgebrauch wird das Wort sowohl für religiöse als auch nationale Minderheiten (Flüchtlinge, Vertriebene, Migranten) verwendet. Wer’s ausführlicher mag, wird u.a. hier http://de.wikipedia.org/wiki/Diaspora fündig.
Ein Stück flaches Land, auf dem die T-Com den Antrag auf Einrichtung eines DSL-Anschlusses mit freundlichen Worten „mangels Verfügbarkeit“ ablehnt, ist folglich keine Diaspora, sondern eine „Lücke im DSL-Netz“ bzw. ein „Weißer Fleck auf der DSL-Landkarte“. Sogar eine Formulierung der Art „DSL-Bermuda-Dreieck“ hätte ich (murrend zwar) akzeptiert. Aber nicht Diaspora, denn das ist in diesem Zusammenhang falsch – genau wie Enklave, Exklave …
Weshalb ich mich über diesen Fehler so ärgere? Weil eine Lokalpostille wie die „Leipziger Volkszeitung“, die sich nach eigenem Verständnis dem Qualitätsjournalismus verpflichtet sieht, solche Bolzen nicht verschießen darf. Auf ihrer Seite 1 ebenso wenig wie in einer Kreisausgabe – ganz gleich, ob Roger, Mandy oder die Praktikantin Sabrina die Spalten der Postille möglichst kostengünstig füllen …
In Vorbereitung dieser Veranstaltung lese ich meine geliebte Lokalpostille samt ihrer Kreisausgaben derzeit etwas gründlicher als sonst. Mein Eindruck: Pisa ist keine Bedrohung, Pisa ist längst Realität. Was sich da alles an ausgemachten Dümm- und Grauslichkeiten in der Leipziger Volkszeitung findet, ist beeindruckend. Keine Angst, ich wettere jetzt nicht in gewohnter Weise über die laut Pressekodex verbotene Verknüpfung von wirtschaftlichen Verlagsinteressen und redaktionellem Teil, denn dann würde dieser Tagebucheintrag unlesbar, weil schlicht und einfach zu lang.
Mit fiel erst heute wieder die offenkundige Unwissenheit auf, die so mancher meiner geschätzten Berufskollegen wie ein Ehrenzeichen stolz vor sich herträgt. Beispiel gefällig? Ein Artikel über die Tücken des Lückenschlusses im DSL-Netz war mit „Gegen die DSL-Diaspora: Kupferkabel auf dem Vormarsch“ übertitelt. Mal abgesehen davon, dass der Verfasser des Textes nicht wirklich fit in punkto DSL, Telefonie etc. zu sein scheint und sich das Blähdeutsch der PR-Leute des Magenta-Riesen ohne erkennbare Gegenwehr einflößen ließ, hat er beim „Fremdwortwürfeln“ mit dem Griff nach der Vokabel „Diaspora“ ein ungeschicktes Händchen bewiesen. Da diese falsche Vokabel auch im Text auftaucht, kann sich der Missetäter auch nicht auf eine „einmalige Entgleisung“ berufen.
Nur zur Sicherheit und zum Zwecke der Bildung: Laut Duden bezeichnet das Wort „Diaspora“ (griechisch: Verstreutheit) ein „Gebiet, in dem die Anhänger einer Konfession in der Minderheit“ sind. Im aktuellen Sprachgebrauch wird das Wort sowohl für religiöse als auch nationale Minderheiten (Flüchtlinge, Vertriebene, Migranten) verwendet. Wer’s ausführlicher mag, wird u.a. hier http://de.wikipedia.org/wiki/Diaspora fündig.
Ein Stück flaches Land, auf dem die T-Com den Antrag auf Einrichtung eines DSL-Anschlusses mit freundlichen Worten „mangels Verfügbarkeit“ ablehnt, ist folglich keine Diaspora, sondern eine „Lücke im DSL-Netz“ bzw. ein „Weißer Fleck auf der DSL-Landkarte“. Sogar eine Formulierung der Art „DSL-Bermuda-Dreieck“ hätte ich (murrend zwar) akzeptiert. Aber nicht Diaspora, denn das ist in diesem Zusammenhang falsch – genau wie Enklave, Exklave …
Weshalb ich mich über diesen Fehler so ärgere? Weil eine Lokalpostille wie die „Leipziger Volkszeitung“, die sich nach eigenem Verständnis dem Qualitätsjournalismus verpflichtet sieht, solche Bolzen nicht verschießen darf. Auf ihrer Seite 1 ebenso wenig wie in einer Kreisausgabe – ganz gleich, ob Roger, Mandy oder die Praktikantin Sabrina die Spalten der Postille möglichst kostengünstig füllen …
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Donnerstag, 28. Februar 2008
Konrad Adenauer und das Geschwätz von gestern
zeitungsdieb, 12:21h
Vor einigen Tagen habe ich in meinem Tagebuch an dieser Stelle http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/1052270/#1054904 über Konrad Adenauer und das Zitat "Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern ..." und dessen missbräuchliche Verwendung philosphiert.
Und da ich für den gern vergessenen zweiten Teil dieses Zitates zwei verschiedene Varianten gefunden habe (1. ... wenn ich doch jeden Tag etwas dazulerne. 2. ... wenn ich doch jeden Morgen ein wenig weiser bin), hatte ich die Leser meines kleinen Tagebuches um Hilfe gebeten. Parallel dazu sprach ich bei der Stiftung Konrad-Adenauer-Haus und bei der Konrad-Adenauer-Stiftung vor - wer so heißt, musses schließlich wissen.
Soeben erhielt ich einen äußerst interessanten Anruf: Ein kluger Mensch teilte mir mit, dass man darum wisse, dass dieses Zitat häufig dem ersten deutschen Bundeskanzler zugeschrieben werde. Und es sei auch nicht auszuschließen, dass Konrad Adenauer auf den Gängen des Bundestages irgendwann einmal einen solchen Ausspruch getan hat.
Aber (!), und nun wird's interessant: Es gibt keinen Beleg darüber, dass der Ausspruch auch tatsächlich von Adenauer stammt. Folglich kann er diesem auch nicht zugerechnet werden.
Also bleibt mir nur, den unbekannten Ausspruchstifter sinngemäß zu zitieren: Ein schöner Tag - wieder etwas dazugelernt.
Und da ich für den gern vergessenen zweiten Teil dieses Zitates zwei verschiedene Varianten gefunden habe (1. ... wenn ich doch jeden Tag etwas dazulerne. 2. ... wenn ich doch jeden Morgen ein wenig weiser bin), hatte ich die Leser meines kleinen Tagebuches um Hilfe gebeten. Parallel dazu sprach ich bei der Stiftung Konrad-Adenauer-Haus und bei der Konrad-Adenauer-Stiftung vor - wer so heißt, musses schließlich wissen.
Soeben erhielt ich einen äußerst interessanten Anruf: Ein kluger Mensch teilte mir mit, dass man darum wisse, dass dieses Zitat häufig dem ersten deutschen Bundeskanzler zugeschrieben werde. Und es sei auch nicht auszuschließen, dass Konrad Adenauer auf den Gängen des Bundestages irgendwann einmal einen solchen Ausspruch getan hat.
Aber (!), und nun wird's interessant: Es gibt keinen Beleg darüber, dass der Ausspruch auch tatsächlich von Adenauer stammt. Folglich kann er diesem auch nicht zugerechnet werden.
Also bleibt mir nur, den unbekannten Ausspruchstifter sinngemäß zu zitieren: Ein schöner Tag - wieder etwas dazugelernt.
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Montag, 25. Februar 2008
Schmökern bei Werner Sonntag
zeitungsdieb, 12:06h
Von Zeit zu Zeit schaue ich unter www.laufreport.de
nach, um Werner Sonntags Tagebuch auf neue Einträge zu inspizieren. Beim gestrigen Sonntagsdienst (die Arbeit am Tag des Herrn gehört für Journalisten zur Normalität) wurde ich fündig, Werners Eintrag vom 19. Februar www.laufreport.de/vermischtes/sonntag/sonntag.htm bereitete mir erhebliches Lesevergnügen. Schließlich tut es gut, beim Lesen der Gedanken eines anderen festzustellen, dass die eigenen Auffassungen so verquer doch nicht sein können. Und wenn mein an dieser Stelle kürzlich veröffentlichtes Elaborat über Steuerehrlichkeit (Wer frei von Fehl ist, der werfe den ersten Stein ...) auch weit davon entfernt ist, mehrheitsfähig zu sein, so stimmt es doch im Kern mit der Meinung des von mir hochgeschätzten Sport- und Berufskollegen Werner Sonntag überein. Und das ist ja eine ganze Menge wert ...
nach, um Werner Sonntags Tagebuch auf neue Einträge zu inspizieren. Beim gestrigen Sonntagsdienst (die Arbeit am Tag des Herrn gehört für Journalisten zur Normalität) wurde ich fündig, Werners Eintrag vom 19. Februar www.laufreport.de/vermischtes/sonntag/sonntag.htm bereitete mir erhebliches Lesevergnügen. Schließlich tut es gut, beim Lesen der Gedanken eines anderen festzustellen, dass die eigenen Auffassungen so verquer doch nicht sein können. Und wenn mein an dieser Stelle kürzlich veröffentlichtes Elaborat über Steuerehrlichkeit (Wer frei von Fehl ist, der werfe den ersten Stein ...) auch weit davon entfernt ist, mehrheitsfähig zu sein, so stimmt es doch im Kern mit der Meinung des von mir hochgeschätzten Sport- und Berufskollegen Werner Sonntag überein. Und das ist ja eine ganze Menge wert ...
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Mittwoch, 20. Februar 2008
Adenauer, Goethe und Heinrich der Kastrierer oder: Wie meine Lokalpostille Zitate entstellt
zeitungsdieb, 12:31h
Heute bescherte mir meine Lokalpostille wieder ein Erlebnis der besonderen Art. Da ich mich zurzeit auf ein Seminar zum Thema Pressearbeit vorbereite, dass ich demnächst vor einem größeren Teilnehmerkreis halten werde, lese ich mein Leib- und Magenblatt ein wenig intensiver, um für diese oder jene güldene Regel, die ich meinen Zuhörern verkünden möchte, aktuelle Beispiele anführen zu können.
In einer Kreisausgabe der nach eigenem Selbstverständnis dem Qualitätsjournalismus verpflichteten Leipziger Volkszeitung wurde ich jedoch in gänzlich unerwarteter Richtung fündig. Auf der ersten Seite des Blättchens philosophierte Regional-Chefredakteur Heinrich Lillie über die wundersamen Veränderungen, die das Goethe-Gedicht „Über allen Gipfeln ist Ruh, in allen Wipfeln spürest du kaum einen Hauch; die Vögelein schweigen im Walde. Warte nur, balde ruhest auch du“ durch Übersetzung ins Japanische (1902) und anschließend als vermeintlich japanisch Lyrik ins Französische (1911) erfuhr.
Durch neuerliche Übersetzung repatriiert, lauten die Zeilen des Dichterfürsten nun „Stille ist im Pavillon
aus Jade. Krähen fliegen stumm zu beschneiten Kirschbäumen im Mondlicht. Ich sitze und weine.“
Nette Geschichte, beweist sie doch eindrucksvoll, dass es nicht erst der webbasierten Übersetzungshilfen bedarf, um sprachliche Wunder zu vollbringen.
Leider sah sich mein werter Journalistenkollege genötigt, zur Einstimmung auf die wundersamen Sprachwandlungen noch einige Zeilen abzusondern, in denen er über Politiker räsonierte, die nicht zu ihren Worten stehen. Ich halte das zwar für eine handwerklich misslungene Einleitung, aber wir leben ja in einem freien Land.
Dass besagter Kollege als besonders eklatantes Beispiel für Politiker und ihre Praxis des Wortverbiegens jedoch den ersten deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer ins Feld führte, ging mir denn doch ein wenig gegen die Hutschnur. Heinrich Lillie belegte das mit dem Adenauer-Zitat „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern.“
Nun ist es mit dem Zitieren so eine Sache, vor allem wenn man einen Ausspruch sinnentstellend verkürzt. Adenauer hat sich seinerzeit meines Wissens so geäußert: „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern, wenn ich doch jeden Tag etwas dazulerne.“ In anderen Quellen ist der zweite Teil des Ausspruches mit „Schließlich bin ich am Morgen ein Stück weiser“ angegeben.
Ganz gleich, welche der beiden Fassungen man zugrundelegt, auf alle Fälle klingt Konrad Adenauer so deutlich anders als in der kastrierten Fassung. Soll ich meinem falsch zitierenden Kollegen nun böswillige Absicht oder nur schlichte Unwissenheit unterstellen?
Bis ich in diesem Punkt eine Antwort gefunden habe, halte ich es wieder einmal mit Adenauer. Neben vielen anderen schönen Aussprüchen, wie zum Beispiel dem mit den kleinen Jungen, den Journalisten und den Steinen, stammt von ihm auch der folgende:
„Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont.“
Recht hat er, der alte Fuchs!
PS.: Für einen Hinweis auf die exakte Herkunft des Geschwätz-Zitates wäre ich den Lesern meines kleinen Tagebuches dankbar.
In einer Kreisausgabe der nach eigenem Selbstverständnis dem Qualitätsjournalismus verpflichteten Leipziger Volkszeitung wurde ich jedoch in gänzlich unerwarteter Richtung fündig. Auf der ersten Seite des Blättchens philosophierte Regional-Chefredakteur Heinrich Lillie über die wundersamen Veränderungen, die das Goethe-Gedicht „Über allen Gipfeln ist Ruh, in allen Wipfeln spürest du kaum einen Hauch; die Vögelein schweigen im Walde. Warte nur, balde ruhest auch du“ durch Übersetzung ins Japanische (1902) und anschließend als vermeintlich japanisch Lyrik ins Französische (1911) erfuhr.
Durch neuerliche Übersetzung repatriiert, lauten die Zeilen des Dichterfürsten nun „Stille ist im Pavillon
aus Jade. Krähen fliegen stumm zu beschneiten Kirschbäumen im Mondlicht. Ich sitze und weine.“
Nette Geschichte, beweist sie doch eindrucksvoll, dass es nicht erst der webbasierten Übersetzungshilfen bedarf, um sprachliche Wunder zu vollbringen.
Leider sah sich mein werter Journalistenkollege genötigt, zur Einstimmung auf die wundersamen Sprachwandlungen noch einige Zeilen abzusondern, in denen er über Politiker räsonierte, die nicht zu ihren Worten stehen. Ich halte das zwar für eine handwerklich misslungene Einleitung, aber wir leben ja in einem freien Land.
Dass besagter Kollege als besonders eklatantes Beispiel für Politiker und ihre Praxis des Wortverbiegens jedoch den ersten deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer ins Feld führte, ging mir denn doch ein wenig gegen die Hutschnur. Heinrich Lillie belegte das mit dem Adenauer-Zitat „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern.“
Nun ist es mit dem Zitieren so eine Sache, vor allem wenn man einen Ausspruch sinnentstellend verkürzt. Adenauer hat sich seinerzeit meines Wissens so geäußert: „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern, wenn ich doch jeden Tag etwas dazulerne.“ In anderen Quellen ist der zweite Teil des Ausspruches mit „Schließlich bin ich am Morgen ein Stück weiser“ angegeben.
Ganz gleich, welche der beiden Fassungen man zugrundelegt, auf alle Fälle klingt Konrad Adenauer so deutlich anders als in der kastrierten Fassung. Soll ich meinem falsch zitierenden Kollegen nun böswillige Absicht oder nur schlichte Unwissenheit unterstellen?
Bis ich in diesem Punkt eine Antwort gefunden habe, halte ich es wieder einmal mit Adenauer. Neben vielen anderen schönen Aussprüchen, wie zum Beispiel dem mit den kleinen Jungen, den Journalisten und den Steinen, stammt von ihm auch der folgende:
„Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont.“
Recht hat er, der alte Fuchs!
PS.: Für einen Hinweis auf die exakte Herkunft des Geschwätz-Zitates wäre ich den Lesern meines kleinen Tagebuches dankbar.
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Sonntag, 20. Januar 2008
Sphinx, Fata Morgana und ein totes Schachgenie
zeitungsdieb, 14:36h
Robert James „Bobby“ Fischer ist am 17. Januar im Alter von 64 Jahren gestorben. Er war eine Schachlegende, eine extrem widersprüchliche Persönlichkeit und demonstrierte immer wieder, wie dicht Genie und Wahnsinn beieinander liegen können. Wer sich über den Mann, der auf dem Gipfel des kalten Krieges den sowjetischen Schachweltmeister Boris Spasski besiegte, der stets Verschwörungstheorien köchelte und die Anschläge vom 11. September 2001 positiv fand, näher informieren möchte, dem sei http://de.wikipedia.org/wiki/Bobby_Fischer empfohlen. Dort finden sich auch sehr interessante Links auf andere Veröffentlichungen. Zum Glück nicht aufgelistet ist eine Veröffentlichung meiner Lokalpostille. Immerhin – Bobby Fischers Tod schaffte auf die erste Seite des Sportteils der Leipziger Volkszeitung, wo doch ansonsten die balltretenden Rasenkomiker unter sich bleiben. Und statt irgendeines Sportredakteurs nahm sich sogar der Chefreporter meiner Lokalpostille der Nachricht von Fischers Tod an.
Hätte er es mal bleiben lassen. Zwar entlockte mein geschätzter Kollege dem 79jährigen Fischer-Kenner Lothar Schmidt einige nette Äußerungen, allerdings bewies er beim Gebrauch des Fischer-Beinamens „Sphinx“ wenig Geschick.
Dieser war dem stets geheimnisumwitterten und wortkargen Schachgenie irgendwann verliehen worden, weil die Sphingen im Ruf standen, nicht eben geschwätzig zu sein. Außerdem wird ihnen in der einschlägigen Myhologie ein Hang zu Rätselaufgaben angedichtet. Wer ein gestelltes Rätsel nicht knackte, hatte Ärger am Hals ...
Nur eines pflegten Sphingen nicht zu tun: Sie tauchten nicht plötzlich auf und verschwanden ebenso unerwartet wieder. Diesen Job hat hingegen die Fata Morgana.
Peinlich, Herr Chefreporter. Falsch gewürfelt – oder, wie einer meiner Lehrer kauzig zu bemerken pflegte: „Fremdwörter sind Glücksache“.
Hätte er es mal bleiben lassen. Zwar entlockte mein geschätzter Kollege dem 79jährigen Fischer-Kenner Lothar Schmidt einige nette Äußerungen, allerdings bewies er beim Gebrauch des Fischer-Beinamens „Sphinx“ wenig Geschick.
Dieser war dem stets geheimnisumwitterten und wortkargen Schachgenie irgendwann verliehen worden, weil die Sphingen im Ruf standen, nicht eben geschwätzig zu sein. Außerdem wird ihnen in der einschlägigen Myhologie ein Hang zu Rätselaufgaben angedichtet. Wer ein gestelltes Rätsel nicht knackte, hatte Ärger am Hals ...
Nur eines pflegten Sphingen nicht zu tun: Sie tauchten nicht plötzlich auf und verschwanden ebenso unerwartet wieder. Diesen Job hat hingegen die Fata Morgana.
Peinlich, Herr Chefreporter. Falsch gewürfelt – oder, wie einer meiner Lehrer kauzig zu bemerken pflegte: „Fremdwörter sind Glücksache“.
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Dienstag, 8. Januar 2008
Wenn der Schäuble dreimal klingelt oder: Programmtipp der anderen Art
zeitungsdieb, 09:19h
Die regelmäßigen Leser dieses kleinen Tagebuches wissen, dass ich hier üblicherweise lästere, jedoch keine Fernsehtipps gebe. Nun, daran wird sich auch mit diesem Eintrag nichts ändern, denn einen Fernsehtipp stellt der folgende Link nicht dar. Er ist vielmehr der Verweis auf einen sehr interessanten Vortrag von Rechtsanwalt Udo Vetter, den dieser unter dem Motto „Sie haben das Recht zu schweigen" zum Verhalten bei Hausdurchsuchungen gehalten hat.
Nun sind die regelmäßigen Leser dieses kleinen Tagebuches – ebenso wie ich – sicher allesamt brave Staatsbürger, die weder fehlsichtige Mitbürger durch leises „Piep-Piep-Piep“ über rote Ampeln schicken noch irgendwelche Diebstähle begehen. Nagut, höchstens mal kleinere ...
Warum also der Hinweis auf Hausdurchsuchungen und das dabei zu beachtende Verhalten? Ganz einfach: Spätestens seit Sheriff Schäuble wahnhaft von einer terroristischen Gefahr zur nächsten rollt und allerspätestens seit dem Beschluss über die Vorratsdatenspeicherung ist es gar nicht so schwer, in der freiheitlich demokratisch grundgeordneten Bundesrepublik anzuecken bzw. in das Visier paranoider Strafverfolger zu geraten.
RA Udo Vetter führt in seinem Vortrag sehr laienfreundlich aus, welche Feinheiten des deutschen Rechts – insbesondere der Strafprozessordnung – auch oder vor allem brave Staatsbürger kennen sollten, um nicht zu viel Ärger zu bekommen.
Wer das für abstrakt hält: Wenn ein „begründeter Anfangsverdacht“ vorliegt und/oder die „kriminalistische Erfahrung“ beim Gegenüber Missetaten vermuten lässt, darf der Polizist des Vertrauens auch mal ohne amtliches Papierchen tätig werden. Diese Kriterien sind – je nach Auslegungs- bzw. Paragraphendehnungsbereitschaft des konkreten Staatsdieners u.U. schon erfüllt, wenn man im Gesicht dunkler als der Durchschnittsdeutsche ist, eine seltsame Frisur trägt, eigenartig riecht, mit seltsamen Leuten beim Bier angetroffen wird oder krümelige Substanzen in Auto bzw. allerlei Schraubgläsern seiner Sporttasche mit sich führt.
Und spätestens hier wird das Wissen um die gesetzlich verbrieften Bürgerrechte auch für Ultraläufer wie Du und ich interessant. Schließlich sind wir mehr als nur gelegentlich mit seltsamen Figuren unterwegs, tun unverständliche Dinge und haben nicht immer den frischesten Geruch an uns. Vom Inhalt unserer Sporttaschen ganz zu schweigen ...
Ich hatte im Juli 2005 das Vergnügen, auf meiner nächtlichen Heimfahrt vom Kölner 24-Stunden-Lauf auf der Autobahn in eine Routinekontrolle zu geraten. Mein nicht ganz alltägliches Aussehen, der Inhalt meines Autos und vor allem meine schwankende Fortbewegungsart beim Gang zur Kofferklappe ließen die Beamten damals auf einen großen Fang hoffen. Mein Erklärungsversuch „Laufen Sie mal über 200 Kilometer am Stück, dann sehen Sie auch so aus“ trug offensichtlich wenig zur Vertrauensbildung bei, denn die Thüringer Polizisten ließen nicht von mir ab, bevor Alkomat, Drugwipe und allerlei Anfragen bei der Zentrale meine Unbedenklichkeit attestiert hatten. Heute würde das sicher länger dauern; Schäuble sei Dank.
Nach dieser langen Vorrede folgt hier nun der Link zum durchaus unterhaltsamen Vortrag. Einziger Wermutstropfen: Da Udo Vetter zwar recht kurzweilig, aber dennoch eine reichliche Stunde lang über die Untiefen, Klippen, Strudel und trüben Wasser deutscher Ermittlungsgepflogenheiten referiert, sollte der geneigte Leser dieses Tagebuches über eine Flatrate verfügen, wenn er die Informationen auf dem heimischen PC anschauen möchte.
Allen Zeittakt- oder Volumenabrechnern sei hingegen empfohlen, zum Konsum des Vetterschen Vortrages Anschaugemeinschaften mit Flatratenutzern zu bilden. Aber Vorsicht: Laut „kriminalistischer Erfahrung“ liefern Personen, die in Gesellschaft einschlägig bekannter Verdächtiger angetroffen werden, einen „hinreichenden Anfangsverdacht“ für weitere strafprozessuale Maßnahmen. Also vorher überlegen, mit wem man guckt. Bevor der Schäuble dreimal klingelt.
So, hier nun der Link. Um unnötigen Traffic auf dem Server von blogger.de zu vermeiden, direkt zum Speicherort und nicht als Java-Fensterchen.
http://video.google.de/videoplay?docid=-1550832407257277331
Nun sind die regelmäßigen Leser dieses kleinen Tagebuches – ebenso wie ich – sicher allesamt brave Staatsbürger, die weder fehlsichtige Mitbürger durch leises „Piep-Piep-Piep“ über rote Ampeln schicken noch irgendwelche Diebstähle begehen. Nagut, höchstens mal kleinere ...
Warum also der Hinweis auf Hausdurchsuchungen und das dabei zu beachtende Verhalten? Ganz einfach: Spätestens seit Sheriff Schäuble wahnhaft von einer terroristischen Gefahr zur nächsten rollt und allerspätestens seit dem Beschluss über die Vorratsdatenspeicherung ist es gar nicht so schwer, in der freiheitlich demokratisch grundgeordneten Bundesrepublik anzuecken bzw. in das Visier paranoider Strafverfolger zu geraten.
RA Udo Vetter führt in seinem Vortrag sehr laienfreundlich aus, welche Feinheiten des deutschen Rechts – insbesondere der Strafprozessordnung – auch oder vor allem brave Staatsbürger kennen sollten, um nicht zu viel Ärger zu bekommen.
Wer das für abstrakt hält: Wenn ein „begründeter Anfangsverdacht“ vorliegt und/oder die „kriminalistische Erfahrung“ beim Gegenüber Missetaten vermuten lässt, darf der Polizist des Vertrauens auch mal ohne amtliches Papierchen tätig werden. Diese Kriterien sind – je nach Auslegungs- bzw. Paragraphendehnungsbereitschaft des konkreten Staatsdieners u.U. schon erfüllt, wenn man im Gesicht dunkler als der Durchschnittsdeutsche ist, eine seltsame Frisur trägt, eigenartig riecht, mit seltsamen Leuten beim Bier angetroffen wird oder krümelige Substanzen in Auto bzw. allerlei Schraubgläsern seiner Sporttasche mit sich führt.
Und spätestens hier wird das Wissen um die gesetzlich verbrieften Bürgerrechte auch für Ultraläufer wie Du und ich interessant. Schließlich sind wir mehr als nur gelegentlich mit seltsamen Figuren unterwegs, tun unverständliche Dinge und haben nicht immer den frischesten Geruch an uns. Vom Inhalt unserer Sporttaschen ganz zu schweigen ...
Ich hatte im Juli 2005 das Vergnügen, auf meiner nächtlichen Heimfahrt vom Kölner 24-Stunden-Lauf auf der Autobahn in eine Routinekontrolle zu geraten. Mein nicht ganz alltägliches Aussehen, der Inhalt meines Autos und vor allem meine schwankende Fortbewegungsart beim Gang zur Kofferklappe ließen die Beamten damals auf einen großen Fang hoffen. Mein Erklärungsversuch „Laufen Sie mal über 200 Kilometer am Stück, dann sehen Sie auch so aus“ trug offensichtlich wenig zur Vertrauensbildung bei, denn die Thüringer Polizisten ließen nicht von mir ab, bevor Alkomat, Drugwipe und allerlei Anfragen bei der Zentrale meine Unbedenklichkeit attestiert hatten. Heute würde das sicher länger dauern; Schäuble sei Dank.
Nach dieser langen Vorrede folgt hier nun der Link zum durchaus unterhaltsamen Vortrag. Einziger Wermutstropfen: Da Udo Vetter zwar recht kurzweilig, aber dennoch eine reichliche Stunde lang über die Untiefen, Klippen, Strudel und trüben Wasser deutscher Ermittlungsgepflogenheiten referiert, sollte der geneigte Leser dieses Tagebuches über eine Flatrate verfügen, wenn er die Informationen auf dem heimischen PC anschauen möchte.
Allen Zeittakt- oder Volumenabrechnern sei hingegen empfohlen, zum Konsum des Vetterschen Vortrages Anschaugemeinschaften mit Flatratenutzern zu bilden. Aber Vorsicht: Laut „kriminalistischer Erfahrung“ liefern Personen, die in Gesellschaft einschlägig bekannter Verdächtiger angetroffen werden, einen „hinreichenden Anfangsverdacht“ für weitere strafprozessuale Maßnahmen. Also vorher überlegen, mit wem man guckt. Bevor der Schäuble dreimal klingelt.
So, hier nun der Link. Um unnötigen Traffic auf dem Server von blogger.de zu vermeiden, direkt zum Speicherort und nicht als Java-Fensterchen.
http://video.google.de/videoplay?docid=-1550832407257277331
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Mittwoch, 28. November 2007
Widerruf - aus freien Stücken
zeitungsdieb, 15:46h
Mea culpa. Ich muss Abbitte tun, muss widerrufen. Nein, weder Robby Clemens noch Onkel Rolf oder Suppenillutommy haben mich zu irgendwas verdonnert. Und kein Wolfgang T., also weder Terrakottawolfgang noch Wolfgang der Fusselbärtige haben mir die Abteilung Inneres auf den Hals gehetzt.
Mein Widerruf hat einen anderen Grund: Von Berufs wegen lasse ich mich hin und wieder über die Verhunzung der deutschen Sprache aus. Dabei wettere ich nicht nur gegen das Denglische, sondern auch gegen Worthülsen und demagogische Phrasen.
Zu letzteren zähle ich den Ausdruck „Anpassung“, sofern er als zusammengesetztes Substantiv durch die Welt vagabundiert. Also „Preisanpassung“, „Beitragsanpassung“ oder „Zinsanpassung“. Denn stets verbirgt sich hinter dem Akt des Anpassens woran auch immer eine Erhöhung.
Als ich heute meinen Briefkasten leerte, kam dabei neben der obligatorischen Werbung auch eine verdächtig, je beängstigend große Anzahl betont schlichter DIN-lang-Umschläge zum Vorschein. Solche, in denen Rechnungen, Strafzettel und ähnlich erfreuliche Post verschickt werden. Auch meine Krankenkasse war unter den Absendern.
Schon vor dem Öffnen taxierte ich die Sendung. Gewicht und Dicke ließen vermuten, dass der Inhalt kein vorgezogener Gruß zum ersten Advent ist. Dann fiel mein Blick auf das fettgedruckte Wort „Beitragsanpassung“ – und alles war sonnenklar: Erst ein billiges Lockvogelangebot, und jetzt schlagen sie zu, die Halsabschneider ...
Bei gründlicherem Lesen stolperte ich über einen sehr seltsamen Satz: „Erfreulicherweise hat die Überprüfung ergeben, dass der Beitrag ... gesenkt werden kann.“
Und obwohl mir im selben Brief mitgeteilt wurde, dass ich wegen der Umsetzung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ab 1.1.2008 anteilig für Schwangerschafts- und Mutterschaftskosten aller Frauen dieser Welt (oder so ähnlich, ich muss ja nicht alles verstehen ...) aufkommen muss, kommt summasummarum eine Senkung meines Krankenkassenbeitrages heraus.
Und warum sprechen die dann von „Anpassung“, wenn sie doch eine Senkung meinen?
Auf alle Fälle widerrufe ich nur zu gern meine Behauptung, dass sich hinter jeder Anpassung eine Steigerung verbirgt. Und wer sich dafür interessiert, welche Kasse dieses Wunder vollbracht hat, kann mich ja mal fragen.
Mein Widerruf hat einen anderen Grund: Von Berufs wegen lasse ich mich hin und wieder über die Verhunzung der deutschen Sprache aus. Dabei wettere ich nicht nur gegen das Denglische, sondern auch gegen Worthülsen und demagogische Phrasen.
Zu letzteren zähle ich den Ausdruck „Anpassung“, sofern er als zusammengesetztes Substantiv durch die Welt vagabundiert. Also „Preisanpassung“, „Beitragsanpassung“ oder „Zinsanpassung“. Denn stets verbirgt sich hinter dem Akt des Anpassens woran auch immer eine Erhöhung.
Als ich heute meinen Briefkasten leerte, kam dabei neben der obligatorischen Werbung auch eine verdächtig, je beängstigend große Anzahl betont schlichter DIN-lang-Umschläge zum Vorschein. Solche, in denen Rechnungen, Strafzettel und ähnlich erfreuliche Post verschickt werden. Auch meine Krankenkasse war unter den Absendern.
Schon vor dem Öffnen taxierte ich die Sendung. Gewicht und Dicke ließen vermuten, dass der Inhalt kein vorgezogener Gruß zum ersten Advent ist. Dann fiel mein Blick auf das fettgedruckte Wort „Beitragsanpassung“ – und alles war sonnenklar: Erst ein billiges Lockvogelangebot, und jetzt schlagen sie zu, die Halsabschneider ...
Bei gründlicherem Lesen stolperte ich über einen sehr seltsamen Satz: „Erfreulicherweise hat die Überprüfung ergeben, dass der Beitrag ... gesenkt werden kann.“
Und obwohl mir im selben Brief mitgeteilt wurde, dass ich wegen der Umsetzung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ab 1.1.2008 anteilig für Schwangerschafts- und Mutterschaftskosten aller Frauen dieser Welt (oder so ähnlich, ich muss ja nicht alles verstehen ...) aufkommen muss, kommt summasummarum eine Senkung meines Krankenkassenbeitrages heraus.
Und warum sprechen die dann von „Anpassung“, wenn sie doch eine Senkung meinen?
Auf alle Fälle widerrufe ich nur zu gern meine Behauptung, dass sich hinter jeder Anpassung eine Steigerung verbirgt. Und wer sich dafür interessiert, welche Kasse dieses Wunder vollbracht hat, kann mich ja mal fragen.
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Dienstag, 30. Oktober 2007
Mal wieder der Pressekodex
zeitungsdieb, 14:41h
Die geneigten Leser dieses kleinen Tagebuches wissen darum, welchen Lustgewinn, welches Maß an Pein mir die allmorgendliche Lektüre meiner Lokalpostille immer wieder beschert. Heute durfte ich mein Exemplar dieser dem Qualitätsjournalismus so verpflichteten Zeitung mit besonderer Vorfreude aus dem Kasten nehmen. Gestern schon war an exponierter Stelle die Vorstellung eines neuen Buches angekündigt worden. Im heutigen Ratgeberteil war dieser Neuerscheinung nun ein großer Beitrag gewidmet, der – so die Drohung – nur der Auftakt zu einer ganzen Serie sein soll.
Unter dem epochalen Titel „So klappt’s mit Windows Vista“ wird über ein neues Buch informiert, das sich mit dem kropfigen Microsoft-Betriebssystem Vista beschäftigt. Ein 280 Seiten umfassendes Taschenbuch für 14,90 Euro, dessen Umschlag immerhin zweispaltig als Aufmacherbild auf der heutigen Ratgeberseite meines Lokalblättchens prangt. Auf dem Fuß des Buchtitels ist der Schriftzug „Leipziger Volkszeitung“ zu lesen – so heißt nämlich meine dem Qualitätsjournalismus verpflichtete Lokalpostille.
Wer sich mit den presserechtlichen bzw. –üblichen Gepflogenheiten etwas auskennt, der wird an dieser aufmerken. Da gibt es doch einen Presserat und zudem einen Pressekodex. Richtig. Aber dieses Werklein hat ja nur empfehlenden Charakter. Man erinnere sich an die erst kürzlich im Kino wieder aufgewärmte Piratenschmonzette. „Der Kodex ist nur eine Empfehlung“, hieß es dort – bezogen aufs Regelwerk der Piraterie. In der Presse ist es genau so.
Nur zur Sicherheit für alle Neugierigen: Den Kodex (den von der Presse) findet man unter www.presserat.de/Pressekodex.pressekodex.0.html
Durchaus lesenswert, was dort in Ziffer 7 zum Thema „Trennung von Werbung und Redaktion“ steht. Hier geht es nicht nur um gekauften Platz im Blatt (“Anzeigen“). Betrifft die Berichterstattung Eigeninteressen des Verlages, so muss das ausdrücklich gekennzeichnet werden. Und in meinem Lokalblättchen kommt eine riesige Buchbesprechung sogar als Mehrteiler des Weges, und keiner wird gewarnt.
Mich erinnert dieses Procedere an die so genannten Leserreisen, bei denen Zeitungen (Anzeigenblätter zumeist) ihren Lesern Reisen „ihrer“ Vertriebspartner empfehlen und dafür kassieren. Das ist übliche Praxis, und die eine oder andere sächsische Zeitung hält mittlerweile Beteiligungen an Reiseveranstaltern. Ist kein Geheimnis, weiß aber kaum jemand. Ist ja auch besser, wenn man in aller Ruhe in die pohlenden Polster scheibnern kann.
Aber vielleicht ist ja der Schriftzug „Leipziger Volkszeitung“ auf dem Buchtitel nur ein Versehen? Mal nachgeschaut, ob es Indiz für eine wirtschaftliche Verquickung meiner Lokalpostille mit der tollen Buchempfehlung gibt.
1. Indiz: Wer will, dass es mit Vista klappt, kann telefonisch Bestellen. Die Hotlinenummer landet im Service-Zentrum der Leipziger Verlags- und Druckereigesellschaft.
2. Indiz: Das Buch stammt nicht aus der Ratgeberredaktion meiner Lokalpostille, sondern wurde von einem richtigen, echten Verlag herausgegeben. Der heißt übrigens Leipziger Medien Service GmbH, residiert in Leipzig, dort, wo auch die Bildzeitung und einige meinem Lokalblättchen sehr nahe stehende Anzeigenblätter „wohnen“. Als Geschäftsführer der Leipziger Medien Service GmbH taucht ein Name auf, der auch in der Geschäftsführung der Leipziger Verlags- und Dumdideldeigesellschaft zu finden ist. Ganz fleißige Menschen blicken nun ins Handelsregister ... nur soviel: Es gibt dort keine Überraschungen.
3. Projektleiter der Leipziger Medienservice GmbH (man nennt das wohl auch Chef-Management Redakteur) ist ein früherer Lokalchef meines Blättchens.
4. Besonders lustig: Das tolle Vista-Büchlein erscheint zwar in Leipzig in erster Auflage, ist aber keine wirkliche Premiere. Im Frühjahr erschien es bereits bei der Madsack Supplement GmbH mit gleichem Titel und gleicher Aufmachung. Nicht ganz gleich, übrigens, denn statt „Leipziger Volkszeitung“ prangte damals auf dem Titel das Logo der „Hannoverschen Allgemeinen“. Wenn man nun weiß, dass der Name „Madsack“ auch beim Verlag meiner Lokalpostille im Gesellschafterverzeichnis steht, kann sich seinen Teil denken.
5. Apropos Namen: Natürlich haben auch die Autoren welche. Und kurioserweise schreiben zumindest einige dieser Könner nicht nur über Windoof, sondern auch über die Fußball-WM und über Leipziger Geschichte – je nachdem, was für Bücher meine Lokalpostille gerade so im Angebot hat.
Aber, wie oben schon erwähnt: Der Pressekodex hat ja nur empfehlenden Charakter.
Wer nun übrigens grübelt, warum ich ihn mit Leipziger Mediengesülze traktiere, wo er doch an einem ganz anderen Ort ins morgendliche Blättle schaut, der sei gewarnt: Die meisten Zeitungsverlage verfahren nach eben diesem Rezept, man nennt das Mehrwertdienste oder Diversifizierung, manche Geschäftsführer blubbern auch etwas von Leserbindung.
Wobei: Ganz so plump wie meine Lokalpostille machen es nur wenige andere Zeitungen.
Unter dem epochalen Titel „So klappt’s mit Windows Vista“ wird über ein neues Buch informiert, das sich mit dem kropfigen Microsoft-Betriebssystem Vista beschäftigt. Ein 280 Seiten umfassendes Taschenbuch für 14,90 Euro, dessen Umschlag immerhin zweispaltig als Aufmacherbild auf der heutigen Ratgeberseite meines Lokalblättchens prangt. Auf dem Fuß des Buchtitels ist der Schriftzug „Leipziger Volkszeitung“ zu lesen – so heißt nämlich meine dem Qualitätsjournalismus verpflichtete Lokalpostille.
Wer sich mit den presserechtlichen bzw. –üblichen Gepflogenheiten etwas auskennt, der wird an dieser aufmerken. Da gibt es doch einen Presserat und zudem einen Pressekodex. Richtig. Aber dieses Werklein hat ja nur empfehlenden Charakter. Man erinnere sich an die erst kürzlich im Kino wieder aufgewärmte Piratenschmonzette. „Der Kodex ist nur eine Empfehlung“, hieß es dort – bezogen aufs Regelwerk der Piraterie. In der Presse ist es genau so.
Nur zur Sicherheit für alle Neugierigen: Den Kodex (den von der Presse) findet man unter www.presserat.de/Pressekodex.pressekodex.0.html
Durchaus lesenswert, was dort in Ziffer 7 zum Thema „Trennung von Werbung und Redaktion“ steht. Hier geht es nicht nur um gekauften Platz im Blatt (“Anzeigen“). Betrifft die Berichterstattung Eigeninteressen des Verlages, so muss das ausdrücklich gekennzeichnet werden. Und in meinem Lokalblättchen kommt eine riesige Buchbesprechung sogar als Mehrteiler des Weges, und keiner wird gewarnt.
Mich erinnert dieses Procedere an die so genannten Leserreisen, bei denen Zeitungen (Anzeigenblätter zumeist) ihren Lesern Reisen „ihrer“ Vertriebspartner empfehlen und dafür kassieren. Das ist übliche Praxis, und die eine oder andere sächsische Zeitung hält mittlerweile Beteiligungen an Reiseveranstaltern. Ist kein Geheimnis, weiß aber kaum jemand. Ist ja auch besser, wenn man in aller Ruhe in die pohlenden Polster scheibnern kann.
Aber vielleicht ist ja der Schriftzug „Leipziger Volkszeitung“ auf dem Buchtitel nur ein Versehen? Mal nachgeschaut, ob es Indiz für eine wirtschaftliche Verquickung meiner Lokalpostille mit der tollen Buchempfehlung gibt.
1. Indiz: Wer will, dass es mit Vista klappt, kann telefonisch Bestellen. Die Hotlinenummer landet im Service-Zentrum der Leipziger Verlags- und Druckereigesellschaft.
2. Indiz: Das Buch stammt nicht aus der Ratgeberredaktion meiner Lokalpostille, sondern wurde von einem richtigen, echten Verlag herausgegeben. Der heißt übrigens Leipziger Medien Service GmbH, residiert in Leipzig, dort, wo auch die Bildzeitung und einige meinem Lokalblättchen sehr nahe stehende Anzeigenblätter „wohnen“. Als Geschäftsführer der Leipziger Medien Service GmbH taucht ein Name auf, der auch in der Geschäftsführung der Leipziger Verlags- und Dumdideldeigesellschaft zu finden ist. Ganz fleißige Menschen blicken nun ins Handelsregister ... nur soviel: Es gibt dort keine Überraschungen.
3. Projektleiter der Leipziger Medienservice GmbH (man nennt das wohl auch Chef-Management Redakteur) ist ein früherer Lokalchef meines Blättchens.
4. Besonders lustig: Das tolle Vista-Büchlein erscheint zwar in Leipzig in erster Auflage, ist aber keine wirkliche Premiere. Im Frühjahr erschien es bereits bei der Madsack Supplement GmbH mit gleichem Titel und gleicher Aufmachung. Nicht ganz gleich, übrigens, denn statt „Leipziger Volkszeitung“ prangte damals auf dem Titel das Logo der „Hannoverschen Allgemeinen“. Wenn man nun weiß, dass der Name „Madsack“ auch beim Verlag meiner Lokalpostille im Gesellschafterverzeichnis steht, kann sich seinen Teil denken.
5. Apropos Namen: Natürlich haben auch die Autoren welche. Und kurioserweise schreiben zumindest einige dieser Könner nicht nur über Windoof, sondern auch über die Fußball-WM und über Leipziger Geschichte – je nachdem, was für Bücher meine Lokalpostille gerade so im Angebot hat.
Aber, wie oben schon erwähnt: Der Pressekodex hat ja nur empfehlenden Charakter.
Wer nun übrigens grübelt, warum ich ihn mit Leipziger Mediengesülze traktiere, wo er doch an einem ganz anderen Ort ins morgendliche Blättle schaut, der sei gewarnt: Die meisten Zeitungsverlage verfahren nach eben diesem Rezept, man nennt das Mehrwertdienste oder Diversifizierung, manche Geschäftsführer blubbern auch etwas von Leserbindung.
Wobei: Ganz so plump wie meine Lokalpostille machen es nur wenige andere Zeitungen.
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