Dienstag, 15. September 2009
Wolfgang Tiefensee I. Oder: Der Bundesspatenstichminister macht Wind.
Bundesspatenstichminister Wolfgang Tiefensee ist im Wahlkampf. Das führt dazu, dass der sonst eher unauffällig und wenig erfolgreich agierende Aufbauostverschlimmbesserer temporär das Licht der Öffentlichkeit sucht und sich in seiner alten Heimat verstärkt blicken lässt. Während des drögen TV-Duells zwischen Kanzlerin Angela Merkel und devotem Herausforderer Frank-Walther Steinmeier wurde Tiefensee sogar samt Bier in einer Leipziger Lokalität gesichtet. Und nicht nur das: Dank vorheriger Ankündigung gelang es dem Möchtegernvolkstribun sogar, sich für meine Lokalpostille, die SPD-nahe „Leipziger Volkszeitung“, ablichten zu lassen.
Nun hat Tiefensee einen neuen Coup gelandet. Er will am Mittwoch als Klimawolfgang auftreten und den Raumordnungsplan für deutsche Offshore-Windanlagen vorlegen. Bis 2020 sollen laut Bundeszaubereiundgutetatenministerium 12.000 Megawatt Windstrom „von vor der Küste“ in deutsche Netze eingespeist werden. Nachzulesen hier: http://www.welt.de/die-welt/politik/article4536963/Der-Bauminister-macht-in-Wind.html
Nun wissen die regelmäßigen Leser dieses kleinen, politisch nicht immer ganz korrekten Tagebuches, dass ich an dieser Stelle a) gelegentlich lästere und das b) sehr gern auch in Richtung des einstigen Olympiageigers Wolfgang Tiefensee tue. Aber mal ganz ehrlich: Wenn es einen Politiker gibt, der für solcherart Energieerzeugung geeignet ist, dann Wolfgang Tiefensee. In punkto Windmachen macht dem Macher aus Leipzig so leicht keiner was vor. Vielleicht sollte man auch über irgendeine Verschwurbelung mit Wärme nachdenken, denn am besten kann „der Wolfgang“ heiße Luft machen.

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Montag, 14. September 2009
Wolfgang Schäuble jetzt öfter. Oder: Ref Control
Neuerdings sehe ich Wolfgang Schäuble häufiger. Zum Glück muss ich den Bundeswahrheitsminister nicht in natura erdulden, sondern nur das Startbild seiner Internetseite.
Schuld daran ist kein plötzlicher Anfall von Masochismus, der womöglich wie die Schweinegrippe über mich gekommen ist, sondern ein nützliches AddOn für den Browser Firefox.
Besagtes AddOn trägt den Namen RecControl und ist hier gratis zu haben: http://www.stardrifter.org/refcontrol/
Nun mag sich der eine oder andere Leser meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches fragen, wozu ein solches Hilfsmittel dient und ob es womöglich illegal ist. Nein, illegal ist es nicht, macht aber durchaus vergleichbaren Spaß wie so manche illegale Vergnügung.
Für alle Neugierigen, für Wolfgang Lauschohr und Zensursula von der Leyen zur Erläuterung: Wer im Web surft, hinterlässt Spuren. Dazu zählt die jeweilige IP-Adresse, die man durch allerlei Anonymisierungsdienste verschwurbeln kann. Wer's noch nicht kennt, kann sich hier http://de.wikipedia.org/wiki/Tor_%28Netzwerk%29 und da https://www.torproject.org/ schlauer und sein System ein wenig sicherer machen.
Zu den unfreiwillig hinterlassenen Spuren zählt aber auch der so genannte Referer, ein Verweis auf die Seite, von der man durch Anklicken eines Links auf die aktuelle Seite gekommen ist ( http://de.wikipedia.org/wiki/Referer ).
Dieser Referer wird im Log-File des angesteuerten Servers zusammen mit der IP des Neuankömmlings gespeichert und kann von Fall zu Fall richtig Ärger bereiten.
RefControl gibt dem Nutzer die Herrschaft über "seinen" Referer zurück. Es erlaubt, den Referer ganz oder nur für spezielle Seiten abzuschalten oder kreativ zu verändern. Wer in seinem Server-LogFile z. B. den Hinweis auf die Seite www.wolfgang-schaeuble.de findet, muss nicht zwingend davon ausgehen, dass der "Große Bruder" tatsächlich dort war. Es kann auch sein, dass ich per Google-Anfrage auf der betreffenden Seite gelandet bin ...
Apropos Google: Die Werbeverwaltung des Suchmaschinenkonzerns mag RefControl übrigens gar nicht, denn GoogleAdds rechnet mit den Werbekunden ja per Klick ab - und merkt es, wenn Klicks von Seiten, mit denen Google keinen Deal am Laufen hat, zu kommen scheinen. Schöner Nebeneffekt.

Die Kehrseite: Wenn ich mich z.B. bei blogger.de einlogge, begrüßt mich als erstes die Startseite von wolfgang-schaeuble.de - nicht schön, aber es härtet ab. Man weiß ja nicht, wie lange man den Mann noch als IM ertragen muss.

PS.: Herzlichen Dank an www.burks.de für den zielführenden Hinweis.

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Duellgedanken. Oder: Wer's verpasst hat, hat nichts verpasst.
Das einzige TV-Duell zwischen den Kanzlerkandidaten Angela Merkel (CDU) und Frank-Nennmichnichtwalter Steinmeier (SPD) ist Geschichte. Wer’s verpasst hat, hat wohl nichts verpasst, außer vielleicht einer Amtsinhaberin mit erstaunlich tiefen Augenringen (Wie mögen die wohl vor der Maske ausgesehen haben?) und einem Herausforderer, der allein dafür das Lob der (vor allem SPD-nahen) Kommentatoren erntete, weil er nicht gar so schlecht und dröge daherschauspielerte, wie befürchtet worden war. Das Medium der Wahl war aus meiner Sicht das Internet, dort wurde der geneigten Leserschaft (z.B. auf www.welt.de) eine Beinahe-Live-Fassung des Duells, das ja so richtig keines war, geboten. Und hier http://www.welt.de/politik/bundestagswahl/article4522737/Das-Duell-Merkel-gegen-Steinmeier-im-Wortlaut.html findet der Leser das Duell im Wortlaut. Applaus!

Die heutige Berichterstattung der deutschen Medien über das gelaufene TV-Duell liest sich auffallend gleichförmig. Da ist die Rede von „fehlendem Wettstreit“, „altem Ehepaar“, „Beliebigkeit“ und „Unentschieden“. Eine löbliche Ausnahme stellt der heutige Tagesspiegel dar, der hier http://www.tagesspiegel.de/politik/wahlen2009/TV-Duell-Angela-Merkel-Frank-Walter-Steinmeier;art20195,2899371 den Luxus pflegt, einen eigenen Bericht statt der breitgetretenen dpa-Suppe zu veröffentlichen. Sehr lesenswert, vor allem die Passagen mit den Aktivitäten der Parteisoldaten und Meinungsbeeinflusser im Pressestudio H.
Einen Ausbruch aus der allgemeinen „Unentschieden mit erstaunlich unschlechtem Steinmeier“-Brühe bietet zudem die Sächsische Zeitung. Dass die SZ Steinmeier vorn und das Duell als „Schub“ für die kränkelnden Sozis sieht (http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=2260060) , muss allerdings nicht wirklich Anlass zur Verwunderung sein. Schließlich gehört das Dresdner Blatt zu 40 Prozent der einstigen Volkspartei SPD – und so was verpflichtet. Wenn schon nicht zu lautem Kampfgeschrei in Wahlkampfzeiten, so aber doch zu pfleglichem Umgang mit der alten Mutter.
Die beste Überschrift des Tage hat (mal wieder) die TAZ, die ihren Artikel zum schlappen Duell mit "Yes, wie gähn!" betitelt (http://www.taz.de/1/politik/bundestagswahl/artikel/1/yes-we-gaehn/). Sonderpunkt!

Überrascht hat mich, dass wohl irgendwie 14 Prozent der Fernsehzuschauer angegeben haben sollen (Leider muss ich hier die Quelle schuldig bleiben, es soll wohl irgendwie gegen Ende der Trauerspielübertragung bei einem der öffentlich-schlechtlichen Programme eingeblendet worden sein ..., für eine Info wäre ich dankbar), ihre Wahlentscheidung sei durch das Duell beeinflusst worden. Kaum vorstellbar. Allenfalls, dass einige Zuschauer unter ungezügeltem Harndrang litten und nun die „Grauen Panther“ wählen wollen ...

Insgesamt bescheinigen die meisten Kommentatoren dem gestrigen TV-Duell zwischen Kanzlerin und Herausforderer wenig Sinn, weil zu deutsch und folglich viel zu brav. Hier muss ich widersprechen: Mit Fug und Recht kann man das gestrige Duell als historisches TV-Ereignis bezeichnen, denn es wird – obwohl im deutschen Fernsehen noch jung – wohl der letzte Vertreter seiner Art gewesen sein.
Das nächste Fernseh-Duell vor einer Bundestagswahl wird anders sein. Zum einen, weil es mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen SPD-Herausforderer mehr geben wird – die alte Tante ist auf dem Weg zur Nummer 3 im deutschen Parteienzirkus. Zum anderen jedoch, weil künftig wohl eine größere und weniger brave Politikerrunde übertragen werden wird. Aus dem drögen „Tu-mir-nix-ich-tu-Dir-auch-nix“-Plauderstündchen wird wegen des Fünf-Parteien-Systems wohl ein kräftiges Kreuzfeuer mit weniger ausgeklüngelten Reden und Streicheleinheiten werden*. Und das ist gut so.

* Wer FJS noch kennt: Vor 25 oder mehr Jahren gab es da mal eine legendäre TV-Diskussion mit dem weißblauen Imperator, bei der die ARD noch die Kunst der bösen Bildausschnitte beherrschte und auch zum Einsatz brachte. Irgendwann sah man im Bild einen aufs geifernde Maul reduzierten FJS - das waren, angesichts der "Schokoladenseiteneinstellungen" beim TV-Duell noch Sternstunden der TV-Berichterstattung. Damals ...

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Dienstag, 8. September 2009
Wahl-O-Mat-Test. Oder: Wie ich ein liberalkonservativer rotgrünbrauner Pirat wurde.
Es gibt gleich mehrere von ihnen. Nein, die Rede ist nicht von Bundespolitikern, die aus ihrem Bekenntnis gegen das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland längst keinen Hehl mehr machen, die Rede ist von allerlei „Wahl-O-Maten“. Sie treten unter verschiedenen Namen auf, haben aber eines gemeinsam: Man kann sie nutzen, um – wenn man es nicht von allein weiß – die Frage aller Fragen zu beantworten: „Sag mir, wo Du stehst.“
Irgendwie kommen die nützlichen Wahlprüfprogramme einerseits der grassierenden Seuche geistigen Fastfoods entgegen, denn mal ehrlich: Wer liest den heute noch Partei- und Wahlrogramme? Und wer kann sich heute noch erinnern, was Politiker aller Farben vor der vergangenen Bundestagswahl versprochen haben?
Andererseits eröffnen die Wahl-O-Maten dem Nutzer die Möglichkeiten zu Planspielen, so in der Art „Wie sehr darf ich gegen den Euro sein, um noch nicht ‚NPD’ zu mögen? Wie viel darf mir meine Privatsphäre wert sein, um noch nicht als ‚Pirat’ durchzugehen?“
Wer angesichts der Überwachungsmanie eines Wolfgang Schäuble und/oder der billigen Propagandaauftritte einer Ursula von der Leyen ein ungutes Gefühl bekommen haben sollte (Herzlichen Glückwunsch! Das ist immerhin ein Anfang!), kann ja mal den Wahltest der Aktion „Bürgerrechte wählen“ machen. Zu finden ist er hier http://www.buergerrechte-waehlen.de , rechts gibt es dann den Menüpunkt „Wahltest“.
Wer hingegen "the one and only“ und dazu noch urheberrechtlich geschützten Wahl-O-Maten der Bundeszentrale für politische Bildung sucht, kann zur Homepage der Welt gehen. Hier gibt es ihn http://www.welt.de/politik/bundestagswahl/article4456946/Wahl-O-Mat-zur-Bundestagswahl.html
Für das Original – hier sind die Fragen doch recht breit und differenziert – muss man ein wenig mehr Zeit einplanen als für die Wahlprüfmaschine der Bürgerrechtsbewahrer. Dafür birgt der Wahl-O-Mat auch die Chance auf überraschende Erkenntnisse.
Während ich längst gewusst habe, dass ich in punkto Bürgerrechte eher nicht auf Regierungslinie bin und bei den Piraten wesentlich besser aufgehoben wäre, macht der Wahl-O-Mat mir deutlich, dass ich am ehesten der Cuvée-Partei beitreten sollte – wenn es sie den gäbe. Die Übereinstimmung mit den Wahlprogrammen der gängigen Parteien (PBC, MLPD, Renter usw. lasse ich mal außen vor) ist bei mir breit verteilt – anders gesagt: ein Mischmasch. Selbst eine (zum Glück nur) minimale Affinität zur NPD wurde mir attestiert. Das hat wohl daran gelegen, dass ich die EU samt Euro nicht wirklich für den größten Wurf seit der Erschaffung der Welt halte und zum Stichwort „Ausländerwahlrecht“ der Auffassung bin, dass, wer wählen will, bitteschön deutscher Staatsbürger werden möge.
Nun mag sich der eine oder andere Leser meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches fragen, was ich zur Bundestagswahl wählen werde. Das wird hier nicht verraten, solcherart Auskünfte gebe ich nur bei Freibier. Konservativ-liberal-buntes Piratenehrenwort. Fest steht nur, dass ich wählen werde - gegen braun.

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Mittwoch, 2. September 2009
Wahlgedanken, zweiter Teil: Wem Gott will die rechte Gunst erweisen, den setzt er auf die Landesliste
Vor einem halben Jahr spekulierte ich hier http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/1335821/ über die einstige Landrätin Petra Köpping, die nach einer Wahlschlappe ihren bisherigen Stuhl im Landratsamt des Landkreises Leipzig räumen und fortan von kargem Übergangsgeld und einem klitzekleinen Beratervertrag leben musste (guckst Du hier: www.lr-online.de/regionen/Sachsen%3Bart1047,2330212 ). Beinahe centgenau so klitzeklein, dass das Salär aus diesem Vertrag ihrem Übergangsgeld als Landrätin a.D. nicht in den Weg kam.
Doch schon damals spekulierte ich darüber, dass „die rote Petra“ wohl nicht untergehen wird. Und da frau als stellvertretende Landesvorsitzende einer schrumpelnden Splitterpartei (Falls schon mal jemand etwas von der sächsischen SPD gehört haben sollte – genau davon ist hier die Rede) nicht wirklich Erfüllung gefordert und ausgelastet sein dürfte, trat Petra Köpping in den Ring und kämpfte um ein Mandat im Sächsischen Landtag. Bringt ja auch mehr ein und beißt sich nicht mit Nebeneinkünften aus Beraterverträgen.
Nun ist die Wahl zum Sächsischen Landtag gelaufen und ich fühle mich beinahe wie im Märchen. Die Guten haben gewonnen. Allerdings haben die Wunder des Wahlrechts und das Mysterium der Listenplätze dazu geführt, dass auch die weniger Guten wieder bzw. erstmalig ihren wohlbezahlten Sitz in den heiligen Hallen an der Elbe einnehmen dürfen.
Petra Köpping fiel bei ihrem Kampf um ein Direktmandat zwar mit Pauken und Trompeten durch, dank Listenplatz vier ist die vorwendig diplomierte Staats- und Rechtswissenschaftlerin aber „drin“. Ebenso übrigens wie der promovierte Historiker und gewesene Stasi-Spion Volker Külow, der für die Linke in Leipzig von den Plakaten schielte und sein Direktmandat ebenfalls verpasste.
Die Aufzählung der netten Kofferträger, IM, Kampfschweine, komischen Käuze, Backpfeifengesichter, Parteisoldaten und ganz normalen MdLs, die es dank Landeslisten doch wieder geschafft haben, ihren Stuhl und die regelmäßige Überweisung dem Wählervotum zum Trotz zu sichern, ließe sich noch ein Stück fortsetzen.
Was mich wieder einmal dazu bringt, über unser Wahlsystem zu grübeln. Irgendwann – darum wird sich spätestens der kommende Junior-Partner FDP im Sächsischen Landtag kümmern – wird es sicher dem überholten D’Hontschen System (guckst Du hier http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/1477254/ ) an den Kragen gehen. Ob dabei aber auch das Listenunwesen wenn schon nicht abgeschafft, so doch zumindest ein wenig entschärft werden wird?
Irgendwie glaube ich nicht daran. Schließlich gibt es (nicht nur in Sachsen) ein parteiübergreifendes System der unauffällig-unfähigen-unverzichtbaren Stuhldrücker, die – weil irgendwie systemrelevant – auch ohne Wahlsieg im eigenen Revier versorgt werden müssen.

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Dienstag, 1. September 2009
Wahlgedanken, erster Teil. Oder: Die Kleinen fallen runter.
Eine Bemerkung vorweg: Die zahlreichen Leser meines Tagebuches und die vielen Googler, die hier seit dem Wochenende nach neuen Gedanken über Petra Köpping ("Die rote Petra") suchen, sei gesagt, dass diese im zweiten Teil der Wahlgedanken stehen werden. Coming soon.
Doch nun erstmal zum ersten Teil:

Am Wochenende wurde im Freistaat Sachsen der Landtag gewählt. Das hat mich veranlasst, mich mal wieder etwas näher mit einigen Fragen des deutschen Wahlrechtes zu befassen. Fazit: Es ist eine tolle Sache, so toll, dass man darüber schon wieder toll werden könnte.

Beispiel gefällig?
Da passive Wahlrecht, d.h. das Recht, sich in ein Amt wählen zu lassen, besitzen alle deutschen Staatsbürger nach Vollendung des 18. Lebensjahres auf Bundes- und Kommunalebene. Soll heißen: Mit 18 kann man MdB werden, aber auch Bundeskanzler. Wer hingegen das Amt des Bundespräsidenten anstrebt, muss warten: Dazu muss man die 40 erreicht haben. Schneller kommt zum Zuge, wer die Berliner Partygranate Wowi beerben will, hierfür braucht’s nur 21 Jahre. Um das Durcheinander komplett zu machen, gibt es auf Länderebene noch einen ganzen Sack voller Sonderregelungen. So muss im Ländle ein Bürgermeisterkandidat am Wahltag das 25. Lebensjahr vollendet haben, im sturmgebeutelten Schleswig-Holstein darf nur Landrat werden, wer mindestens 27 Jahre auf dem Buckel und das richtige Parteibuch in der Tasche hat.

Aber das ist alles harmlos. Viel lustiger geht es zu, wenn die Kandidaten gelistet sind und das Stimmvieh (vulgo: Volk oder „die Wahlberechtigten) seine Kreuzchen gemacht hat. Dann wird nämlich ausgezählt. Doch mit dem Zählen allein ist es nicht getan, es muss auch gerechnet werden.
Lieschen Müller (und 90 Prozent der deutschen Wähler) sehen hierin sicher kein Problem. Aber nach dem Motto „Zählen, Anteil der Parteien bestimmen und danach die Sitze verteilen“ läuft’s nicht. Denn schließlich gibt es bei uns Erst- und Zweitstimme. Gewinnt ein Direktkandidat in seinem Wahlkreis die Mehrheit der Erststimmen, ist er „drin“. Auch dann, wenn seine Partei mit ihren Zweitstimmen unter der Fünf-Prozent –Hürde bleibt. So geschehen z.B. bei den Wahlen zum Deutschen Bundestag: Die PDS/Die Linke war im Parlament von 1990 bis 1998 nicht als Fraktion, sondern Gruppe vertreten, da sie in Berliner Funktionärshochburgen zwar Direktmandate erringen konnte, aber bundesweit unter fünf Prozent blieb.
Da man gewählte Kandidaten nicht einfach ausschließen kann (Das hieße, den Wählerwillen zu ignorieren), musste das Wahlsystem ein wenig verklausuliert und verkompliziert werden. Dazu wird in Deutschland (und auch anderenorts) das D’Hondt-Verfahren genutzt. Nachzulesen hier: http://de.wikipedia.org/wiki/D%E2%80%99Hondt-Verfahren und hier http://www.wahlrecht.de/verfahren/dhondt.html Es handelt sich dabei um ein Divisorverfahren mit Abrundung, das viel Rechnerei erfordert und große Parteien bevorzugt. Motto: Wer viel hat, dem wird gegeben.“
Besonders deutlich wird die mehrheitserhaltende Wirkung des Verfahrens, wenn nach dem D’Hondt-Verfahren zuerst ein Landtag oder Kommunalparlament und danach die Besetzung der Ausschüsse ausgekegelt wird. Dann fallen kleine Parteien schnell durchs Raster. Wer’s ausprobieren will, kann z.B. diesen Rechner http://www.election.de/mandate.html nutzen. Dass das alles einen praktischen Bezug hat, beweist die Auswertung der Landtagswahl in Schleswig-Holstein 2005: http://de.wikipedia.org/wiki/D%E2%80%99Hondt-Verfahren

Wegen seiner unfreundlichen Eigenart musste D’Hondt auf Bundesebene Hare-Niemeyer weichen (Guckst Du hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Hare-Niemeyer-Verfahren) und Sainte-Laguë (http://www.wahlrecht.de/verfahren/stlague.html ) weichen.

In Sachsen darf der belgische Jurist Victor D’Hondt hingegen auch mehr als 100 Jahre nach seinem Ableben noch sein Unwesen treiben. Mit dem Effekt, dass in kommunalen Parlamenten „die Kleinen“ benachteiligt werden. In meinem Dorf mit praktischen Konsequenzen: Hier sind zur diesjährigen Kommunalwahl die Freien Wähler im Doppelpack angetreten. Sie holten reichlich Stimmen, aber ganz hat’s nicht gereicht. Guckst Du hier: http://www.statistik.sachsen.de/wpr_neu/pkg_w04_nav.prc_index?p_anw_kz=GR09 und einfach mal „Borsdorf“ eingeben. Hätten sie die gleiche Stimmenzahl unter gemeinsamer Flagge eingefahren, wären die Verhältnisse im Gemeinderat gekippt.
Sollte sich der eine oder andere regelmäßige Leser meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches nun fragen, warum ich, als im Herzen tiefschwarzer Zeitgenosse, solcherart Planspiele öffentlich mache, so sei er beruhigt: Die Freien Wähler meines Ortes kennen die D’Hondt-Rechner inzwischen auch und wissen um ihre Panne. Der Zusammenschluss ist nur noch eine Frage der Zeit.

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Mittwoch, 19. August 2009
Zensursula in Sulzbach. Oder: Die Bundesfamilienministerin beim Rentnerveräppeln
Heute fühlte ich mich ein wenig an meine Grundschulzeit erinnert. Damals, ich war ein hoffnungsfroher und gutgläubiger Erstklässler an der 48. Allgemeinbildenden Polytechnischen Oberschule zu Leipzig und glaubte meiner Klassenlehrerin Sigrid Ernst so ziemlich alles. Und die Frau hatte es drauf: Sie war lieb und nett, und falls ein Erstklässler doch einmal Mist verzapft hatte, hob sie die Stimme und sagte „Da bin ich jetzt aber traurig.“ Und manchmal, wenn es z.B. um politische Fragen ging, nahm sie es mit Wahrheit nicht ganz so genau, denn die politische Linie musste ja eingehalten werden, auch oder gerade in einer DDR-Grundschule.
Daran fühlte ich mich heute erinnert. Nein, ich kann die regelmäßigen Leser meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches beruhigen: Ich bin nicht der Reinkarnation meiner Grundschullehrerin begegnet, sondern einem Youtube-Video. Dieses zeigt einen Wahlkampfauftritt der Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen.
Guckst Du hier:
http://www.youtube.com/watch?v=PCt1DI5dBTI&feature=player_embedded
Aber: Vorsicht, es folgt selbst für Zensursulas Verhältnisse starker Tobak. Die Frau ist dieser Tage in Sulzbach vor einer Rentnerkompanie aufgetreten. Und dort wiederholte sie all die Lügen über Internet, Zugangserschwernis, Piratenpartei, das Nicht-Abschalten-Können böser Server und was sonst noch so im Kopf der Mutter der Nation vor sich hin blubbert.
Um es deutlicher zu machen: Sie textete nach Art eines auf die Haustürabzocke von Tattergreisen spezialisierten Trickbetrügers mit genau den Lügen und Falschaussagen auf ihre Zuhörerschaft ein, die in den vergangenen Monaten widerlegt worden waren.
Nun bin ich ja gewillt, Zensursula (ebenso wie einem Gutteil der restlichen Bundesministerriege) mildernde Umstände zuzugestehen: Es gehört nun mal zum politischen Geschäft, auch und vor allem über Dinge zu reden, von denen man Null Ahnung hat.

Für das skrupellose Wiederholen von Lügen kann Zensursula allerdings keine mildernden Umstände geltend machen. Schließlich hat die Frau zahlreiche Therapeuten, äh ... Berater, die sie auf solcherart Dinge aufmerksam machen ... sollten. Hier wird vorsätzlich gelogen, weil frau sicher sein kann, dass die Sulzbacher Scheintoten der netten Frau von der Leyen schon ihre Stimme geben werden. Was zählen da Inhalte, was zählt Wahrheit?

Schon der Altmeister der politischen Propaganda hat deutlich gemacht, dass man sich mit der Wahrheit keine unnötige Mühe machen soll, es komme vielmehr darauf an, die dumme Masse zu erreichen. Nachzulesen hier: http://www.amazon.de/Tageb%C3%BCcher-1924-1945-B%C3%A4nde-Kassette/dp/3492252842/ref=sr_1_1?ie=UTF8&s=books&qid=1250663522&sr=1-1

Und Zensursula: Scheute nicht einmal davor zurück, bei ihrem Auftritt zum Wecken der Scheintoten im-Saal-Schläfer gelegentlich einen Claqueur einzusetzen. Wer das beim ersten Anschauen des oben verlinkten Filmchens verpasst haben sollte, kann ja noch mal auf „play“ drücken (Es empfiehlt sich allerdings, zuvor einige Glas Rotwein zu konsumieren, ein Sedativum zu applizieren oder einfach in den Masochismus-Modus umzuschalten). Der gemarteterte Betrachter hört z.B. nach rund drei Minuten zum Ende einer schlecht gespielten Ministerinnenempörungsarie („Himmeldonnerwetternochmal“) einen einzelnen Klatscher, dann setzt brav dröbbelnd die Scheintotengemeinde ein. Wer’s verpasst: Wenig Minuten später gibt’s das selbe Procedere noch einmal.
Der offensichtlich im Dienst der Sulzbacher CDU-Ortsgruppe stehende Videowackelfilmer wird zum unfreiwilligen Dokumentator des Claqueur-Einsatzes, denn er schwenkt gelegentlich nach links; dorthin, wo der Spontanapplaus stets seinen Anfang nimmt. Dort sitzt ein brav gekleideter junger Mensch, neben sich eine semiprofessionelle Kamera auf dem Tisch. Der einbestellte Lokalreporter? Dass der Berichterstatter den Vorklatscher gibt, wird man nicht mal in der tiefsten saarländischen Provinz erleben. Als Lokalschreiber ist man um diese Zeit längst entschlummert oder – falls noch im übereifrigen Alter – am Mitschreiben. Was da gelegentlich im Zappelfilmchen gezeigt wird, ist ein Wissenschaftlicher Mitarbeiter (vulgo: Kofferträger), der die Rede seiner Chefin samt gekünstelter Empörungseinlage offensichtlich schon so häufig gehört hat, dass er die Einsätze zum Klatschen blind trifft. Arme Sau, der Mann.

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Mittwoch, 12. August 2009
Schäuble-Remix-Wettbewerb lässt Zensoren dumm dreinschauen. Oder: Internetausdrucker haben's nicht leicht
Kein Wunder, dass es Leute gibt, die das Internet nicht mögen. Da wird dem Betreiber eines Blogs mit juristischen Schritten gedroht, weil er zum Remixen von Schäuble-Plakaten aufgerufen hat. Guckst Du hier: http://netzpolitik.org/2009/erste-ergebnisse-die-schaeuble-plakat-remixe/
Dieser Aufruf fand übrigens große Resonanz, so um die 170 mehr oder weniger gelungene (meist aber mehr) Plakate wurden veröffentlicht. Doch nachdem die Fotografin des den Entwürfen zugrunde liegenden Schäuble-Bildes einen Verstoß gegen ihr Urheberrecht geltend gemacht hatte, mussten die Bilder weichen. Womit die Welt der Politiker, die sich „das Internet“ von ihren Kofferträgern (uuuups, die heißen ja wissenschaftliche Mitarbeiter ...) ausdrucken und auf den Tisch legen lassen, wieder in Ordnung wäre. Isse aber nich, weil das mit dem Internet eben nicht so einfach ist, wie Wolfgang, Ursula und andere Fachleute das so glauben.
Und folglich hat sich ereignet, worüber schon Andrea Ypsilanti stöhnte: Was man verbieten will, vermehrt sich im Netz auf gar wundersame Weise. So geschehen mit Münterferings gefaktem Anruf bei Frau Lügilanti, so geschehen nun auch mit den geremixten (oder regemixten?) Plakaten. Guckst Du hier: http://www.flickr.com/photos/41336872@N02/
Und kein Stoppschild kann sie stoppen ...

PS.: RA Udo Vetter hat sind seinem Block die Aspekte des Urheberrechtes mal etwas genauer durchleuchtet. Sehr lesenswert und auch ein wenig ... amüsant. Guckst Du hier: http://www.lawblog.de/index.php/archives/2009/08/12/schnell-zuruckpfeifen/

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Montag, 10. August 2009
Politiker beim Rattenrennen. Oder: Hochwasser und Wahlen
Wahlen und Hochwasser haben eine sehr interessante Gemeinsamkeit: Kommt ein solches Ereignis, krabbelt allerlei Getier, das man normalerweise jahrelang nicht sieht, aus seinen Löchern heraus, weil es um seinen Fortbestand fürchtet und sich retten will. Das ist bei Maulwürfen, Feldmäusen und Ratten genauso wie bei gewählten Volksvertretern – zumindest bei denen „ab Landtag“, denn als MdL fängt das Politikgeschäft an, sich für den gewählten Volksvertreter auch finanziell zu lohnen.
Und so tun es die Politiker, die um das drohende Ende der Wahlperiode wissen, es den vierbeinigen Nagern und pelzigen Buddelflinks gleich: Sie stürzen aus ihren sicher geglaubten Quartieren, sausen wild umher, verfallen in Aktionismus und hoffen auf ein Wunder.
Wenn dieses dann eingetreten und die Rettung – sprich: Wiederwahl – geglückt ist, verschwinden alle Ratten, Mäuse, Maulwürfe, MdL und Mdb wieder in ihren Löchern, verhalten sich unauffällig, fressen sich einen Wanst an und leben so, als gebe es künftig weder Hochwasser noch Wahlen.
Doch soweit ist es in Sachsen noch nicht: Der neue Landtag wird am 30. August gewählt, der Bundestag am 27. September. Da werden sich all rasenden Ratten noch einige Wochen anbiedern müssen.

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Dienstag, 4. August 2009
Grundgesetzverstoß mit Ansage. Oder: Will Wolfgang Jurk weg vom Kellen-Image?
Wolfgang Jurk, seines Zeichens Sächsischer Staatsminister für Wirtschaft und Spitzenkandidat der sächsischen Splitterpartei SPD für die bevorstehende Landtagswahl, hat sich bei der Freien Presse zum Chatten herabgelassen. Guckst Du hier: http://www.freiepresse.de/nachrichten/hintergrund/hintergrund26/1554595.html
Den Leser erwartet viel Worthülsengeschwurbel und Blabla.
Auf das Zugangserschwerungsgesetz und die nicht wirkungsvolle Stoppschildpropaganda angesprochen, betitelte Jurk den Chatter als „Pirat“ und ließ diesen wissen: „Wenn wir gegen das Grundgesetz verstossen, weil wir Pädophilen unmöglich machen kinderpornografische Bilder aus dem Internet herunterzuladen, dann nehme ich das in Kauf.“
Hallo? Da bekennt sich ein Politiker offen zum Verstoß gegen das Grundgesetz ... und kein Verfassungsrichter ist aus der edlen Robe gesprungen. Ist es wirklich schon soweit?
Oder war dieser angekündigte Gesetzesverstoß des 9-Prozent-Sozis nur ein Versuch, mal wieder in die Schlagzeilen zu kommen. Das bisher einzige Mal ist ihm das während seiner Zeit als Minister meines Wissens durch den denkwürdigen Einsatz einer Polizeikelle gelungen, mit der er auf der Autobahn rechtswidrig einen Motorradfahrer stoppte, nachdem dieser ihn überholt hatte ...

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