Dienstag, 19. Februar 2008
Armes Deutschland oder: Hehlerei von Amts wegen
Mein Großmütterlein hatte ein schier unerschöpfliches Arsenal an mehr oder minder gut gereimten Lebensweisheiten auf Lager. Und obwohl sie nun schon einige Jahre tot ist, weiß ich genau, welchen Spruch sie am heutigen Tag von sich gegeben hätte. Die Worte „Der Hehler ist so schlimm wie der Stehler“ wären ihr Kommentar darauf gewesen, dass die Bundesrepublik in Gestalt ihrer Schlapphutbehörde einem Dieb ein erklecklich Sümmchen zwischen vier und fünf Millionen Euro zukommen lässt, um im Gegenzug eine geklaute CD mit vertraulichen Bankdaten zu erhalten, die über Geschäfte Auskunft gegen, die in Liechtenstein, dem Herkunftsland der CD, legal sind.
Wikipedia definiert die Hehlerei http://de.wikipedia.org/wiki/Hehlerei als bedeutendste Anschlussstraftat an einen zuvor begangenen Diebstahl. Näheres steht im § 259 StGB. Das Wesen der Hehlerei besteht darin, dass jemand eine Sache, die ein anderer gestohlen ... hat, sich oder einem Dritten verschafft, um sich oder einen Dritten zu bereichern.
Wenn die deutschen Bundesschlapphüte des BND von einem Dieb eine CD kaufen, um diese an einen Dritten weiterzugeben, auf dass dieser daraus mehrere hundert Millionen oder gar einige Milliarden Euro zu erlösen, ist das – genau: Hehlerei. Und eben dieses böse Wort war heute auch aus Liechtenstein zu hören, denn dort ist man über die deutsche Vorgehensweise alles andere als amüsiert.
Die geneigten Leser dieses kleinen Tagebuches mögen sich vielleicht noch an eine Eintrübung des deutsch-italienischen Verhältnisses im Zusammenhang mit den Mafia-Morden von Duisburg im August 2007. Bei den Ermittlungen kam ans Licht, dass der italienische Geheimdienst bei seinen Untersuchungen im Mafia-Umfeld auch in Deutschland tätig geworden ist und dazu u.a. Fahrzeugen verwanzt und deren Insassen abgehört hat.
Aus Regierungskreisen war darob ein kräftiges Murren zu hören. Hinter den politischen Kulissen zeigte man sich „not amused“, von einem Affront gegen Deutschland war die Rede. Weil die italienische Seite – Geheimhaltung hin, Geheimhaltung her – doch nicht einfach in einem souveränen Staat ermitteln kann wie sie lustig ist.
Nun ist Liechtenstein mit seinen 35.000 Einwohnern alles andere als eine Supermacht. Dennoch sollte Deutschland sich auch im Umgang mit einer Staat gewordenen Kleinstadt an gewisse Spielregeln halten. Wenn deutsche Schlapphüte auf irgendeinem der 160 Liechtensteiner Quadratkilometer Diebesgut kaufen, begehen sie Hehlerei und damit eine Straftat. Lassen sich nachrichtendienstliche Operationen auf fremdem Territorium nicht vermeiden, so ist es unter zivilisierten Staaten üblich, derartiges hinter den Kulissen abzustimmen. Alles andere hat den Beigeschmack eines Kommandounternehmens und kommt der Missachtung der staatlichen Eigenständigkeit gleich. Nun mag der eine oder andere Leser meines Tagebuches denken, dass 35.000 Liechtensteinsche Nasen nun mal nicht so ins Gewicht fallen wie 82 Millionen Deutschländer, aber das ist ein Irrtum. Auf die Größe (oder hier: Bevölkerungszahl) kommt’s nicht an. Ein souveräner Staat muss die gleichen Rechte wie der andere genießen, sonst könnte der deutsche Verteidigungsjung demnächst auf die Idee kommen, das „Problem Liechtenstein“ in einer „Operation Stiftung“ per Eingemeindung zu lösen.
Soviel zur rotzfrechen Verfahrensweise deutscher Schlapphüte und Geldeintreiber, die Gesetze eines europäischen Landes einfach zu ignorieren. Um mit Columbo zu sprechen: „Aber eine Frage hätte ich doch noch ...“
Üblicherweise brüsten sich kriminelle Elemente wie Diebe und Hehler nicht mit ihren Taten. Im Gegenteil: Verschwiegenheit gehört zum Geschäft der Verbrecher ebenso wie zu dem der Schlapphüte. Warum wird aber der Kauf einer fünf Jahre alten Daten-CD samt relativ exakt bezifferter Kaufsumme und Abwicklungsdetails bis hin zum notariellen Konto in die Welt posaunt?
Mir fällt dazu nur eine Antwort ein: Man hofft auf weitere potenzielle Datendiebe und macht diesen schon mal ein Angebot. „Hey, bei uns gibt es für illegal beschaffte Bankdaten, die zur Aufklärung von Steuerhinterziehungen beitragen, richtig Knete! Wir ziehen Dich bei der Übergabe der Sore auch nicht übern Tisch, wir schalten einen Advokaten ein! Null Risiko, Mann. Und cäsh in the täsch“
Kleinliche Menschen nennen so etwas übrigens „Anstiftung zu einer Straftat“. Nur gut, dass mein Großmütterlein das nicht mehr erleben muss. Und ich? Komme aus dem Kopfschütteln nicht mehr heraus. Dass ich in einer "Diktatur" aufgewachsen bin, habe ich relativ unbeschadet überstanden. Aber dass ich nun in einem kriminellen Regime lebe ... armes Deutschland.

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Sonntag, 17. Februar 2008
Liechtenstein, Zumwinkel, 5 Mio Euro, eine CD und eine Inszenierung. Oder: Judaslohn für Steuerdenunzianten?
Die Nachricht über die Festnahme von Postchef Klaus Zumwinkel erreichte mich in Stuttgart während einer Besprechungspause im Hause eines Kunden. Mein erster Gedanke war: Welcher Zumwinkel? Etwa der von der Post? Kann der so dumm gewesen sein ...? Hat der das nötig?
Erst nach meiner freitäglichen Rückkehr ins heimische Büro hatte ich Gelegenheit, mich etwas näher mit dem Thema zu beschäftigen. Häme oder gar Empörung verspüre ich allerdings auch heute nicht. Weit entfernt bin ich davon, ins allgemeine Geschrei über die maßlosen, abgehobenen Manager und die Verwahrlosung von Deutschlands vermeintlichen Eliten einzustimmen.
Wer darüber anders denkt, sollte sich selbst einige Fragen über sein Verhalten als Steuerzahler stellen. Und wer frei von Fehl ist, wer noch nie bei Reisekostenabrechnungen, Spesen, Arbeitszimmer, km-Pauschale, Zweitwohnung, Sonderaufwendungen, Werbungspauschalen und alle den anderen Verlockungen schwach geworfen ist, der werfe den ersten Stein. Aber Vorsicht, dass es nicht zu sehr im Glashaus scheppert.
Was mich indes sehr beeindruckt hat, ist die Eleganz, mit der die Steuerfahnder ihren großen Coup inszeniert haben. In diesem Zusammenhang kann man von einem Gesamtkunstwerk reden, das denen eines André Heller in nichts nachsteht.

Erstens: Man leistete sich für den Auftakt einen Paukenschlag. Man schoss zum Auftakt nicht irgendeinen deutschen Leistungsträger aus der zweiten Reihe ab, sondern erlegte einen Topmanager mit Saubermannimage, der noch dazu einem Bundesunternehmen vorsteht. Noch spektakulärer wäre es nur gewesen, hätten die Autos mit den Umzugskartons vor der Dienstvilla des Bundespräsidenten geparkt ...

Zweitens: Der Zeitpunkt war perfekt gewählt. Nicht zu früh am Tag, denn die zufällig anwesenden Fernsehkameras sollten gute Bilder liefern. Wer glaubt schon die Mär von der undichten Stelle, die den TV-Hyänen einen Tipp gegeben hat. Jeder Terrorist weiß, dass ein Anschlag über den Bildschirm flimmern muss, soll er auch Schrecken verbreiten.

Drittens: In ihrer Genialität geradezu unglaublich ist die Auswahl von Datum und Wochentag. Schon der Valentinstag spricht für unmöglich geglaubte Poesie in deutschen Amtsstuben. Den Erstschlag gegen die Steuerbösewicht Zumwinkel an einem Donnerstag zu führen, bringt aber auch handfeste psychologische Vorteile: Zugriff am Donnerstag, großes Medieninteresse, am Freitag sind die Zeitungen voll. Viele deutsche Leistungsträger nehmen ihr schlechtes Gewissen nun mit ins Wochenende oder pflegen es aus der Ferne beim Ski-Urlaub. Allenfalls ein Handytelefonat mit dem Steuerberater oder einem hoffentlich nicht ins Lager des Feindes übergelaufenen Treuhänder ist möglich. Was erfährt der schlotternde Sünder dabei? Niemand wird ihm verraten, ob auch seine Sparmodelle von den Informationen aus der „geknackten Bank“ betroffen sind, aber eine Selbstanzeige könne das Schlimmste verhindern …
Und so schmort der mehr oder minder prominente Leistungsträger auf kleiner Flamme durchs Wochenende. Immer und immer wieder erklingt bei Fernseh- und Rundfunkinterviews das Wort „Selbstanzeige“.

Viertens: Die Informationspolitik ist preiswürdig. Die ansonsten eher als verschlossen geltenden Steuerfahnder lassen es menscheln und informieren über modische Vorlieben („meist schwarz gekleidet“) und berufliche Arbeitsweise („lässt gern festnehmen und schmoren, nach zwei Stunden werden die meisten weich“) von Staatsanwältin Margrit Lichtinghagen, der zentralen Ermittlerin. Das erinnert ein wenig an Mafia-Filme, in denen sich der Pate dafür entschuldigt, dass er einen Delinquenten kurz mit Lucca im Raum allein lassen muss. „Nimm’s nicht persönlich“, raunt der Pate dann. „Aber Lucca ist ein wenig jähzornig und er bricht gern Finger. Aber er meint es wirklich nicht böse ...“
Fünftens: Wird es am morgigen Montag bei der Steuerfahndung hoch hergehen. Wahrscheinlich musste für die Aufnahme von Selbstanzeigen ein rumänisches Call-Center beauftragt werden, um den Ansturm zu bewältigen. Bei der Direktannahme wird wohl ein Fahnder Nummern verteilen ...

Was mir an der ganzen Geschichte zu denken gibt, ist hingegen ein anderer Fakt. Wie die Welt am Sonntag heute meldete, zahlte der Bund auf dem Umweg über den Bundesnachrichtendienst 5 Millionen Euro für die Denunziantendatei. Auf der Datei seien, so die WamS, Steuerdaten von „über 1.000“ Cleverles gewesen. Je nach Quelle wird mit Steuernachzahlungen von etwa 3 Milliarden Euro gerechnet.
Schluck. Das ist eine Menge Holz. Aber denken wir die Geschichte mal anders. Wohl selten hat der Bund eine so gewinnbringende Investition getätigt. Fünf Millionen spülen demnächst drei Milliarden ins Bermudadreieck des Staatshaushaltes. Das macht eine Quote von 1:600.

Das wirft eine moralische Frage auf: Natürlich schreien so ziemlich alle braven Bürger „Hurra“, weil es gelungen ist, reiche Missetäter dingfest zu machen und ihnen ihr Liebstes zu entreißen. Da applaudiert der Stino-Deutsche doch sogar einem Denunzianten, der laut Heinrich Hoffmann von Fallersleben „Der schlimmst Lump im ganzen Land“ ist (Pikant: Von Fallersleben ist übrigens der Mann, der den Text fürs „Lied der Deutschen“, allgemein bekannt als aktuelle Nationalhymne, geliefert hat.).
Ganz gleich, ob Rache oder späte Reue, wer deutsche Leistungsträger ans fiskalische Messer liefert, ist ein Held. Meint zumindest die Blöd-Zeitung. Dass er dafür 5 Millionen Öcken (steuerfrei?) genommen hat, ist zwar nicht fein, aber verständlich.
Wie sieht’s aber mit dem Denunzianten aus, der einen mittelständischen Unternehmen zum Abschuss frei gibt, dessen Schlachtung dem Finanzminister sechs Millionen Euro bringt. Dafür wären gemäß der Quote 1:600 immerhin 10.000 Euro auf die gierige Kralle zahlbar.
Und was ist mit dem Fiesling, der seinen ungeliebten Nachbarn für 600.000 hinterzogene Euro aus Börsengeschäften über die Klinge springen lassen will – stehen dem dann 1.000 Euro zu? Und wie sieht’s mit der rachsüchtigen Geliebten aus, die ihrem nun doch nicht zur Scheidung bereiten Galan das Leben zur Hölle machen will und diesen dafür bei der Steuerfahndung anzeigt? Schließlich war das gemeinsame Liebesnest doch eigentlich als betriebliche Immobilie deklariert – na, und die 1.000 Euro Judaslohn nimmt die clevere Dame nun auch noch mit?

Die Leser meines kleinen Tagebuches fragen sich nun wahrscheinlich, weshalb ich mich über diese moralischen Dinge solchermaßen echauffiere. Ganz einfach: Ein Staat sollte aus meiner Sicht zwei Dinge nicht tun – er sollte sich nicht erpressen lassen und er sollte kein Kopfgeld zahlen. Wer sich erpressen lässt, macht sich erpressbar und wird nach einer Zahlung bald die nächste leisten (müssen). Und wer Kopfgeld zahlt, macht sich gemein mit Denunzianten, Spitzeln, Mördern und anderen Kriminellen.

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Sonntag, 3. Februar 2008
Wenn der Gerhard auf Privatreise geht. Oder: Lasst euch nicht verschrödern!
Heute möchte ich meinen Tagebucheintrag mit einem kleinen Text beginnen: Welches Verb bzw. welche Tätigkeit fällt Ihnen ganz spontan beim Stichwort „Gashahn“ ein?
Die ein wenig älteren Leser meines Tagebuches werden wahrscheinlich ans „Aufdrehen“ gedacht haben. Wer etwas jünger ist und/oder ans Beheizen seiner Wohnung denkt, könnte durchaus das „Zudrehen“ favorisieren.
Warum? Früher (also vor einigen Jahrzehnten) war es ein geflügeltes Wort, den Gashahn aufzudrehen. Man bzw. frau beging auf diese Weise Selbstmord, was keine Schwierigkeit darstellte, denn das aus der Leitung strömende Gas enthielt Kohlenmonoxid, ein giftiges Gas, welches das Hämoglobin blockiert und auf diese Weise für ein Entschlummern ohne Wiederkehr sorgt.
Heute klappt das nicht mehr, denn der Küchenherd, wenn er denn nicht elektrisch betrieben wird, arbeitet mit ungiftigem Erdgas oder einer Propan-Butan-Mischung.
Apropos Erdgas: Sofern dieses aus dem großen russischen Reich stammt, in dem der lupenreine Demokrat Wladimir Putin herrscht, kann der Hahn an der Lieferleitung durchaus ganz schnell mal zugedreht werden. Dazu muss man nicht mal mit der Bezahlung des Energieträgers in Rückstand geraten, es genügt, dass man dem Neuzaren unsympathisch geworden ist, weil man unter Demokratie etwas anderes versteht als der Ex-KGB-Mann.
Ein Herz und eine Seele mit Wladimir Putin ist hingegen Gerhard Schröder, was der Doris ihr Mann und den Deutschen n Gottseidank ihr Exkanzler ist. Der Wladimir Putin mag den Gerhard ja so sehr, dass er ihn zu seinem obersten Gasmann gemacht hat, oder besser Gazprom-Mann. Was nun wieder die Doris freut, denn die beiden Kinder, die sie vom Waldimir bekommen hat, werden ja allmählich größer und man weiß ja, was das kostet.
Also, um Missverständnisse zu vermeiden: Die Kinder sind zwar vom Wladimir, aber nicht wirklich von ihm, sondern die hat der nur besorgt oder so. Ist ja alles so geheim bei dem.
Aber obwohl der Gerhard beim Wladimir als Gasmann so viel zu tun hat und nebenbei auch noch für einen Schweizer Verlag anschafft, hat er sich jetzt mal einen kleinen Ausflug gegönnt. Nach Zypern, da wo die Götter Urlaub machen. Oder genauer gesagt, machten. Denn den Gerhard zog es ganz privat in den Norden Zyperns, da wo statt der Götter die Türken hocken. Seit 1974, da sind sie nämlich dort einmarschiert.
Der Gerhard, was dem lupenreinen Demokraten Wladimir sein Freund ist, wollte damit „einen Beitrag dazu leisten, um die wirtschaftliche Isolation Nordzyperns zu beenden“, sagt sein Büro. Mal nachdenken: Dazu braucht’s nicht den abgetretenen deutschen Kanzler. Ein simpler Rückzug der türkischen Besatzer würde ausreichen und die Chancen des Halbmondlandes auf einen Beitritt zur EU sicher erhöhen.
Der Präsident der Republik Zypern (das ist der Süden, der auch zur EU gehört), Tassos Papadopoulos, bezeichnete die Schröder-Tour als „sehr bedauerlich“. In allerlei Foren, so zum Beispiel hier www.politikforen.de/showthread.php?p=1930004 wurde über die Schröderei gewettert, n-tv berichtete (www.n-tv.de/913386.html)
über Schröders Auftritt auf einer Pressekonferenz mit dem Regierungschef Nord-Zyperns, Ferdi Sabit Soyer. Dort sagt Schröder am 2. Februar 2008 nach türkisch-zyprischen Rundfunkberichten, er unterstütze die Bemühungen der Vereinten Nationen, die auf eine Wiedervereinigung Zyperns hinzielen.
Nun tue ich mich mit Gerhard Schröder und seinem Privatbesuch auf Zypern schwer. Sicher, es gibt eine Menge Menschen, denen ich die Story abnehmen würde. Aber Schröder? Nööö. Wäre die Sache privat, hätte der Ex-Kanzler Frau Nummer vier und seine liebreizenden Kinderlein mit dabei, würde nicht nur zwei Tage bleiben und ganz sicher nicht in den Norden fahren. Privat wäre der Genussmensch Schröder in den Süden, in die Republik Zypern gereist. Da ist der Wein besser und es gibt mehr Russen.
Was also könnte Gasmann Gerhard also zum Kurztrip in den Norden bewogen haben? Auch wenn ich länger nachdenke, fällt mir dazu nur das Stichwort Geld ein. Und wer zahlt? Die Türken, weil sie die PR-Granate aus Niedersachsen auch mal bei sich einschlagen lassen und auf diese Weise ihr türkisches Protektorat ein wenig in die deutschen Medien bringen wollen? Wenn das stimmt, ist das Geld gut angelegt, denn die Geschichte wird noch ein Weilchen durch die deutschen Blätter rascheln. Sicher gibt auch die überbissige Exkanzlersgattin bald ein Interview und verkündet der deutschen Öffentlichkeit, was für nette Menschen die Türken sind und dass wir ohne die glorreichen Taten der Säbelschwinger noch nicht einmal Kaffee hätten.
Oder reist Privatier Gerhard im Auftrag seines Freundes Waldimir? Nicht unwahrscheinlich. Schließlich liefert Russland über die Blue-Stream-Pipeline Gas an die Türkei (http://www.russland.ru/ruwir0010/morenews.php?iditem=12701), bei Wikipedia steht das übrigens falschrum. Aserbaidschan hingegen will Öl über die Türkei und Griechenland nach Italien liefern (http://www.russland.ru/ruwir0010/morenews.php?iditem=15795), sehr interesssant ist auch (http://www.robertamsterdam.com/deutsch/2007/03/), dort findet sich u.a. folgende Information:
„ Wohin die EU-Abgesandten auch kommen, die Russen waren schon da. So handelten Gasprom und Lukoil in Algerien flugs Verträge mit dem Energie- Staatskonzern Sonatrach aus. Aserbaidschan zögert gegenüber der EU mit neuen Lieferzusagen, weil die Russen politisch Gegendruck ausüben. Das gilt auch für die Türkei: Russland will das Transitland am Bosporus enger an sich binden - hier verlaufen die wichtigsten Pipeline-Projekte.“ Und der Stern http://www.stern.de/wirtschaft/unternehmen/unternehmen/:Energie-Korridor-T%FCrkei-Das-Rotterdam-Mittelmeer/565588.html beschreibt die Türkei ob ihrer Bedeutung als Drehscheibe des Öl- und Gastransports ohne Berührung von Iran und Irak als „Rotterdam am Mittelmeer“.
Außerdem wäre da noch die Agentur Reuters, die über die begonnene Erschließung von Öl- und Gasvorkommen in der Ägäis berichtet http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEHUM24881320080202 , übrigens in einem Gebiet, um das sich EU-Mitglied Griechenland und Nicht-EU-Mitglied Türkei seit Jahren streiten. Wie heißt es so schön: „Die Freunde meiner Feinde ...“
So viel zum Thema Schröder, so viel zum Thema Privatreise, unverschämte Lügen und Demagogie.

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Samstag, 26. Januar 2008
Was Wolfgang Thierse von Möllemann lernen kann
Man hat’s nicht leicht. Die geneigten Leser dieses kleinen Tagebuches werden dieser pauschalen Einschätzung aufgrund eigener Erfahrungen sicher zustimmen, aber doch ein wenig neugierig sein, worauf sich diese meine Erkenntnis bezieht.
Die Antwort: Der Bürokram ist ganz schön schwierig. Als auf diversen Hochzeiten tanzender Freier Journalist habe ich mehr als nur eine Sorte Papier in meinem Laserdrucker. Für allerlei Manuskripte, Korrekturbögen und solcherart Zeugs nutze ich weißes Druckpapier. Wenn Angebote oder Rechnungen gedruckt werden, kommen meine eigenen Briefköpfe zum Einsatz, auf denen „Pressebüro & Ultralauf“ steht und die durch einen dicken Balken im Zeitungsblau verziert sind. Und da ich für den Sächsischen Schützenbund auch dessen offizielles Mitteilungsblatt produziere, nutze ich gelegentlich auch Briefköpfe, auf denen „Sächsische Schützenzeitung“ steht. Hier prangt zudem das ans Sachsenwappen angelehnte Logo des Verbandes in Grün und Gelb auf dem Papier. Nicht auszudenken, wenn ich da mal etwas verwechselte.
Dann könnte es Irritationen geben oder gar Ärger, so wie im Fall meines Lieblingsallergens Wolfgang Thierse. Jener haarige Geselle (richtig, das ist der mit dem Vermieterstreit und Helmut Kohls Frau, die im Dunklen ausharren musste ...) ist seines Zeichens immerhin noch Bundestagsvizepräsident und damit einer der oberwichtigen Repräsentanten Deutschlands. Über den darf man auch nicht lästern, denn das steht unter Strafe.
Aber man darf darüber berichten, dass besagter Bartmann einen Brief geschrieben hat. An das Bezirksamt Pankow, Anteilung öffentliche Ordnung. Darin beschwert sich der Bundestagsvizepräsident bitterlich über die Verlegung eines so genannten Sonnabendmarktes von einer zur anderen Seite des Kollwitzplatzes. Thierse, nach eigener Aussage eines der Urgesteine von Prenzlauer Berg, wohnt eben dort schon seit 20 oder 30 Jahren – da ist er sich selbst nicht sicher, denn die Zahlen schwanken von Interview zu Interview. Jedenfalls schon sehr lange. Und durch die Verlegung des Marktes befindet sich selbiger nun einmal wöchentlich unter den Fenstern von Thierses Altbauwohnung.
Was den wackeren Staatsmann fast zum Barthaareausraufen treibt, denn das Markttreiben stört. Also beschwerte sich Wolfgang Thierse beim zuständigen Bezirksamt. Schließlich leben wir in einer Demokratie, und Beschwerden zählen zu den ersten Bürgerrechten.
Die Adressaten des Schreibens rieben sich verwundert die Augen. Thierses Protest, der ja eindeutig privater Natur war, erreichte sie auf exklusivem Briefpapier mit Bundesadler und der Amtsbezeichnung des Bundestagsvizepräsidenten.
Nachdem es die präsidial-private Protestnote vor wenigen Tagen immerhin auf die Titelseite der Berliner Zeitung geschafft hatte, ruderte Thierse zurück. „Die Verwendung des Briefbogens ist der Eile geschuldet und also ein Versehen“, erklärte er gegenüber der Deutschen Presseagentur.
Mein Gedächtnis ist nicht sonderlich gut, aber ganz spontan fiel mir beim Lesen dieser Aussage die unflätige Äußerung ein, die Wolfgang Thierse über Helmut Kohl und dessen Umgang mit seiner kranken Frau getan hat. Guckst du hier: http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/969065/
Auch diese war ja plötzlich ein falsches Zitat, nie so gemeint und außerdem ganz anders gesagt gewesen. Sagte Wolfgang Thierse. Wer den Mitschnitt des Mitarbeiters meiner Lokalpostille, der das Zitat veröffentlicht hatte, kennt, könnte zu dem Schluss kommen, dass Wolfgang Thierse wenn schon kein Problem mit der Wahrheit, so doch mit seinem Gedächtnis hat. Aber gesagt ist gesagt und entschuldigt ist entschuldigt.
Im vorliegenden Fall ist die Situation ein wenig anders. Denn, so steht es am Eingang zur Deutschen Bibliothek in Leipzig, „Flüchtig ist das gesprochene Wort“. Auf Papier überdauert es hingegen die Zeiten, vor allem dann, wenn es sich bei dem Papier um offizielle, amtliche Briefbögen handelt.
So wie 1993 bei Wirtschaftminister und Vizekanzler Jürgen W. Möllemann. Zur Erinnerung: Auf bundesministeriellem Briefkopf empfahl Möllemann Handelsketten die Nutzung des Einkaufswagen-Chips, mit dem ein Verwandter seiner Frau das große Geschäft machen wollte. Der Ärger wegen der Briefkopfverwechslung war so groß, dass Möllemann am 3. Januar 1993 seinen Hut nahm und seine Ämter als Wirtschaftsminister und Vizekanzler aufgab.

Nun zähle ich ja nicht zum Stab der Berater eines Wolfgang Thierse. Wäre ich einer seiner Berater, würde ich dem Bundestagsvizepräsidenten empfehlen, „den Möllemann“ zu machen. Weil es langsam reicht, weil die Eskapaden des ranghöchsten deutschen Bartträgers allmählich unerträglich werden. Aber da ich keiner von Thierses Beratern bin, habe ich hier nur von meinem ganz persönlichen, grundgesetzlich verbrieften Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht. Ganz neutral und nicht auf versehentlich gewähltem, offiziellem Briefkopf.
Angst um die Zukunft eines zurückgetretenen Wolfgang Thierse müsste niemand haben. Möllemann hat ja bewiesen, dass man auch nach einem Rücktritt von hohen Ämtern noch große Sprünge machen kann.

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Mittwoch, 16. Januar 2008
Horst Köhler auf ewig
Wer seine Brötchen als Journalist verdient, genießt vielfältige Privilegien. Das wissen zumindest diejenigen, die mit der Branche wenig zu tun haben. Oder sie glauben es zu wissen. Ein Privileg, dass ich für mich beanspruche, ist allerdings unbestritten: Für mich gehören die Lektüre von allerlei bedrucktem Papier und das Ausleben der mir reichlich innewohnenden Neugierde zur Berufsausübung.
Und so stolperte ich heute bei meinem beruflich veranlassten Medienkonsum über eine dpa-Meldung, in der von den derzeitigen Diskussionen um eine zweite Amtszeit des Bundespräsidenten die Rede ist. „Führende Politiker“ von CDU und CSU haben sich für eine zweite Amtszeit Horst Köhlers ausgesprochen. Die allerführensdste CDU-Politikerin, Kanzlerin Angela Merkel, ist laut dpa auf Distanz zu den namentlich nicht genannten Granden der Schwesterparteien gegangen. Und der umworbene Wiederholungsbundespräsident in spe will sich laut AFP erst ein Jahr vor der möglichen Wiederwahl äußern. Das wäre im Mai 2008 der Fall, denn Köhlers fünfjährige Amtszeit dauert noch bis zum Wonnemonat 2009.
Nun gehört Bundespräsident Horst Köhler meines Wissens nicht zu den regelmäßigen Lesern dieses kleinen Tagebuches. Sollte einer meiner Stammkonsumenten allerdings demnächst mit dem ersten Mann im deutschen Staate plaudern, wäre ich für eine Übermittlung der folgenden pro-Köhler-Argumente sehr dankbar.
Ja, ich bin für eine weitere Amtszeit Horst Köhlers und stimmte, sollte ich gelegentlich ein Stühlchen in der Bundesversammlung ergattern, für den lebenslangen Verbleib des weltwirtschaftserfahrenen Präsidenten im höchsten Staatsamt votieren.
Warum?
1. Horst Köhler ist kein Berufspolitiker. Er hat zwar im Dunstkreis der Macht gearbeitet, seine Meriten aber fern des Kabinettsgestühls erworben.
2. Horst Köhler besitzt einen scharfen Verstand und er leistet sich den in hohen Ämtern selten gewordenen Luxus, diesen auch zu nutzen. Führt ihn sein Verstand zu Erkenntnissen, die offiziellen Doktrinen oder parteipolitischen Vorgaben zuwider laufen, hat er den Mut, seine Auffassungen dennoch auszusprechen und vertreten.
3. Der Mann macht auf jeglichem Parkett eine gute Figur. Welch furchtbarer Gedanke, dass Deutschland international durch Figuren wie den verschimmelten Wolfgang T. oder gar Problembär Kurt Beck repräsentiert würde ... Brrrrrr.
4. Kann es sich Deutschland gar nicht leisten, schon wieder einen neuen Bundespräsidenten zu wählen. Schließlich haben wir zurzeit schon drei. Zumindest finanziell, denn Walter Scheel (1974-1979), Richard von Weizsäcker (1984-1994) und Roman Herzog (1994-1999) haben zwar das Amt, nicht jedoch ihr irdisches Dasein verlassen. Mit dem Ausscheiden aus ihrem Präsidentenamt haben die Alt-Präsidenten zwar ihre Dienstsitze (das Schloss Bellevue Berlin und die Villa Hammerschmidt in Bonn) aufgeben müssen, ihre Dienstbezüge laufen (abzüglich der Aufwandsgelder) jedoch lebenslang weiter. Das ganze nennt sich dann Ehrensold, wird nicht mit anderen Bezügen verrechnet und kostet die Steuerzahler laut Spiegel (Januar 2005) jährlich 213.000 Euro – je Bundespräsident. Macht fast 650.000 Euro bei aktuell drei Bundespräsidenten. Hinzu kommen für die EX-BP die ebenfalls vom Steuerzahler zu tragenden Kosten für ein Büro der benötigten Mitarbeiter – üblich sind ein oder zwei -, die ebenfalls im Haushalt des Bundespräsidialamtes geführt werden. Außerdem genießen auch gewesene Bundespräsidenten Personenschutz und haben Anspruch auf ein Staatsbegräbnis.
Der geneigte Leser meines Tagebuches möge selbst addieren. Wer sich dabei nicht grob verrechnet, teilt sicher meine Empfehlung für die lebenslange Amtszeit. Bruder Johannes Rau hätte das beinahe geschafft. 1999 schon schwerkrank ins höchste Amt gehievt, hielt er wacker bis 2005 durch, als die Ablösung durch Horst Köhler erfolgte. So fehlten ihm dann knapp sieben Monate ...

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Dienstag, 15. Januar 2008
Sonnenflecke, Lebenszyklen, Wachkoma und das Roland-Koch-Syndrom
Am Wochenende habe ich einen interessanten Artikel über Sonnenfleckenaktivität gelesen. Anfang Januar 2008 hat ein neuer Aktivitätszyklus begonnen, der Anteil der von Flecken bedeckten Sonnenoberfläche wird in den nächsten Jahren wachsen, bis er ca. 2013 ein Maximum erreicht. Diese Schwankungen unterliegen einem 11-Jahres-Rhythmus und werden nach ihrem Entdecker, dem in Dessau geborenen Astronomen Samuel Heinrich Schwabe, als Schwabe-Zyklus bezeichnet.
Über den Einfluss der Sonnenfleckenaktivität auf irdisches Geschehen gibt es eine Vielzahl von Untersuchungen. Die schwankende Sonnenaktivität und die damit einhergehenden Strahlungsausbrüche verursachen zum Teil erhebliche Störungen im Kurzwellen-Funkverkehr. In extremen Fällen sollen auch Handynetze und andere Übertragungswege in Mitleidenschaft gezogen werden, wenn von der Sonne heranrasende Magnetstürme in Antennen und Leitungen Störspannungen induzieren.
In der Welt am Sonntag las ich am vergangenen Wochenende zudem von Einflüssen aufs europäische Klima. Durch Störungen des Erdmagnetfeldes sei es möglich, dass polare Luftmassen aus dem Ruder laufen. In Jahren hoher Sonnenfleckenaktivität seien sehr strenge Februarfröste wahrscheinlicher als in anderen Jahren.
Hinweise auf eine Beeinflussung des irdischen Wetters sind auch in alten Chroniken zu finden. Vor einigen Jahren habe ich mehrere mittelalterliche Schilderungen gelesen, in denen von „alles verbrennender Höllenhitze, die das Korn auf dem Halm entzündete“ u.ä. Wetterwunderlichkeiten zu lesen war. Die Chronisten notierten mit schöner Regelmäßigkeit, dass die Sonne „wie mit Hufnägeln gespickt“ ausgesehen habe. Ich muss doch mal nachschauen, wo das stand.
Aber nun ist es wieder einmal soweit: Die regelmäßigen Lesers meines kleinen Tagebuches werden sich schon längst fragen, ob ich heute nur Bildungsprogramm biete oder ob meine Schwafelei über die Sonnenflecke noch zu etwas anderem gut ist.
Keine Angst, jetzt kommt die berühmt-berüchtigte Kurve: Nicht nur die Sonnenfleckenaktivität unterliegt einem Zyklus, auch bei vielen Menschen lässt sich zyklisches Verhalten nachweisen. Keine Angst, ich komme jetzt nicht auf den vierwöchigen „Heute-kann-ich-wieder-nicht-einparken-Zyklus“ des weiblichen Teils der Menschheit zu sprechen.
Mir geht es um den Aktivitätszyklus des Berufspolitikers. Dieser Zyklus ist streng periodisch. Drückt sich der Politiker im Bundestag herum, hat sein Zyklus eine Länge von vier Jahren. Landtagsabgeordnete verdauen ihre Diäten im Fünfjahresrhytmus, sofern sie nicht in Bremen oder Hamburg untätig sind – dort wurden vier Jahre ermittelt. Bei Bürgermeistern, Landräten und einigen anderen Exoten erreicht die Aktivität mitunter aller sechs Jahre ein Maximum.
Die Ursache dieses biologisch-psychologischen Phänomens liegt in der Länge der Wahlperioden. Nach einem extrem ausgeprägten, über einige Monate anhaltenden, starken Anstieg der körperlichen und geistigen Aktivitäten wird kurz vor dem oder am so genannten Wahltag ein Maximum erreicht, dem ein jäher Abfall folgt (Ein besonders krasses Beispiel dieses Effektes lieferte Gerhard Schröder im Herbst 2005, als er am Abend nach der Bundestagswahl seine eigene Niederlage nicht mehr erkannte und öffentlich seinen Anspruch auf das Amt des Bundeskanzlers verkündete. Offensichtlich war hier der geistige Resetknopf bereits gedrückt worden, das Reboot hatte sich jedoch verzögert.).
Nach dem geschilderten Abfall laufen die physischen und psychischen Funktionen noch einige Wochen in einem so genannten abgesicherten Modus, bis alle Fragen der Koalitionsbildung und Ämterverteilung geklärt sind. Danach setzt zumeist ein komatöser Zustand ein, der in der Regel mehrere Jahre anhält. Lediglich elementare Funktionen (Nahrungs- und Geldaufnahme, Atmung, Ja-Sagen etc.) laufen weiter, allerdings scheint dazu keine Hirntätigkeit notwendig zu sein.
Dieser Zustand ist nicht lebensbedrohlich. Offensichtlich handelt es sich dabei um eine Art noch nicht restlosen erforschten Wachkomas, denn etwa sechs Monate vor Ablauf der jeweiligen Wahlperiode führen äußere Signale, insbesondere aus den Medien, dazu, dass die Berufspolitiker aus dem Koma erwachen und wieder deutliche Aktivitäten in ihren Wahlkreisen bzw. -bezirken zeigen.
Diese Phase ist durch ein drastisches Ansteigen sämtlicher Vitalfunktionen gekennzeichnet. Auffällig ist das hohe Redebedürfnis der reanimierten Politiker sowie deren selektiver Muskeleinsatz. Äußere Symptome während dieser Phase des Zyklus sind krampfartiges Lächeln und heftiges Schwenken beider Hände, insbesondere bei Wahrnehmung von Lichtblitzen oder Scheinwerfern. Zugleich weisen die Berufspolitiker zu dieser Zeit eine scheinbare Willenlosigkeit auf, da sie die Erfüllung jeder an sie herangetragenen Forderung zusagen.
Ausnahme gibt es lediglich bei den Politikern, die sich unter hohem Selektionsdruck in Spitzenämtern etablieren konnten. Ihr Zyklus weist in der Regel keine Komaphase, sondern lediglich einen ausgeprägten Tiefschlaf auf. Allerdings scheint das nach Durchlaufen mehrerer Zyklen zu geistigen Schäden zu führen. Diese manifestieren sich in Beratungsresistent, Weltfremdheit und – in schweren Fällen – im Abrutschen in Sprachschleifen, die jeweils bis zum Wahlabend aus eigener Kraft nicht mehr verlassen werden können. Eine exemplarische Fallstudie am hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch hat Eingang in die einschlägige Fachliteratur gefunden. Als sprachliche Schleifen, in denen er bereits gefangen war, sind u.a. „Kopftuchverbot“, „brutalstmögliche Aufklärung“, „keine doppelte Staatsbürgerschaft“ dokumentiert. Vor der Landtagswahl 2008 fiel Koch erneut in eine Sprachschleife. Seine aktuelle Worthülse lautet „Verschärfung des Jugendstrafrechts“. Ob er nach dem 27. Januar 2008 in einen weiteren Politiker-Zyklus verfallen wird, hängt vom Wahlausgang ab.

Ein PS. für alle, die den Unterschied nicht bemerkt haben: Nach den Sonnenflecken habe ich den Satiremodus eingeschaltet.

Satiremode off

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Donnerstag, 13. Dezember 2007
Wolfgang kommt oder: Georg der Gebeutelte im Weihnachtsstress
Die Zeit der vorweihnachtlichen Wunder ist wieder angebrochen. Ganz Deutschland ist vom kollektiven Kaufwahn befallen, ansonsten herrscht überall Friede, dass es den Menschen ein Wohlgefallen ist. Nur die Politiker hoppeln hurtig durch das Land, verteilen hier in einer Krabbelgruppe Geschenke und übergeben dort in einer Schule einen neuen, steuerfinanzierten Computer. Und sie krempeln sich die Ärmel ihrer Maßanzüge hoch, damit beim Teigkneten in der Grundschule des Wahlkreises kein Mehlstaub auf den edlen Zwirn gelange.
Und sogar der authentische Terrakotta-Wolfgang krabbelt hinter seinem Schreibtisch im ausgehöhlten Bundesministerium für Verkehr und gute Taten hervor, düst von der Bundeshauptstadt in die sächsische Pampa, um den Gören in einem Schkeuditzer Kindergarten mit kleinen Autos eine ministerielle Freude zu machen. Nagut, sicher hat er in Leipzig auch noch etwas anderes zu erledigen und nutzt die Gelegenheit, um mit dem einen oder anderen Genossen beim Glühwein zu plaudern.
Gesprächsbedarf herrscht in Sachsen zurzeit allerorten. Denn Ministerpräsident Georg Milbradt hat’s nicht leicht. „Ach hätt’ ich doch dem Kurt seinen Thron gelassen“, seufzt er mitunter. Und der geschasste König Kurt? Der sitzt in seinem schönen Haus am bayerischen See. Und wenn er mal dort entlang fährt, wo einst sein Thron stand, grinst er ganz gemein und denkt sich „Glück gehabt“.
Das kann man vom seinem Nachfolger beim besten Willen nicht behaupten. Der hat zurzeit eine Menge Pech. Am klebrigsten ist das Pech, das aus den Fugen der in die Brüche geratenen Landesbank quillt. Deren Manager sorgten über Jahre hinweg für Freude im Freistaat, denn sie füllten dessen Kassen mit etlichen Millionen auf. Nun weht aus Richtung Amerika ein gar rauer Wind nach Sachsen und die Landesbank ist eigentlich pleite. Nicht irgendwie ein bisschen, sondern so was von erster Klasse pleite, dass es schon wieder Seltenheitswert hat. Es erinnert irgendwie an die Zeit der galoppierenden Inflation während der Weimarer Republik, als das Geld im Minutentakt an Wert verlor – nur dass es jetzt die Verluste sind, die immer mehr steigen. In allerlei international agierenden Zweckgesellschaften, für die die Sachsen LB gerade stehen muss, stapeln sich die faulen Kredite bis unter die Decke. Die Risiken werden mittlerweile konservativ auf 43 Milliarden Euro beziffert, 65 Milliarden sind aber auch „drin“. Und die Schwaben, deren Landesbank im Sommer die drohende Pleite des sächsischen Institutes durch einen Kauf verhindert hat, entdecken bei Prüfung ihres Erwerbs immer mehr Leichen im Tresorkeller und drängen auf eine sächsische Bürgschaft von 4,3 Milliarden Euro.
(Anmerkung: Einige Minuten nach dem Schreiben dieses Textes vermeldete dpa-afx die Rettung der Sachsen LB. Der Freistaat muss nun "nur" noch für 2,75 Mrd. Euro bürgen. An der gesamten Misere ändert das nichts - 2,75 Mrd., die man nicht hat, sind nicht viel weniger als 4,3 Mrd., die man auch nicht hat.)

Solcherart Misere lässt die Geier Höhe gewinnen. Die ansonsten eher unbedeutende Opposition im Freistaat wittert Morgenluft, und auch der rötliche Juniorpartner in der großen Dresdner Regierungskoalition stellt schon die Weichen für die Zeit danach. Und selbst in der staatstragenden CDU wird schon offen darüber spekuliert, ob es sinnvoll sei, nach König Kurt und Georg dem Gebeutelten wieder einen Westimport zu inthronisieren oder ob man nicht besser gleich auf ein sächsisches Gewächs setzen solle. Götterdämmerung vor dem dritten Advent.
Nun mag der eine oder andere Leser dieses Tagebuches sich wundern. Und er mag denken, dass es doch unüblich ist, dass ein Ministerpräsident gleich seinen Elbblick aufgibt. Dazu hat man doch schließlich Untergebene, die im Fall der Fäll die Verantwortung über- und den Hut nehmen können.
Genau hier steckt Georg der Gebeutelte mächtig in der Klemme. Aktueller und vorheriger Finanzminister haben mit der Finanzkrise nicht wirklich etwas zu tun, sie haben sie geerbt. Wollte er denjenigen, der in den Gründerjahren des Freistaates Sachsen Kurs und Personalausstattung der neuen Landesbank maßgeblich bestimmt hatte, zur Verantwortung ziehen – es wäre ein Selbstgespräch.
Und so kommt es, dass bei Georg dem Gebeutelten in diesem Jahr keine rechte Weihnachtsstimmung entstehen mag. Strietzelmarkt und Stollenparade beinahe vor der Haustür, Räucherkerzen und Glühweinduft in Elbflorenz – und er muss die Schließung seiner Landesbank fürchten und schon über den Umzug nachdenken.
Und Terrakotta-Wolfgang? Der darf heute Kindern kleine Autos schenken und den netten Onkel aus Berlin spielen. Schaden kann’s nicht, denn irgendwie ist der authentische Wolfgang als früherer Leipziger Oberbürgermeister und Olympiavergeiger doch ein Sachse. Auch wenn er in Thüringen geboren ist. Vielleicht kippt ja nicht nur Georg der Gebeutelte, sondern die ganze, ungeliebte, große Dresdner Koalition geht den Bach hinunter. Und Wolfgang würde sich erst sehr bitten lassen. Aber der Aussicht, das ausgehöhlte Bundesirgendwasministerium gegen den Elbblick einzutauschen, würde er wohl nicht lange widerstehen (wollen).

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Montag, 26. November 2007
Die Änschie, der Dalai Lama, Benedetto und die Chinesen
Ich gestehe, dass ich für Angela Merkel eine Menge Sympathie empfinde. Warum? Da gibt es viele Gründe: Weil sie weder zu den Grünen noch zu den Roten gehört, sondern als schwarze Kanzlerin in Berlin sitzt. Weil sie Physikerin ist - als Naturwissenschaftler mag ich sowas. Und weil sie in so manchem über diverse Wahlperioden hinweg verknöcherten Politikerarsch das Wasser zum Kochen gebracht hat.
Was sie mir aber besonders sympathisch macht, ist, dass Angela Merkel sich nicht so einfach die Butter vom Brot nehmen lässt. Dort, wo der Gerhard und die Doris, was die Exkanzlersgattin ist, den dreifach geschleimten russischen Hofknicks geübt haben, blieb ihr Rücken gerade. Und da, wo man der Doris ihrem Exkanzler vor lauter Ich-liebe-China-Grinsen die Mundwinkel hinter dem Kopf mit dem nicht gefärbten Haar zusammenknüppern konnte, haut die Merkeln das Porzellan so gründlich kaputt, dass die gleücksverheißenden Drachen auf die rote Liste müssen. Empfängt die Frau einfach den Dalai Lama in der Kanzlerwaschmaschine und lässt die Chinesen die Wand hochlaufen. Wenn das so weiter geht, drohen die noch mit Olympiaboykott. (Ähm, ja, das wäre toll, darüber muss ich nochmal nachdenken ... nette Vorstellung. Anabolische Spiele in Peking und kein Chinese geht hin)
Und frech wie sie ist, die Physikerin aus dem Nordosten, lässt sie sogar ihren motzenden Außenfrankwalter wegtreten, dass dem die Steine aus dem Gesicht meiern. Die hat eben Courage, die erste deutsche Kanzlerin, da kann auch ein chinaphiler Außendings nichts machen.
Und was macht der (seit langer Zeit) erste deutsche Papst? Benedetto knickt ein. Der hatte dem Dalai Lama zwar schon einen Besuch zugesagt, machte heute aber einen Rückzieher. Zumindest zeigte er sich ehrlich und sprach nicht von Terminproblemen, sondern von der drohenden Chinaseuche - sprich: dem Ärger, den er vermeiden will. Zwar will der Vatikan weder Atomkraftwerke noch Flugzeuge nach China exportieren, dafür aber Seelenfänger. Und auch für deren Export braucht's Schönwetter.
In diesem Moment wurde Angela Merkel mir gleich noch ein Stück sympathischer. Teufelsweib, vorpommersches! Traut sich mehr als der Papst!
Wenn die Katholiken nicht so prinzipienfest werden, könnte man die Angela direkt auf die Kandidatenliste für die nächste Papstwahl schubsen (die natürlich in möglichst weiter Ferne liegen sollte, denn bis dahin sind "wir" ja Papst).

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Wolfgang und die Tonscherbe
Der Wolfgang Tiefensee. Kann einem wirklich leid tun. Erst vergeigt er die Sache mit der Olympiabewerbung, dann wird er Terrakottaminister,
http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/968017/
und nun das: Da schien es doch vor einer Woche, als wäre die Einigung im Streit um den Lokführertarif greifbar nahe. Wolfgang, der bis dahin brav in Deckung geblieben war, krabbelte unter seiner Tonscherbe hervor, schaltete mit bundesweit vernehmlichem „Knips“ das „Ich-hab-das-vollbracht-ich-ganz-allein“-Strahlemanngrinsen ein und sonderte einige Laute ab. Irgendetwas in Richtung „Konstruktiv begleitet“, „unsere Unterstützung“, „bin nun optimistisch, dass schon bald ...“.
Doch plötzlich kam eine Wolke. Der Lokführerhäuptling schien für Wolfgangs Lächeln nicht empfänglich, stellte eigene Forderungen, kündigte gar Prüfung des noch vorzulegenden Bahnangebotes an ...
Da war plötzlich ein „Knorps“ zu hören. So klingt es, wenn Terrakottawolfgang sein Lächeln wieder ausschaltet. Wenig später war er kaum noch zu sehen, denn er hatte sich ganz klein gemacht, um auf bessere Zeiten zu warten. Auf Zeiten, in denen es für ihn wieder einen Erfolg zu beanspruchen gab. Oh, was war der Wolfgang froh, als er wieder eine passende Tonscherbe gefunden hatte, um sich zu verstecken. Da liegt er nun und nur ein Ohr schaut heraus - um nicht zu verpassen, wenn's wieder eine Chance gibt.

Ein Tipp vom Zeitungsdieb: Einfach einen Hut aufsetzen, der einige Nummern zu groß ist. Damit wird man auch unsichtbar und man kann den Hut immer dabei haben. Wenn’s mal schnell gehen muss. Falls Du Dich nicht erinnerst – Du hast die Nummer schon mal durchgezogen. Mein wieder hervorgekramtes Foto beweist es.



Foto: André Dreilich

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Montag, 19. November 2007
Vom sonnigen Wolfgang und seiner wünschelnden Rute
Wolfgang wacht auf. Nein, nicht der bartfusselige Wolfgang, über den in letzter Zeit so viel Nettes zu lesen. Ich meine Terrakotta-Wolfgang, von dem man seit seinem eher überschaubaren Erfolg beim Kampf um die Lufthoheit im Reich von Gerhards Freund Wladimir eher wenig gehört hat. Wer die Geschichte nicht kennt, kann hier nachlesen: http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/968017/

Besagter Wolfgang hatte und hat ein ganz besonderes Talent. Schon während seiner Zeit als Oberbürgermeister in Leipzig galt er als eine Art fleischgewordene Wünschelrute. Wenn ein Projekt plötzlich erfolgreich zu werden drohte und das noch nicht mal die mit dem Projekt eng verbundenen Mitarbeiter spürten, witterte Wolfgang das, sprang herzu, strahlte wie der Sonnenschein und meldete sich zu Wort.
Welch Jubel herrschte, wenn Wolfgang vors Volk trat, denn dann wusste auch der größte Pessimist: Nun wird’s, sonst wäre Wolfgang ja nicht hier. Unser Sonnenkönig, was hat der von der Leipziger Pleißenburg aus alles verkündet. BMW, Olympia, DHL. Den Ärger mit den Frachtfliegern, die Nachtangriffe auf schlafende (Rand-)Leipziger fliegen, hat jetzt sein Nachfolger am Hals.

Nun hat Wolfgang Wünschel wieder Witterung aufgenommen. Am Sonntag saß er vor seinem Fernseher und schaute Talk. Wahrscheinlich hat er rumgemüffelt, dass sich da ein ungleiches Paar wegen irgendwelcher Eisenbahnerei beharkte. „Mach das mal weg“, sagte der Wolfgang zu seiner Lebensabschnittsbewältigungshelferin. „So’n Mist. Interessiert mich doch nicht die Bohne, die Bahn. Ich fahre Dienstwagen. Soll'n die doch streiken. Solange die ihre Züge nicht auf einem Bahnübergang abstellen, an dem ich warten muss, lässt mich das kalt“
Die neue Frau an seiner Seite bremste Wolfgang. „Schau mal, das könnte wichtig sein“, säuselte sie. „Du bist doch noch Verkehrsminister.“ Wolfgang schaute zunächst skeptisch und wollte sicherheitshalber bei seinem großen Vordenker in Rheinland-Pfalz anrufen. Aber zum Glück brauchte er das nicht, wer weiß, was der wieder gebeckmeckert hätte ...
Nein, im Fernsehen wurde sein Name. Vom Verkehrsminister war die Rede, von ihm, von Wolfgang. Also biss der kleine Sonnenkönig die Backenzähne ganz fest zusammen, wie er das immer macht, wenn er cool dreinschauen möchte, und hörte zu.
Und plötzlich war die Eisenbahnstreiterei vorüber. Der alte Mann und die seltsame Bahnfrau hatten sich miteinander verabredet. Nicht für gleich, aber für bald. Und man werde schon eine Lösung finden, zweistellig kann man vermitteln, das ist den Gremien nahezubringen.
Während Wolfgang noch über all die schwierigen Sätze nachdachte und sich die Ohren rieb, weil der alte Mann und die seltsame Frau zwischendurch auch mal so laut geredet hatten, geschah es: Wolfgangs Rute wünschelte los. Er witterte einen Erfolg. Wie immer als Allerallererster.
Und als sich wenig später so ein Radiofuzzi meldete und den Verkehrsminister (Jawohl, das bin ich immer noch; ich, der Wolfgang) nach seiner Meinung zum Tarifkonflikt bei der Bahn fragte, da wünschelte des Wolfgangs Rute schon wieder.
Und er plapperte los. Er sei sich sicher, «dass damit eine neue Phase intensiver Gespräche anbricht». Er sei in Gesprächen mit dem Unternehmensvorstand «zu der Überzeugung gekommen, dass man auf Seiten der Bahn AG willens ist, jetzt den ersten Schritt wieder zu tun, obwohl das offensichtlich sehr schwer fällt. komme darauf an, neue Bewegung in die Sache zu bringen, «also im Prinzip, dass ein neues Angebot auf den Tisch gelegt wird, dann könnte es wieder vorwärtsgehen».
Was für ein Kerl, der Wolfgang. Wenn demnächst der Lokführertarif ausgehandelt sein wird und die Streiks der GDL Geschichte sind, dann wird es ein Zielfoto geben. Welche Vertreter von GDL und Deutscher Bahn einander dabei mit schmallippigen Gesichtern die Hände auszureißen versuchen werden, ist noch nicht sicher. Fest steht hingegen, dass Sonnenkönig Wolfgang mit auf dem Bild sein wird. Er wird strahlen wie der liebe Sonnenschein, er wird vergoldete Worthülsen abschießen von der Art, dass das Bundesverkehrsministerium unter Führung von Wolfgang dem Sonnigen den Prozess mit Fingerspitzengefühl und Augenmaß begleitet habe. Und er wird ein klein wenig das böse Aua vergessen, das ihm zugefügt wurde, als er gegen Wladimir, Gerhard und die anderen Genossen stänkerte.

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