Montag, 5. März 2012
Schuhkauf mit Konsequenzen. Oder: Neue Post im Kasten
Jahrelang gingen wir miteinander durch dick und dünn. Wir konnten aufeinander zählen, ich auf sie beim nicht gar zu prolligen Auftritt, sie auf mich bei allerlei Zärtlichkeiten. Ehe unter den LeserInnen meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches Missverständnisse aufkommen - ich rede von meinen schwarzen Lieblingshalbschuhen. Sie stammten aus dem Land, wo man keine Billigschuhe trägt, keine Socken in Sandalen und keine kurzen Hosen - aus Italien. Vor etlichen Jahren brachte ich sie von dort aus dem Urlaub mit, wir haben gemeinsam eine Menge gesehen. Na gut, das Sehen war meist mein Part, schließlich ist unten die Sicht schlechter. Aber ich habe mich revanchiert, nie mit irgendwelchen neumodischen Superglanztubenschwämmchen hantiert, sondern stets mit Lappen, Bürste und schwarzer Schuhcreme aus der Schraubdose. Dank dieses Intensivverwöhnprogramms schaffte ich es sogar, die Spuren zu verwischen, die meine Katze ins glatte Leder gekrallt hatte. Und weil ich meine ollen Italiener gern trug, konnten auch die regelmäßig zerfasernden Schnürsenkel keinen Keil zwischen uns treiben. Fünf Paar mussten dran glauben, das sechste hatte ich erst kürzlich eingefädelt.
Und nun das: Beidseitiger, doppelter Sohlenbruch. Der rechte Absatz hatte den Anfang gemacht, der linke folgte wenige Tage später, dann entdeckte ich die Bruchstellen im vorderen Bereich. Und nun? Weg damit. Ich gönnte meinen Italotretern noch ein paar ruhige Tage im Windfang, wo sie neben allerlei anderem Geschuh in Erinnerungen schwelgen durften. Heute hatten wir unseren letzten gemeinsamen Gang. Nicht aus Pietät trug ich sie dabei in der Hand, sondern weil sie in die Mülltonnen kamen. Eine standesgemäße Feuerbestattung im heimischen Kamin unterließ ich wegen der Gummisohlen.
Wer nun glaubt, dass ich jetzt unbeschwarzschuht durchs Leben gehe, irrt. Natürlich habe ich für Ersatz gesorgt und in der vergangenen Woche zwei Paar Italos kommen lassen. Wobei: Sie werden dem Vorgängerpaar nie die Sohlen kratzen können, schließlich sind solche Schuhe nur echt, wenn man sie südlich der Alpen anprobiert und mitnimmt.
Dafür bescherte mir der Ersatzkauf wundersame neue Erkenntnisse. Kaum hatte ich die online-Bestellun getätigt (Nein, nicht bei der schreienden Firma), rutschte ich in eine völlig neue Schublade. Zielgruppenmarktsegmentmäßig scheinen Männer, die Schuhe kaufen, etwas Spezielles zu sein. Vielleicht schwul oder transe, auf alle Fälle aber "anders". Diesen Eindruck gewinne ich zumindest, wenn ich seit besagtem Kauf in meinen Posteingang schaue ... Solange ich "nur" meine Laufschuhe übers Netz kommen ließ, ist mir sowas zumindest nicht passiert.

PS.: Ach ja, die fast neuen Schnürsenkel habe ich vor dem Wegwerfen wieder ausgefädelt.

... comment