Donnerstag, 15. November 2007
Das Marchen von Terrakotta-Wolfgang, Wladimir, Problembär Kurt und den Flugzeugen.
Es war einmal ein Wolfgang. Der machte nirgendwo mit. Nicht bei den Pionieren und auch nicht bei den Soldaten. Erst später machte er dann hier und da mit, erst am Runden Tisch, dann beim Demokratischen Aufbruch und dann bei der SPD.
Als er groß war, wurde der Wolfgang sogar König in seiner Stadt. Oder genauer: Bürgermeister. Zuerst war das auch recht lustig, aber dann türmten sich dunkle Wolken vor seinem Rathausbalkon auf.
Kein Wunder, denn Wolfgang hat te an allem die Schuld. Erst hatte er den Leipzigern mit seinem Gefiedel die Olympiabewerbung eingebrockt, dann den Deutschen mit seiner Zaubertruppe die Olympischen Spiele vermasselt. Aber musste er deshalb nach Berlin gehen? Okay, da ist die Sache mit seiner Ehe und dem neuen Glück. Okay, da waren einige Schubfächer in seinem Schreibtisch, aus denen es schon gewaltig müffelte. Aber deshalb zieht man nicht in die Welt hinaus, um sein Glück woanders zu versuchen. Deshalb muss man den Job als Oberbürgermeister doch nicht aufgeben. Nicht als SPD-Mann und schon gar nicht in Leipzig. Den Leuten an der Pleiße kann man zur Wahl einen Sack Eierbriketts hinstellen – und die wählen den zum OBM. Spätestens im zweiten Wahlgang. Wenn er nur von der SPD ist.
Aber der Wolfgang ist nach Berlin gegangen. Minister ist ja auch was, auch wenn’s nicht so sicher und bequem wie OBM in Leipzig ist. Moment, mal nachschauen: Wie heißt des Wolfgangs Job genau? Ahja: Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sowie Beauftragter der Bundesregierung für die neuen Bundesländer. Das klingt ziemlich viel und ziemlich anstrengend.
Nur gut, dass der Wolfgang eine gewisse Affinität zu China entwickelt hat. Nicht wie die Angela, die ja auch mal kritische Worte äußert und den unerwünschten geistigen Führer zu sich bittet. Nein, mehr wie der Gerhard (Genau, der mit dem Wladimir und der Doris), der mehr fürs Verbeugen vor dem gelben Riesen ist. Das brachte dem Wolfgang auch eine Ehrenprofessur der Najing Universität ein, was vor ihm noch keinem Deutschen passiert ist. Von den Chinesen – genauer gesagt, von deren Terrakotta-Armee – hat der Wolfgang etwas Wichtiges gelernt: Man kann ziemlich hohl sein und bis über den Hals im Dreck stehen und erfüllt immer noch seine Aufgabe.
Und so nahm der Wolfgang es in Kauf, dass seine Feinde, vor allem aber auch seine Freunde ihn aushöhlten – oder besser gesagt: auswaideten. Lustig stachen sie auf den Wolfgang ein und schnippelten sich so manches Filetstück aus dessen Ressort. Der Wolfgang ertrug’s mit asiatischer Gelassenheit wie ein Edler und fidelte weiter. Irgendwann blieb ihm von seinen vielen schönen Unterressorts nur noch das Türschild, während Freunde und Feinde die Beute in ihren Ministerien verteilten.
Was ihm widerfahren war, bemerkte Terrakotta-Wolfgang erst, als er eines bösen Tages in die Schlacht ziehen wollte, um Deutschland vor dem russischen Bären zu schützen. Der hatte den schwer schleppenden Maschinen einer deutschen Fluggesellschaft nämlich mit der Pranke einen Schubs gegeben, auf dass sie aus dem eisigen Luftraum des noch eisigeren Zaren Wladimir flüchten mussten. Nur wenn die Deutschen ihre Fracht künftig über ein Drehkreuz am eisigen Arsch der Welt, in Sibirien, abfertigen, dürfen sie mit ihren Maschinen Russland queren. Das mochten die Deutschen nicht einsehen, denn sie hatten ja schon ein gut ausgebautes Luftdrehkreuz in Kasachstan.
Also erhob sich Terrakotta-Wolfgang zu seiner ganzen fürchterlichen Größe und richtete sein bösestmögliches Gesicht gen Osten. Und weil er am Morgen beim Betreten seines Ministeriums etwas von „Verkehr“ gelesen hatte, schoss er zurück: Flugs drehte Wolfgang den Russen den Hahn ab und sperrte den deutschen Luftraum für die Frachtflieger aus dem Reich der Moskoviter.
Da fühlte sich der Wolfgang richtig toll, denn das hatte er ganz alleine geschafft. Zwar war ihm ein wenig bange, dass der Gerhard oder – noch schlimmer – dessen Doris anrufen könnten, weil die doch so gute Freunde vom Wladimir sind. Aber während sich der Wolfgang gegen solcherart Anfeindungen aus dem eisigen Osten wappnete, traf ihn der Hieb gänzlich unerwartet aus Richtung Westen. Dort grummelte Kurt Beck vor sich hin, denn in seinem Reich befindet sich der Flughafen Hahn, der nicht nur von Ryan Air, sondern auch von russischen Frachtfliegern genutzt wird.
Richtig, genau diesen Maschinen hatte der tapfere Terrakotta-Wolfgang den Hahn abgedreht. Und damit drehte er auch dem gleichnamigen Flughafen denselben ab. Und deshalb hatte der Kurt ein offenes Ohr, als der Gerhard den Kurt anrief, Grüße von Doris an Frau und Sohn bestellte und ihn über den Ärger informierte, den der Wolfgang dem Wladimir bereitet hatte.
Und der Kurt? Reckte sich zu seiner ganzen gewaltigen Problembärgröße empor, holte aus und versetzte dem ängstlich gen Osten spähenden Wolfgang eine zwischen die Schulterblätter, dass dem die Risse in den knirschenden Terrakottapanzer fuhren. Und ehe der Wolfgang sich’s versah, war er zu Boden gegangen. Mit letzter Kraft konnte er noch die Sperrung des deutschen Luftraums widerrufen, beinahe hätte er sein eigenes „Time to say goodbye“ fideln dürfen.
Die deutschen Frachtflieger sahen ihn da so liegen, sahen den Problembären Kurt kommen und mussten zuschauen, wie dieser sich ein letztes Stück Fleisch, das in einem Winkel der gesprungenen Terrakottahülle gehangen hatte, einverleibte. Und sie weinten ein wenig, ehe sie beim Wladimir anriefen und ihm bestellen ließen, dass sie ja nur versehentlich in Kasachstan ... und eigentlich schon immer und viel lieber in Sibirien gelandet wären. Und dass sie ihm gern Geschenke zu Hauf' ... Und alle freuten sich, und vor allem der Gerhard und der Kurt – nur nicht der Wolfgang.
Achja – und weil’s so schön war, hat der Wladimir sich etwas Neues einfallen lassen. Der stoppte nun auf die Schnelle mal eine Bundeswehrmaschine, die eigentlich nach Afghanistan fliegen sollte. Und da war auch der Wolfgang wieder froh. Denn wieselflink war er vor die Tür gesaust, hatte er auf sein Schild geäugt und schnell noch einmal seine Zuständigkeiten überflogen. „Gott sei Dank, ich bin nicht der Verteidigungsminister“, freute sich der Fiedler. „Jetzt bekommt ein anderer Hiebe.“
Und damit ist das Märchen aus. Und wenn er nicht gestorben ist, dann stoppt der Wladimir weiter. Oder lässt stoppen. Demnächst vielleicht auch Euer Gas.

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