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Donnerstag, 13. Dezember 2007
Wolfgang kommt oder: Georg der Gebeutelte im Weihnachtsstress
zeitungsdieb, 10:09h
Die Zeit der vorweihnachtlichen Wunder ist wieder angebrochen. Ganz Deutschland ist vom kollektiven Kaufwahn befallen, ansonsten herrscht überall Friede, dass es den Menschen ein Wohlgefallen ist. Nur die Politiker hoppeln hurtig durch das Land, verteilen hier in einer Krabbelgruppe Geschenke und übergeben dort in einer Schule einen neuen, steuerfinanzierten Computer. Und sie krempeln sich die Ärmel ihrer Maßanzüge hoch, damit beim Teigkneten in der Grundschule des Wahlkreises kein Mehlstaub auf den edlen Zwirn gelange.
Und sogar der authentische Terrakotta-Wolfgang krabbelt hinter seinem Schreibtisch im ausgehöhlten Bundesministerium für Verkehr und gute Taten hervor, düst von der Bundeshauptstadt in die sächsische Pampa, um den Gören in einem Schkeuditzer Kindergarten mit kleinen Autos eine ministerielle Freude zu machen. Nagut, sicher hat er in Leipzig auch noch etwas anderes zu erledigen und nutzt die Gelegenheit, um mit dem einen oder anderen Genossen beim Glühwein zu plaudern.
Gesprächsbedarf herrscht in Sachsen zurzeit allerorten. Denn Ministerpräsident Georg Milbradt hat’s nicht leicht. „Ach hätt’ ich doch dem Kurt seinen Thron gelassen“, seufzt er mitunter. Und der geschasste König Kurt? Der sitzt in seinem schönen Haus am bayerischen See. Und wenn er mal dort entlang fährt, wo einst sein Thron stand, grinst er ganz gemein und denkt sich „Glück gehabt“.
Das kann man vom seinem Nachfolger beim besten Willen nicht behaupten. Der hat zurzeit eine Menge Pech. Am klebrigsten ist das Pech, das aus den Fugen der in die Brüche geratenen Landesbank quillt. Deren Manager sorgten über Jahre hinweg für Freude im Freistaat, denn sie füllten dessen Kassen mit etlichen Millionen auf. Nun weht aus Richtung Amerika ein gar rauer Wind nach Sachsen und die Landesbank ist eigentlich pleite. Nicht irgendwie ein bisschen, sondern so was von erster Klasse pleite, dass es schon wieder Seltenheitswert hat. Es erinnert irgendwie an die Zeit der galoppierenden Inflation während der Weimarer Republik, als das Geld im Minutentakt an Wert verlor – nur dass es jetzt die Verluste sind, die immer mehr steigen. In allerlei international agierenden Zweckgesellschaften, für die die Sachsen LB gerade stehen muss, stapeln sich die faulen Kredite bis unter die Decke. Die Risiken werden mittlerweile konservativ auf 43 Milliarden Euro beziffert, 65 Milliarden sind aber auch „drin“. Und die Schwaben, deren Landesbank im Sommer die drohende Pleite des sächsischen Institutes durch einen Kauf verhindert hat, entdecken bei Prüfung ihres Erwerbs immer mehr Leichen im Tresorkeller und drängen auf eine sächsische Bürgschaft von 4,3 Milliarden Euro.
(Anmerkung: Einige Minuten nach dem Schreiben dieses Textes vermeldete dpa-afx die Rettung der Sachsen LB. Der Freistaat muss nun "nur" noch für 2,75 Mrd. Euro bürgen. An der gesamten Misere ändert das nichts - 2,75 Mrd., die man nicht hat, sind nicht viel weniger als 4,3 Mrd., die man auch nicht hat.)
Solcherart Misere lässt die Geier Höhe gewinnen. Die ansonsten eher unbedeutende Opposition im Freistaat wittert Morgenluft, und auch der rötliche Juniorpartner in der großen Dresdner Regierungskoalition stellt schon die Weichen für die Zeit danach. Und selbst in der staatstragenden CDU wird schon offen darüber spekuliert, ob es sinnvoll sei, nach König Kurt und Georg dem Gebeutelten wieder einen Westimport zu inthronisieren oder ob man nicht besser gleich auf ein sächsisches Gewächs setzen solle. Götterdämmerung vor dem dritten Advent.
Nun mag der eine oder andere Leser dieses Tagebuches sich wundern. Und er mag denken, dass es doch unüblich ist, dass ein Ministerpräsident gleich seinen Elbblick aufgibt. Dazu hat man doch schließlich Untergebene, die im Fall der Fäll die Verantwortung über- und den Hut nehmen können.
Genau hier steckt Georg der Gebeutelte mächtig in der Klemme. Aktueller und vorheriger Finanzminister haben mit der Finanzkrise nicht wirklich etwas zu tun, sie haben sie geerbt. Wollte er denjenigen, der in den Gründerjahren des Freistaates Sachsen Kurs und Personalausstattung der neuen Landesbank maßgeblich bestimmt hatte, zur Verantwortung ziehen – es wäre ein Selbstgespräch.
Und so kommt es, dass bei Georg dem Gebeutelten in diesem Jahr keine rechte Weihnachtsstimmung entstehen mag. Strietzelmarkt und Stollenparade beinahe vor der Haustür, Räucherkerzen und Glühweinduft in Elbflorenz – und er muss die Schließung seiner Landesbank fürchten und schon über den Umzug nachdenken.
Und Terrakotta-Wolfgang? Der darf heute Kindern kleine Autos schenken und den netten Onkel aus Berlin spielen. Schaden kann’s nicht, denn irgendwie ist der authentische Wolfgang als früherer Leipziger Oberbürgermeister und Olympiavergeiger doch ein Sachse. Auch wenn er in Thüringen geboren ist. Vielleicht kippt ja nicht nur Georg der Gebeutelte, sondern die ganze, ungeliebte, große Dresdner Koalition geht den Bach hinunter. Und Wolfgang würde sich erst sehr bitten lassen. Aber der Aussicht, das ausgehöhlte Bundesirgendwasministerium gegen den Elbblick einzutauschen, würde er wohl nicht lange widerstehen (wollen).
Und sogar der authentische Terrakotta-Wolfgang krabbelt hinter seinem Schreibtisch im ausgehöhlten Bundesministerium für Verkehr und gute Taten hervor, düst von der Bundeshauptstadt in die sächsische Pampa, um den Gören in einem Schkeuditzer Kindergarten mit kleinen Autos eine ministerielle Freude zu machen. Nagut, sicher hat er in Leipzig auch noch etwas anderes zu erledigen und nutzt die Gelegenheit, um mit dem einen oder anderen Genossen beim Glühwein zu plaudern.
Gesprächsbedarf herrscht in Sachsen zurzeit allerorten. Denn Ministerpräsident Georg Milbradt hat’s nicht leicht. „Ach hätt’ ich doch dem Kurt seinen Thron gelassen“, seufzt er mitunter. Und der geschasste König Kurt? Der sitzt in seinem schönen Haus am bayerischen See. Und wenn er mal dort entlang fährt, wo einst sein Thron stand, grinst er ganz gemein und denkt sich „Glück gehabt“.
Das kann man vom seinem Nachfolger beim besten Willen nicht behaupten. Der hat zurzeit eine Menge Pech. Am klebrigsten ist das Pech, das aus den Fugen der in die Brüche geratenen Landesbank quillt. Deren Manager sorgten über Jahre hinweg für Freude im Freistaat, denn sie füllten dessen Kassen mit etlichen Millionen auf. Nun weht aus Richtung Amerika ein gar rauer Wind nach Sachsen und die Landesbank ist eigentlich pleite. Nicht irgendwie ein bisschen, sondern so was von erster Klasse pleite, dass es schon wieder Seltenheitswert hat. Es erinnert irgendwie an die Zeit der galoppierenden Inflation während der Weimarer Republik, als das Geld im Minutentakt an Wert verlor – nur dass es jetzt die Verluste sind, die immer mehr steigen. In allerlei international agierenden Zweckgesellschaften, für die die Sachsen LB gerade stehen muss, stapeln sich die faulen Kredite bis unter die Decke. Die Risiken werden mittlerweile konservativ auf 43 Milliarden Euro beziffert, 65 Milliarden sind aber auch „drin“. Und die Schwaben, deren Landesbank im Sommer die drohende Pleite des sächsischen Institutes durch einen Kauf verhindert hat, entdecken bei Prüfung ihres Erwerbs immer mehr Leichen im Tresorkeller und drängen auf eine sächsische Bürgschaft von 4,3 Milliarden Euro.
(Anmerkung: Einige Minuten nach dem Schreiben dieses Textes vermeldete dpa-afx die Rettung der Sachsen LB. Der Freistaat muss nun "nur" noch für 2,75 Mrd. Euro bürgen. An der gesamten Misere ändert das nichts - 2,75 Mrd., die man nicht hat, sind nicht viel weniger als 4,3 Mrd., die man auch nicht hat.)
Solcherart Misere lässt die Geier Höhe gewinnen. Die ansonsten eher unbedeutende Opposition im Freistaat wittert Morgenluft, und auch der rötliche Juniorpartner in der großen Dresdner Regierungskoalition stellt schon die Weichen für die Zeit danach. Und selbst in der staatstragenden CDU wird schon offen darüber spekuliert, ob es sinnvoll sei, nach König Kurt und Georg dem Gebeutelten wieder einen Westimport zu inthronisieren oder ob man nicht besser gleich auf ein sächsisches Gewächs setzen solle. Götterdämmerung vor dem dritten Advent.
Nun mag der eine oder andere Leser dieses Tagebuches sich wundern. Und er mag denken, dass es doch unüblich ist, dass ein Ministerpräsident gleich seinen Elbblick aufgibt. Dazu hat man doch schließlich Untergebene, die im Fall der Fäll die Verantwortung über- und den Hut nehmen können.
Genau hier steckt Georg der Gebeutelte mächtig in der Klemme. Aktueller und vorheriger Finanzminister haben mit der Finanzkrise nicht wirklich etwas zu tun, sie haben sie geerbt. Wollte er denjenigen, der in den Gründerjahren des Freistaates Sachsen Kurs und Personalausstattung der neuen Landesbank maßgeblich bestimmt hatte, zur Verantwortung ziehen – es wäre ein Selbstgespräch.
Und so kommt es, dass bei Georg dem Gebeutelten in diesem Jahr keine rechte Weihnachtsstimmung entstehen mag. Strietzelmarkt und Stollenparade beinahe vor der Haustür, Räucherkerzen und Glühweinduft in Elbflorenz – und er muss die Schließung seiner Landesbank fürchten und schon über den Umzug nachdenken.
Und Terrakotta-Wolfgang? Der darf heute Kindern kleine Autos schenken und den netten Onkel aus Berlin spielen. Schaden kann’s nicht, denn irgendwie ist der authentische Wolfgang als früherer Leipziger Oberbürgermeister und Olympiavergeiger doch ein Sachse. Auch wenn er in Thüringen geboren ist. Vielleicht kippt ja nicht nur Georg der Gebeutelte, sondern die ganze, ungeliebte, große Dresdner Koalition geht den Bach hinunter. Und Wolfgang würde sich erst sehr bitten lassen. Aber der Aussicht, das ausgehöhlte Bundesirgendwasministerium gegen den Elbblick einzutauschen, würde er wohl nicht lange widerstehen (wollen).
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