Dienstag, 20. August 2013
Merkel setzt britisches Schurkenregime unter Druck. Oder: Die Pressefreiheit ist ein hohes Gut.
Die britische Regierung zwingt "The Guardian" zur Zerstörung der Daten, die der frühere NSA-Mitarbeiter Edward Snowden abgezweigt und der Redaktion übergeben hat. Alternativ hätte die Herausgabe der Datenträger erfolgen müssen. Zwei Schlapphüte vom GCHQ beaufsichtigten die Zerstörung der Festplatten. "The Guardian" spricht von massiven Drohungen der Regierung gegen den Verlag. Wer's an der Quelle nachlesen will http://www.theguardian.com/commentisfree/2013/aug/19/david-miranda-schedule7-danger-reporters (immer eine Empfehlung wert), alternativ gibt es hier http://www.welt.de/politik/ausland/article119190280/Regierung-zwingt-Guardian-zur-Datenzerstoerung.html deutschen Lesestoff.

Meine geneigten LeserInnen lade ich nun zu einem kleinen Gedankenexperiment ein. Bitte lehnen Sie sich zurück, schließen Sie die Augen und stellen sich ganz entspannt vor, dass in irgendeinem Schurkenstaat, sagen wir Weißrussland, Ungarn oder der Schweiz etwas ähnliches vorgefallen wäre (Ich habe ölreiche Schurkenstaaten bewusst weggelassen, weil man ja auch tanken muss). Dann würde längst der Untergang von Pressefreiheit und Demokratie heraufbeschworen, das Anrücken der Kavallerie in Aussicht gestellt und mit Sanktionen der EU gedroht.
Aber sicher wird ja alles noch gut, unser aller Bundesmerkel sich das Merkelphone greifen und empört in Downingstreet Number 10 anrufen und dem Scheißtommy mit dem Ausschluss aus der EU drohen.
Wetten? Die Pressefreiheit ist in demokratischen Staaten ein hohes Gut.

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Nachdenken über eine LVZ-Verlagsbeilage. Oder: Finde den Unterschied!
Heute hat mich meine Lokalpostille, die nach eigener Darstellung dem Qualitätsjournalismus verpflichtete Leipziger Volkszeitung (LVZ) doch tatsächlich überrascht. Die regelmäßigen LeserInnen meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches wissen, dass Überraschung genau das ist, was ich von einer guten Tageszeitung erwarte. In aller Regel vermag die LVZ genau das nicht - mich zu überraschen. Denn schlechter Stil, Gefälligkeitsjournalismus und jede Menge Fehler sind längst keine Überraschung mehr.
Aber heute haben die Medienschaffenden von der Leipziger Klagemauer mich überrascht; na gut, ein wenig zumindest.
Und zwar mit einer so genannten Verlagsbeilage (wo anders heißt sowas Anzeigensonderbeilage) zum Leipziger Opernball. Nun sollten die geneigten LeserInnen bitte nicht dem Irrglauben erliegen, dass mich ein Opernball irgendwie interessiert. Das wäre höchstens der Fall, wenn sich dort ein veritabler Terroranschlag ereignen würde. Aber mal ehrlich: Welcher Terrorist würde seinen mühevoll zusammengebastelten Sprengstoffgürtel in der Leipziger Oper kaputtsprengen, um irgendwelche Fraukes oder andere C-Promis zu erwischen? Oder gar teure Munition verschießen?
Aber die Verlagsbeilage der LVZ zum Opernball ist lustig. Lesen sollte man sie nicht, es drohen Herpes und Augenkrebs ...
Da wird übers perfekte Styling geschwafelt; und der hiesige Porsche-Geschäftsführer darf als Sponsor auch wichtige Dinge sagen. Dass er just heute auch im Lokalteil im Rahmen einer oberwichtigen Sommerlochserie sein Schlüsselbund zeigen darf, ist sicher nur Zufall und hat nichts mit irgendwelchen Geldflüssen zu tun. Darf es ja auch nichts, denn das wäre ja gegen den Pressekodex, der meiner Lokalpostille sehr am Herzen liegt - oder auf den Magen drückt?
Nun gut, die Opernball-Beilage ist optisch brave Hausmannskost, die in den 70er Jahren sicher Aufsehen erregt hätte. Auch inhaltlich bietet sie keine Überraschungen; die Anzeigenabteilung hat zumeist die üblichen Lieblingskunden gemolken, im Textteil werden diese dann noch ein wenig gestreichelt, dazu klopfen sich die üblichen Verdächtigen auf die Schulter. Eigentlich fehlen nur die kurz vor der Bundestagswahl wieder aufgetauchten Möchtergern-Wieder-MdB Wolfgang T. und Daniela K., aber vielleicht habe ich die auch nur überlesen. OBM Burkhard J. fehlt wirklich, darf er ja auch, schließlich hat er jetzt wieder sieben Jahre Luft bis zur nächsten Wahl.
Aber halt, ich spüre die Ungeduld meiner geneigten Leserschaft, wo denn nun die Überraschung stecken könnte, die ich eingangs versprach. Ein Blick ins Impressum der Opernball-Verlagsbeilage ist des Rätsels Lösung.
Verantwortlich zeichnet die Leipziger Medien Service Gesellschaft, eine LVZ-Tochter, in der sich manche/r parken lässt und deren Name einfach netter klingt als der mancher Dienstleister. http://www.lvz-online.de/specials/partner/leipziger-medien-service-gesellschaft/das-team/r-leipziger-medien-service-gesellschaft-a-29262.html
Aber richtig überrascht hat mich folgender Satz: "Herausgeber und Redaktion übernehmen keinerlei Gewähr/Haftung für die Aktualität, Korrektheit, Vollständigkeit oder Qualität extern bereitgestellter PR-Texte, -Fotos sowie Links."
Diejenigen meiner leidgeprüften LeserInnen, die bis zu dieser Stelle durchgehalten haben, mögen sich den fröhlichen Haftungsausschluss noch einmal auf der Zunge zergehen oder ihn im Hirn zart schmelzen lassen.
Und anschließend über die Frage nachdenken, worin eigentlich der Unterschied zwischen einem Newsaggregator und der LVZ besteht? Kreativität, menschliche Intelligenz und journalistische Kompetenz scheint ja bei beiden nicht mehr unbedingt erforderlich zu sein ... zumindest nicht, wenn es um die Herstellung von Verlagsbeilagen geht ...

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