Mittwoch, 20. April 2016
Blick nach Bayern. Oder: Pressekodex mit Hintertür bei der Süddeutschen
Wer in der heutigen, sehr interessanten Zeit als Journalist über Missetaten und Missetäter berichtet, hat's nicht leicht. Oft genug geraten dem Berichterstatter (wie stets mögen sich bei dieser männlichen Form auch die Damen angesprochen fühlen und, wenn's denn unbedingt sein muss, auch all die putzigen Trans- und Zwischendinger) Informationen auf den Tisch, bei denen zwischen Tat und Ethnie des Täters zumindest eine erkennbare Korrelation besteh; eine Korrelation, die auch der geneigten Leserschaft bekannt ist und deren schnödes Weglassen gern mit Begriffen wie "Zensur" und "Lügenpresse" kommentiert wird.
Aber da gibt es ja auch (noch) den Pressekodex, dessen Ziffer 12 folgende Empfehlung gibt: „In der Berichterstattung über Straftaten wird die Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu religiösen, ethnischen oder anderen Minderheiten nur dann erwähnt, wenn für das Verständnis des berichteten Vorgangs ein begründbarer Sachbezug besteht. Besonders ist zu beachten, dass die Erwähnung Vorurteile gegenüber Minderheiten schüren könnte." Mehr unter presserat.de
Insbesondere linkslastige Schreibtischtäter legen diese Ziffer gern dahingehend aus, dass z.B. ein afghanischer Jungdynamiker, der einen Iraker per Messer zur Ader lassen will und von letzterem per Kantholz zur Unterlassung aufgefordert wird, zum Angreifer (männlich, 22) wird, der Kantholzschläger zum Angegriffenen (männlich, 31). Im Gegensatz dazu wird z.B. ein indigener Leipziger als solcher benannt und gern auch auf dessen sächsischen Dialekt vergewiesen. Die Leser, die sowohl die Quelle, also die Polizeimeldung, als auch die Veröffentlichung in der Presse kennen und vergleichen, kommen dann auf böse Gedanken.
Alles klar soweit? Dann lasst uns in den gottbegnadeten Freistaat Bayern schauen. Die Süddeutsche Zeitung hat für die fragwürdigen Empfehlungen des Presserates eine feine Lösung gefunden. Im Blatt berichtet die SZ über eine Schießerei, die gestern München in Atem hielt, politisch korrekt, nachzulesen hier: http://www.sueddeutsche.de/news/panorama/kriminalitaet-sorgerechtsstreit-loeste-polizei-grosseinsatz-in-muenchen-aus-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-160420-99-649666
Fazit: M (40) schießt M (24) im Rahmen eines Sorgerechtsstreites über den Haufen, die gleichfalls envolvierte W (24) bleibt unverletzt. M (40) erhielt durch die Polizei eine leichte Schusswunde und wurde einige Stunden später überwältigt.
Für die Leser, die noch über eine Restmenge an Realitätsbezug und Eigendenken verfügen, hält die SZ den folgenden Link bereit: http://www.polizei.bayern.de/muenchen/news/presse/aktuell/index.html/240129
Den linkscheuen Lesern sei verraten, dass man bei der bayerischen Polizei einige Informationen findet, die den Casus ein wenig erhellen.
Was lehrt uns das (für LVZ-Praktikanten: Was lernt und das?)? Die Münchner sind ganz schön hinterfotzig (so nennt man das wohl dort) und Sauhunde dazu, aber mir ist die Münchner Variante lieber als die Leipziger.

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