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Samstag, 26. Januar 2008
Was Wolfgang Thierse von Möllemann lernen kann
zeitungsdieb, 12:18h
Man hat’s nicht leicht. Die geneigten Leser dieses kleinen Tagebuches werden dieser pauschalen Einschätzung aufgrund eigener Erfahrungen sicher zustimmen, aber doch ein wenig neugierig sein, worauf sich diese meine Erkenntnis bezieht.
Die Antwort: Der Bürokram ist ganz schön schwierig. Als auf diversen Hochzeiten tanzender Freier Journalist habe ich mehr als nur eine Sorte Papier in meinem Laserdrucker. Für allerlei Manuskripte, Korrekturbögen und solcherart Zeugs nutze ich weißes Druckpapier. Wenn Angebote oder Rechnungen gedruckt werden, kommen meine eigenen Briefköpfe zum Einsatz, auf denen „Pressebüro & Ultralauf“ steht und die durch einen dicken Balken im Zeitungsblau verziert sind. Und da ich für den Sächsischen Schützenbund auch dessen offizielles Mitteilungsblatt produziere, nutze ich gelegentlich auch Briefköpfe, auf denen „Sächsische Schützenzeitung“ steht. Hier prangt zudem das ans Sachsenwappen angelehnte Logo des Verbandes in Grün und Gelb auf dem Papier. Nicht auszudenken, wenn ich da mal etwas verwechselte.
Dann könnte es Irritationen geben oder gar Ärger, so wie im Fall meines Lieblingsallergens Wolfgang Thierse. Jener haarige Geselle (richtig, das ist der mit dem Vermieterstreit und Helmut Kohls Frau, die im Dunklen ausharren musste ...) ist seines Zeichens immerhin noch Bundestagsvizepräsident und damit einer der oberwichtigen Repräsentanten Deutschlands. Über den darf man auch nicht lästern, denn das steht unter Strafe.
Aber man darf darüber berichten, dass besagter Bartmann einen Brief geschrieben hat. An das Bezirksamt Pankow, Anteilung öffentliche Ordnung. Darin beschwert sich der Bundestagsvizepräsident bitterlich über die Verlegung eines so genannten Sonnabendmarktes von einer zur anderen Seite des Kollwitzplatzes. Thierse, nach eigener Aussage eines der Urgesteine von Prenzlauer Berg, wohnt eben dort schon seit 20 oder 30 Jahren – da ist er sich selbst nicht sicher, denn die Zahlen schwanken von Interview zu Interview. Jedenfalls schon sehr lange. Und durch die Verlegung des Marktes befindet sich selbiger nun einmal wöchentlich unter den Fenstern von Thierses Altbauwohnung.
Was den wackeren Staatsmann fast zum Barthaareausraufen treibt, denn das Markttreiben stört. Also beschwerte sich Wolfgang Thierse beim zuständigen Bezirksamt. Schließlich leben wir in einer Demokratie, und Beschwerden zählen zu den ersten Bürgerrechten.
Die Adressaten des Schreibens rieben sich verwundert die Augen. Thierses Protest, der ja eindeutig privater Natur war, erreichte sie auf exklusivem Briefpapier mit Bundesadler und der Amtsbezeichnung des Bundestagsvizepräsidenten.
Nachdem es die präsidial-private Protestnote vor wenigen Tagen immerhin auf die Titelseite der Berliner Zeitung geschafft hatte, ruderte Thierse zurück. „Die Verwendung des Briefbogens ist der Eile geschuldet und also ein Versehen“, erklärte er gegenüber der Deutschen Presseagentur.
Mein Gedächtnis ist nicht sonderlich gut, aber ganz spontan fiel mir beim Lesen dieser Aussage die unflätige Äußerung ein, die Wolfgang Thierse über Helmut Kohl und dessen Umgang mit seiner kranken Frau getan hat. Guckst du hier: http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/969065/
Auch diese war ja plötzlich ein falsches Zitat, nie so gemeint und außerdem ganz anders gesagt gewesen. Sagte Wolfgang Thierse. Wer den Mitschnitt des Mitarbeiters meiner Lokalpostille, der das Zitat veröffentlicht hatte, kennt, könnte zu dem Schluss kommen, dass Wolfgang Thierse wenn schon kein Problem mit der Wahrheit, so doch mit seinem Gedächtnis hat. Aber gesagt ist gesagt und entschuldigt ist entschuldigt.
Im vorliegenden Fall ist die Situation ein wenig anders. Denn, so steht es am Eingang zur Deutschen Bibliothek in Leipzig, „Flüchtig ist das gesprochene Wort“. Auf Papier überdauert es hingegen die Zeiten, vor allem dann, wenn es sich bei dem Papier um offizielle, amtliche Briefbögen handelt.
So wie 1993 bei Wirtschaftminister und Vizekanzler Jürgen W. Möllemann. Zur Erinnerung: Auf bundesministeriellem Briefkopf empfahl Möllemann Handelsketten die Nutzung des Einkaufswagen-Chips, mit dem ein Verwandter seiner Frau das große Geschäft machen wollte. Der Ärger wegen der Briefkopfverwechslung war so groß, dass Möllemann am 3. Januar 1993 seinen Hut nahm und seine Ämter als Wirtschaftsminister und Vizekanzler aufgab.
Nun zähle ich ja nicht zum Stab der Berater eines Wolfgang Thierse. Wäre ich einer seiner Berater, würde ich dem Bundestagsvizepräsidenten empfehlen, „den Möllemann“ zu machen. Weil es langsam reicht, weil die Eskapaden des ranghöchsten deutschen Bartträgers allmählich unerträglich werden. Aber da ich keiner von Thierses Beratern bin, habe ich hier nur von meinem ganz persönlichen, grundgesetzlich verbrieften Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht. Ganz neutral und nicht auf versehentlich gewähltem, offiziellem Briefkopf.
Angst um die Zukunft eines zurückgetretenen Wolfgang Thierse müsste niemand haben. Möllemann hat ja bewiesen, dass man auch nach einem Rücktritt von hohen Ämtern noch große Sprünge machen kann.
Die Antwort: Der Bürokram ist ganz schön schwierig. Als auf diversen Hochzeiten tanzender Freier Journalist habe ich mehr als nur eine Sorte Papier in meinem Laserdrucker. Für allerlei Manuskripte, Korrekturbögen und solcherart Zeugs nutze ich weißes Druckpapier. Wenn Angebote oder Rechnungen gedruckt werden, kommen meine eigenen Briefköpfe zum Einsatz, auf denen „Pressebüro & Ultralauf“ steht und die durch einen dicken Balken im Zeitungsblau verziert sind. Und da ich für den Sächsischen Schützenbund auch dessen offizielles Mitteilungsblatt produziere, nutze ich gelegentlich auch Briefköpfe, auf denen „Sächsische Schützenzeitung“ steht. Hier prangt zudem das ans Sachsenwappen angelehnte Logo des Verbandes in Grün und Gelb auf dem Papier. Nicht auszudenken, wenn ich da mal etwas verwechselte.
Dann könnte es Irritationen geben oder gar Ärger, so wie im Fall meines Lieblingsallergens Wolfgang Thierse. Jener haarige Geselle (richtig, das ist der mit dem Vermieterstreit und Helmut Kohls Frau, die im Dunklen ausharren musste ...) ist seines Zeichens immerhin noch Bundestagsvizepräsident und damit einer der oberwichtigen Repräsentanten Deutschlands. Über den darf man auch nicht lästern, denn das steht unter Strafe.
Aber man darf darüber berichten, dass besagter Bartmann einen Brief geschrieben hat. An das Bezirksamt Pankow, Anteilung öffentliche Ordnung. Darin beschwert sich der Bundestagsvizepräsident bitterlich über die Verlegung eines so genannten Sonnabendmarktes von einer zur anderen Seite des Kollwitzplatzes. Thierse, nach eigener Aussage eines der Urgesteine von Prenzlauer Berg, wohnt eben dort schon seit 20 oder 30 Jahren – da ist er sich selbst nicht sicher, denn die Zahlen schwanken von Interview zu Interview. Jedenfalls schon sehr lange. Und durch die Verlegung des Marktes befindet sich selbiger nun einmal wöchentlich unter den Fenstern von Thierses Altbauwohnung.
Was den wackeren Staatsmann fast zum Barthaareausraufen treibt, denn das Markttreiben stört. Also beschwerte sich Wolfgang Thierse beim zuständigen Bezirksamt. Schließlich leben wir in einer Demokratie, und Beschwerden zählen zu den ersten Bürgerrechten.
Die Adressaten des Schreibens rieben sich verwundert die Augen. Thierses Protest, der ja eindeutig privater Natur war, erreichte sie auf exklusivem Briefpapier mit Bundesadler und der Amtsbezeichnung des Bundestagsvizepräsidenten.
Nachdem es die präsidial-private Protestnote vor wenigen Tagen immerhin auf die Titelseite der Berliner Zeitung geschafft hatte, ruderte Thierse zurück. „Die Verwendung des Briefbogens ist der Eile geschuldet und also ein Versehen“, erklärte er gegenüber der Deutschen Presseagentur.
Mein Gedächtnis ist nicht sonderlich gut, aber ganz spontan fiel mir beim Lesen dieser Aussage die unflätige Äußerung ein, die Wolfgang Thierse über Helmut Kohl und dessen Umgang mit seiner kranken Frau getan hat. Guckst du hier: http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/969065/
Auch diese war ja plötzlich ein falsches Zitat, nie so gemeint und außerdem ganz anders gesagt gewesen. Sagte Wolfgang Thierse. Wer den Mitschnitt des Mitarbeiters meiner Lokalpostille, der das Zitat veröffentlicht hatte, kennt, könnte zu dem Schluss kommen, dass Wolfgang Thierse wenn schon kein Problem mit der Wahrheit, so doch mit seinem Gedächtnis hat. Aber gesagt ist gesagt und entschuldigt ist entschuldigt.
Im vorliegenden Fall ist die Situation ein wenig anders. Denn, so steht es am Eingang zur Deutschen Bibliothek in Leipzig, „Flüchtig ist das gesprochene Wort“. Auf Papier überdauert es hingegen die Zeiten, vor allem dann, wenn es sich bei dem Papier um offizielle, amtliche Briefbögen handelt.
So wie 1993 bei Wirtschaftminister und Vizekanzler Jürgen W. Möllemann. Zur Erinnerung: Auf bundesministeriellem Briefkopf empfahl Möllemann Handelsketten die Nutzung des Einkaufswagen-Chips, mit dem ein Verwandter seiner Frau das große Geschäft machen wollte. Der Ärger wegen der Briefkopfverwechslung war so groß, dass Möllemann am 3. Januar 1993 seinen Hut nahm und seine Ämter als Wirtschaftsminister und Vizekanzler aufgab.
Nun zähle ich ja nicht zum Stab der Berater eines Wolfgang Thierse. Wäre ich einer seiner Berater, würde ich dem Bundestagsvizepräsidenten empfehlen, „den Möllemann“ zu machen. Weil es langsam reicht, weil die Eskapaden des ranghöchsten deutschen Bartträgers allmählich unerträglich werden. Aber da ich keiner von Thierses Beratern bin, habe ich hier nur von meinem ganz persönlichen, grundgesetzlich verbrieften Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht. Ganz neutral und nicht auf versehentlich gewähltem, offiziellem Briefkopf.
Angst um die Zukunft eines zurückgetretenen Wolfgang Thierse müsste niemand haben. Möllemann hat ja bewiesen, dass man auch nach einem Rücktritt von hohen Ämtern noch große Sprünge machen kann.
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Donnerstag, 24. Januar 2008
Werkstattgeflüster, Checkup und Genusslauf am Morgen
zeitungsdieb, 08:43h
Nach all dem Müll mal etwas Angenehmeres: Gestern war’s mal wieder soweit, mein armes kleines Auto musste in die Werkstatt. Nichts von Belang, aber bei 100.000 km sind Wartung und Checkup fällig, wär’s ein Mensch, hieße solches Tun Vorsorgeuntersuchung. Die von mir listig auserkorene Werkstatt befindet sich in Leipzig und liegt ein gutes Stück von meinem Wohndorf Panitzsch entfernt. Das gibt mir Gelegenheit, das Notwendige mit dem Angenehmen zu verbinden. Soll heißen: Auto 7.30 Uhr beim freundlichen Meister abgeben, auf das großzügig angebotene Ersatzfahrzeug versichten und den Rückweg laufend antreten.
Selbiger beläuft sich auf runde 17 Kilometer. Die Route beginnt in der Nähe des Monarchenhügels (dort stand während der Völkerschlacht allerlei adliges Heerführergesocks herum und beobachtete, wie sich die Vertreter der an diesem Event beteiligten Nationen die Köpfe einschlugen und allerlei Körperteile abhackten), führt über diverse Dörfer gen Norden zurück nach Panitzsch. Namen wie Holzhausen, Baalsdorf und Zweenfurth lassen erkennen, dass diese Route sehr ländlich geprägt ist und dem Auge einige Kurzweil bietet. Hinzu kommt ein nettes Profil – kaum zu glauben, dass Leipzig zwar im Flachland, aber dennoch deutlich unter dem Niveau seiner Umgebung liegt. Für zusätzlichen Genuss sorgte die Tageszeit: Gegen halb acht war es noch fast dunkel, dann dämmerte es. Nach einer Stunde Laufzeit erhob sich die Sonne eine Handbreit über den Horizont und sorgte für wohlige Verhältnisse. Als ich die letzten Kilometer durch die Parthenaue trabte, war die Verlockung groß, noch das eine oder andere Ehrenründchen anzuhängen – aber das Büro wartete.
Noch eine gute Nachricht: Bei der Vorsorgeuntersuchung fanden emsige Fachärzte – ääh: Mechatroniker – eine kleine, nicht bösartige Veränderung am Ladeluftkühler des Patienten. Nichts wirklich Schlimmes, aber man sollte es nicht auf die leichte Schulter nehmen. Und da japanische Hersteller die Gewährleistung für ihre Fahrzeuge ja auf 100.000 km ausdehnen, mein fahrbarer Untersatz diesen Wert aber noch nicht ganz erreicht hat, wird die kleine Unpässlichkeit demnächst beseitigt. Und ich darf wieder durch den Leipziger Morgen laufen.
Und noch eine Anmerkung für alle, die über mangelnde Trainingszeit klagen: Für die rund 17 Kilometer von der Werkstatt zu meinem Büro benötige ich mit dem Auto exakt eine halbe Stunde – Stichwort „morgendlicher Berufsverkehr“. Laufend habe ich diese Strecke (allerdings auf anderer, in weiten Teilen autofreier Piste) gestern in 1:20 zurückgelegt. Macht „netto“ 50 Minuten Zeitaufwand für eine schöne Trainingsrunde. Wenn das nicht effektiv ist ...
Selbiger beläuft sich auf runde 17 Kilometer. Die Route beginnt in der Nähe des Monarchenhügels (dort stand während der Völkerschlacht allerlei adliges Heerführergesocks herum und beobachtete, wie sich die Vertreter der an diesem Event beteiligten Nationen die Köpfe einschlugen und allerlei Körperteile abhackten), führt über diverse Dörfer gen Norden zurück nach Panitzsch. Namen wie Holzhausen, Baalsdorf und Zweenfurth lassen erkennen, dass diese Route sehr ländlich geprägt ist und dem Auge einige Kurzweil bietet. Hinzu kommt ein nettes Profil – kaum zu glauben, dass Leipzig zwar im Flachland, aber dennoch deutlich unter dem Niveau seiner Umgebung liegt. Für zusätzlichen Genuss sorgte die Tageszeit: Gegen halb acht war es noch fast dunkel, dann dämmerte es. Nach einer Stunde Laufzeit erhob sich die Sonne eine Handbreit über den Horizont und sorgte für wohlige Verhältnisse. Als ich die letzten Kilometer durch die Parthenaue trabte, war die Verlockung groß, noch das eine oder andere Ehrenründchen anzuhängen – aber das Büro wartete.
Noch eine gute Nachricht: Bei der Vorsorgeuntersuchung fanden emsige Fachärzte – ääh: Mechatroniker – eine kleine, nicht bösartige Veränderung am Ladeluftkühler des Patienten. Nichts wirklich Schlimmes, aber man sollte es nicht auf die leichte Schulter nehmen. Und da japanische Hersteller die Gewährleistung für ihre Fahrzeuge ja auf 100.000 km ausdehnen, mein fahrbarer Untersatz diesen Wert aber noch nicht ganz erreicht hat, wird die kleine Unpässlichkeit demnächst beseitigt. Und ich darf wieder durch den Leipziger Morgen laufen.
Und noch eine Anmerkung für alle, die über mangelnde Trainingszeit klagen: Für die rund 17 Kilometer von der Werkstatt zu meinem Büro benötige ich mit dem Auto exakt eine halbe Stunde – Stichwort „morgendlicher Berufsverkehr“. Laufend habe ich diese Strecke (allerdings auf anderer, in weiten Teilen autofreier Piste) gestern in 1:20 zurückgelegt. Macht „netto“ 50 Minuten Zeitaufwand für eine schöne Trainingsrunde. Wenn das nicht effektiv ist ...
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Müllballen, Lügen, Lügen und noch mehr Lügen oder: Mafiaalarm in Sachsen
zeitungsdieb, 08:23h
Das Geschäft mit dem aus Süditalien stammenden Müll und seiner Entsorgung im sächsischen Cröbern wächst sich allmählich zum handfesten Skandal aus. Nachdem u.a. Landrätin Petra Köpping sowie die Betreiber von MBA und Deponie vollmundig versichert hatten, dass mit dem Müll aus Italien alles in Ordnung sei und dass diese müffelnde Geschäftsgrundlage in geruchsdicht verschlossenen Behältern gen Sachsen gekarrt wird, hat das Regierungspräsidium Leipzig nun genauere Kontrollen der Praktiken an der Dponie Cröbern angekündigt – nach massiven Beschwerden zahlreicher Betroffener wegen des Gestanks.
Eine freundliche E-Mail zum Thema Italomüll und Cröbern erreichte mich von Sabine Hübert. Sie gehört der AG Abfall/Recycling des Ökolöwe Umweltbund Leipzig an und verweist auf eine Unkorrektheit in meinem Tagebucheintrag: Es geht um die heizwertreiche Fraktion aus der MBA Cröbern:
Zitat aus Sabines Mail:
Die heizwertreiche Fraktion aus der MBA Cröbern geht zwar nach
Delitzsch, wird aber nicht dort verbrannt. In einer Sortieranlage soll
daraus angeblich Brennstoff für das Zementwerk in Bernburg hergestellt
werden. Bernburg hat bisher aber kein Bedarf für soviel "Sekundärbrennstoff"
So werden die in Cröbern eingeschweißten Ballen auf Deponien im Raum
Delitzsch/ Bitterfeld "zwischengelagert" und vergammeln dort.
Zitat Ende.
Sehr interessante Informationen dazu gibt es auf der Seite www.muellverbrennung-delitzsch-nein.de Unter dem Punkt die Verwertungslüge finden auch sehr interessante Bilder. Diese zeigen u.a., welch intensives Eigenleben die in Ballen verpackte heizwertreiche Fraktion schon nach kurzer Zeit im Zwischenlager entwickelt – ganz anders übrigens, als es die Gutachten der Müllindustrie (beinahe hätte ich Müllmafia geschrieben, noch mal Glück gehabt) vorhersagen.
Wer einige Minuten investiert und die Veröffentlichungen auf der genannten Seite etwas näher anschaut, bekommt allen Grund zum Fürchten. Mag sein, dass die italienische Mafia nichts mit den aktuellen Mülltransporten nach Deutschland zu tun hat – aber das ist auch nicht nötig, denn die deutsche Müllmafia ist schlimm genug.
Eine freundliche E-Mail zum Thema Italomüll und Cröbern erreichte mich von Sabine Hübert. Sie gehört der AG Abfall/Recycling des Ökolöwe Umweltbund Leipzig an und verweist auf eine Unkorrektheit in meinem Tagebucheintrag: Es geht um die heizwertreiche Fraktion aus der MBA Cröbern:
Zitat aus Sabines Mail:
Die heizwertreiche Fraktion aus der MBA Cröbern geht zwar nach
Delitzsch, wird aber nicht dort verbrannt. In einer Sortieranlage soll
daraus angeblich Brennstoff für das Zementwerk in Bernburg hergestellt
werden. Bernburg hat bisher aber kein Bedarf für soviel "Sekundärbrennstoff"
So werden die in Cröbern eingeschweißten Ballen auf Deponien im Raum
Delitzsch/ Bitterfeld "zwischengelagert" und vergammeln dort.
Zitat Ende.
Sehr interessante Informationen dazu gibt es auf der Seite www.muellverbrennung-delitzsch-nein.de Unter dem Punkt die Verwertungslüge finden auch sehr interessante Bilder. Diese zeigen u.a., welch intensives Eigenleben die in Ballen verpackte heizwertreiche Fraktion schon nach kurzer Zeit im Zwischenlager entwickelt – ganz anders übrigens, als es die Gutachten der Müllindustrie (beinahe hätte ich Müllmafia geschrieben, noch mal Glück gehabt) vorhersagen.
Wer einige Minuten investiert und die Veröffentlichungen auf der genannten Seite etwas näher anschaut, bekommt allen Grund zum Fürchten. Mag sein, dass die italienische Mafia nichts mit den aktuellen Mülltransporten nach Deutschland zu tun hat – aber das ist auch nicht nötig, denn die deutsche Müllmafia ist schlimm genug.
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Dienstag, 22. Januar 2008
Gärung, Gase, Überdruck und Italomüllmurks
zeitungsdieb, 10:47h
Kennen Sie das leise Gluckern, das entsteht, wenn eine kleine Gasblase sich durchs Gärröhrchen gearbeitet hat und an die Atmosphäre entweicht? Keine Angst, ich will mich in diesem Tagebuch nicht als Kellermeister outen – die Zeiten, da in meiner Wohnen eine ganze Galerie von Gärballons in Betrieb war, sind längst vorbei. Obwohl, man könnte ja mal wieder ...
Aber zurück zum Thema: Mit dem Hinweis aufs gluckernde Kohlendioxid (hat eigentlich schon mal jemand die Umwelthilfe auf die aus Bier und Schampus entweichenden Unmengen dieses bösen Gases aufmerksam gemacht?) wollte ich den geneigten Lesern einen Denkanstoß geben. Bei der Gärung, aber auch bei anderen Zersetzungsprozessen werden Gase freigesetzt. Solche, die stinken, und solche, die geruchlos sind. Es ist wie im richtigen Leben: Ist was faul, wird’s schnell anrüchig.
Hindert man die Gase am Entweichen, baut sich ein hoher Druck auf. Das ist bei den leidigen Blähungen nicht anders als bei der Sektflasche. Während letztere dem hohen Innendruck in aller Regel gut widersteht, ist es mit dem Überdruck im Bauch von Mensch oder Kuh eine andere Sache. Oder mit dem Überdruck in einer dafür nicht vorgesehenen Brauseflasche, deren Inhalt vergammelt. Während der Bauch für solche Fälle eine Sollbruchstelle besitzt (nähere Einzelheiten muss ich hier nicht vermerken, denn jeder kennt sie), haut es die Brauseflasche irgendwann auseinander, dass die Splitter umherschwirren. Das macht der hohe Druck der bei Gärungs- und/oder Fäulnisprozessen entstehenden Gase.
Und nun zum Italomüll auf seinem Weg zur sächsischen Deponie Cröbern. Der wird in geruchsdicht verschlossenen Überseecontainern transportiert, verkünden die Deponiebetreiber vollmundig über die hiesige Lokalpostille. Nun ist, wie wir bereits lesen durften, der Inhalt der Container recht gemischt. Im Klartext: Es lebt, es gärt, es blubbert. Damit der Geruch nicht entweicht, muss der Container luftdicht abgeschlossen sein. Kein Problem.
Ein Problem stellt hingegen der sich aufbauende Druck dar. Der kann ein Mehrfaches des Atmosphärendruckes erreichen und setzt auch Seecontainern zu. Und Druckbehälter werden ja nicht genutzt, um den Müll aus Süditalien nach Deutschland zu holen.
Nun mag der eine oder andere Leser meines kleinen Tagebuches diese Gedanken für gar zu akademisch halten und der Überzeugung sein, dass „die da oben“ sich das schon alles gut überlegt haben und dass „die da oben“ schon wissen werden, was für „uns hier unten“ gut ist.
Klaaaaar, wie früher in der DDR. Da wussten „die da oben“ auch, was gut für den Rest der Bevölkerung ist – mit bekanntem Ergebnis.
Aber zurück zum Italomüll und dem Bahntransport im aufgeblasenen Seecontainer. Ganz so komplikationslos läuft die Kutscherei über den Brenner nämlich nicht ab. Joachim Jürgens von www.pro-herten.de hat mich auf folgende Nachricht aufgemacht:
http://www.umweltruf.de/news/111/news2.php3?nummer=589
Nun kann es immer mal passieren, dass Waggons technische Mängel aufweisen – und das ist jetzt nicht ironisch gemeint -, sogar bei Castoren ist es nicht unmöglich (Das war jetzt Ironie).
Dass sich auf zwei Waggons mit technischen Mängeln aber gleich „einige nicht korrekt verschlossene Müllcontainer“ befinden, lässt Zweifel am geordneten Transport des Italomülls aufkommen.
Wie viele Container passen auf einen Güterwagen? Drei? Vier? Seien wir großzügig, nehmen wir fünf an. Macht bei zwei Waggons zehn Container. Wenn sich darunter „Einige nicht korrekt verschlossene Müllcontainer“ befinden, sind das mindestens zwei, wahrscheinlich mehr. Macht bei zehn Containern insgesamt einen Anteil von mindestens 20 Prozent Müllmurks, der stinkend durch Europa rollt.
Wie sagte der Geschäftsführer des Deponiebetreibers so schön: „Wenn wieder ein Hilfeersuchen kommt, richten wir uns darauf ein.“
Zusatzmengen, kommt herbei!
Aber zurück zum Thema: Mit dem Hinweis aufs gluckernde Kohlendioxid (hat eigentlich schon mal jemand die Umwelthilfe auf die aus Bier und Schampus entweichenden Unmengen dieses bösen Gases aufmerksam gemacht?) wollte ich den geneigten Lesern einen Denkanstoß geben. Bei der Gärung, aber auch bei anderen Zersetzungsprozessen werden Gase freigesetzt. Solche, die stinken, und solche, die geruchlos sind. Es ist wie im richtigen Leben: Ist was faul, wird’s schnell anrüchig.
Hindert man die Gase am Entweichen, baut sich ein hoher Druck auf. Das ist bei den leidigen Blähungen nicht anders als bei der Sektflasche. Während letztere dem hohen Innendruck in aller Regel gut widersteht, ist es mit dem Überdruck im Bauch von Mensch oder Kuh eine andere Sache. Oder mit dem Überdruck in einer dafür nicht vorgesehenen Brauseflasche, deren Inhalt vergammelt. Während der Bauch für solche Fälle eine Sollbruchstelle besitzt (nähere Einzelheiten muss ich hier nicht vermerken, denn jeder kennt sie), haut es die Brauseflasche irgendwann auseinander, dass die Splitter umherschwirren. Das macht der hohe Druck der bei Gärungs- und/oder Fäulnisprozessen entstehenden Gase.
Und nun zum Italomüll auf seinem Weg zur sächsischen Deponie Cröbern. Der wird in geruchsdicht verschlossenen Überseecontainern transportiert, verkünden die Deponiebetreiber vollmundig über die hiesige Lokalpostille. Nun ist, wie wir bereits lesen durften, der Inhalt der Container recht gemischt. Im Klartext: Es lebt, es gärt, es blubbert. Damit der Geruch nicht entweicht, muss der Container luftdicht abgeschlossen sein. Kein Problem.
Ein Problem stellt hingegen der sich aufbauende Druck dar. Der kann ein Mehrfaches des Atmosphärendruckes erreichen und setzt auch Seecontainern zu. Und Druckbehälter werden ja nicht genutzt, um den Müll aus Süditalien nach Deutschland zu holen.
Nun mag der eine oder andere Leser meines kleinen Tagebuches diese Gedanken für gar zu akademisch halten und der Überzeugung sein, dass „die da oben“ sich das schon alles gut überlegt haben und dass „die da oben“ schon wissen werden, was für „uns hier unten“ gut ist.
Klaaaaar, wie früher in der DDR. Da wussten „die da oben“ auch, was gut für den Rest der Bevölkerung ist – mit bekanntem Ergebnis.
Aber zurück zum Italomüll und dem Bahntransport im aufgeblasenen Seecontainer. Ganz so komplikationslos läuft die Kutscherei über den Brenner nämlich nicht ab. Joachim Jürgens von www.pro-herten.de hat mich auf folgende Nachricht aufgemacht:
http://www.umweltruf.de/news/111/news2.php3?nummer=589
Nun kann es immer mal passieren, dass Waggons technische Mängel aufweisen – und das ist jetzt nicht ironisch gemeint -, sogar bei Castoren ist es nicht unmöglich (Das war jetzt Ironie).
Dass sich auf zwei Waggons mit technischen Mängeln aber gleich „einige nicht korrekt verschlossene Müllcontainer“ befinden, lässt Zweifel am geordneten Transport des Italomülls aufkommen.
Wie viele Container passen auf einen Güterwagen? Drei? Vier? Seien wir großzügig, nehmen wir fünf an. Macht bei zwei Waggons zehn Container. Wenn sich darunter „Einige nicht korrekt verschlossene Müllcontainer“ befinden, sind das mindestens zwei, wahrscheinlich mehr. Macht bei zehn Containern insgesamt einen Anteil von mindestens 20 Prozent Müllmurks, der stinkend durch Europa rollt.
Wie sagte der Geschäftsführer des Deponiebetreibers so schön: „Wenn wieder ein Hilfeersuchen kommt, richten wir uns darauf ein.“
Zusatzmengen, kommt herbei!
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Montag, 21. Januar 2008
Noch mehr Müll aus Italien, noch mehr Zusatzmengen und ein märchenhafter Schluss
zeitungsdieb, 11:12h
Vor einigen Tagen habe ich mich in diesem kleinen Tagebuch mit einem anrüchigen Thema befasst. Unter http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/1014958/ konnten die geneigten Leserinnen und Leser einige Informationen und Rechercheergebnisse zum Thema „Internationaler Mülltourismus“ finden. Die Resonanz auf diesen Bericht war beachtlich: Ein ganzer Schwarm E-Mails von mir bislang unbekannten Menschen erreichte mich, mit Joachim Jürgens, der meinen Bericht auf seiner sehr interessanten Seite www.pro-herten.de veröffentlichte, hatte ich ein sehr angenehmes Telefonat. Schon deshalb, weil es einen Schreiberling doch freut, auch mal ein Lob zu ernten und vor Übernahme eines Textes um Erlaubnis gefragt zu werden ...
Da die Entsorgung italienischen Mülls auf der Deponie Cröbern auch zum Gegenstand intensiver Forendiskussionen geriet, erlebte mein kleines Tagebüchlein zudem sehr interessante Zugriffszahlen. Und ich hatte schon gedacht, dass die seinerzeitigen Rekorde (Stichwort: Robby Clemens und sein worldrun) längere Zeit Bestand haben würden.
Dafür, dass das Thema Mülltourismus nicht in Vergessenheit gerät, sorgte in der vergangenen Woche meine geliebte Lokalpostille.
Satiremodus /on/
Die Leipziger Volkszeitung veröffentlichte am 17. Januar nämlich einen supertollen Bericht über das segensreiche Tun auf der Deponie Cröbern. Auf Seite 3. Für alle nur Gelegenheitszeitungskonsumenten und Nichtmedienschaffenden: Diese Seite ist nach landläufigem Verständnis eine ganz besondere, hier werden unter dem Dach „Meinung und Hintergrund“ besonders wichtige Themen ein wenig ausführlicher behandelt, hier erklären die Springermadsackschen Qualitätsjournalisten dem braven Bürger, wie er sich die Welt vorzustellen hat.
Satiremodus /off/
Unter dem Titel „Zusatzgeschäft Neapel“ (Unterzeile: Für die westsächsische Entsorgungsgesellschaft in Cröbern ist die Verwertung von italienischen Hausabfällen wichtige Einnahme) darf sich der geneigte LVZ-Leser einen relativ kritikfreien Text über das aktuelle Geschäft der westsächsischen Entsorger mit dem Italomüll zu Gemüte führen. Der eine oder andere mitdenkende Leser kommt bei der Lektüre vielleicht sogar zu dem Schluss, dass ihm hier eine verkappte PR-Veröffentlichung geboten wird, so aalglatt flutscht der fast halbseitige (nicht halbseidene!!!) Artikel durch die Spalten.
Zitat:
„Wir helfen gerne“, sagt Günther Lohmann. Doch der Geschäftsführer der Westsächsischen Entsorgungs- und Verwertungsgesellschaft (WEV) verhehlt nicht, dass der Abfallimport aus Neapel „kein störendes Geschäft“ ist. Seit Juni letzten Jahres kommt täglich ein Zug aus Italien an. 65 000 Tonnen Müll sind bereits geliefert und verwertet worden. 100 000 sollen es werden. Geht es nach Lohmann, gern noch mehr. In Zeiten, da die Abfallmengen auch im Großraum Leipzig zurückgehen, lastet Neapels Dreck die hochmoderne, knapp 80 Millionen teure Anlage mit einer Jahreskapazität von 300 000 Tonnen erst richtig aus. „Müll ist in Europa eine handelbare Ware. Wir aquirieren immer Zusatzmengen, um unsere Anlage auszulasten“, erklärt Lohmann.
Zitat Ende.
Mal langsam zum Verstehen: Die Deponie Gröbern verfügt über eine hochmoderne, knapp 80 Millionen Euro teure Anlage mit einer Jahreskapazität von 300 000 Tonnen. Gemeint ist hier die Anlage zur Müllbehandlung. Diese Sortierzaubermaschine durchläuft der Müll. Dabei wird ihm allerlei verwert-, verbrenn- und kompostierbares Material entnommen, lediglich der juristisch deponierbare Rest landet auf der riesigen Deponie. Apropos Mengen: Auf ihrer Homepage http://www.e-wev.de vermerkt die WEV, dass jährlich rund 135 000 Tonnen Material aus der Sortieranlage einer thermischen Verwertung zugeführt werden. Da die Blockheizkraftwerke am Deponiestandort lediglich der Verwertung von Deponiegas dienen, sorgt dieser Brennstoffberg für zusätzlichen Verkehr, denn er wird bei den Kreiswerken Delitzsch verbrannt – rund 40 Kilometer von Cröbern entfernt.
Dass GF Lohmann in der LVZ von Zusatzmengen spricht, die zur Auslastung der Anlage herangekarrt werden, ist eine sehr kreative Interpretation. Bei einer Jahreskapazität von 300 000 Tonnen sind 100 000 Tonnen Müll „Made in Italy“ keine Zusatzmenge, sondern ein mächtiger Brocken. Und sie beweisen, dass das gesamte Leipziger Müllimperium hoffnungslos überdimensioniert und auf Importe angewiesen ist.
Zitat LVZ:
170 bis 200 Euro kostet diesen (Anmerkung ad: den italienischen Staat) eine Tonne Müll – inklusive Transport. Ein Zug bringt täglich etwa 500 Tonnen Müll – verpackt in geruchsfeste Seecontainer.
Zitat Ende
Diese Zahlen sollte man sich auf der Zunge zergehen lassen (pfui Deibel!). Unsortierter Müll wird in Süditalien von den Straßen geborgen, verladen, umgeladen, in Container gekippt, per Güterzug nach Deutschland gefahren, entladen, sortiert, deponiert, die Container werden (hoffentlich) gereinigt, zurückgeführt – und das alles zu einem Preis, der sich in der selben Größenordnung bewegt wie der, den die Bewohner der Region für deutschgründlich vorsortierten Hausmüll berappen müssen. Hier stinkt etwas – und das ist nicht nur der Italomüll.
Zitat LVZ
Auf etwa ein Fünftel ist die Eingangsmenge Müll am Ende zusammengeschrumpft. Die wird nun auf der betriebseigenen Deponie eingelagert. Natürlich passiert alles unter Einhaltung der Schadstoffgrenzwerte und Abfallgesetze. Dafür garantiert das firmeneigene Testlabor.
Zitat Ende
Dass die Dinge nicht immer so sind, wie sie unkritischen Journalisten in den Block diktiert werden, ist keine neue Erkenntnis. Unfreiwillig lieferte meine Lokalpostille in ihrer heutigen Ausgabe (21.1.08) einen Beleg für die Richtigkeit dieser Behauptung.
Zitat LVZ:
Nach einer Reihe von Anwohnerbeschwerden muss seit voriger Woche das genehmigte Zwischenlager auf der Deponie Cröbern abgedeckt werden. Die Betreibergesellschaft hatte dort Abfälle „geparkt“, die außerhalb der Arbeitszeiten der Aufbereitungsanlage angeliefert worden waren. Laut Genehmigung dürfe die Anlage nur montags bis freitags von 6 bis 22 Uhr laufen, es kämen aber auch Müllzüge am Wochenende, so die Geschäftsführung. Das Regierungspräsidium war den Anwohnerbeschwerden nachgegangen und hatte die Abdeckung veranlasst. Der Warenfluss in Cröbern werde genauestens geprüft, so ein Sprecher.
Zitat Ende
War da nicht vollmundig verkündet worden, dass der „europaweit handelbare Müll“ in luft- und geruchsdichten Überseecontainern auf die Reise über den Brenner geschickt wird? Wie kann da ein am Wochenende ankommender Müllzug zum Himmel stinken? Oder handelt es sich dabei gar nicht um den Italomüll, sondern um Abfälle aus anderen Herkunftsgebieten, die laut GF Hohmann als „Zusatzmenge“ zur Verbesserung der Anlagenauslastung herangekarrt werden? Schon wieder eine Zusatzmenge?
Da aber jedes Märchen ein ordentliches Ende haben muss („Und wenn sie nicht gestorben sind, dann müllen sie noch heute ...“), lasse ich noch einmal WEV-Chef Günter Lohmann zu Wort kommen. Er signalisierte in der LVZ vom 17. Januar 2008 freie Kapazitäten: „Wenn wieder ein Hilfeersuchen kommt, richten wir uns darauf ein.“
Zusatzmengen, kommt herbei!
Da die Entsorgung italienischen Mülls auf der Deponie Cröbern auch zum Gegenstand intensiver Forendiskussionen geriet, erlebte mein kleines Tagebüchlein zudem sehr interessante Zugriffszahlen. Und ich hatte schon gedacht, dass die seinerzeitigen Rekorde (Stichwort: Robby Clemens und sein worldrun) längere Zeit Bestand haben würden.
Dafür, dass das Thema Mülltourismus nicht in Vergessenheit gerät, sorgte in der vergangenen Woche meine geliebte Lokalpostille.
Satiremodus /on/
Die Leipziger Volkszeitung veröffentlichte am 17. Januar nämlich einen supertollen Bericht über das segensreiche Tun auf der Deponie Cröbern. Auf Seite 3. Für alle nur Gelegenheitszeitungskonsumenten und Nichtmedienschaffenden: Diese Seite ist nach landläufigem Verständnis eine ganz besondere, hier werden unter dem Dach „Meinung und Hintergrund“ besonders wichtige Themen ein wenig ausführlicher behandelt, hier erklären die Springermadsackschen Qualitätsjournalisten dem braven Bürger, wie er sich die Welt vorzustellen hat.
Satiremodus /off/
Unter dem Titel „Zusatzgeschäft Neapel“ (Unterzeile: Für die westsächsische Entsorgungsgesellschaft in Cröbern ist die Verwertung von italienischen Hausabfällen wichtige Einnahme) darf sich der geneigte LVZ-Leser einen relativ kritikfreien Text über das aktuelle Geschäft der westsächsischen Entsorger mit dem Italomüll zu Gemüte führen. Der eine oder andere mitdenkende Leser kommt bei der Lektüre vielleicht sogar zu dem Schluss, dass ihm hier eine verkappte PR-Veröffentlichung geboten wird, so aalglatt flutscht der fast halbseitige (nicht halbseidene!!!) Artikel durch die Spalten.
Zitat:
„Wir helfen gerne“, sagt Günther Lohmann. Doch der Geschäftsführer der Westsächsischen Entsorgungs- und Verwertungsgesellschaft (WEV) verhehlt nicht, dass der Abfallimport aus Neapel „kein störendes Geschäft“ ist. Seit Juni letzten Jahres kommt täglich ein Zug aus Italien an. 65 000 Tonnen Müll sind bereits geliefert und verwertet worden. 100 000 sollen es werden. Geht es nach Lohmann, gern noch mehr. In Zeiten, da die Abfallmengen auch im Großraum Leipzig zurückgehen, lastet Neapels Dreck die hochmoderne, knapp 80 Millionen teure Anlage mit einer Jahreskapazität von 300 000 Tonnen erst richtig aus. „Müll ist in Europa eine handelbare Ware. Wir aquirieren immer Zusatzmengen, um unsere Anlage auszulasten“, erklärt Lohmann.
Zitat Ende.
Mal langsam zum Verstehen: Die Deponie Gröbern verfügt über eine hochmoderne, knapp 80 Millionen Euro teure Anlage mit einer Jahreskapazität von 300 000 Tonnen. Gemeint ist hier die Anlage zur Müllbehandlung. Diese Sortierzaubermaschine durchläuft der Müll. Dabei wird ihm allerlei verwert-, verbrenn- und kompostierbares Material entnommen, lediglich der juristisch deponierbare Rest landet auf der riesigen Deponie. Apropos Mengen: Auf ihrer Homepage http://www.e-wev.de vermerkt die WEV, dass jährlich rund 135 000 Tonnen Material aus der Sortieranlage einer thermischen Verwertung zugeführt werden. Da die Blockheizkraftwerke am Deponiestandort lediglich der Verwertung von Deponiegas dienen, sorgt dieser Brennstoffberg für zusätzlichen Verkehr, denn er wird bei den Kreiswerken Delitzsch verbrannt – rund 40 Kilometer von Cröbern entfernt.
Dass GF Lohmann in der LVZ von Zusatzmengen spricht, die zur Auslastung der Anlage herangekarrt werden, ist eine sehr kreative Interpretation. Bei einer Jahreskapazität von 300 000 Tonnen sind 100 000 Tonnen Müll „Made in Italy“ keine Zusatzmenge, sondern ein mächtiger Brocken. Und sie beweisen, dass das gesamte Leipziger Müllimperium hoffnungslos überdimensioniert und auf Importe angewiesen ist.
Zitat LVZ:
170 bis 200 Euro kostet diesen (Anmerkung ad: den italienischen Staat) eine Tonne Müll – inklusive Transport. Ein Zug bringt täglich etwa 500 Tonnen Müll – verpackt in geruchsfeste Seecontainer.
Zitat Ende
Diese Zahlen sollte man sich auf der Zunge zergehen lassen (pfui Deibel!). Unsortierter Müll wird in Süditalien von den Straßen geborgen, verladen, umgeladen, in Container gekippt, per Güterzug nach Deutschland gefahren, entladen, sortiert, deponiert, die Container werden (hoffentlich) gereinigt, zurückgeführt – und das alles zu einem Preis, der sich in der selben Größenordnung bewegt wie der, den die Bewohner der Region für deutschgründlich vorsortierten Hausmüll berappen müssen. Hier stinkt etwas – und das ist nicht nur der Italomüll.
Zitat LVZ
Auf etwa ein Fünftel ist die Eingangsmenge Müll am Ende zusammengeschrumpft. Die wird nun auf der betriebseigenen Deponie eingelagert. Natürlich passiert alles unter Einhaltung der Schadstoffgrenzwerte und Abfallgesetze. Dafür garantiert das firmeneigene Testlabor.
Zitat Ende
Dass die Dinge nicht immer so sind, wie sie unkritischen Journalisten in den Block diktiert werden, ist keine neue Erkenntnis. Unfreiwillig lieferte meine Lokalpostille in ihrer heutigen Ausgabe (21.1.08) einen Beleg für die Richtigkeit dieser Behauptung.
Zitat LVZ:
Nach einer Reihe von Anwohnerbeschwerden muss seit voriger Woche das genehmigte Zwischenlager auf der Deponie Cröbern abgedeckt werden. Die Betreibergesellschaft hatte dort Abfälle „geparkt“, die außerhalb der Arbeitszeiten der Aufbereitungsanlage angeliefert worden waren. Laut Genehmigung dürfe die Anlage nur montags bis freitags von 6 bis 22 Uhr laufen, es kämen aber auch Müllzüge am Wochenende, so die Geschäftsführung. Das Regierungspräsidium war den Anwohnerbeschwerden nachgegangen und hatte die Abdeckung veranlasst. Der Warenfluss in Cröbern werde genauestens geprüft, so ein Sprecher.
Zitat Ende
War da nicht vollmundig verkündet worden, dass der „europaweit handelbare Müll“ in luft- und geruchsdichten Überseecontainern auf die Reise über den Brenner geschickt wird? Wie kann da ein am Wochenende ankommender Müllzug zum Himmel stinken? Oder handelt es sich dabei gar nicht um den Italomüll, sondern um Abfälle aus anderen Herkunftsgebieten, die laut GF Hohmann als „Zusatzmenge“ zur Verbesserung der Anlagenauslastung herangekarrt werden? Schon wieder eine Zusatzmenge?
Da aber jedes Märchen ein ordentliches Ende haben muss („Und wenn sie nicht gestorben sind, dann müllen sie noch heute ...“), lasse ich noch einmal WEV-Chef Günter Lohmann zu Wort kommen. Er signalisierte in der LVZ vom 17. Januar 2008 freie Kapazitäten: „Wenn wieder ein Hilfeersuchen kommt, richten wir uns darauf ein.“
Zusatzmengen, kommt herbei!
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Sonntag, 20. Januar 2008
Sphinx, Fata Morgana und ein totes Schachgenie
zeitungsdieb, 14:36h
Robert James „Bobby“ Fischer ist am 17. Januar im Alter von 64 Jahren gestorben. Er war eine Schachlegende, eine extrem widersprüchliche Persönlichkeit und demonstrierte immer wieder, wie dicht Genie und Wahnsinn beieinander liegen können. Wer sich über den Mann, der auf dem Gipfel des kalten Krieges den sowjetischen Schachweltmeister Boris Spasski besiegte, der stets Verschwörungstheorien köchelte und die Anschläge vom 11. September 2001 positiv fand, näher informieren möchte, dem sei http://de.wikipedia.org/wiki/Bobby_Fischer empfohlen. Dort finden sich auch sehr interessante Links auf andere Veröffentlichungen. Zum Glück nicht aufgelistet ist eine Veröffentlichung meiner Lokalpostille. Immerhin – Bobby Fischers Tod schaffte auf die erste Seite des Sportteils der Leipziger Volkszeitung, wo doch ansonsten die balltretenden Rasenkomiker unter sich bleiben. Und statt irgendeines Sportredakteurs nahm sich sogar der Chefreporter meiner Lokalpostille der Nachricht von Fischers Tod an.
Hätte er es mal bleiben lassen. Zwar entlockte mein geschätzter Kollege dem 79jährigen Fischer-Kenner Lothar Schmidt einige nette Äußerungen, allerdings bewies er beim Gebrauch des Fischer-Beinamens „Sphinx“ wenig Geschick.
Dieser war dem stets geheimnisumwitterten und wortkargen Schachgenie irgendwann verliehen worden, weil die Sphingen im Ruf standen, nicht eben geschwätzig zu sein. Außerdem wird ihnen in der einschlägigen Myhologie ein Hang zu Rätselaufgaben angedichtet. Wer ein gestelltes Rätsel nicht knackte, hatte Ärger am Hals ...
Nur eines pflegten Sphingen nicht zu tun: Sie tauchten nicht plötzlich auf und verschwanden ebenso unerwartet wieder. Diesen Job hat hingegen die Fata Morgana.
Peinlich, Herr Chefreporter. Falsch gewürfelt – oder, wie einer meiner Lehrer kauzig zu bemerken pflegte: „Fremdwörter sind Glücksache“.
Hätte er es mal bleiben lassen. Zwar entlockte mein geschätzter Kollege dem 79jährigen Fischer-Kenner Lothar Schmidt einige nette Äußerungen, allerdings bewies er beim Gebrauch des Fischer-Beinamens „Sphinx“ wenig Geschick.
Dieser war dem stets geheimnisumwitterten und wortkargen Schachgenie irgendwann verliehen worden, weil die Sphingen im Ruf standen, nicht eben geschwätzig zu sein. Außerdem wird ihnen in der einschlägigen Myhologie ein Hang zu Rätselaufgaben angedichtet. Wer ein gestelltes Rätsel nicht knackte, hatte Ärger am Hals ...
Nur eines pflegten Sphingen nicht zu tun: Sie tauchten nicht plötzlich auf und verschwanden ebenso unerwartet wieder. Diesen Job hat hingegen die Fata Morgana.
Peinlich, Herr Chefreporter. Falsch gewürfelt – oder, wie einer meiner Lehrer kauzig zu bemerken pflegte: „Fremdwörter sind Glücksache“.
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Mittwoch, 16. Januar 2008
Horst Köhler auf ewig
zeitungsdieb, 11:10h
Wer seine Brötchen als Journalist verdient, genießt vielfältige Privilegien. Das wissen zumindest diejenigen, die mit der Branche wenig zu tun haben. Oder sie glauben es zu wissen. Ein Privileg, dass ich für mich beanspruche, ist allerdings unbestritten: Für mich gehören die Lektüre von allerlei bedrucktem Papier und das Ausleben der mir reichlich innewohnenden Neugierde zur Berufsausübung.
Und so stolperte ich heute bei meinem beruflich veranlassten Medienkonsum über eine dpa-Meldung, in der von den derzeitigen Diskussionen um eine zweite Amtszeit des Bundespräsidenten die Rede ist. „Führende Politiker“ von CDU und CSU haben sich für eine zweite Amtszeit Horst Köhlers ausgesprochen. Die allerführensdste CDU-Politikerin, Kanzlerin Angela Merkel, ist laut dpa auf Distanz zu den namentlich nicht genannten Granden der Schwesterparteien gegangen. Und der umworbene Wiederholungsbundespräsident in spe will sich laut AFP erst ein Jahr vor der möglichen Wiederwahl äußern. Das wäre im Mai 2008 der Fall, denn Köhlers fünfjährige Amtszeit dauert noch bis zum Wonnemonat 2009.
Nun gehört Bundespräsident Horst Köhler meines Wissens nicht zu den regelmäßigen Lesern dieses kleinen Tagebuches. Sollte einer meiner Stammkonsumenten allerdings demnächst mit dem ersten Mann im deutschen Staate plaudern, wäre ich für eine Übermittlung der folgenden pro-Köhler-Argumente sehr dankbar.
Ja, ich bin für eine weitere Amtszeit Horst Köhlers und stimmte, sollte ich gelegentlich ein Stühlchen in der Bundesversammlung ergattern, für den lebenslangen Verbleib des weltwirtschaftserfahrenen Präsidenten im höchsten Staatsamt votieren.
Warum?
1. Horst Köhler ist kein Berufspolitiker. Er hat zwar im Dunstkreis der Macht gearbeitet, seine Meriten aber fern des Kabinettsgestühls erworben.
2. Horst Köhler besitzt einen scharfen Verstand und er leistet sich den in hohen Ämtern selten gewordenen Luxus, diesen auch zu nutzen. Führt ihn sein Verstand zu Erkenntnissen, die offiziellen Doktrinen oder parteipolitischen Vorgaben zuwider laufen, hat er den Mut, seine Auffassungen dennoch auszusprechen und vertreten.
3. Der Mann macht auf jeglichem Parkett eine gute Figur. Welch furchtbarer Gedanke, dass Deutschland international durch Figuren wie den verschimmelten Wolfgang T. oder gar Problembär Kurt Beck repräsentiert würde ... Brrrrrr.
4. Kann es sich Deutschland gar nicht leisten, schon wieder einen neuen Bundespräsidenten zu wählen. Schließlich haben wir zurzeit schon drei. Zumindest finanziell, denn Walter Scheel (1974-1979), Richard von Weizsäcker (1984-1994) und Roman Herzog (1994-1999) haben zwar das Amt, nicht jedoch ihr irdisches Dasein verlassen. Mit dem Ausscheiden aus ihrem Präsidentenamt haben die Alt-Präsidenten zwar ihre Dienstsitze (das Schloss Bellevue Berlin und die Villa Hammerschmidt in Bonn) aufgeben müssen, ihre Dienstbezüge laufen (abzüglich der Aufwandsgelder) jedoch lebenslang weiter. Das ganze nennt sich dann Ehrensold, wird nicht mit anderen Bezügen verrechnet und kostet die Steuerzahler laut Spiegel (Januar 2005) jährlich 213.000 Euro – je Bundespräsident. Macht fast 650.000 Euro bei aktuell drei Bundespräsidenten. Hinzu kommen für die EX-BP die ebenfalls vom Steuerzahler zu tragenden Kosten für ein Büro der benötigten Mitarbeiter – üblich sind ein oder zwei -, die ebenfalls im Haushalt des Bundespräsidialamtes geführt werden. Außerdem genießen auch gewesene Bundespräsidenten Personenschutz und haben Anspruch auf ein Staatsbegräbnis.
Der geneigte Leser meines Tagebuches möge selbst addieren. Wer sich dabei nicht grob verrechnet, teilt sicher meine Empfehlung für die lebenslange Amtszeit. Bruder Johannes Rau hätte das beinahe geschafft. 1999 schon schwerkrank ins höchste Amt gehievt, hielt er wacker bis 2005 durch, als die Ablösung durch Horst Köhler erfolgte. So fehlten ihm dann knapp sieben Monate ...
Und so stolperte ich heute bei meinem beruflich veranlassten Medienkonsum über eine dpa-Meldung, in der von den derzeitigen Diskussionen um eine zweite Amtszeit des Bundespräsidenten die Rede ist. „Führende Politiker“ von CDU und CSU haben sich für eine zweite Amtszeit Horst Köhlers ausgesprochen. Die allerführensdste CDU-Politikerin, Kanzlerin Angela Merkel, ist laut dpa auf Distanz zu den namentlich nicht genannten Granden der Schwesterparteien gegangen. Und der umworbene Wiederholungsbundespräsident in spe will sich laut AFP erst ein Jahr vor der möglichen Wiederwahl äußern. Das wäre im Mai 2008 der Fall, denn Köhlers fünfjährige Amtszeit dauert noch bis zum Wonnemonat 2009.
Nun gehört Bundespräsident Horst Köhler meines Wissens nicht zu den regelmäßigen Lesern dieses kleinen Tagebuches. Sollte einer meiner Stammkonsumenten allerdings demnächst mit dem ersten Mann im deutschen Staate plaudern, wäre ich für eine Übermittlung der folgenden pro-Köhler-Argumente sehr dankbar.
Ja, ich bin für eine weitere Amtszeit Horst Köhlers und stimmte, sollte ich gelegentlich ein Stühlchen in der Bundesversammlung ergattern, für den lebenslangen Verbleib des weltwirtschaftserfahrenen Präsidenten im höchsten Staatsamt votieren.
Warum?
1. Horst Köhler ist kein Berufspolitiker. Er hat zwar im Dunstkreis der Macht gearbeitet, seine Meriten aber fern des Kabinettsgestühls erworben.
2. Horst Köhler besitzt einen scharfen Verstand und er leistet sich den in hohen Ämtern selten gewordenen Luxus, diesen auch zu nutzen. Führt ihn sein Verstand zu Erkenntnissen, die offiziellen Doktrinen oder parteipolitischen Vorgaben zuwider laufen, hat er den Mut, seine Auffassungen dennoch auszusprechen und vertreten.
3. Der Mann macht auf jeglichem Parkett eine gute Figur. Welch furchtbarer Gedanke, dass Deutschland international durch Figuren wie den verschimmelten Wolfgang T. oder gar Problembär Kurt Beck repräsentiert würde ... Brrrrrr.
4. Kann es sich Deutschland gar nicht leisten, schon wieder einen neuen Bundespräsidenten zu wählen. Schließlich haben wir zurzeit schon drei. Zumindest finanziell, denn Walter Scheel (1974-1979), Richard von Weizsäcker (1984-1994) und Roman Herzog (1994-1999) haben zwar das Amt, nicht jedoch ihr irdisches Dasein verlassen. Mit dem Ausscheiden aus ihrem Präsidentenamt haben die Alt-Präsidenten zwar ihre Dienstsitze (das Schloss Bellevue Berlin und die Villa Hammerschmidt in Bonn) aufgeben müssen, ihre Dienstbezüge laufen (abzüglich der Aufwandsgelder) jedoch lebenslang weiter. Das ganze nennt sich dann Ehrensold, wird nicht mit anderen Bezügen verrechnet und kostet die Steuerzahler laut Spiegel (Januar 2005) jährlich 213.000 Euro – je Bundespräsident. Macht fast 650.000 Euro bei aktuell drei Bundespräsidenten. Hinzu kommen für die EX-BP die ebenfalls vom Steuerzahler zu tragenden Kosten für ein Büro der benötigten Mitarbeiter – üblich sind ein oder zwei -, die ebenfalls im Haushalt des Bundespräsidialamtes geführt werden. Außerdem genießen auch gewesene Bundespräsidenten Personenschutz und haben Anspruch auf ein Staatsbegräbnis.
Der geneigte Leser meines Tagebuches möge selbst addieren. Wer sich dabei nicht grob verrechnet, teilt sicher meine Empfehlung für die lebenslange Amtszeit. Bruder Johannes Rau hätte das beinahe geschafft. 1999 schon schwerkrank ins höchste Amt gehievt, hielt er wacker bis 2005 durch, als die Ablösung durch Horst Köhler erfolgte. So fehlten ihm dann knapp sieben Monate ...
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Dienstag, 15. Januar 2008
Sonnenflecke, Lebenszyklen, Wachkoma und das Roland-Koch-Syndrom
zeitungsdieb, 09:50h
Am Wochenende habe ich einen interessanten Artikel über Sonnenfleckenaktivität gelesen. Anfang Januar 2008 hat ein neuer Aktivitätszyklus begonnen, der Anteil der von Flecken bedeckten Sonnenoberfläche wird in den nächsten Jahren wachsen, bis er ca. 2013 ein Maximum erreicht. Diese Schwankungen unterliegen einem 11-Jahres-Rhythmus und werden nach ihrem Entdecker, dem in Dessau geborenen Astronomen Samuel Heinrich Schwabe, als Schwabe-Zyklus bezeichnet.
Über den Einfluss der Sonnenfleckenaktivität auf irdisches Geschehen gibt es eine Vielzahl von Untersuchungen. Die schwankende Sonnenaktivität und die damit einhergehenden Strahlungsausbrüche verursachen zum Teil erhebliche Störungen im Kurzwellen-Funkverkehr. In extremen Fällen sollen auch Handynetze und andere Übertragungswege in Mitleidenschaft gezogen werden, wenn von der Sonne heranrasende Magnetstürme in Antennen und Leitungen Störspannungen induzieren.
In der Welt am Sonntag las ich am vergangenen Wochenende zudem von Einflüssen aufs europäische Klima. Durch Störungen des Erdmagnetfeldes sei es möglich, dass polare Luftmassen aus dem Ruder laufen. In Jahren hoher Sonnenfleckenaktivität seien sehr strenge Februarfröste wahrscheinlicher als in anderen Jahren.
Hinweise auf eine Beeinflussung des irdischen Wetters sind auch in alten Chroniken zu finden. Vor einigen Jahren habe ich mehrere mittelalterliche Schilderungen gelesen, in denen von „alles verbrennender Höllenhitze, die das Korn auf dem Halm entzündete“ u.ä. Wetterwunderlichkeiten zu lesen war. Die Chronisten notierten mit schöner Regelmäßigkeit, dass die Sonne „wie mit Hufnägeln gespickt“ ausgesehen habe. Ich muss doch mal nachschauen, wo das stand.
Aber nun ist es wieder einmal soweit: Die regelmäßigen Lesers meines kleinen Tagebuches werden sich schon längst fragen, ob ich heute nur Bildungsprogramm biete oder ob meine Schwafelei über die Sonnenflecke noch zu etwas anderem gut ist.
Keine Angst, jetzt kommt die berühmt-berüchtigte Kurve: Nicht nur die Sonnenfleckenaktivität unterliegt einem Zyklus, auch bei vielen Menschen lässt sich zyklisches Verhalten nachweisen. Keine Angst, ich komme jetzt nicht auf den vierwöchigen „Heute-kann-ich-wieder-nicht-einparken-Zyklus“ des weiblichen Teils der Menschheit zu sprechen.
Mir geht es um den Aktivitätszyklus des Berufspolitikers. Dieser Zyklus ist streng periodisch. Drückt sich der Politiker im Bundestag herum, hat sein Zyklus eine Länge von vier Jahren. Landtagsabgeordnete verdauen ihre Diäten im Fünfjahresrhytmus, sofern sie nicht in Bremen oder Hamburg untätig sind – dort wurden vier Jahre ermittelt. Bei Bürgermeistern, Landräten und einigen anderen Exoten erreicht die Aktivität mitunter aller sechs Jahre ein Maximum.
Die Ursache dieses biologisch-psychologischen Phänomens liegt in der Länge der Wahlperioden. Nach einem extrem ausgeprägten, über einige Monate anhaltenden, starken Anstieg der körperlichen und geistigen Aktivitäten wird kurz vor dem oder am so genannten Wahltag ein Maximum erreicht, dem ein jäher Abfall folgt (Ein besonders krasses Beispiel dieses Effektes lieferte Gerhard Schröder im Herbst 2005, als er am Abend nach der Bundestagswahl seine eigene Niederlage nicht mehr erkannte und öffentlich seinen Anspruch auf das Amt des Bundeskanzlers verkündete. Offensichtlich war hier der geistige Resetknopf bereits gedrückt worden, das Reboot hatte sich jedoch verzögert.).
Nach dem geschilderten Abfall laufen die physischen und psychischen Funktionen noch einige Wochen in einem so genannten abgesicherten Modus, bis alle Fragen der Koalitionsbildung und Ämterverteilung geklärt sind. Danach setzt zumeist ein komatöser Zustand ein, der in der Regel mehrere Jahre anhält. Lediglich elementare Funktionen (Nahrungs- und Geldaufnahme, Atmung, Ja-Sagen etc.) laufen weiter, allerdings scheint dazu keine Hirntätigkeit notwendig zu sein.
Dieser Zustand ist nicht lebensbedrohlich. Offensichtlich handelt es sich dabei um eine Art noch nicht restlosen erforschten Wachkomas, denn etwa sechs Monate vor Ablauf der jeweiligen Wahlperiode führen äußere Signale, insbesondere aus den Medien, dazu, dass die Berufspolitiker aus dem Koma erwachen und wieder deutliche Aktivitäten in ihren Wahlkreisen bzw. -bezirken zeigen.
Diese Phase ist durch ein drastisches Ansteigen sämtlicher Vitalfunktionen gekennzeichnet. Auffällig ist das hohe Redebedürfnis der reanimierten Politiker sowie deren selektiver Muskeleinsatz. Äußere Symptome während dieser Phase des Zyklus sind krampfartiges Lächeln und heftiges Schwenken beider Hände, insbesondere bei Wahrnehmung von Lichtblitzen oder Scheinwerfern. Zugleich weisen die Berufspolitiker zu dieser Zeit eine scheinbare Willenlosigkeit auf, da sie die Erfüllung jeder an sie herangetragenen Forderung zusagen.
Ausnahme gibt es lediglich bei den Politikern, die sich unter hohem Selektionsdruck in Spitzenämtern etablieren konnten. Ihr Zyklus weist in der Regel keine Komaphase, sondern lediglich einen ausgeprägten Tiefschlaf auf. Allerdings scheint das nach Durchlaufen mehrerer Zyklen zu geistigen Schäden zu führen. Diese manifestieren sich in Beratungsresistent, Weltfremdheit und – in schweren Fällen – im Abrutschen in Sprachschleifen, die jeweils bis zum Wahlabend aus eigener Kraft nicht mehr verlassen werden können. Eine exemplarische Fallstudie am hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch hat Eingang in die einschlägige Fachliteratur gefunden. Als sprachliche Schleifen, in denen er bereits gefangen war, sind u.a. „Kopftuchverbot“, „brutalstmögliche Aufklärung“, „keine doppelte Staatsbürgerschaft“ dokumentiert. Vor der Landtagswahl 2008 fiel Koch erneut in eine Sprachschleife. Seine aktuelle Worthülse lautet „Verschärfung des Jugendstrafrechts“. Ob er nach dem 27. Januar 2008 in einen weiteren Politiker-Zyklus verfallen wird, hängt vom Wahlausgang ab.
Ein PS. für alle, die den Unterschied nicht bemerkt haben: Nach den Sonnenflecken habe ich den Satiremodus eingeschaltet.
Satiremode off
Über den Einfluss der Sonnenfleckenaktivität auf irdisches Geschehen gibt es eine Vielzahl von Untersuchungen. Die schwankende Sonnenaktivität und die damit einhergehenden Strahlungsausbrüche verursachen zum Teil erhebliche Störungen im Kurzwellen-Funkverkehr. In extremen Fällen sollen auch Handynetze und andere Übertragungswege in Mitleidenschaft gezogen werden, wenn von der Sonne heranrasende Magnetstürme in Antennen und Leitungen Störspannungen induzieren.
In der Welt am Sonntag las ich am vergangenen Wochenende zudem von Einflüssen aufs europäische Klima. Durch Störungen des Erdmagnetfeldes sei es möglich, dass polare Luftmassen aus dem Ruder laufen. In Jahren hoher Sonnenfleckenaktivität seien sehr strenge Februarfröste wahrscheinlicher als in anderen Jahren.
Hinweise auf eine Beeinflussung des irdischen Wetters sind auch in alten Chroniken zu finden. Vor einigen Jahren habe ich mehrere mittelalterliche Schilderungen gelesen, in denen von „alles verbrennender Höllenhitze, die das Korn auf dem Halm entzündete“ u.ä. Wetterwunderlichkeiten zu lesen war. Die Chronisten notierten mit schöner Regelmäßigkeit, dass die Sonne „wie mit Hufnägeln gespickt“ ausgesehen habe. Ich muss doch mal nachschauen, wo das stand.
Aber nun ist es wieder einmal soweit: Die regelmäßigen Lesers meines kleinen Tagebuches werden sich schon längst fragen, ob ich heute nur Bildungsprogramm biete oder ob meine Schwafelei über die Sonnenflecke noch zu etwas anderem gut ist.
Keine Angst, jetzt kommt die berühmt-berüchtigte Kurve: Nicht nur die Sonnenfleckenaktivität unterliegt einem Zyklus, auch bei vielen Menschen lässt sich zyklisches Verhalten nachweisen. Keine Angst, ich komme jetzt nicht auf den vierwöchigen „Heute-kann-ich-wieder-nicht-einparken-Zyklus“ des weiblichen Teils der Menschheit zu sprechen.
Mir geht es um den Aktivitätszyklus des Berufspolitikers. Dieser Zyklus ist streng periodisch. Drückt sich der Politiker im Bundestag herum, hat sein Zyklus eine Länge von vier Jahren. Landtagsabgeordnete verdauen ihre Diäten im Fünfjahresrhytmus, sofern sie nicht in Bremen oder Hamburg untätig sind – dort wurden vier Jahre ermittelt. Bei Bürgermeistern, Landräten und einigen anderen Exoten erreicht die Aktivität mitunter aller sechs Jahre ein Maximum.
Die Ursache dieses biologisch-psychologischen Phänomens liegt in der Länge der Wahlperioden. Nach einem extrem ausgeprägten, über einige Monate anhaltenden, starken Anstieg der körperlichen und geistigen Aktivitäten wird kurz vor dem oder am so genannten Wahltag ein Maximum erreicht, dem ein jäher Abfall folgt (Ein besonders krasses Beispiel dieses Effektes lieferte Gerhard Schröder im Herbst 2005, als er am Abend nach der Bundestagswahl seine eigene Niederlage nicht mehr erkannte und öffentlich seinen Anspruch auf das Amt des Bundeskanzlers verkündete. Offensichtlich war hier der geistige Resetknopf bereits gedrückt worden, das Reboot hatte sich jedoch verzögert.).
Nach dem geschilderten Abfall laufen die physischen und psychischen Funktionen noch einige Wochen in einem so genannten abgesicherten Modus, bis alle Fragen der Koalitionsbildung und Ämterverteilung geklärt sind. Danach setzt zumeist ein komatöser Zustand ein, der in der Regel mehrere Jahre anhält. Lediglich elementare Funktionen (Nahrungs- und Geldaufnahme, Atmung, Ja-Sagen etc.) laufen weiter, allerdings scheint dazu keine Hirntätigkeit notwendig zu sein.
Dieser Zustand ist nicht lebensbedrohlich. Offensichtlich handelt es sich dabei um eine Art noch nicht restlosen erforschten Wachkomas, denn etwa sechs Monate vor Ablauf der jeweiligen Wahlperiode führen äußere Signale, insbesondere aus den Medien, dazu, dass die Berufspolitiker aus dem Koma erwachen und wieder deutliche Aktivitäten in ihren Wahlkreisen bzw. -bezirken zeigen.
Diese Phase ist durch ein drastisches Ansteigen sämtlicher Vitalfunktionen gekennzeichnet. Auffällig ist das hohe Redebedürfnis der reanimierten Politiker sowie deren selektiver Muskeleinsatz. Äußere Symptome während dieser Phase des Zyklus sind krampfartiges Lächeln und heftiges Schwenken beider Hände, insbesondere bei Wahrnehmung von Lichtblitzen oder Scheinwerfern. Zugleich weisen die Berufspolitiker zu dieser Zeit eine scheinbare Willenlosigkeit auf, da sie die Erfüllung jeder an sie herangetragenen Forderung zusagen.
Ausnahme gibt es lediglich bei den Politikern, die sich unter hohem Selektionsdruck in Spitzenämtern etablieren konnten. Ihr Zyklus weist in der Regel keine Komaphase, sondern lediglich einen ausgeprägten Tiefschlaf auf. Allerdings scheint das nach Durchlaufen mehrerer Zyklen zu geistigen Schäden zu führen. Diese manifestieren sich in Beratungsresistent, Weltfremdheit und – in schweren Fällen – im Abrutschen in Sprachschleifen, die jeweils bis zum Wahlabend aus eigener Kraft nicht mehr verlassen werden können. Eine exemplarische Fallstudie am hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch hat Eingang in die einschlägige Fachliteratur gefunden. Als sprachliche Schleifen, in denen er bereits gefangen war, sind u.a. „Kopftuchverbot“, „brutalstmögliche Aufklärung“, „keine doppelte Staatsbürgerschaft“ dokumentiert. Vor der Landtagswahl 2008 fiel Koch erneut in eine Sprachschleife. Seine aktuelle Worthülse lautet „Verschärfung des Jugendstrafrechts“. Ob er nach dem 27. Januar 2008 in einen weiteren Politiker-Zyklus verfallen wird, hängt vom Wahlausgang ab.
Ein PS. für alle, die den Unterschied nicht bemerkt haben: Nach den Sonnenflecken habe ich den Satiremodus eingeschaltet.
Satiremode off
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