... newer stories
Montag, 8. September 2008
IM-Alarm bei Pro Flughafen Leipzig-Halle. Oder: Da geht noch was ...
zeitungsdieb, 11:31h
Das Leben kann so grausam sein. Da gründen einige wirklich selbstlose Gutmenschen (guckst Du hier http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/1153490/) einen Verein „Pro Flughafen Leipzig/Halle“, der sich auf die Fahnen geschrieben hat, dem Leipziger Militär- und Nachtfrachtflughafen samt seiner rumpelnden Turboprop-Maschinen zu einem etwas besseren Image zu verhelfen – und was passiert? Häme ergießt sich über die Aktivisten, böse Menschen (hier schließe ich mich ein) unterstellen ihnen gar geschäftliche Interessen.
Und als wäre das noch nicht schlimm genug, beschränken sich böse Schmierfinken nicht darauf, die Namen der Gutmenschenvereinsprotagonisten per Google zu hinterfragen, sondern gehen sogar Tipps nach und erdreisten sich, den designierten Vorsitzenden des Vereins, Lothar Müller, mit dessen Vergangenheit als Stasi-IM zu konfrontieren.
Dieser, ganz Gutmensch, wusste zunächst von nichts, sah alles ganz anders und trat dann von seinem Amt als Vereinsvorsitzender zurück.
Schuld daran ist die Außenstelle Halle der Birthler-Behörde, die den einstigen hauptamtlichen Agitationssekretär der DDR-Blockpartei NDPD als IM Rolf enttarnte. Rolf guckte und horchte im Auftrag des Ministeriums für Staatssicherheit recht emsig, bis ihm im Wendeherbst 1989 der Auftraggeber und seinem Tun damit die Geschäftsgrundlage abhanden kam.
Mit Details aus seiner Akte konfrontiert, machte Müller den Oskar. Mehrere Wochen blieb sein Amt als Vorsitzender des Gutmenschenvereins unbesetzt. Nun ist hinter dem Vorsitzenden das Kürzel „n.n.“ verschwunden, als neuer Obergutmensch ist Steffen Branse benannt. Noch immer – ein rundes Vierteljahr nach Gründung – ist die Eintragung ins Vereinsregister nicht vollzogen.
Aber das ist vielleicht auch besser so, denn der Rücktritt des IM Rolf wird wohl nicht der letzte stasibedingte Ausfall in der Führungsriege gewesen sein. Zumindest eines der Gründungsmitglieder hatte seine gutes Gehör bis zur Wende nicht zum Klavierstimmen, sondern zum staatlich sanktionierten und honorierten Belauschen anderer Menschen genutzt.
Da wäre es sinnvoll, diese Kandidaten bis zur nächsten „Schon-wieder-Gründungs-Versammlung“ mit anschließendem Gang zum Notar zu entschärfen. Aus Imagegründen, aber auch zum Zwecke der Kostendämpfung. Auch wenn der Flughafenfreundes- und Gutmenschenverein dank großzügiger Unterstützer nicht wirklich insolvenzgefährdet ist, kann man die schöne Knete doch besser nutzen, z.B. für ganz legale Aufwandsentschädigungen für die Vorstandsmitglieder, gelle.
PS.: Zählt bitte nicht auf meine Hilfe, wenn es um den IM-Namen geht. Diese Hausaufgabe müsst Ihr schon selbst machen. Aber vielleicht bekommt das einstige Gummi-Ohr ja demnächst auch einen Anruf von der Leipziger Volkszeitung ...
Und als wäre das noch nicht schlimm genug, beschränken sich böse Schmierfinken nicht darauf, die Namen der Gutmenschenvereinsprotagonisten per Google zu hinterfragen, sondern gehen sogar Tipps nach und erdreisten sich, den designierten Vorsitzenden des Vereins, Lothar Müller, mit dessen Vergangenheit als Stasi-IM zu konfrontieren.
Dieser, ganz Gutmensch, wusste zunächst von nichts, sah alles ganz anders und trat dann von seinem Amt als Vereinsvorsitzender zurück.
Schuld daran ist die Außenstelle Halle der Birthler-Behörde, die den einstigen hauptamtlichen Agitationssekretär der DDR-Blockpartei NDPD als IM Rolf enttarnte. Rolf guckte und horchte im Auftrag des Ministeriums für Staatssicherheit recht emsig, bis ihm im Wendeherbst 1989 der Auftraggeber und seinem Tun damit die Geschäftsgrundlage abhanden kam.
Mit Details aus seiner Akte konfrontiert, machte Müller den Oskar. Mehrere Wochen blieb sein Amt als Vorsitzender des Gutmenschenvereins unbesetzt. Nun ist hinter dem Vorsitzenden das Kürzel „n.n.“ verschwunden, als neuer Obergutmensch ist Steffen Branse benannt. Noch immer – ein rundes Vierteljahr nach Gründung – ist die Eintragung ins Vereinsregister nicht vollzogen.
Aber das ist vielleicht auch besser so, denn der Rücktritt des IM Rolf wird wohl nicht der letzte stasibedingte Ausfall in der Führungsriege gewesen sein. Zumindest eines der Gründungsmitglieder hatte seine gutes Gehör bis zur Wende nicht zum Klavierstimmen, sondern zum staatlich sanktionierten und honorierten Belauschen anderer Menschen genutzt.
Da wäre es sinnvoll, diese Kandidaten bis zur nächsten „Schon-wieder-Gründungs-Versammlung“ mit anschließendem Gang zum Notar zu entschärfen. Aus Imagegründen, aber auch zum Zwecke der Kostendämpfung. Auch wenn der Flughafenfreundes- und Gutmenschenverein dank großzügiger Unterstützer nicht wirklich insolvenzgefährdet ist, kann man die schöne Knete doch besser nutzen, z.B. für ganz legale Aufwandsentschädigungen für die Vorstandsmitglieder, gelle.
PS.: Zählt bitte nicht auf meine Hilfe, wenn es um den IM-Namen geht. Diese Hausaufgabe müsst Ihr schon selbst machen. Aber vielleicht bekommt das einstige Gummi-Ohr ja demnächst auch einen Anruf von der Leipziger Volkszeitung ...
... link (0 Kommentare) ... comment
Leipziger Nachtfluggeschichte. Oder: Bomben gegen Engeland.
zeitungsdieb, 10:57h
Wer bei dem, was er (anderen an)tut, ein schlechtes Gewissen hat, muss sich etwas einfallen lassen, wie er seine Missetaten legitimiert. Das geht mit Hilfe der Wissenschaft („Eine Studie amerikanischer/russischer/japanischer ... Wissenschaftler beweist, dass ...). Gern wird aber auch die Geschichte als Krücke missbraucht, um eigenes Tun ins rechte Licht zu rücken.
Die ganz schlichten Gemüter sagen in solchen Fällen „Das mache/n ich/wir schon seit 40 (50, 60, ...) Jahren so – und vergessen bei dieser Argumentation, dass man eine Sache auch 40 (50, 60 ...) Jahren falsch machen kann. Cleverer ist da die Strategie, irgend jemanden feststellen zu lassen, dass das ganz konkrete, jetztzeitige Tun ganz, ganz tolle historische Wurzeln hat. Noch cleverer ist es, jemanden dafür zu gewinnen, das auch noch in die Zeitung zu schreiben.
So geschehen in meiner Lokalpostille, der Leipziger Volkszeitung. Selbiges Blatt, nach eigener Aussage dem Qualitätsjournalismus verpflichtet, veröffentlichte einen größeren Artikel über die historischen Wurzeln des Nacht- und Frachtfluges in Schkeuditz. Für alle auswärtigen Leser dieses kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches: „Schkeuditz“ ist ein Städtchen westlich von Leipzig, hier entstand einst ein Flugplatz, aus dem der heutige Flughafen Leipzig-Halle hervorging, dank der überaus weisen Entscheidungen einiger Politiker zugleich Heimat des lautstarken DHL-Drehkreuzes und zudem wachstumsstärkster deutscher Militärflughafen. Oder so.
In besagtem Artikel (15./16.8.08) darf der geneigte Leser meiner Lokalpostille lernen, dass es den ersten Nachtflug vom hiesigen Flughafen aus bereits am 24. August 1928 gab. Pilot Erich Glatz demonstrierte seinerzeit „die Ungefährlichkeit und einzigartige Schönheit eines Nachtfluges“, so die LVZ. In diesem Stil geht es weiter. Die Autoren schwadronieren begeistert darüber, dass die Luftfrachtleistung am Standort Halle/Leipzig von 1927 bis 1939 jährlich im Durchschnitt um 24 Prozent zugenommen hat. Schade, dass der Artikel mit dem Jahr 1939 endet. Anderenfalls hätte man ja auch über die hohe Nachtflugleistung deutscher Cargopiloten bei ihren Flügen gegen England und Frankreich philosophieren oder die Transportleistung der Luftwaffengeschwader in Richtung Osten würdigen können. Ist ja schließlich alles Geschichte. Und was früher gemacht wurde, muss ja gut sein. So habe ich es zumindest der unterschwelligen Argumentation meiner Lokalpostille in Sachen Nacht- und Frachtflug entnehmen können. Oder doch nicht?
Die ganz schlichten Gemüter sagen in solchen Fällen „Das mache/n ich/wir schon seit 40 (50, 60, ...) Jahren so – und vergessen bei dieser Argumentation, dass man eine Sache auch 40 (50, 60 ...) Jahren falsch machen kann. Cleverer ist da die Strategie, irgend jemanden feststellen zu lassen, dass das ganz konkrete, jetztzeitige Tun ganz, ganz tolle historische Wurzeln hat. Noch cleverer ist es, jemanden dafür zu gewinnen, das auch noch in die Zeitung zu schreiben.
So geschehen in meiner Lokalpostille, der Leipziger Volkszeitung. Selbiges Blatt, nach eigener Aussage dem Qualitätsjournalismus verpflichtet, veröffentlichte einen größeren Artikel über die historischen Wurzeln des Nacht- und Frachtfluges in Schkeuditz. Für alle auswärtigen Leser dieses kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches: „Schkeuditz“ ist ein Städtchen westlich von Leipzig, hier entstand einst ein Flugplatz, aus dem der heutige Flughafen Leipzig-Halle hervorging, dank der überaus weisen Entscheidungen einiger Politiker zugleich Heimat des lautstarken DHL-Drehkreuzes und zudem wachstumsstärkster deutscher Militärflughafen. Oder so.
In besagtem Artikel (15./16.8.08) darf der geneigte Leser meiner Lokalpostille lernen, dass es den ersten Nachtflug vom hiesigen Flughafen aus bereits am 24. August 1928 gab. Pilot Erich Glatz demonstrierte seinerzeit „die Ungefährlichkeit und einzigartige Schönheit eines Nachtfluges“, so die LVZ. In diesem Stil geht es weiter. Die Autoren schwadronieren begeistert darüber, dass die Luftfrachtleistung am Standort Halle/Leipzig von 1927 bis 1939 jährlich im Durchschnitt um 24 Prozent zugenommen hat. Schade, dass der Artikel mit dem Jahr 1939 endet. Anderenfalls hätte man ja auch über die hohe Nachtflugleistung deutscher Cargopiloten bei ihren Flügen gegen England und Frankreich philosophieren oder die Transportleistung der Luftwaffengeschwader in Richtung Osten würdigen können. Ist ja schließlich alles Geschichte. Und was früher gemacht wurde, muss ja gut sein. So habe ich es zumindest der unterschwelligen Argumentation meiner Lokalpostille in Sachen Nacht- und Frachtflug entnehmen können. Oder doch nicht?
... link (0 Kommentare) ... comment
Sonntag, 7. September 2008
Problembär Kurt geht. Oder: Die Heimkehr des roten Schals
zeitungsdieb, 17:21h
Kurt Beck schmeißt hin. Anders gesagt: Der Posten des SPD-Chef muss neu besetzt werden. Problembär Kurt macht jetzt nur noch als Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz Schaden. Als Interimslösung muss einer seiner Stellvertreter ran, Nachfolger soll Becks zurückgekehrter Vorgänger Franz Müntefering werden.
Rein ästhetisch ist der Rückzug Becks ein Gewinn. Schließlich war Problembär Kurt nicht nur für SPD-Verhältnisse ein Rüpel, sondern sogar auch optisch eine ziemliche Zumutung. Das haarige Monster wäre sogar bei den Grünen negativ aufgefallen ...
Dass das rosa Urgestein Münte von den Delegierten eines Sonderparteitages zum SPD-Chef gewählt werden wird, kann als sicher gelten. Die Genossen wählen doch jeden, den ihnen die Führung hinstellt - man denke nur an Oskar Lafontaine oder Rudolf Scharping. Denen könnte man sogar einen Sack Holz aufs Podium stellen, selbst der käme auf 69 Prozent im ersten Wahlgang.
Rein ästhetisch ist der Rückzug Becks ein Gewinn. Schließlich war Problembär Kurt nicht nur für SPD-Verhältnisse ein Rüpel, sondern sogar auch optisch eine ziemliche Zumutung. Das haarige Monster wäre sogar bei den Grünen negativ aufgefallen ...
Dass das rosa Urgestein Münte von den Delegierten eines Sonderparteitages zum SPD-Chef gewählt werden wird, kann als sicher gelten. Die Genossen wählen doch jeden, den ihnen die Führung hinstellt - man denke nur an Oskar Lafontaine oder Rudolf Scharping. Denen könnte man sogar einen Sack Holz aufs Podium stellen, selbst der käme auf 69 Prozent im ersten Wahlgang.
... link (1 Kommentar) ... comment
Donnerstag, 4. September 2008
Der Pate vergisst seine Freunde nicht. Oder: LEJ-Chef geht zu DHL
zeitungsdieb, 14:10h
Schon mal den Paten gesehen? Toller Film, ganz großes Kino. Und brandaktuell. Auch wenn es in Deutschland ja angeblich keine richtige Mafia geben soll. Aber kürzlich fühlte ich mich wieder an den Paten erinnert. Ganz konkret an die Szene, als Marlon Brando einen Geschäftsmann mit heiserer Stimme auffordert: „Erweisen Sie mir die Ehre, sagen Sie, dass ich Ihr Freund sein soll.“ Wer solches tut, steht unter dem Schutz des Paten, darf ihm gelegentlich einen Dienst erweisen, sich dafür aber stets auf der Sonnenseite des Lebens aufhalten.
Und weil Deutschland zwar in mancherlei Hinsicht eine Bananenrepublik, aber kein Mafialand ist, läuft es bei uns nicht so. Sondern andersrum. Also erst den Dienst erweisen, dann die Sonnenseite des Lebens. Wie’s funktioniert, hat Gasmann Schröder demonstriert. Erst im Dienst als Kanzler brav dem russischen Bären und seinem Väterchen Frost alias Putin geholfen, dann die Belohnung durch Gazprom, Kinderverschenkung inbegriffen. Besser so, da kann man sicher sein, dass der Nachwuchs kein Pferdegebiss hat. Genetik kann so grausam sein. Und damit die Sache mit der Sonnenseite weitergeht, macht Väterchen Frost (jetzt wieder die Patenstimme) seinem Gasmann immer mal „ein Angebot, dass er nicht ablehnen kann“. Da fährt der Gerd – natürlich privat – nach Nordzypern zu Schönwettermachen für die neue Gasleitung, da kommt der Gerd nach Deutschland und scheißt seine Landsleute wegen ihrer Russlandfeindlichkeit zusammen. So funktioniert Big Business.
Im kleineren Stil klappt das auch. Da hat der Chef des sächsischen Feldflughafens, Eric Malitzke, einen mehr als guten Draht zu DHL, macht Lobbyarbeit und hilft den gelben Rumpelbombern dabei, die Region Leipzig-Halle für die nächsten 30 Jahren zuzudröhnen. Und es wird ihm vergolten: Zur Überraschung der Gesellschafter des Flughafens Leipzig-Halle streicht Malitzke in letzterem blitzartig die Segel und verpisst sich, wie eins Lafontaine aus der SPD. Allerdings gründet der flüchtige Airport-Manager nun keinen Konkurrenzflughafen, sondern nimmt mal eben einen Job als Vice President DHL Hubs & Gateways für ganz Deutschland an und wird zugleich neuer Häuptling der DHL Hub Leipzig GmbH.
Im Gespräch mit meiner Lokalpostille räumt der 35-Jährige ein, dass er nun „deutlich mehr verdienen“ werde. Das sei allerdings nicht der Grund für den Wechsel gewesen. „Es ist einfach ein tolles Angebot, eine reizvolle Aufgabe.“ Dass er sich dieser Aufgabe stellen darf, sieht Malitzke auch als Belohnung „für sein Engagement für DHL in den letzten Jahren ... Ich denke, ich habe einen guten Job gemacht.“
Apropos guter Job: Den wird Postler Eric in Diensten von DHL wohl auch künftig machen. Dass er’s draufhat, bewies der umtriebige Flughafenchef bereits. Er holte die russischen Riesenvögel vom Typ Antonov nach Leipzig, machte LEJ zum wichtigen US-Militärflughafen, brachte die Bewerbung des Airports für die Abwicklung des Logistikgeschäftes der Bundeswehr auf den Weg und stellte die Weichen für die Entwicklung der sächsischen Kesselschmiede (O-Ton Franz Jose Strauß) zum Big Player im weltweiten Frachtflug und wurde zum Feindbild lärmgeplagter Flughafenopfer.
Wen stört’s da, dass die Passagierzahlen sinken? Cargo-Piloten beschreiben den Vorteil ihres wenig prestigträchtigen Jobs gern mit dem Spruch „Fracht motzt nicht, Fracht kotzt nicht.“
Und die paar motzenden Anwohner? Die werden der gelbe Eric und sein noch zu findender Nachfolger auf dem LEJ-Chefsessel auch noch platt machen.
Und weil Deutschland zwar in mancherlei Hinsicht eine Bananenrepublik, aber kein Mafialand ist, läuft es bei uns nicht so. Sondern andersrum. Also erst den Dienst erweisen, dann die Sonnenseite des Lebens. Wie’s funktioniert, hat Gasmann Schröder demonstriert. Erst im Dienst als Kanzler brav dem russischen Bären und seinem Väterchen Frost alias Putin geholfen, dann die Belohnung durch Gazprom, Kinderverschenkung inbegriffen. Besser so, da kann man sicher sein, dass der Nachwuchs kein Pferdegebiss hat. Genetik kann so grausam sein. Und damit die Sache mit der Sonnenseite weitergeht, macht Väterchen Frost (jetzt wieder die Patenstimme) seinem Gasmann immer mal „ein Angebot, dass er nicht ablehnen kann“. Da fährt der Gerd – natürlich privat – nach Nordzypern zu Schönwettermachen für die neue Gasleitung, da kommt der Gerd nach Deutschland und scheißt seine Landsleute wegen ihrer Russlandfeindlichkeit zusammen. So funktioniert Big Business.
Im kleineren Stil klappt das auch. Da hat der Chef des sächsischen Feldflughafens, Eric Malitzke, einen mehr als guten Draht zu DHL, macht Lobbyarbeit und hilft den gelben Rumpelbombern dabei, die Region Leipzig-Halle für die nächsten 30 Jahren zuzudröhnen. Und es wird ihm vergolten: Zur Überraschung der Gesellschafter des Flughafens Leipzig-Halle streicht Malitzke in letzterem blitzartig die Segel und verpisst sich, wie eins Lafontaine aus der SPD. Allerdings gründet der flüchtige Airport-Manager nun keinen Konkurrenzflughafen, sondern nimmt mal eben einen Job als Vice President DHL Hubs & Gateways für ganz Deutschland an und wird zugleich neuer Häuptling der DHL Hub Leipzig GmbH.
Im Gespräch mit meiner Lokalpostille räumt der 35-Jährige ein, dass er nun „deutlich mehr verdienen“ werde. Das sei allerdings nicht der Grund für den Wechsel gewesen. „Es ist einfach ein tolles Angebot, eine reizvolle Aufgabe.“ Dass er sich dieser Aufgabe stellen darf, sieht Malitzke auch als Belohnung „für sein Engagement für DHL in den letzten Jahren ... Ich denke, ich habe einen guten Job gemacht.“
Apropos guter Job: Den wird Postler Eric in Diensten von DHL wohl auch künftig machen. Dass er’s draufhat, bewies der umtriebige Flughafenchef bereits. Er holte die russischen Riesenvögel vom Typ Antonov nach Leipzig, machte LEJ zum wichtigen US-Militärflughafen, brachte die Bewerbung des Airports für die Abwicklung des Logistikgeschäftes der Bundeswehr auf den Weg und stellte die Weichen für die Entwicklung der sächsischen Kesselschmiede (O-Ton Franz Jose Strauß) zum Big Player im weltweiten Frachtflug und wurde zum Feindbild lärmgeplagter Flughafenopfer.
Wen stört’s da, dass die Passagierzahlen sinken? Cargo-Piloten beschreiben den Vorteil ihres wenig prestigträchtigen Jobs gern mit dem Spruch „Fracht motzt nicht, Fracht kotzt nicht.“
Und die paar motzenden Anwohner? Die werden der gelbe Eric und sein noch zu findender Nachfolger auf dem LEJ-Chefsessel auch noch platt machen.
... link (0 Kommentare) ... comment
Deutschlandfunk und Beziehungskrise. Oder: Gibt es ehemalige Holocaustopfer?
zeitungsdieb, 13:46h
Outing: Ich bin ein großer Fan des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Um Missverständnisse zu vermeiden: Ich rede vom Radio, allen voran DLF und D-Kultur, welche ich nur zu gern höre. Der ganze gebührenfinanzierte TV-Müll kann mir hingegen gestohlen bleiben, denn angesichts dieses Werbe- und PR-Programms mit gelegentlichen redaktionellen Einblendungen tue ich mich schwer, ein auch nur im Ansatz akzeptables Preis-Leistungs-Verhältnis zu erkennen.
Doch zurück zu meiner Sympathie für DLF und D-Radio. Diese erhielt heute einen schweren Dämpfer. Oder – positiv gesagt – sie wurde auf eine Bewährungsprobe gestellt, wie sie ja jede gute Beziehung gelegentlich erlebt.
Diese Bewährungsprobe bestand in einem Bericht über das segensreiche Tun (guckst Du hier: http://www.asf-ev.de/) der Aktion Sühnezeichen. In diesem Zusammenhang ließ DLF einen Menschen (guckst Du hier: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/marktplatz/808194/) über den Sender brabbeln, der vor allem ein imposantes Rudel „Ähhs“ und „Öhömms“ durch den Äther schwärmen ließ, dazwischen aber nichts wirklich Hörenswertes formulierte. Irgendwie wähnte ich mich im fröhlich-chaotisch stümpernden Azubi-Kanal des Leipziger Studentenradios Mephisto, doch – RDS sei Dank – ich hörte nach wie vor den Deutschlandfunk. Der Höhepunkt der mir auferlegten akustischen Bewährungsprobe war jedoch eine Wortkreation, die ich in dieser Form noch nie erleben musste. Der stammelnde Sühnezeichenmensch sprach von „ehemaligen Holocaust-Opfern“. Nun ist der Holocaust ein Thema, mit dem nicht einmal ich Witze mache(n darf).
Dennoch: Das Attribut „ehemalig“ bezieht sich auf eine Sache, die es nicht mehr gibt. Ich bin ein „ehemaliger DDR-Bürger“, weil das Verschwinden der DDR meine Beziehung zu diesem Staat ihrer Geschäftsgrundlage beraubt hat. Außerdem bin ich ein ehemaliger Student der Karl-Marx-Universität zu Leipzig, auch wenn es diese nicht mehr gibt. Denn studiert habe ich dort von 1981 bis 1986, sogar ein Diplom erworben, was mich zum (nicht ehemaligen) Absolventen der ehemaligen Karl-Marx-Universität Leipzig macht.
Nun zurück zum Holocaust-Opfer: Da gibt es nichts Ehemaliges, Opfer ist und bleibt man. Bestenfalls kann man ein Opfer gewesen sein – nämlich dann, wenn man selbst nicht mehr ist. Aber auf keinen Fall ein ehemaliges. Auch nicht Opfer eines ehemaligen Holocaust, denn dieser verschwindet mit der Zeit nicht einfach ...
Wer meinen Gedanken bis an diese Stelle gefolgt ist, wird wohl nachvollziehen können, wie hart die heutige Bewährungsprobe für mich war. Aber eine gute Beziehung kann so etwas nicht erschüttern, dazu bedarf es weiterer Schläge. Die hoffentlich ausbleiben.
Doch zurück zu meiner Sympathie für DLF und D-Radio. Diese erhielt heute einen schweren Dämpfer. Oder – positiv gesagt – sie wurde auf eine Bewährungsprobe gestellt, wie sie ja jede gute Beziehung gelegentlich erlebt.
Diese Bewährungsprobe bestand in einem Bericht über das segensreiche Tun (guckst Du hier: http://www.asf-ev.de/) der Aktion Sühnezeichen. In diesem Zusammenhang ließ DLF einen Menschen (guckst Du hier: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/marktplatz/808194/) über den Sender brabbeln, der vor allem ein imposantes Rudel „Ähhs“ und „Öhömms“ durch den Äther schwärmen ließ, dazwischen aber nichts wirklich Hörenswertes formulierte. Irgendwie wähnte ich mich im fröhlich-chaotisch stümpernden Azubi-Kanal des Leipziger Studentenradios Mephisto, doch – RDS sei Dank – ich hörte nach wie vor den Deutschlandfunk. Der Höhepunkt der mir auferlegten akustischen Bewährungsprobe war jedoch eine Wortkreation, die ich in dieser Form noch nie erleben musste. Der stammelnde Sühnezeichenmensch sprach von „ehemaligen Holocaust-Opfern“. Nun ist der Holocaust ein Thema, mit dem nicht einmal ich Witze mache(n darf).
Dennoch: Das Attribut „ehemalig“ bezieht sich auf eine Sache, die es nicht mehr gibt. Ich bin ein „ehemaliger DDR-Bürger“, weil das Verschwinden der DDR meine Beziehung zu diesem Staat ihrer Geschäftsgrundlage beraubt hat. Außerdem bin ich ein ehemaliger Student der Karl-Marx-Universität zu Leipzig, auch wenn es diese nicht mehr gibt. Denn studiert habe ich dort von 1981 bis 1986, sogar ein Diplom erworben, was mich zum (nicht ehemaligen) Absolventen der ehemaligen Karl-Marx-Universität Leipzig macht.
Nun zurück zum Holocaust-Opfer: Da gibt es nichts Ehemaliges, Opfer ist und bleibt man. Bestenfalls kann man ein Opfer gewesen sein – nämlich dann, wenn man selbst nicht mehr ist. Aber auf keinen Fall ein ehemaliges. Auch nicht Opfer eines ehemaligen Holocaust, denn dieser verschwindet mit der Zeit nicht einfach ...
Wer meinen Gedanken bis an diese Stelle gefolgt ist, wird wohl nachvollziehen können, wie hart die heutige Bewährungsprobe für mich war. Aber eine gute Beziehung kann so etwas nicht erschüttern, dazu bedarf es weiterer Schläge. Die hoffentlich ausbleiben.
... link (0 Kommentare) ... comment
Donnerstag, 28. August 2008
Stacheliger Genießer oder: Es ist nicht alles tot am Straßenrand
zeitungsdieb, 10:17h
Auf meiner nachmittäglicher Laufrunde erspähte ich kürzlich einen Igel am Straßenrand. Hatte ich zunächst vermutet, dass der Stachler dorthin von einem Auto katapultiert worden und folglich "hin" sei, zeigte sich bei näherem Hinschauen ein anderes Bild.
Der schon etwas zur Fülligkeit neigende Säuger war nicht nur am Leben, sondern wohlauf und bester Laune: Er fraß laut schmatzend gärende Pflaumen in sich hinein.
Hoffentlich hat er nachts nicht zu sehr randaliert und den nächsten Morgen unbeschadet erlebt. Aber wie sagt der Volksmund: Kleinen Kindern und Betrunkenen passiert schon nichts.
Der schon etwas zur Fülligkeit neigende Säuger war nicht nur am Leben, sondern wohlauf und bester Laune: Er fraß laut schmatzend gärende Pflaumen in sich hinein.
Hoffentlich hat er nachts nicht zu sehr randaliert und den nächsten Morgen unbeschadet erlebt. Aber wie sagt der Volksmund: Kleinen Kindern und Betrunkenen passiert schon nichts.
... link (0 Kommentare) ... comment
Dienstag, 26. August 2008
Ansbacher IT-Stadel oder: Gedanken zu einer erschröcklichen Agenturmeldung
zeitungsdieb, 11:54h
Wenn unfähige Journalisten auf inkompetente Gesprächspartner treffen, gestehen sich beide Seiten leider fast nie ein, dass ein Gespräch keinen Sinn hat. Meist reden sie sinnfrei aneinander vorbei, und stets ist das Produkt ein journalistisches Kleinod, das besser ungeboren geblieben wäre.
Jüngstes Beispiel in dieser Galerie der Kuriositäten ist eine Meldung der Agentur ddp. Diese berichtete am gestrigen 25. August über die Missetat eines 15-Jährigen, der Ende Juli (zumindest wurde zu diesem Zeitpunkt der Schaden bemerkt) den Internetauftritt der Stadt Ansbach zerstört und die Daten größtenteils vom Server gelöscht hat. Der 15-Jährige werde wegen Datenveränderung angezeigt und müsse möglicherweise die auf 10.000 Euro bezifferten Kosten für die Wiederherstellung des Webauftrittes zahlen.
Hmmm. Diese Agenturmeldung ist nicht das Ergebnis eigener Recherchen seitens ddp, sondern einer sommerlichen Entspannungsübung, denn meine werten Kollegen haben die entsprechende Mitteilung des Polizeipräsidiums Mittelfranken weitestgehend unverändert in ihre Computer übernommen. Guckst Du hier: www.polizei.bayern.de/mittelfranken/news/presse/aktuell/index.html/76386
Allerdings haben auch die Mitarbeiter anderer Agenturen einen entspannten Sommerdienst geschoben und auf Nachfragen verzichtet, der Polizeitext findet sich u.a. auch bei AP.
Allerdings habe ich im Netz keinen Bericht gefunden, der darauf schließen lässt, dass einer meiner Kollegen etwas intensiver über den Fall nachgedacht oder gar recherchiert hat. Da wird auf Kosten für die Wiederherstellung (Letztere muss inzwischen erfolgt sein, den unter www.ansbach.de findet man wieder allerlei Ansbacher Informationen.) verwiesen, die bei 10.000 Euro liegen. Das provoziert zumindest bei mir die Frage, ob die Ansbacher kein Backup ihres Internetauftrittes hatten? Fehlte ein solches, hätten die IT-Verantwortlichen der Stadt bzw. die beauftragten Dienstleister zumindest grob fahrlässig gehandelt. Oder kostet das Einspielen eines Backups etwa 10.000 Euro? Dann sollte Ansbach schleunigst seine IT-Fachleute feuern und neue einstellen, die so etwas nebenbei machen ...
Und überhaupt: Wenn der jugendliche Missetäter „die Daten größtenteils vom Server gelöscht hat“, muss er zu diesem Zugang gehabt haben. Da ich einige meiner Brötchen im kommunalen IT-Bereich verdiene, weiß ich zumindest ansatzweise um die aktuellen Sicherheitsanforderungen und -konzepte. Wenn ein externer Bösewicht mal eben per FTP den Server einer Kommune putzen kann, müssen im Sicherheitssystem Löcher klaffen, die groß wie Scheunentore sind. Für den Schutz sensibler Daten vor unbefugten externen Zugriffen gibt es Dinge wie VPN, Verschlüsselung und Einmalpassworte. In Ansbach wohl eher nicht ... Überhaupt scheint das Eindringen in den Server www.ansbach.de recht einfach gewesen zu sein und nicht gerade exorbitante Hackerkenntnisse erfordert zu haben. Denn schließlich hat der jugendliche Datenvernichter zwar die Festplatte ein wenig erleichtert, sich aber offensichtlich keine Gedanken darum gemacht, seine Spuren zu verwischen. Und dieses Versäumnis lässt schon tief blicken ...
Für den Fall, dass der eine oder andere Leser an meinen Prognosen interessiert ist, so gehe ich davon aus, dass
1. die ganze Sache wie das berühmte Hornbacher Schießen ausgehen wird, weil
2. die Ansbacher Admins in ihrer mittelfränkischen Unbedarftheit mit den im Internet einzusehenden default-Einstellungen gearbeitet haben oder
3. die FTP-Zugangsdaten für den Server irgendwo per Klebezettel gut sichtbar aufgehängt waren.
Jüngstes Beispiel in dieser Galerie der Kuriositäten ist eine Meldung der Agentur ddp. Diese berichtete am gestrigen 25. August über die Missetat eines 15-Jährigen, der Ende Juli (zumindest wurde zu diesem Zeitpunkt der Schaden bemerkt) den Internetauftritt der Stadt Ansbach zerstört und die Daten größtenteils vom Server gelöscht hat. Der 15-Jährige werde wegen Datenveränderung angezeigt und müsse möglicherweise die auf 10.000 Euro bezifferten Kosten für die Wiederherstellung des Webauftrittes zahlen.
Hmmm. Diese Agenturmeldung ist nicht das Ergebnis eigener Recherchen seitens ddp, sondern einer sommerlichen Entspannungsübung, denn meine werten Kollegen haben die entsprechende Mitteilung des Polizeipräsidiums Mittelfranken weitestgehend unverändert in ihre Computer übernommen. Guckst Du hier: www.polizei.bayern.de/mittelfranken/news/presse/aktuell/index.html/76386
Allerdings haben auch die Mitarbeiter anderer Agenturen einen entspannten Sommerdienst geschoben und auf Nachfragen verzichtet, der Polizeitext findet sich u.a. auch bei AP.
Allerdings habe ich im Netz keinen Bericht gefunden, der darauf schließen lässt, dass einer meiner Kollegen etwas intensiver über den Fall nachgedacht oder gar recherchiert hat. Da wird auf Kosten für die Wiederherstellung (Letztere muss inzwischen erfolgt sein, den unter www.ansbach.de findet man wieder allerlei Ansbacher Informationen.) verwiesen, die bei 10.000 Euro liegen. Das provoziert zumindest bei mir die Frage, ob die Ansbacher kein Backup ihres Internetauftrittes hatten? Fehlte ein solches, hätten die IT-Verantwortlichen der Stadt bzw. die beauftragten Dienstleister zumindest grob fahrlässig gehandelt. Oder kostet das Einspielen eines Backups etwa 10.000 Euro? Dann sollte Ansbach schleunigst seine IT-Fachleute feuern und neue einstellen, die so etwas nebenbei machen ...
Und überhaupt: Wenn der jugendliche Missetäter „die Daten größtenteils vom Server gelöscht hat“, muss er zu diesem Zugang gehabt haben. Da ich einige meiner Brötchen im kommunalen IT-Bereich verdiene, weiß ich zumindest ansatzweise um die aktuellen Sicherheitsanforderungen und -konzepte. Wenn ein externer Bösewicht mal eben per FTP den Server einer Kommune putzen kann, müssen im Sicherheitssystem Löcher klaffen, die groß wie Scheunentore sind. Für den Schutz sensibler Daten vor unbefugten externen Zugriffen gibt es Dinge wie VPN, Verschlüsselung und Einmalpassworte. In Ansbach wohl eher nicht ... Überhaupt scheint das Eindringen in den Server www.ansbach.de recht einfach gewesen zu sein und nicht gerade exorbitante Hackerkenntnisse erfordert zu haben. Denn schließlich hat der jugendliche Datenvernichter zwar die Festplatte ein wenig erleichtert, sich aber offensichtlich keine Gedanken darum gemacht, seine Spuren zu verwischen. Und dieses Versäumnis lässt schon tief blicken ...
Für den Fall, dass der eine oder andere Leser an meinen Prognosen interessiert ist, so gehe ich davon aus, dass
1. die ganze Sache wie das berühmte Hornbacher Schießen ausgehen wird, weil
2. die Ansbacher Admins in ihrer mittelfränkischen Unbedarftheit mit den im Internet einzusehenden default-Einstellungen gearbeitet haben oder
3. die FTP-Zugangsdaten für den Server irgendwo per Klebezettel gut sichtbar aufgehängt waren.
... link (0 Kommentare) ... comment
Montag, 25. August 2008
Ein Brief von Stasi 2.0 Oder: Wann muss ich zum Tätowieren?
zeitungsdieb, 15:48h
Am Wochenende fischte ich aus meinem u.a. einen grauen Infopost-Umschlag. Normalerweise landet Infopost in meiner Altpapierkiste, wo sie immerhin für 5 Cent pro Kilogramm gut ist. Diesem Brief blieb dieses Schicksal jedoch erspart, denn als Absender gab sich das Bundeszentralamt für Steuern zu erkennen. Kundige Leser meines kleinen Tagebuches wissen sicher, welchen Inhalt mir diese Infopost bescherte: Die allmächtige Behörde informierte mich über die „Zuteilung der Identifikationsnummer nach § 139b der Abgabenordnung“. Oder – anders gesagt: Herzlich willkommen in der Wunderwelt von Stasi 2.0!
Bereits die im Betreff enthaltene Formulierung „Zuteilung“ ist Demagogie vom Allerfeinsten. Zugeteilt wird nach gängigem Sprachverständnis etwas Begehrtes, ein Artikel, bei dem die Nachfrage das Angebot übersteigt. Zugeteilt wurden UMTS-Lizenzen genauso wie Volksaktien, aber das ist eine andere Geschichte.
Nun denn, die Behörde hat mir eine Persönliche Informationsnummer, die ich gar nicht wollte, zugeteilt. Für den Fall, dass ich zusätzliche Informationen benötige, verweist das behördliche Schreiben auf www.identifikationsmerkmal.de
Inhaber dieser Adresse ist übrigens das Bundesministerium der Finanzen mit Sitz in der Berliner Wilhelmstraße. Dass diese Adresse bei dem einen oder anderen geschichtsinteressierten Leser meines politisch nicht immer korrekten Tagebuches womöglich unangenehme Assoziationen provoziert, ist natürlich reiner Zufall und hat ganz bestimmt nichts damit zu tun, dass die Persönliche Identifikationsnummer – auf o.g. HP ist von Steuer-ID die Rede – ein direkter Nachkomme der 1944 auf Lochkartenbasis eingeführten Reichspersonalnummer ist.
Obwohl, gewisse Vergleiche drängen sich auf. Zwischen der Reichspersonalnummer und der Steuer-ID gibt es zwei wesentliche Unterschiede: Erstere hatte – genau wie die in der DDR ab 1970 gültige Personenkennzahl – zwölf Stellen, die Steuer-ID nur elf. Zweiter Unterschied: Die zwölfstelligen Nummern gaben unverschlüsselt Geburtsdatum und Geschlecht des Nummernträgers preis, das elfstellige System der Neuzeit nutzt nur demjenigen etwas, der Zugriff auf das Register des Bundeszentralamtes für Steuern hat. Dieser „Katalog“ macht aus der Ziffernfolge wieder einen Menschen mit Adresse und persönlichen Daten.
Soweit die Unterschiede. Viel deutlicher sind hingegen die Gemeinsamkeiten zwischen einst und jetzt. Alle drei Systeme dienen der lückenlosen Erfassung und Kontrolle der innerhalb der Staatsgrenzen lebenden Menschen (das neue System bezieht sogar tote Bürger ein, denn die Daten bleiben nach dem letzten Schnaufer eines Steuerbürgers bis zu 20 Jahre gespeichert). Ein vergleichbares Zentralregister hatten die Nazis in Märkisch-Rietz bei Berlin, die DDR betrieb ihre ab 1984 voll funktionsfähige Datenbank in Berlin-Biesdorf.
Die elfstellige Neuauflage von Reichspersonalnummer und PKZ ist für mich ganz klar ein Fall von „Stasi 2.0“. Ein Gutachten der TU Berlin (www.ig.cs.tu-berlin.de/oldstatic/w2003/ir1/uebref/BrandtEtAl-Gutachten-G1-022004.pdf) macht erhebliche Bedenken gegen die heimliche PKZ-Einführung deutlich. Wer bei dieser Lektüre nicht ins Grübeln kommt, der kann mich gern über einige „meiner Erfahrungen“ mit dem PKZ-System fragen.
Niemand sollte so blauäugig sein, den vollmundigen Sprüchen von Politiker zu glauben, die da von alleiniger Verwendung im Sinne der Abgabenordnung schwadronieren und über die 100-prozentige Einhaltung aller Datenschutzvorgaben schwafeln. Was technisch machbar ist, wir gemacht – spätestens dann, wenn Wolfgang Schäuble wieder einmal den Untergang der abendländischen Kultur heraufbeschworen hat. Spätestens dann, wenn die gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen worden sind, wahrscheinlich aber schon viel eher.
Ach ja, um nicht nur zu Meckern: Das Schreiben des Bundeszentralamtes für Steuern hat mich auch positiv überrascht. Es kam nicht ganz so imperial daher wie die meisten anderen Behördenfürze. Keine Ausrufungszeichen, wenig Fettdruck und allein auf der ersten Seite viermal das Wort „bitte“ und einmal „gebeten“. Außerdem hat der Große Bruder vom Amt darauf verzichtet, mir für den Fall, dass ich das Schreiben einfach meinem Häcksler zuführe, auf rechtliche Konsequenzen anzudrohen.
Und was mich noch überrascht hat: Nirgendwo ist ein Termin genannt, zu dem ich mich zwecks Tätowierung meiner ID in die Nackenhaut sowie Einbringung eines ID-Chips in den Oberarm einzufinden habe. Weder mit noch ohne „bitte“. Aber das kommt noch. Da bin ich mir ziemlich sicher. Auf Menschen vom Schlag eines Wolfgang Schäuble ist Verlass - andere dürfen auch nicht Bundesinnenminister werden.
Bereits die im Betreff enthaltene Formulierung „Zuteilung“ ist Demagogie vom Allerfeinsten. Zugeteilt wird nach gängigem Sprachverständnis etwas Begehrtes, ein Artikel, bei dem die Nachfrage das Angebot übersteigt. Zugeteilt wurden UMTS-Lizenzen genauso wie Volksaktien, aber das ist eine andere Geschichte.
Nun denn, die Behörde hat mir eine Persönliche Informationsnummer, die ich gar nicht wollte, zugeteilt. Für den Fall, dass ich zusätzliche Informationen benötige, verweist das behördliche Schreiben auf www.identifikationsmerkmal.de
Inhaber dieser Adresse ist übrigens das Bundesministerium der Finanzen mit Sitz in der Berliner Wilhelmstraße. Dass diese Adresse bei dem einen oder anderen geschichtsinteressierten Leser meines politisch nicht immer korrekten Tagebuches womöglich unangenehme Assoziationen provoziert, ist natürlich reiner Zufall und hat ganz bestimmt nichts damit zu tun, dass die Persönliche Identifikationsnummer – auf o.g. HP ist von Steuer-ID die Rede – ein direkter Nachkomme der 1944 auf Lochkartenbasis eingeführten Reichspersonalnummer ist.
Obwohl, gewisse Vergleiche drängen sich auf. Zwischen der Reichspersonalnummer und der Steuer-ID gibt es zwei wesentliche Unterschiede: Erstere hatte – genau wie die in der DDR ab 1970 gültige Personenkennzahl – zwölf Stellen, die Steuer-ID nur elf. Zweiter Unterschied: Die zwölfstelligen Nummern gaben unverschlüsselt Geburtsdatum und Geschlecht des Nummernträgers preis, das elfstellige System der Neuzeit nutzt nur demjenigen etwas, der Zugriff auf das Register des Bundeszentralamtes für Steuern hat. Dieser „Katalog“ macht aus der Ziffernfolge wieder einen Menschen mit Adresse und persönlichen Daten.
Soweit die Unterschiede. Viel deutlicher sind hingegen die Gemeinsamkeiten zwischen einst und jetzt. Alle drei Systeme dienen der lückenlosen Erfassung und Kontrolle der innerhalb der Staatsgrenzen lebenden Menschen (das neue System bezieht sogar tote Bürger ein, denn die Daten bleiben nach dem letzten Schnaufer eines Steuerbürgers bis zu 20 Jahre gespeichert). Ein vergleichbares Zentralregister hatten die Nazis in Märkisch-Rietz bei Berlin, die DDR betrieb ihre ab 1984 voll funktionsfähige Datenbank in Berlin-Biesdorf.
Die elfstellige Neuauflage von Reichspersonalnummer und PKZ ist für mich ganz klar ein Fall von „Stasi 2.0“. Ein Gutachten der TU Berlin (www.ig.cs.tu-berlin.de/oldstatic/w2003/ir1/uebref/BrandtEtAl-Gutachten-G1-022004.pdf) macht erhebliche Bedenken gegen die heimliche PKZ-Einführung deutlich. Wer bei dieser Lektüre nicht ins Grübeln kommt, der kann mich gern über einige „meiner Erfahrungen“ mit dem PKZ-System fragen.
Niemand sollte so blauäugig sein, den vollmundigen Sprüchen von Politiker zu glauben, die da von alleiniger Verwendung im Sinne der Abgabenordnung schwadronieren und über die 100-prozentige Einhaltung aller Datenschutzvorgaben schwafeln. Was technisch machbar ist, wir gemacht – spätestens dann, wenn Wolfgang Schäuble wieder einmal den Untergang der abendländischen Kultur heraufbeschworen hat. Spätestens dann, wenn die gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen worden sind, wahrscheinlich aber schon viel eher.
Ach ja, um nicht nur zu Meckern: Das Schreiben des Bundeszentralamtes für Steuern hat mich auch positiv überrascht. Es kam nicht ganz so imperial daher wie die meisten anderen Behördenfürze. Keine Ausrufungszeichen, wenig Fettdruck und allein auf der ersten Seite viermal das Wort „bitte“ und einmal „gebeten“. Außerdem hat der Große Bruder vom Amt darauf verzichtet, mir für den Fall, dass ich das Schreiben einfach meinem Häcksler zuführe, auf rechtliche Konsequenzen anzudrohen.
Und was mich noch überrascht hat: Nirgendwo ist ein Termin genannt, zu dem ich mich zwecks Tätowierung meiner ID in die Nackenhaut sowie Einbringung eines ID-Chips in den Oberarm einzufinden habe. Weder mit noch ohne „bitte“. Aber das kommt noch. Da bin ich mir ziemlich sicher. Auf Menschen vom Schlag eines Wolfgang Schäuble ist Verlass - andere dürfen auch nicht Bundesinnenminister werden.
... link (2 Kommentare) ... comment
Dienstag, 22. Juli 2008
Google is watching you ... sehenswert
zeitungsdieb, 14:14h
Man mag über Google & seine Datenallmacht denken, was man will. Aber der folgende Film gibt einige Anstöße, was zu große Datensammelwut bedeuten kann. Das gilt übrigens für Google allmächtig ebenso wie für Wolfgang Schäuble und sein Stasi 2.0
Ach ja, dem einen wäre der Ansprechservice vielleicht ganz lieb. Aber die Sache mit dem Gunshop ...
Ach ja, dem einen wäre der Ansprechservice vielleicht ganz lieb. Aber die Sache mit dem Gunshop ...
... link (0 Kommentare) ... comment
... older stories