Freitag, 15. Mai 2009
Dickes Kanalende. Oder: Wenn ihr weiter spart, wird's teuer.
Wenn ich den Wasserhahn aufdrehe, kommt klares, sauberes Trinkwasser heraus. Dafür sorgen die Kommunalen Wasserwerke Leipzig (KWL), eines der gewinnbringenden Unternehmen im Portfolio der Stadt Leipzig. In weiten Teilen der Region sorgen die KWL auch für die Abwasserentsorgung, entweder im eigenen Namen oder in dem regionaler Abwasserzweckverbände. Das ist gut so, hat aber auch seinen nicht ganz geringen Preis.
Vor wenigen Tagen legten die KWL wieder einmal ihre Zahlen auf den Tisch und stimmten ein Klagelied an. Nein, das Unternehmen ist nicht in die Verlustzone gerutscht. Das Ergebnise liegt bei 23.2 Mio. Euro, das ist bei einem Umsatz von 161,6 Mio. keine gar so schlechte Quote.
Aber – und hier setzte das Wehklagen an – der Wasserverbrauch der rund 615.000 Einwohner im KWL-Monopolland ist mal wieder gesunken. Mit 88 Liter pro Kopf und Tag wurde ein Tiefststand erreicht. 1993 lag dieser Wert noch bei 115 Litern, 1997 immerhin bei 109 Litern; ganz zu schweigen von den goldenen DDR-Zeiten, als Wasserverbrauch mit Wohlstand gleichgesetzt wurde und Werte von über 200 Litern als Fortschritt angesehen wurden. Damals kostete das lebenswichtige Nass aber auch fast nichts und wurde sogar zum Kühlen von Getränken eingesetzt.
Und der Trend setzt sich fort, denn zu den sparenden Privatkunden gesellen sich nun die kriselnden Unternehmen. Wer weniger oder nichts mehr produziert, braucht weniger oder gar kein Wasser und erzeugt folglich auch weniger Abwasser.
Und hier liegt der sprichwörtliche Hase im Pfeffer: Die zumeist großzügig dimensionierten Anlagen werden immer schlechter ausgelastet. Wo kaum noch Trinkwasser fließt, wird die Einhaltung der Hygienevorgaben schwieriger, und wo das Abwasser knapp wird, setzt sich so manches ab ... Der Wartungsaufwand wächst, sodass die geneigte Kundschaft propagandistisch schon mal auf steigende Preise vorbereitet wird. Fazit: Wenn Ihr weiter spart, kommt Euch das teuer zu stehen.
Das klingt wie eine Drohung, und genau das sollte es auch sein. Diese mag bei einem Unternehmen, das tiefschwarze Zahlen schreibt, überraschen. Aber Monopolisten müssen nicht schmeicheln, die dürfen drohen. Auch dann, wenn sie sich ordentlich Speck angefressen haben.
Damit nicht genug: Ein guter Teil der angeführten Probleme sind buchstäblich hausgemacht. Anfang der 90-er Jahre zogen allerlei Glücksritter durch den neu erschlossenen deutschen Osten. Diese verkauften hier beileibe nicht nur Lebensversicherungen, Lederjacken, Zeitungsabos und Schrottautos, sondern sie trieben auch die Planung von Infrastrukturprojekten voran. Als lokaler Berichterstatter einer Tageszeitung erlebte ich mehrere Auftritte eines bayerischen Ingenieurbüros, dessen Mitarbeiter die frisch gewählten Gemeinderäte zahlreicher Dörfer gleich im Dutzend über den Tisch zogen. Da wurden die blutigen Politiklaien mit Einwohnergleichwerten, Pro-Kopf-Kosten, gigantomanischem Zweckverbandsgeschwafel und gesponserten Freibierausfahrten in glückliche Westkommunen überzeugt, auf die teuerstmögliche Entsorgungslösung zu springen. So entstanden im Umfeld Leipzigs Kläranlagen, die – vorsichtig formuliert – auf Zuwachs gebaut sind und über zum Teil beachtliche Kanallängen mit dem geldwerten Fäkalrohstoff versorgt werden (müssen).
Hinzu kommt, dass in neumodischer Technikgläubigkeit so manche ingenieurtechnische Selbstverständlichkeit entsorgt wurde. Statt der seit Jahrtausenden – man denke an das römische Reich – bewährten Freispiegelleitungen, in denen „die Brühe“ einem natürlichen Gefälle folgend abläuft, baute man generös Hebewerke und Pumpsysteme ein, die den Planern und Bauunternehmen einen guten Schnitt bescherten, den Betreibern aber hohe Folgekosten garantieren.
Wer nun denkt „Schöne Scheiße“ hat damit buchstäblich ins Braune getroffen. Nur: Abhilfe ist angesichts dieser Misere nicht möglich. Die Anlagen sind gebaut und müssen betrieben werden, die Kosten landen bei den Kunden.
Aber vielleicht zieht Ottonormalkunde daraus seine Lehren. Denn die nächsten Bauernfänger sind schon unterwegs.

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Funkstille bei den Gutmenschen. Oder: Hallo, Fluglärmförderverein, meldet euch mal wieder!
Die regelmäßigen Leser dieses kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches werden wissen, dass ich mich an dieser Stelle bereits über Sinn und Unsinn von Content Management Systemen (CMS) ausgelassen habe - vor allem über die CMS von Leuten, die nur aller Jubeljahre mal einen Eintrag machen bzw. die Schnelligkeit, die diese Systeme erlauben, nicht nutzen, weil z.B. die Online-Redaktionen vieler klassischer Tageszeitungen eher Feierabend machen als der Seite-1-Dienst der Print-Ausgabe.
Zu den Nutzer eines besonders unnützen CMS zählt auch der Gutmenschenverein "Pro Flughafen Leipzig-Halle e.V.". Dieser Lobbyistenclub betreibt unter www.pro-flughafen-lej.de/ einen Internetauftritt, um über seine hehren Ziele zu informieren und die Gegner des ungezügelten Nachtflugs und der Umwandlung zum Militärflughafen ein wenig in die miese Ecke zu stellen. Gut, jeder muss irgendwie leben und sehen, wie er seine Brötchen bezahlt bekommt, auch Lobbyisten und Gutmenschen.
Der Internetauftritt allerdings hat einen besonderen Pfiff: Dort passiert im Wesentlichen nichts. Das mit Wordpress realisierte CMS dümpelt brav vor sich hin, der jüngste und bisher letzte Eintrag stammt vom 17. Oktober 2008, nachmittags halb vier - es ist das Kontaktformular. Immerhin, das Impressum weist den mutmaßlich aktuellen Vorstand aus und nicht mehr den abgetretenen (oder weggemüllerten) Stasi-IM, der dem Gutmenschenverein die letzte wesentliche Schlagzeile beschert hatte.
Verblüffend ist allerdings, dass der Verein laut Impressum noch immer keine Steuernummer hat. So langsam arbeitet nicht mal das Finanzamt Leipzig II ...

Oder ist den Gutmenschen vom Verein etwas zugestoßen? Weilen sie vielleicht nicht mehr unter uns, sind krisengeschüttelt hinaufgefahren in eine noch bessere Welt voller Nachtflüge, Frachtflüge und Militärjets? Aber das glaube ich nicht, denn mindestens zwei wichtige Gutmenschen aus dem Fluglärmförderverein googeln regelmäßig nach ihren Namen und landen so auch in meinem kleinen Tagebuch. Zumindest gestern lebten sie also noch.Und vielleicht klappt's ja auch mal wieder mit einem schönen neuen Eintrag auf der pro-Flughafen-Seite.

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Donnerstag, 14. Mai 2009
Vom Hirn getroffen. Oder: Gottes Gnade erleuchtet die Bundespolitik - ein wenig
Oh Herr, lass' HIrn vom Himmel regnen - diesen Stoßseufzer schicke ich gelegentlich gen HImmel. Offensichtlich hat er's erhört und schickte zumindest einige Krümel Hirn in Richtung Berlin. Die große Koalition rückt vom Paintball-Verbot vorerst ab, da über das Spiel zu wenig bekannt sei. Guckst Du hier: http://www.netzeitung.de/politik/deutschland/1355421.html
Hoffentlich regnet's weiter.

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Wolfgang Schäuble verbietet Laufvereine und Volksläufe. Oder: Regierung will den Amoksumpf austrocknen
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble hat angekündigt, parallel zur Verschärfung des Waffenrechtes auch einen Gesetzesentwurf zum Verbot von Lauftraining und Laufveranstaltungen in den Bundestag einzubringen. Schäuble begründete das damit, dass schnelles Laufen seinem Wesen nach vor allem dazu geeignet sei, sich nach Begehung von Straftaten der Festnahme zu entziehen. „Ich kann und werde es nicht dulden, dass sich potenzielle Straftäter in Sportvereinen und bei sogenannten Volksläufen zusammenrotten und unter dem Vorwand des gesundheitsfördernden Sports gemeinsam dafür trainieren, am Tag X der Polizei zu entkommen.“
Nun wird sich der eine oder andere Leser meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches fragen, ob Bundesinnenminister Schäuble solchen Schwachsinn tatsächlich in Erwägung zieht. Nun, er hat schon schlimmeren Schwachsinn verkündet und auch getan, über – jetzt kommt die Entwarnung – ein Verbot des Laufsports hat Spitzelwolfgang noch nicht nachgedacht. Zumindest nicht öffentlich.
Dieses Beispiel habe ich mir ausgedacht, um deutlich zu machen, wie absurd die Ideen unserer zurzeit im Aktionismusstrudel rotierenden Bundesregierung sind: Mit der Begründung, Amokläufe zu erschweren, schwingen sich blinde Bundespolitiker zu Malerei-Experten auf und maßen sich an, in Bereiche, von denen sie null Ahnung haben, hineinzuregieren. Etwas anderes fällt mir angesichts der unausgegorenen Ideen zur Verschärfung des Waffenrechtes und des schwachsinnigen Paintball-Verbotes nicht ein.
Um bei letzterem Stichwort zu bleiben: Wer Paintball (mit dem ich übrigens nichts am Hut habe) mit der Begründung verbietet, dass bei diesem Sport künftige Amokläufer geschult werden, sollte Kindern mit gleicher Begründung untersagen, Cowboy und Indianer sowie Räuber und Gendarm zu spielen. Und wenn wir einmal dabei sind: Rotkäppchen und der Wolf ist ein sehr gewaltbetontes Märchen, mit Bauchaufschneiden und so.
Zur Amoklaufvermeidung empfiehlt es sich zudem, auch Biathlon, Military-Reiten, Speerwurf, Schach und Bogenschießen unter Strafe zu stellen. Ach ja, Äxte gehören ebenso verboten wie jegliche Küchenmesser (siehe Augsburg), Suzukis (da war doch was in den Niederlanden) und Baseballschläger. Außerdem alle Arten von Flaschen, weil sich daraus Molotowcocktails bauen lassen. Nagut, bei den Flaschen sollte man das Verbot etwas einschränken: Wären alle Flaschen weg, könnte keiner mehr die irren Gesetze beschließen ...

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Montag, 11. Mai 2009
Denkaufgabe. Oder: Der Unterschied zwischen Pädophilie und Müntes letztem Frühling
Es folgt einige Denkaufgaben für die geneigten Leser meines kleinen, poltisch nicht immer korrekten Tagebuches. Zu gewinnen gibt es nichts, außer vielleicht ein wenig Erkenntnisgewinn.

Frage 1:Ich werde in diesem Jahr 49. Wie wäre der korrekte Ausdruck dafür, wenn ich mich an eine 40 Jahre jüngere weibliche Person heranmachte?
Richtig, Pädophilie. Kinderschändung würde ich als Begriff auch gelten lassen, für "Sauerei" gibts nur einen halben Punkt.

Frage 2: Wie lautet die richtige Bezeichnung dafür, wenn sich ein 69-jähriger an eine 40 jahre jüngere weibliche Person ranmacht?
"Münteferings letzter Frühling".
Allerdings bin ich großzügig und gebe auch denjenigen, deren Antwort "Sauerei", "Geiler Bock" oder "Perversling" gelautet hat, noch einen Punkt.

Frage 3:
Wäre Michelle Schumann (29, Lieblingsfarbe rot) auch zu einem rüstigen Rentner ohne Politpromibonus und fettem Versorgungsanspruch in die Kiste gehopst?
Diese Frage mögen sich meine geneigten Leser selbst beantworten.

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Neue Seuche auf dem Vormarsch. Oder: Entwarnung - Politikergrippe wird nicht auf Menschen übertragen
Unter deutschen Politikern sind in den vergangenen Wochen immer mehr Fälle von Verbieteritis beobachtet worden. Dabei handelt es sich offensichtlich um eine durch das Populismus-Bakterium ausgelöste Infektionskrankheit, die praktisch ohne erkennbare Inkubationszeit ausbricht. Befallen werden ausschließlich Politiker und deren berufliches Umfeld. Als besondere Risikogruppe gelten nach bisherigem Erkenntnisstand Abgeordnete auf Bundes- und Länderebene, die sich erneut um ein Mandat bewerben.

Die Verbieteritis Wahlkampfensis äußert sich zunächst durch eine Zunahme des bei den Betroffenen bereits vor der Infektion erkennbaren Realitätsverlustes. Im Verlauf der Krankheit kommt die Hirntätigkeit weitgehend zum Erliegen. Logisches Denken lässt sich bei den Patienten nicht mehr nachweisen. Der Krankheit fallen auch Funktionen wie Ehrlichkeit, Entscheidungsfähigkeit und Zuverlässigkeit zum Opfer, dafür nimmt die Vergesslichkeit – insbesondere für den Inhalt abgegebener Versprechen – zu. Zumeist befällt die Infektion auch das Sprachzentrum, so dass die Betroffenen bis zum Wahlabend nur noch lallen können (so genanntes „Blabla“).

Die in diesem Jahr erstmals beobachtete Neue Verbieteritis Wahlkampfensis, die so genannte Politiker-Grippe, wird offensichtlich durch einen mutierten Erreger ausgelöst, denn sie weist beim Befall des Sprachzentrums eine Besonderheit auf: Neben dem allgemeinen Blabla reagieren die Patienten auf Sachfragen mit dem zwanghaften Gebrauch des Wortes „Verbieten“. Aktuelle Beispiele sind u.a. das reflexartig geforderte Verbot bestimmter Internetseiten, das Paint-Ball-Verbot, das Verbot von Kritik an der Regierungskoalition, das Verbot von Kritik am Innenminister usw.

Eine Behandlung der Politiker-Grippe mit herkömmlichen Medikamenten ist zwecklos. Das Robert-Koch-Institut empfiehlt den Patienten Freigang bis zur Wahl sowie gelegentliche öffentliche Auftritte. Diese sind unter mikrobiologischem Aspekt ungefährlich, da eine Übertragung der Politiker-Grippe auf Menschen wegen zu geringer Ähnlichkeit der DNA unmöglich ist. Gegen durchfallartig versprühtes Politiker-Blabla helfen Ohrschützer bzw. in besonders schweren Fällen (insbesondere bei den Erregerstämmen Verbieteritis Wahlkampfensis Schäublera und Zensursula) die Abschaltung der Mikrofonanlage. Als erfolgversprechend werden das Robert-Koch-Institut den aktuellen therapeutischen Ansatz, die Auswirkungen der Politiker-Grippe auf demokratische Grundrechte durch Online-Petitionen zu lindern.

PS.: Wer's nicht versteht, sollte mal hier http://www.tagesspiegel.de/zeitung/Titelseite-Paintball;art692,2793975 oder da http://www.netzeitung.de/politik/deutschland/1349519.html nachlesen.

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Donnerstag, 7. Mai 2009
Kurze Funkstille. Oder: Ich lauf' dann mal los ...
Der geneigten Leserschaft dieses kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches sei hiermit die Hoffnung auf weitere Einträge vor dem kommenden Sonnabend genommen.
Der Grund ist weder mangelnde Lust noch fehlende Inspiration, sondern schlicht und einfach sportlich bedingte Abwesenheit. Ich mache mich heute auf den Weg nach Berlin. Morgen, am 8. Mai, 9.30 Uhr werde ich mich von dort (Alexanderplatz, Galeria) als Mitglied einer Läufergruppe auf den Weg nach Leipzig machen. Die Route führt zunächst im Sinne des Sightjogging durchs Brandenburger Tor und an der Goldelse entlang, dann nach Süden.
Da die Gruppe zum größten Teil aus staffellaufenden Kindern besteht und diese nächstens nicht unterwegs sein dürfen, werden wir beim Ruderclub in Wittenberg Quartier nehmen. Am Sonnabendmorgen geht's wieder auf die Piste. Wenn alles klar geht, treffen wir am 10. Mai gegen 15 Uhr auf dem Leipziger Neumarkt ein.
Wer sich dem langwierig-kurzweiligen Lauf über ca. 180 km zugesellen möchte, möge mich anfunken. Mein Nümmerlein steht hier auf der Blog-Seite, ganz oben.

Uuups: Blöder Fehler - natürlich waren wir am 9. Mai schon wieder in Leipzig. Und sogar die 15 Uhr haben dank eines anständigen Endspurts gepasst. Dass da oben vom 10. Mai die Rede war, bitte ich zu entschuldigen. Mindestens ein Leser dieses tagebuches war am Sonntagnachmittag umsonst bei Galeria ...

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Mittwoch, 6. Mai 2009
Wenn die Staatsmacht anruft. Oder: Behördenweckdienst beim Landratsamt
Wenn sich die Staatsmacht beim Bürger meldet, will sie meist etwas: Sein Geld, seine Freiheit, seinen Computer. Forderungen dieser Art werden in aller Regel zu unchristlicher Zeit unter Einsatz von speziell geschultem Personal durchgesetzt, das Türen eintritt, Befehle vorzeigt und renitente Staatsbürger fixiert. Anrufe sind eher selten. Anrufe mit dem alleinigen Zweck der Mitteilung, dass einem rechtmäßigen Anspruch des Bürgers wegen offenkundiger Verbumfidelei nicht nachgekommen wurde und in deren Verlauf mehrfach um Entschuldigung nachgesucht wird, sind – vorsichtig formuliert – in unserem Land sehr unwahrscheinlich. Nicht nur Weihnachten, sondern auch Nessie und Lotteriegewinne sind öfter.
Einen solch raren Anruf erhielt ich heute zu früher Morgenstunde und – ich gebe es zu – hätte ihn beinahe für einen Joke gehalten. Der Anrufer meldete sich (mit ordnungsgemäßer Rufnummer) aus dem Landratsamt Leipzig und bat um meine Nachsicht dafür, dass ein Antrag, in dem es um einige hundert Euro ging, über Monate hinweg auf Eis gelegen hat. So lange, dass inzwischen der Folgeantrag auch im behördlichen Kühllager gelandet ist.
Der Anrufer ließ mich wissen, dass eine Änderung der Zuständigkeit eingetreten sei. Das war mir nicht neu, denn die bislang ans zuständige Staatsministerium gesendeten Formulare mussten seit Inkrafttreten der Verwaltungsreform im Freistaat Sachsen nun ans Landratsamt übermittelt werden. Dessen nun in die Pflicht genommenen Mitarbeiter taten, was ein guter Angestellter tut, wenn er nicht weiß, was er tun soll: nichts. Oder fast nichts: Sie erfassten die Anträge, und lagerten sie sorgfältig. Stabskultur heißt so was wohl.
Inzwischen habe man sich schlau gemacht und beim Ministerium über die notwendige Verfahrensweise informiert, erfuhr ich weiter. Nun wisse man auch, dass bei den Antragstellern in einigen Fällen zusätzliche Nachweise abgefordert worden waren, die gar nicht hätten erbracht werden müssen, verriet mir der junge Mann vom Amt, den offensichtlich die undankbare Aufgabe ereilt hatte, frustrierte Antragsteller im Dutzend anzuschellen.
Das morgendliche Telefonat endete mit dem positiven Ausblick, dass die abgelagerten Anträge nun zügig bearbeitet werden und schon bald Geldscheine vom Himmel regnen sollen.
Dennoch ließ mich die behördliche Botschaft grübelnd in den Tag gehen. Ich bin alt genug, um weder an das Wunder der jungfräulichen Geburt noch an die Auferstehung untätiger Behördenmitarbeiter zu glauben.
Nur zu gern wüsste ich, ob den zuständigen Landratsämtlern der unerfreuliche Schriftsatz einer Untätigkeitsklage in den Posteingang geworfen wurde oder ob ein weniger träger Staatsbürger als ich sich auf den Weg nach Borna gemacht und dort einem behördlichen Schnarchsack die Tür eingetreten hat.

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Dienstag, 5. Mai 2009
Ein Nummerngirl sagt Dankeschön. Oder: kalter Anruf vom Weinhaus.
Mal wieder. Das Telefon klingelt, eine Fraustimme vom Weinhaus WasweißichfürGoldtröpfchen meldet sich bei mir, versucht mir einzureden, dass ich vor einiger Zeit netterweise an einer Umfrage zu Wein und Gesundheit teilgenommen hätte Habe ich ganz bestimmt nicht!) und informiert mich darüber, dass ich dafür nun ein Dankeschön bekomme. Sowas nennt man cold call (guckst Du hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Cold_Call )und das ist irgendwie sittenwidrig bzw. je nach Art des Angerufenen verboten.
Nun mag sich der eine oder andere Leser dieses kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches fragen, weshalb ich einer solchen Banalität einige Zeilen widme.
Nun, zum einen ließ die Anruferin ohne die sonst üblichen Klammerversuche von mir ab, als ich sie über mein Desinteresse an "Dankeschöngeschenken" informierte. Zum anderen - und das zeigt, dass neue Gesetze manchmal doch etwas nutzen - war während des Gespräches sogar die Rufnummer der Call-Center-Mitarbeiterin zu sehen. Wer also bei der Rückkehr ins heimische Wohnzimmer die (0341) 5940907 auf seinem Display findet, hat den Dankeschönanruf des Weinhauses leider verpasst. Aber vielleicht lohnt ja ein Rückruf ...

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Straßenwahlkampf in LE. Oder: Freies Parken für deutsche Autos
Kommunalwahlkampf in Leipzig ist wie Ü-Ei. Spannung, was zum Spielen und Schokolade, die gar keine ist, sondern nur so aussieht. Im Unterschied zu den Ü-Eiern darf man die Wahl-Eier aber nicht schütteln, das wäre Körperverletzung. Also gibt es kaum eine Chance, den Inhalt vor der Wahl näher zu untersuchen.
Wie stets bedienen die „großen Parteien“ ihre Wählerschaft mit griffigen Slogans, die SPD holt irgendeinen Promi aus der Kiste und lässt ihn mit ihren aktuellen Kandidaten posieren. So wie jüngst in Leipzig, als Bundesspatenstichminister Wolfgang Tiefensee und ein Grüppchen sonstiger Sozis vom Starfotografen meiner SPD-nahen Lokalpostille abgelichtet und in den Lokalteil gehoben wurde. Wegen der Ausgeglichenheit werden die Auftritte der "anderen großen Partei" namens CDU auch dargestellt, allerdings weniger liebevoll in Szene gesetzt. Das ist der Verlag seiner Gesellschafterin, der alten tante SPD, eben schuldig. Solche Rituale geben Halt in einer Zeit, in der viele Dinge aus den Fugen zu geraten scheinen.
Verlass ist auch auf die Bauernfänger der kackbraunen und der dunkelroten Fraktion. Beide plakatieren im Stadtbild ihre Parolen, die so schwachsinnig wie unrealistisch sind, dafür aber sehr schön populistisch in die Ohren flutschen. Ob die Trommler nun Oskar oder Joseph-Paul heißen bzw. hießen – beide beherrsch(t)en ihr Seelenfängerhandwerk. Aber natürlich gibt es zwischen linken und rechten Populisten auch prinzipielle Unterschiede: Letztere hängen ihre Plakate deutlich höher.
Mein Überraschungssieger im aktuellen Straßenwahlkampf ist die Leipziger F.D.P. Bisher waren die Liberalen in Leipzig zwar keine Macht, aber doch im Stadtrat vertreten. Dort machten sie irgendwie „auf Wirtschaft“, wobei die eigentliche Wirtschaftspolitik – wie zum Beispiel die Ansiedlung der hochgradig zukunftssicheren Autohersteller – nun wieder Sache des SPD-Bürgermeisters war. Offensichtlich haben die Leipziger Liberalen das auch erkannt und setzen nun auf eine breitere Zielgruppe. Anders kann ich den Slogan nicht deuten, der mich gestern von einem FDP-Plakat ansprang. Dort hieß es „Parkplätze statt Knöllchen“ – das ist intellektuell etwa so hochfliegend wie „Rostbratwurst statt Lebensmittelkontrolle“ und hätte ebenso gut (besser: ebenso schlecht) auch von Rot oder Braun stammen können.
Wobei: Die hätten’s etwas anders formuliert. Also „Deutscher Parkraum für deutsche Autos, Knölchen für Importe“ bzw. „Freies Parken fürs Volk, Knöllchen für Bonzen (außer Oskar)“.

Wer nun die Grünen vermisst hat ... die sind irgendwie noch nicht im Leipziger Wahlkampf angekommen, was aber auch kein wirklicher Verlust ist.

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Montag, 4. Mai 2009
Demokratiebrems Bundestag. Oder: Mal eben schnell eine Petition unterzeichnen
Heute wollte ich mal eben schnell eine Petition unterzeichnen. Diese hier: http://www.netzeitung.de/politik/deutschland/1346239.html
Um nicht missverstanden zu werden: Selbstverständlich habe ich mit Kinderpornographie nichts am Hut, aber ich bin gegen die vorgesehene Verfahrensweise, dass mal eben schnell irgendwelche Schlapphüte auf geheimen Listen festlegen wollen, was ich alles nicht wissen darf. Das hatte ich schonmal, damals hieß der Staat DDR und die Leute, die sowas taten, waren bei der Stasi.
Deshalb wollte ich, wie gesagt, diese https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;%20petition=3860 Petition unterzeichnen. Wollte, aber es gelang mir nicht. Eigentlich bin ich in Sachen Internet durchaus fit, bin in der Lage, mich bei allem möglichen Scheiß anzumelden - nur beim Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages gelang es mir nicht. Um lästerlichen Bemerkungen meiner geneigten Stammleserschaft gleich mal so den Hahn abzudrehen: Ich bin mir sehr sicher, dass es nicht an meiner Dusseligkeit lag. Vielleicht an meiner IP, das mag sein. Wahrscheinlicher ist aus meiner Sicht jedoch, dass hier ganz bewusst Barrieren aufgebaut wurden. Schon die Reaktionszeiten des Bundestagsservers erinnerten an längst vergessene Modemzeiten. Von der Benutzerfreundlichkeit ganz zu schweigen. Jeder Onlinehändler ginge Pleite, würde er seine Kunden so verarschen.
Um zum Thema zurückzukehren: Wo kämen wir auch hier, wenn in Deutschland jeder mal eben so eine Petition unterzeichnen könnte ...

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Steinmeier im Wahlkampf. Oder: Where the fuck is Eisenach?
Woran merkt man, dass das tumbe deutsche Volk auf eine Bundestagswahl zusteuert? Richtig, Politiker aller Coleur buhlen um Wählerstimmen. So besuchte Außensozi Frank-Walter Steinmeier ("Call me Frank") heute das Opel-Werk in Eisenach. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hätte der nebenberufliche SPD-Kanzlerkandidat gestern beim Stichwort Eisenach noch ausgerufen "Where the fuck is Eisenach", vielleicht aber auch "SWho ...", denn dass es eine Stadt dieses Namens gibt, hat er wahrscheinlich bis heute auch nicht gewusst.

Noch eine Frage gefällig?
Woran merkt man noch, dass das tumbe deutsche Volk auf eine Bundestagswahl zusteuert? Richtig, meine Lokalpostille, die Leipziger Volkszeitung, seit kurzem maßgeblich im SPD-Besitz befindlich, hat die Prioritäten neu sortiert und berichtet in umfangreicher Aufmachung über den Besuch des hoffentlich bald ehemaligen Spitzenkandidaten der SPD, Frank-Walter Steinmeier, und noch hoffentlicher "never Kanzlers", über dessen Besuch in Eisenach.

Wer nun glaubt, dass ich kein Freund der SPD bin, hat
1. richtig getippt und
2. die Gewissheit, dass die Wiederentdeckung des potenziellen Wählers wenige Wochen vor einer anstehenden Wahl kein typisches SPD-Phänomen ist.

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Danke, Toom. Oder: Was'n das?
Die regelmäßigen Leser dieses kleinen, nicht immer korrekten Tagebuches wissen, dass der Verfasser dieser Zeilen seine Brötchen (und auch die Wurst darauf) als freiberuflicher Lohnschreiber und Zeitungsmacher verdient. Sehr erfreulich finde ich, dass sich gelegentlich Unternehmen und Verbände meiner Dienste als Vortragskünstler bedienen, um ihre Mitarbeiter u.a. in punkto Marketing, Telefonverhalten, Schreiben, Anti-Behördendeutsch usw. fit machen zu lassen. Solche Auftritte sorgen für Abwechslung, machen durchaus Spaß (beiden Seiten) und bekommen meinem Konto recht gut.
Für meine Marketing- und Schreibseminare halte ich natürlich immer nach netten Beispielen aus dem realen Leben Ausschau. Soll heißen: Ich sammle allerlei Texte, die so daneben und/oder unverständlich sind, dass es schon wieder schön ist.
Der Baumarkt Toom hat mir in seiner jüngsten Werbung ein feines Stück geliefert. In ihrem Faltblatt bietet die Rewe-Tochter zum Preis von 9,99 Euro ein "LED Remote Bright-Light mit Push-Mechanismus" an.
Mal ehrlich: Ob die Zielgruppe der Late-Silver-Ager (vulgo: Alte Säcke) auf Anhieb gewusst hat, dass es sich dabei um eine batteriebetriebene Leuchte mit Druckknopffernschalter handelt?

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Da isser wieder ...
Kaum zu glauben, da ist so ein unbedeutendes, politisch nicht immer korrektes Tagebuch mal kurz offline, und schon setzt es E-Mails. Also: Da isser wieder. Der Server, auf dem Blogger.de gehostet ist, war - warum auch immer - für einige Zeit down. Nehmen wir mal an, dass es ein simples technisches Problem gewesen ist und dass nicht Wolfgang Schäubles Mannen die Sache vermurkst haben, als sie mit ihren krummen Fingern den Bundestrojaner ins System schubsen wollten.
Da es sich bei Blogger.de aber um eine kostenlos nutzbare Plattform handelt, werde ich mich hüten, irgendwie zu meckern. Allerdings werde ich mich nun doch etwas intensiver mit SQL und solchem Zeugs befassen, um gelegentlich "etwas Eigenes" auf die Beine zu stellen. Eigner Blog ist goldes Wert oder so ...

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