Sonntag, 17. Januar 2010
Opernball-Orden für einen Pädophilen. Oder: Die spinnen, die Dresdner.
Die spinnen, die Dresdner. Nagut, nicht alle, auf alle Fälle aber die Macher des Dresdner Opernballs. Nun mag sich der eine oder andere Leser dieses kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches fragen, wie ich zu der Behauptung komme, dass ein Teil der Bewohner der sächsischen Landeshauptstadt – gelinde gesagt – eine leichte geistige Auffälligkeit aufweist.
Der Opernball ist schuld. Erinnert sich noch jemand an dessen unglückliche Auflage im Jahr 2009? Damals überreichte der Sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich beim Opernball den Sächsischen Dankesorden in Gold an Wladimir Putin. Nachzulesen u.a. hier: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,601656,00.html Dass der „lupenreine Demokrat“ (so schätzt zumindest Putin-Söldner Gerhard Schröder seinen indirekten Brötchengeber ein) in Dresden, wo er fünf Jahre als KGB-Schlapphut im Einsatz gewesen ist, einen Dankesorden erhielt, sorgte seinerzeit für Unmut. Daran änderte auch der Umstand nichts, dass besagter Dankesorden keine offizielle Auszeichnung des Freistaates, sondern ein im Auftrag der Opernballmacher gefertigtes, höchst edles Privatabzeichen ist. Wenn der Ministerpräsident des Freistaates Sachsen einem lupenreinen ex-Spion einen Orden überreicht, ist das 1. zwangsläufig offiziell, 2. eine Dummheit und 3. ein Skandal.

Aber die Opernballmacher sind lernfähig. In diesem Jahr hieß die überflüssige, aber publicityträchtige Medaille „St.-Georgs-Orden“. Das ist nicht sonderlich kreativ, bietet aber weniger Konfliktpotenzial. Schaut man sich allerdings den Erstempfänger des neuen Phantasieordens an, ist der Skandal schon wieder da: In ihrer PR-Geilheit verliehen die Opernballer den Heiligen Schorch posthum an Michael Jackson für dessen soziales Engagement. Nachzulesen u.a. hier: http://nachrichten.lvz-online.de/nachrichten/topthema/2000-gaeste-tanzen-auf-dem-semperopernball-in-dresden--unser-video-team-war-mit-dabei/r-topthema-a-10346.html

Mal ehrlich: Dagegen war die 2008er Ordensentgleisung ja geradezu harmlos. Wer ist schon Putin? Aber einen Kinderschänder, der sich nur mit vielen Millionen Dollar von Anklagen freikaufen konnte, mit Geheule und Geschniefe zum Ordenshelden umzudeuten, dazu gehört schon ein ganz besonders ausgeprägter Realitätsverlust. Wie gesagt: Die spinnen, die Dresdner.

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Mittwoch, 13. Januar 2010
Ein Lob für den Flughafen Leipzig-Halle. Oder: Gedanken zu einer unabhängigen Studie
Der Flughafen Leipzig-Halle www.leipzig-halle-airport.de hat Grund zum Jubeln. Die ServiceRating GmbH Köln hat ermittelt, dass der Airport den besten Service in Deutschland hat. Meine Lokalpostille, die Leipziger Volkszeitung, hat im Wesentlichen nur die Pressemitteilung übernommen, nachzulesen hier Guckst Du hier: http://nachrichten.lvz-online.de/nachrichten/mitteldeutschland/flughafen-leipzighalle-hat-den-besten-service-in-deutschland/r-mitteldeutschland-a-9611.html Wer etwas mehr über die Studie erfahren will, findet die Infos hier: http://www.servicerating.de/content.php?baseID=98&dataSetID=1241 Allerdings gibt es die komplette Studie nur gegen Geld, 1800 Euro sind mir denn doch zu happig. Dieser Preis begründet sich wohl damit, dass die Studie laut ServiceRating GmbH „nicht beauftragt“ und folglich objektiv ist.
Interessant: Im Studiensteckbrief liegt Dresden vor Leipzig, das liest sich in der LVZ ein wenig anders, lokalpatriotischer. Macht aber nichts.
Aus meiner Sicht ist es kein Wunder, dass der Flughafen Leipzig-Halle im Ranking vorn liegt. Schließlich ist hier den größten Teil des Tages „tote Hose“. Keine Schlangen beim Bier, überschaubare Verhältnisse, Ruhe bei Abfertigung und Transit. Hier werden die Passagiere noch persönlich begrüßt, schließlich sind es ja nicht so viele.
Und sollte Studienautor Stefan Heinisch die in Leipzig ankommenden und abfliegenden US-Soldaten befragt haben – immerhin die größte homogene Kundengruppe des „Zivil“-Flughafens –, so ist positive Wertung sicher. Schließlich ist bei den Amis ja sogar ein Sonnenaufgang bei bedecktem Himmel „great“ und „loveley“.

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Dienstag, 12. Januar 2010
Meine Lokalpostille kann jetzt sogar Links. Oder: Leipzig als "Place to go in 2010"
Wunder über Wunder. Meine Lokalpostille, die Leipziger Volkszeitung www.lvz.de , setzt in ihrer Online-Ausgabe neuerdings gelegentlich sogar Links. Und sogar solche, die nicht aufs eigene Internetangebot verweisen, sondern Links der Art, die ins böse, gefährliche, von Kriminellen und Terroristen bevölkerte World Wide Web führen.
Kaum zu glauben, aber wahr. So zum Beispiel im vorliegenden Fall eines Berichtes über die aktuelle NY-Times Liste „31 Places to go in 2010“. Auf selbiger Liste nimmt Leipzig immerhin Platz 10 ein, nachzulesen hier: http://nachrichten.lvz-online.de/leipzig/citynews/leipzig-auf-platz-zehn-der-new-york-times-liste-31-places-to-go-in-2010/r-citynews-a-9253.html
Und: Am Ende des Beitrages steht seine Majestät der Link zur ... Trrrrrrommelwirrrrrbel: New York Times: Die komplette New-York-Times-Liste “31 Places to Go in 2010“ steht hier!
Die Begründung für den Eintrag in die NYT-Liste ist allerdings ein wenig deprimierend. „Leipzig, a small industrial city in the former East Germany with an illustrious past” ist nicht gerade Motivationspulver. Und überhaupt: Weder die hochsubventionierten Leuchttürme noch die Lieblingsprojekte unseres gewesenen Sonnenkönigs Wolfgang Tiefensee haben zur Aufnahme in die Liste geführt, sondern die anstehenden Jubiläen der Herren Bach und Schumann, dazu die Neo-Rauch-Ausstellung sowie die Musik der Indie Labels Moon Harbour Recordings und Kann Records.
Sehr lesenswert sind übrigens die unter dem genannten LVZ-Artikel stehenden Leserkommentare.

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Werbeverbot für Süßigkeiten im Umfeld von Kindersendungen. Oder: Lobbyistengeheul
Erinnert sich noch jemand an Renate Künasts Zeit als Ministerin? Sie war von 2001 bis 2005, also während der Rot-Grünen Bundesregierung, Bundesministerin für Ernährung, Verbraucherschutz und Landwirtschaft. Nun ist den regelmäßigen Leserinnen und Lesern meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches bekannt, dass ich mit den Grünen nicht eben auf Du und Du stehe. Immerhin: Aus der Amtszeit von Renate Künast ist mir eine ihrer Aktivitäten in Erinnerung geblieben. Sie empfahl den Deutschen nicht nur die Neubesinnung in punkto Herkunft von Lebensmitteln, sondern riet auch zur gemäßigten Vorratswirtschaft. Jeder Haushalt sollte in der Lage sein, auf Grundlage eingelagerter Vorräte einen gewissen Zeitraum ohne Einkauf zu überdauern. Sie bezog das auch eine „Überlebensausstattung“ mit konservierten Grundnahrungsmitteln und Trinkwasser für mehr als nur ein Wochenende. Ich hielt und halte diese Empfehlung für durchaus sinnvoll.
Vor einigen Tagen kam mir eine neue Äußerung Renate Künasts zu Ohren, die ích ebenfalls für sehr sinnvoll halte: Sie forderte angesichts fetter Kinder ein Werbeverbot für Süßigkeiten im Umfeld von Kindersendungen.
Der nun folgende mediale Aufschrei (guckst Du u.a. hier http://nachrichten.lvz-online.de/nachrichten/topthema/suessigkeiten-werbeverbot-stoesst-auf-breite-ablehnung/r-topthema-a-9554.html und hier http://www.derwesten.de/nachrichten/politik/Ilse-Aigner-gegen-ein-TV-Werbeverbot-fuer-Suessigkeiten-id2371305.html ) war vorhersehbar. Und er zeigt, wie geschickt die Lobbyisten der Branche die etablierten Parteien infiziert haben.
Noch einmal: Ich finde ein solches Werbeverbot gut. Und ich bin sogar dafür, es nicht auf die TV-Werbung zu beschränken, sondern es auch auf Kindereinrichtungen, Druckerzeugnisse und Internetportale auszuweiten.

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Wintergipfel. Oder: Warum Gerhard Schröder in Deutschlands kalter Zeit besser als Angela Merkel wäre ...
Man kann dem deutschen Ex-Kanzler Gerhard Schröder vieles vorwerfen. Man kann ihn zum Beispiel als Gasmann und Putin-Lobbyisten beschimpfen, als Vaterlandsverräter gar – muss man aber nicht. Mach’ ich natürlich auch nicht. Was man Schröder jedoch auf keinen Fall vorwerfen kann, ist, dass er keinen Sinn für starke Auftritte hätte.
Als 2002 das Elbtal von einem Hochwasser verwüstet wurde, war der gummibestiefelte Kanzler Schröder allgegenwärtig und lief in den Medien sogar dem sächsischen Ministerpräsidenten Georg Milbradt den Rang ab. Sicher, auch der Obersachse stiefelte durch den Schlamm und machte in Betroffenheit, aber Schröder war erstens schneller und kam medial einfach „authentischer“ rüber als der Kleinsachse.
Und nun wird’s anspruchsvoll, werte Leserinnen und Leser meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches: Wir springen ins Jahr 2010 – ganz Deutschland liegt unter einer Schneedecke. Ganz Deutschland. Wäre Gerhard Schröder noch Bundeskanzler, hätte er sich ganz bestimmt schon vor Dutzende Kameras gedrängt, hätte (natürlich mit zähnelnder Gattin) im Schnee beim schnaufenden Schaufeln posiert und allen Deutschen die Gewissheit vermittelt, dass alles wieder in Ordnung kommt. Schneewehen über MeckPomm? Kein Problem, der Gerd wird’s schon richten!

Und was macht unser aller Bundesmerkel? Nüscht. Sie hält Hände und Füße ruhig, bleibt auf Tauchstation, und sollte es demnächst noch mehr schneien, dann wird sie’s bestenfalls auf die Opposition schieben.
Wenigstens einen Wintergipfel könnte sie doch einberufen, die Situation analysieren und Wolfang Schäuble sagen lassen, dass der harte Winter weitere Einschnitte nach sich ziehen wird. Und wenn Mitte März Tauwetter kommt, könnte sich Angela Merkel selbst auf die Schultern klopfen und verkünden, dass „unsere ruhige, besonnene Art, mit dem Winter umzugehen, nun erste Früchte trägt.“
Aber wenigstens auf ein Winterdienstfahrzeug könnte sie sich wirklich setzen, wofür zahlt man denn Steuern, verfluchtnochmal!

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Samstag, 9. Januar 2010
Kulturhauptstadt Essen. Oder: Welcher Depp plant im Januar eine Freiluftveranstaltung?
Essen ist – in Union mit dem gesamten Ruhrgebiet – für ein Jahr lang die „Kulturhauptstadt Europas. Soweit die gute Nachricht. Die schlechte: Die Eröffnungsfeier war grenzwertig. Allerlei Prominenz bis hin zum Bundespräsidenten Horst Köhler bibberte unter freiem Himmel bei Minusgraden und Schneefall. Köhler hielt sich wacker, redete eine gewohnt feine Rede. Irgendwie sah das Ganze weniger nach feierlicher Eröffnung als vielmehr nach einer Notunterkunft für Leute aus, die durch ein winterliches Erdbeben obdachlos geworden sind. Guckst Du hier: http://www.ruhrnachrichten.de/art1541,782542
Mir stellt sich angesichts der diversen Berichte, die ich heute hören durfte, vor allem eine Frage: Sind die Verantwortlichen, die Anfang Januar eine solche Feier unter freiem Himmel planen, einfach nur bescheuert oder sind sie auf die Propaganda von der globalen Erwärmung reingefallen – was auch dafür sprechen würde, dass es mit ihrem Geist nicht weit her ist ...

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Donnerstag, 7. Januar 2010
Tipps von der DAK. Oder: Iss keinen gelben Schnee
Mitunter erfährt man per Pressemitteilung Dinge, über die man sich noch nie Gedanken gemacht hat. So informierte mich die DAK heute darüber, dass Eltern sich nicht sorgen müssen, wenn ihre Kinder Schnee essen. Guckst Du hier: http://www.presse.dak.de/ps.nsf/sbl/8B904E8558B53991C12576A30050207B
Ernährungswissenschaftlerin Silke Willms räumte zwar ein, dass Schnee dem Körper Mineralien entzieht - das ist der selbe Effekt wie beim Trinken der meisten inhaltlosen Mineralwässer. Allerdings gleich der Körper das Defizit durch die in der Nahrung enthaltenen Mineralien wieder aus.
Nur vor einem warnt Silke Willms: Vor dem Schnee, der an Straßenrändern und auf Gehwegen liegt, da dieser durch Salz, Kot und Urin verunreinigt sein kann. Wobei mir diese Warnung zumindest in punkto Salz übertrieben erscheint, schließlich könnte so der Mineralhaushalt wieder aufgebessert werden.
Und die Sache mit dem Urin ist ein alter Hut: Jeder kleine Eskimo lernt von seiner Mutter „Iss keinen gelben Schnee“.

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Silvesterschäden. Oder: Himmelslaternen haben in Deutschland keine Lobby
Na, gut ins neue Jahr gerutscht? Ich verkneife mir an dieser Stelle die obligatorischen, selten ernst gemeinten Sprüche und Wünsche – schon deshalb habe ich mit dem Schreiben dieses Textes bis nach dem Dreikönigstag gewartet. Irgendwann habe ich einmal gelernt, dass Neujahrsgrüße nur bis zu diesem Datum zulässig seien. Und was man nicht darf, das muss man auch nicht und damit basta. Dennoch: Möge den Lesern meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches im Jahr 2010 all das widerfahren, was sie mir wünschen.
Aber zurück zum eigentlichen Anlass: Noch bedeckt reichlich Schnee all den Silvesterdreck, spätestens morgen dürfte die Decke noch ein Stück anwachsen. Doch in einigen Wochen sieht es anders aus. Ist der Schnee geschmolzen, wird deutlich zu sehen sein, dass das Motto „Brot statt Böller“ wieder einmal nicht wirklich gezogen hat. Alles in allem haben die Deutschen zwecks Begrüßung des Jahres 2010 wieder über 100 Millionen Euro verballert und sich dabei weder um Krise noch um Feinstaub geschert.
Und auch an Kollateralschäden mangelte es nicht: Es sind wieder reichlich Dächer und Hausflure zu Schaden gekommen, Autos angekokelt und Haustiere verschreckt worden. Nachzulesen u.a. hier http://www.feuerwehrmagazin.de/magazin/2009/12/30/brande-und-verletzte-durch-feuerwerk/ , hier http://www.feuerwehrmagazin.de/magazin/tag/feuerwerk/ , hier http://www.haz.de/Nachrichten/Panorama/Uebersicht/Feuer-in-historischer-Altstadt-von-Goslar und leider an vielen weiteren Stellen. Ganz zaghaft werden bundesweit Verordnungen erlassen, die das verbieten, was kein denkenden Mensch tun würde: Nämlich Feuerwerke in unmittelbarer Nähe von Fachwerkhäusern und anderen brandgefährdeten Objekten abzubrennen. Aber gegen Dummheit und Böswilligkeit helfen auch solche Verordnungen wenig, wie die mit schöner Regelmäßigkeit gesprengten Briefkästen beweisen.
Bei dieser Gelegenheit muss ich an das Gezeter um die Himmelslaternen denken, deren Flug mittlerweile in allen Bundesländern per Polizeiverordnung verboten ist. Für das Verbot dieser Flugkörper genügten einige wenige Brände, die auf das Konto der Himmelslaternen gingen oder bei denen zumindest der Verdacht geäußert wurde, dass eine solche im Spiel gewesen sein könnte. Inwieweit der eine oder andere „warme Abriss“ einer vergammelten Scheune dabei war, sei dahingestellt.
Fazit: Die Himmelslaternen haben am teutonischen Himmel nichts mehr verloren. Bilder wie dieses http://nachrichten.lvz-online.de/fotos/detailansicht/r-detailansicht-galerie-252-4771.html vom Gedenken an die Tsunamiopfer wären in Good Old Germany schon mehr als nur eine Ordnungswidrigkeit.
Woran das liegen mag? Zum einen wahrscheinlich am deutschen Regulierungswahn, zum anderen aber daran, dass weder die fernöstlichen Hersteller der Himmelslaternen noch die Asialäden, die vermeintlich brandgefährlichen Flugobjekte unters tumbe deutsche Volk brachten, hierzulande ein so starke Lobby haben wie die deutsche Feuerwerksindustrie.
Oder, anders ausgedrückt: Wären die Himmelslaternen ein deutsches Produkt, das deutsche Arbeitsplätze sichert, würden sie 1. mindestens 15 Euro kosten, wären 2. ein schützenswertes Kulturgut und 3. mindestens so ungefährlich wie süße Cola, fettes Schweinefleisch und Autos aus Sindelfingen.

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Mittwoch, 6. Januar 2010
Sexkornbrot. Oder: Wie ein Handwerker sich selbst das Wasser abgräbt.
In einer Lokalausgabe der Leipziger Volkszeitung las ich heute etwas über eine Nerchauer Bäckerei und ihr werbewirksamstes Produkt, das so genannte „Sexkornbrot“. Da ich für eine Fachzeitschrift über allerlei Interessantes aus der Bäckerbranche berichte, witterte ich ein interessantes Thema, las – und wurde enttäuscht.
Im Unterschied zu vielen seiner Kollegen, die in der Backstube neue Produkte austüfteln und damit ein Stück Unverwechselbarkeit gewinnen, verzichtete der wackere Nerchauer Meister aufs Probieren und Entwickeln und setzt industrielles Vorprodukt ein. Sein „Sexkornbrot“ kommt als fertige Backmischung von einem Lieferanten, der Teltomalz GmbH. „Hennigs erhalten übrigens die fertige Körnermischung, geben Hefe und Wasser hinzu, und schon entsteht im Backofen das dunkle deftige Sexkornbrot“, heißt es im Bericht der LVZ.
Zugegeben: Das Brot muss nicht schlecht sein. Aber die Verfahrensweise ist es. Eine kleine, handwerkliche Bäckerei muss sich für die Kunden unverwechselbar machen, muss eigene Produkte kreieren, dann kann sie dem Teufelskreis des Preisvergleichens entrinnen.
Brot aus der Tüte ist zwar bequem, aber es ist austauschbar. Und das ist das Gegenteil von exklusiv. Wenn, wie im LVZ-Text vermeldet, einfach nur „Wasser und Hefe“ zur Mischung gegeben werden, und „schon entsteht im Backofen das dunkle deftige Sexkornbrot” – dann hat das nichts mit handwerklicher Kompetenz zu tun. Dazu braucht es keinen Bäckermeister, anrühren kann so was auch eine Hilfskraft; Fertigbacken kann jeder Backshop, billiger als der Handwerksbetrieb noch dazu.
Der nächste Schritt des Abstiegs? Gefrierteiglinge! Die werden industriell hergestellt und sind wohlfeil erhältlich, sogar aus China werden solcherart backfertige Bequemlichkeitshelfer rund um den Globus geschippert. Die muss man nicht mal mehr anrühren, sondern nur noch in den Ofen schieben.
Dass dabei die eigene Kernkompetenz auf der Strecke bleibt und ein großer, (überlebens-)wichtiger Teil der Wertschöpfung aus dem Betrieb verschwindet, haben schon viele vermeintlich clevere Bäcker erfahren müssen. Und viele werden’s noch erfahren.

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Dienstag, 5. Januar 2010
Gedanken zur BKA-Statistik. Oder: Sind Propagandadelikte ein braunes Privileg?
Die Springerzeitungen vermelden heute Interessantes aus dem Universum des Bundeskriminalamtes: Die rechtsextreme Gewalt hat abgenommen, die linksextreme hingegen zugelegt. Den Link zur Behörde enthalte ich meinen geneigten Lesern vor, weil das BKA mitunter IP-Adressen sammelt und zum Gegenstand seiner Ermittlungen macht. Unverfänglicher lässt sich die Information z.B. hier http://www.welt.de/politik/deutschland/article5730848/Weniger-rechtsextreme-Gewalttaten-in-Deutschland.html nachlesen.
Mehrere Dinge gingen mir nach der Lektüre des Welt-Artikels durch den Kopf:
Erstens fragte ich mich, ob der Rückgang der rechten Gewalt all den großzügig finanzierten Ausstiegs- und sonst wie Besserungsprogrammen zu verdanken ist.
Zweitens sann ich darüber nach, warum die Weltler ihrer Leserschaft zwar die prozentuale Entwicklung linker Gewalt nannten, ihnen jedoch doch absoluten Zahlen vorenthielten.
Drittens kam ich mal wieder ins Grübeln, wie hoch der Anteil der behandlungsbedürftigen psychisch Kranken im Welt-Leserforum wohl ist. Die geneinten Leser meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches mögen einmal die Kommentare unter dem Artikel lesen und sich ein eigenes Urteil bilden.

Viertens stolperte ich über den Begriff „Propagandadelikt“. Ein solcher liegt bei den braunen Heerscharen z.B. vor, wenn ein Hakenkreuz gemalt oder ein „Deutscher Gruß“ gezeigt wird. Besagte Propagandadelikte dürfte wohl maßgeblich für den vom BKA im Gegensatz zur rückläufigen Gewaltentwicklung verzeichneten Anstieg rechter Straftaten verantwortlich sein, denn schließlich leistet nicht nur jeder Fußball-Hooligan, der mit erhobenem rechten Arm über die Fankurve grüßt, seinen Beitrag zur Statistik, sondern auch jeder Idiot, der – ganz gleich, ob ernst gemeint oder als Mutprobe – ein Hakenkreuz auf die Wand der Klobox malt.
Und spätestens jetzt drängte sich mir die Frage auf, ob es neben rechten Propagandadelikten auch linke gibt – und ob diese auch so gründlich aufgelistet werden.
Das Strafgesetzbuch lässt im §86 (http://bundesrecht.juris.de/stgb/__86.html) und 86a (http://bundesrecht.juris.de/stgb/__86a.html) durchaus Raum für eine solche Deutung, denn es benennt zwar ausdrücklich „ehemalige nationalsozialistische Organisationen“, geht ansonsten aber von verfassungswidrigen und/oder gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung agierenden Parteien und Organisation aus.
Ein bis heute gültiger Klassiker in diesem Sinne ist die Freie Deutsche Jugend der DDR samt ihrem (noch heute gern zum Fasching getragenen) Blauhemd, aber auch die RAF und deren Logo (Der rote Stern mit der Heckler&Koch-MPi). Und was ist mit „Feuer und Flamme für diesen Staat“? Und was mit ...

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Abschied von der Netzeitung. Oder: Wenn Menschen ersetzt werden.
Die Netzeitung www.netzeitung.de ist tot. Seit Ende 2000 lieferte sie als erste deutsche Tageszeitung Informationen ausschließlich übers Internet, d.h. ohne gedruckte Ausgabe. Und das zu einer Zeit, als "Online" bei den etablierten Holzmedien noch ein Fremdwort war und so mancher Erbsenzähler im xyz-Verlag nicht einsehen mochte, wozu um alles in der Welt eine Tageszeitung einen Internetauftritt haben sollte. Die Netzeitung berichtete über alles und jedes, beinahe rund um die Uhr - und sie wurde von Menschen gemacht.
Das ist seit heute anders - und deshalb ist die Netzeitung tot. Über allerlei Zwischenstationen zog sich das Sterben hin, bis schlussendlich Eigentümer DuMont Schauberg den (Sarg-)Deckel zu und die Netzeitung dicht machte.
Was bis Jahresende durch Redakteure geleistet wurde, liefert nun ein automatisiertes Nachrichtenportal - doch das ist keine Zeitung mehr, das ist nur schlecht, so schlecht, dass es beim Anschauen schmerzt.
Schade drum. Schade um Netzeitung, Autogazette, Golem, Altpapier, Netdoktor und all die anderen Facetten, der ersten deutschen Onlinezeitung.
Schade auch deshalb, weil ich mir nun einen neue Startseite suchen muss. Telepolis.de? Tagesspiegel.de? TAZ.de?

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Die "Welt" im Winterwahn. Oder: Denkt hier keiner mehr mit?
Es ist Winter, allen Klimaveränderungsprophezeiungen zum Trotz ist es kalt und es liegt Schnee. Wie schon vor einem Jahr, als ebenfalls ein richtiger Winter stattfand, ebenfalls allen Prognosen zum Trotz.
Doch kaum ist dieser jahreszeitlich normale Zustand namens Winter eingetreten, wird er zum medialen Ereignis erster Güte. Angesichts des Schnees von heute ist die Schweinegrippe nicht mal mehr Schnee von gestern, da helfen auch die neuerlichen Aufrufe der Pharmalobby nichts, die den Warnungen vor der ausgefallenen ersten Endemiewelle nun die Warnungen vor einer zweiten folgen lassen.
Es ist Winter. Und folglich lassen Sender und Blätter echte und vermeintliche Experten zu Wort kommen, um über Wetter, Klima, Extreme und Normalität zu philosophieren. Eine besonders schöne Expertenmeinung fing sich die Welt ein. Deren Leser durften hier http://www.welt.de/vermischtes/article5722447/Winter-so-kalt-wie-seit-13-Jahren-nicht-mehr.html neben dem ganz normalen Wintermüll auch die klugen Sprüche eines Birger Tinz vom Deutschen Wetterdienst in Hamburg lesen. Ob es sich bei Birger Tinz um einen Meteorologen, den Kantinenbetreiber oder den Hausmeister handelt, erfuhr der geneigte Leser nicht. Ich tippe mal auf eine der beiden letztgenannten Tätigkeiten ... Bürger Birger verkündet angesichts der gemessenen 16 nächtlichen Minusgrade „Solche Temperaturen gab es schon lange nicht mehr … Das, was wir derzeit erleben, kann wieder ein richtiger Winter genannt werden.“ Und nun wird’s mathematisch: In früheren Zeiten habe es etwa alle acht Jahre derart kalte Winter gegeben. Heutzutage gebe es pro Jahrzehnt ein bis zwei kalte Winter. Mal nachgerechnet ... wie groß ist der Unterschied zwischen „früher (Wann war das?) aller acht Jahre“ und heute „ein bis zwei pro Jahrzehnt“? Denkt bei der Welt keiner mehr mit?

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