Samstag, 25. Dezember 2010
Mach's gut, LVZ! Oder: Abschied von einem Holzmedium
Der Countdown läuft. Nein, nicht der für Silvester (obwohl, der läuft natürlich auch), sondern der für meine Lokalpostille, die nach eigenem Verständnis dem Qualitätsjournalismus verpflichtete Leipziger Volkszeitung. Die geneigten LeserInnen meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches, welche nun glauben, dass die LVZ ihr Erscheinen einstellen wird, muss ich leider enttäuschen. Dieses Holzmedium wird uns wohl noch einige Zeit erhalten bleiben. Schließlich lässt sich mit einer Zeitung auch dann noch Geld verdienen, wenn sie grottenschlecht ist und ihr die Leser weglaufen. Man muss nur ein Monopol haben, dann kommen auch genügend Anzeigenkunden, die richtiges Geld dafür ausgeben, in einer falschen Zeitung zu inserieren – und nicht merken, dass sie ihre Zielgruppe nicht wirklich erreichen. Aber das nur am Rande.
Nein, mein Countdown in punkto LVZ ist ein anderer: Am 31. Dezember 2010 werde ich dieses Blatt letztmalig in meinem Briefkasten vorfinden, denn ich habe mein Abo zum Jahresende gekündigt. Nach mehr als 20 Jahren übrigens.
Aber keine Angst, liebe LeserInnen, sie müssen nicht für mich sammeln. Es sind keine finanziellen Gründe, die mich bewogen haben, der LVZ den Laufpass zu geben. Oder doch, aber andere. Also im Klartext: Die mittlerweile knapp 22,90 Euro, die ich für die LVZ monatlich berappen musste, übersteigen nicht meine finanziellen Möglichkeiten.
Aber sie übersteigen meine finanzielle Schmerzgrenze. Für eine zunehmend schlechter werdende, lieblos zusammengeschossene Zeitung muss ich kein Geld ausgeben – Anzeigenblätter sind eigentlich kostenlos zu haben. Und die LVZ ist auf dem besten Weg, eines zu werden; ach was, sie hat es beinahe schon geschafft.
Allerdings muss sich niemand darum sorgen, dass es mir bei meiner beruflichen Tätigkeit nun an Lesestoff mangeln wird. Ich habe noch genug bedrucktes Papier im Abo und gebe dafür auch gern Geld aus – zum Beispiel für die TAZ und die Welt.
Nur eben nicht mehr für meine Lokalpostille. Geh’ sterben, Holzmedium!

PS.: Die LVZ hat vom 3. Quartal 2009 zum 3. Quartal 2010 übrigens mehr als 3 Prozent ihrer Verkaufsauflage verloren, der Freiverkauf ist um über 13 Prozent eingebrochen, die Abos um reichlich 2,5, Prozent.

... link (3 Kommentare)   ... comment


Montag, 20. Dezember 2010
Abfallsammler im Schnee. Oder: So lustig kann deutsches Recht sein.
Das artgerechte Winterwetter der vergangenen Tage offenbarte wieder einmal eine der Putzigkeiten unserer wundersamen Republik: Auf den Straßen Leipzigs sah ich wiederholt wunderliche Gestalten durch den tiefen Schnee nicht beräumter Gehwege stapfen. Ihr Tun war sehr eigenartig, denn von Zeit zu Zeit fassten sie mit langen Greifscheren in den Schnee, griffen dort Papierschnipsel und Zigarettenkippen und beförderten sie in große, blaue Müllsäcke, die sie lustlos hinter sich her schleiften.
Was für den unbeteiligten und unwissenden Beobachter möglicherweise wie eine Spätwirkung maßlosen Drogenkonsums, auf alle aber äußerst befremdlich aussieht, hat einen guten, deutschen, juristischen Grund, den ich den Leserinnen und Lesern meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches natürlich nicht vorenthalten möchte. Es handelt sich bei den Schneesammlern nicht etwa um verschrobene Jünger einer neuen Sekte, sondern um so genannte „Blau-Gelbe Engel“.
Hinter dieser himmlischen Wortschöpfung, die ihren Ursprung auf der einen Seite in den Leipziger Stadtfarben, auf der anderen im himmlisch anmutenden Tun der Engelsschar hat, verbirgt sich eine Arbeitsgelegenheit (guckst Du hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Arbeitsgelegenheit ) für Langzeitarbeitslose. Diese an sich recht positive Beschäftigungsvariante darf, um gesetzeskonform zu sein, ausschließlich „zusätzliche Tätigkeiten“ umfassen. Das sind solche, die nicht zu den kommunalen Pflichtaufgaben gehören. Und weil der Winterdienst eine Pflichtaufgabe der Kommune ist, dürfen die Blau-Gelben Engel keine Schneeschieber in die Hand nehmen – auch dann, wenn die Stadt Leipzig eben diesen Winterdienst per Satzung und aus Kostengründen auf ein absolutes Minimum zusammengestrichen hat und im Schnee versinkt. Das Aufsammeln von Kronkorken, Taschentüchern und Zigarettenkippen hingegen ist keine Pflichtaufgabe und darf daher mit Engeliger Hilfe erfolgen. Sogar dann, wenn sich die AGHler auf den ungeräumten Gehwegen die Haxen brechen. Denn das ist ein Arbeitsunfall und der ist laut Gesetz nicht verboten.
Denjenigen LeserInnen meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches, die diese Gedanken für absurd, bescheuert und absolut irrig halten, sei jubilierend mitgeteilt, dass sie mit ihrer Einschätzung vollkommen richtig liegen. Deutsches Recht ist nun mal so. Bundesweit, nicht nur in Leipzig.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Freitag, 17. Dezember 2010
Brabbel-Böhmer schlägt wieder zu. Oder: "Da werden wir auch noch vier Wochen warten können."
Wolfgang Böhmer, der Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt, ist mir in den viel zu vielen Jahren seiner Amtszeit nicht wirklich durch geistige Höhenflüge aufgefallen. Sollte es sie gegeben haben, wusste der promovierte Medicus sie zumindest geschickt zu verbergen. Aufgefallen ist "Brabbel-Böhmer" hingegen durch gelegentliche Aussetzer, die die Befürworter eines Altersgrenze für Politiker aufschreien ließen. So argumentierte der Senior z.B., dass die legale Abtreibungspraxis in der DDR an heutigen Kindstötungen im Osten Deutschlands schuld sei, nachzulesen hier http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/1057595/

Doch zurück zur aktuellen Entgleisung Wolfgang Böhmers, mit der er eindrucksvoll unter Beweis stellte, dass schlimmer immer geht. Nach dem Scheitern der Hartz-IV-Reform im Bundesrat von Reportern des mdr auf die nun zu erwartende Verzögerung angesprochen, erwiderte Wolfgang Böhmer allen Ernstes: "Wir haben 2010 Jahre ohne eine solche Lösung gelebt, da können wir auch noch vier Wochen weiterleben." Wer's nicht glaubt, gucke hier: http://www.mdr.de/mdr-aktuell/8009009.html

Da hatten die Hartz-IV-Empfänger aber Glück, dass die historische Halbbildung des anhaltinischen Christdemokraten nur bis zur Geburt des Kreuzhängers zurückreicht. Schließlich hätte er ja auch formulieren können: "Unsere Braunkohle musste 60 Millionen Jahre auf Förderung warten, da können die faulen Hunde auch noch vier Wochen in die Röhre gucken."

... link (0 Kommentare)   ... comment


Donnerstag, 16. Dezember 2010
Menschenrechte und wikileaks. Oder: Willkommen in Nordkorea, liebe Amis!
Die USA sind ein Hort der Freiheit, Wahrhaftigkeit und Demokratie. So, spätestens an diesem Punkt sollten die LeserInnen meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches einen sanften Hauch von Ironie bemerkt haben. Alles klar soweit? Gut, denn jetzt geht es ironiefrei weiter, zumindest beinahe.
Also, die Vereinigten Staaten von Amerika mögen es gar nicht, wenn irgendein Tyrann in irgendeinem Kaffernstaat (uups, da war sie wieder, die Ironie) die Menschenrechte mit Füßen tritt. Vor allem dann, wenn besagter Staat über Öl verfügt, über seltene Erden oder aus Sicht der USA strategisch günstig liegt. Dann kann es schon mal passieren, dass „Mother Green“ (vulgo: das US-Marine Corps) für Schutz und Wiederherstellung der Menschenrechte zur Waffe greift. Dass die solcherart Beschützten mitunter gar nicht errettet werden, sondern lieber am Leben bleiben wollen, ist eine bedauerliche Fußnote im internationalen Menschenrechtsbusiness. Da geht es den armen Schweinen wie so vielen deutschen Kröten, die eigentlich gar nicht auf die andere Straßenseite hopsen wollten, aber von emsigen Rettern genau dorthin geschleppt und beim Zurückhopsen prompt automobil geplättet werden. Dumm gelaufen.

Doch zurück zu den USA. Die Allgemeine Erklärung der Menschrechte der Vereinten Nationen (hier: http://www.ohchr.org/EN/UDHR/Pages/Language.aspx?LangID=ger ), besagt im Artikel 19: „Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten.“ Diese Erklärung wurde am 10. Dezember 1948 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen genehmigt und verkündet, genauer gesagt mit 48 „dafür“-Stimmen, null Gegenstimmen und acht Enthaltungen; die USA waren übrigens dafür.
Alles klar soweit? Und nun gedenken wir der armen Schweine, die in Staaten leben, wo die Menschenrechte im Allgemeinen und die im Artikel 19 verbrieften im Besonderen nicht gewährt, sondern mit Füßen getreten werden: an Nordkorea, an den Iran, an China ... und an die USA.
Uuups. Ja, auch an die USA. Denn schließlich hat sich der Weltgendarm nicht „nur“ auf Wikileaks eingeschossen, das Mutterland jeglicher Menschenrechte tut es inzwischen anderen Diktaturen gleich und sperrt den freien Zugang zu Informationen via Internet. Im Zusammenhang mit den aktuellen Enthüllungen von wikileaks http://savewikileaks.net/another-wikileaks-address/ wurden ja nicht nur amerikanische Unternehmen amtlich gebeten, ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausnahmsweise genau zu lesen und umzusetzen. Zusätzlich wurden z.B. für Angehörige der US Air Force gleich 25 Webseiten blockiert, die im Zusammenhang mit den wikileaks-Veröffentlichungen stehen. Derartige Terroristenseiten sind u.a. die des Spiegels, der New York Times, des Guardians, aber auch Le Monde und El Pais. Willkommen in Nordkorea, liebe Amis!

PS.: Einige sehr angesehene und lesenswerte deutsche Medien – die taz, die Frankfurter Rundschau, der Freitag, der Tagesspiegelk, perlentaucher.de – und das European Center for Constitutional and Human Rights haben haben heute einen gemeinsamen Appell gegen die Kriminalisierung von wikileaks veröffentlicht, nachzulesen u.a. unter www.tagesspiegel.de und www.taz.de

... link (1 Kommentar)   ... comment


Montag, 13. Dezember 2010
Gastronomischer Zeitsprung. Oder: Aus meinem Büro geplaudert.
Kürzlich fühlte ich mich plötzlich um 10, nein 15 Jahre jünger. Oder, genauer gesagt, um eine ebensolche Zeitspanne zurückversetzt. Ausgelöst hatte diesen gefühlten Zeitsprung die Arbeit an einer Kundenzeitschrift, genauer gesagt an einem Teil derselben. Im Rahmen eines so genannten "Specials" wurden auf mehreren Seiten Unternehmen der Gastronomie mit ihren kulinarischen und sonstigen Höchstleistungen vorgestellt. Die Maitres stellten das dazu benötigte Material (nichts Essbares, es ging um Informationen, Fotos usw.) zur Verfügung. In zwei, drei Fällen klappte das ganz gut, ich erhielt eine lesbare (!) Datei mit einer fertig gestalteten Unternehmenspräsentation. Zwar lässt sich über Geschmack streiten, aber zumindest ist die Arbeit so recht angenehm. Die anderen Kochlöffelschwinger demonstrierten mir hingegen die Richtigkeit der alten Weisheit "Schlimmer geht immer". Einige grauslige Bilder kamen per E-Mail, die Stichworte zum segensreichen Tun des Bierzapfers immerhin als Word- oder sonstwas-Datei. Doch die Mehrheit wollte von solcherart modernem Kram rein gar nichts wissen und schickte mir wie anno dunnemals Zettelchen und Bilderchen, die es in sich hatten und die ich erfassen bzw. scannen durfte. Dass ein Kneiper kein Kalligraph sein muss, leuchtet mir ein, dass er aber seine unternehmerische Selbstdarstellung mit Bleistift auf einen Kellnerblock kritzelt, eher nicht.
Über die meisten der gelieferten Fotos decke ich den Mantel des Schweigens. Nur so viel: Wenn die Zukunft der deutschen Gastronomie von diesen Aufnahmen abhinge, sollte ein jeder Kneipengänger bzw. Restaurantbesucher ganz schnell lernen, selbst zu kochen ...

... link (0 Kommentare)   ... comment


Augenzeugen und Experten. Oder: Ein schönes Stück Qualitätsjournalismus von meiner Lokalpostille
Okay, dass sich neuerdings jeder, der mal etwas von einer Sache gehört hat oder zumindest jemanden kennt, der mal dabei war, als ein anderer etwas über eine so ähnliche Geschichte erzählt hat, Experte nennt und mit seinem Expertenwissen im Fernsehen auftritt, muss wohl so sein. Schlimm isses trotzdem.
Von der medialen Verwurstungsmaschinerie blieben so genannte Augenzeugen allerdings bisher weitgehend verschont. Wenn Du dabei warst und etwas gesehen oder zumindest gehört hast, bist Du ein Augenzeuge, wenn nicht, hast Du ruhig zu sein. Ausnahmen galten bisher nur für TV-Korrespondenten von ARD und ZDF, die vom Fenster ihres Kairoer Hotels "live" über Ereignisse in Israel, Jordanien und Somalia berichteten - oder zumindest so taten, indem sie den Zuschauern daheim erzählten, was diverse arabische Sender über den Schirm schickten und was die Zweitaugenmumien aus der ersten Reihe hätten auch selbst im Internet herausfinden können - wenn sie denn könnten.
Aber ich vertrudele mich, ich wollte ja ganz woanders hin: Meine Lokalpostille, die nach eigener Aussage dem Qualitätsjournalismus verpflichtete Leipziger Volkszeitung, machte heute in ihrer Online-Ausgabe eine Mitarbeiterin zur Augenzeugin des Stockholmer Terroranschlages vom Sonntag. Nachzulesen ist das wirklich schöne Stück hier http://nachrichten.lvz-online.de/nachrichten/topthema/das-leben-geht-weiter-augenzeugin-berichtet-nach-dem-versuchten-attentat-aus-stockholm/r-topthema-a-64980.html
Dass die Redakteurin gar nicht am Ort des Geschehens, sondern "ein paar Straßen weiter" im Kaufhaus "Nordiska Kompaniert" beim Weihnachtsshoppen war und dort nicht nur nichts vom Anschlag gesehen, sondern auch nichts gehört und erst im Hotel von dem Anschlag erfahren hat - wen stört das schon? It's not a buck, it's LVZ.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Gesegnete Weihnacht ohne Kirche. Oder: Neues vom Pfaffenticker
Der Evangelische Pressedienst epd meldet hier http://www.epd.de/nachrichten/nachrichten_index_83041.html , dass 43 Prozent der Deutschen zu Weihnachten (nein, nicht an!) in die Kirche gehen werden, 53 Prozent werden dies nicht tun. Im Osten Deutschlands haben übrigens nur 21 Prozent der Befragten (Für Pisa: Viere gehen, einer nicht) Ambitionen, sich einer heiligabendlichen Hirnwäsche zu unterziehen und dann noch mit schlechtem Gewissen an der Spendensammelkiste vorbeizumogeln.
Der Pfaffenticker verweist übrigens stolz darauf, dass Weihnachten für die heiligen Heerscharen die Hauptkampfzeit ist, denn „Die Gottesdienste an Heiligabend sind mit weitem Abstand die besucherstärksten in den christlichen Kirchen.“ Was da cash und ohne Quittung in die Beutel und Büchsen kommt ...
Hier gibt es übrigens eine Parallele zum Einzelhandel, der in der Weihnachtszeit ja übrigens auch einen großen Teil seines Jahresumsatzes macht – wenn er denn darf. Wenn ihm z.B. die Pfaffen nicht ins Handwerk pfuschen und für die Sonntagsruhe streiten. Zwar nicht mit Feuer und Schwert, dafür aber gerichtlich und erschreckend erfolgreich.
Dass den christlichen Seelenjägern jemand ihr missionierendes Tun und Spendensammeln an Sonn- und Feiertagen untersagt, ist übrigens nicht zu befürchten. Dank des Reichskonkordats genießt die Pfaffenschaft in Deutschland einen ganzen Klingelsack voller Privilegien, die man angesichts der im Grundgesetz verankerten Trennung von Kirche und Staat eigentlich nicht für möglich halten möchte. Wer’s mal nachlesen will, dem sei ein Blick in die Sammlung des Kirchenrechtlers Ulrich Rhode empfohlen: http://www.ulrichrhode.de/lehrv/religionsrecht/qsamm.pdf
Dort steht übrigens auch, warum ein deutscher Gottesdienst am Sonntag nie wegen irgendwelcher Arbeitszeitprobleme ausfallen wird (Weil die entsprechenden Gesetze für die Kirchen nicht gelten) und warum den Pfaffen auch kein Personalrat reinquatscht (weil das Personalvertretungsgesetz für Kirchen und deren Unternehmen nicht gilt).

In diesem Sinne: Ich wünsche allen LeserInnen meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches eine gesegnete Weihnacht - was nicht bedeutet, dass ich mich bis dahin nicht mehr melden werde. Da müsst Ihr durch ...

... link (1 Kommentar)   ... comment


Donnerstag, 9. Dezember 2010
Amazon-Boykott und Spaß dabei. Oder: Die Feinde meiner Freunde sind meine Feinde
Erinnert sich noch jemand an den ollen Öltank namens Brent Spar und den damit verbundenen Boykottaufruf gegen Shell? Damals habe ich bewusst bei Shell getankt, weil ich mir dachte, dass die armen Schweine in der Tanke ja nicht dafür in Haftung genommen werden können, was der Mutterkonzern so anstellt. Und als sich später herausstellte, dass Greenpeace mit - vorsichtg formuliert - einem kreativen Zahlenwerk gearbeitet hatte, durfte ich mich gut fühlen.
Jetzt ist wieder mal Zeit für Boykotte - doch nicht gegen Shell, sondern gegen Amazon, Paypal usw., kurz gesagt, gegen Unternehmen, die dem Druck des Terrornetzwerkes namens USA ( http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/1739772/ ) nachgeben und wikileaks den sprichwörtlichen Hahn abdrehen wollen.
Und gleich höre ich, dass der eine oder andere Leser meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches sich räuspert (Dolores Umbridge lässt schön grüßen) und darauf hinweist, dass man als Deutscher mit einem Aufruf zum Boykott doch sehr zurückhaltend sein sollte. Das lasse ich nicht gelten, denn zum einen habe ich in den 30er Jahren keinem die Scheiben eingeschlagen, zum anderen stammt der Aufruf nicht von mir - ich finde ihn nur gut und unterstütze ihn. Und außerdem: Wat mut, dat mut.
Angefangen habe ich heute mit Amazon. Hier bin ich seit "Modemzeiten" Kunde, also seit den späten 90ern, und meine Bestell-History wäre ein gefundenes Fressen für so manchen Schlapphut ...
Aber nun, da Amazon dem sanften Druck des Terrornetzwerkes USA nachgegeben und Wikileaks die Server gekündigt hat, bin ich ins Grübeln geraten.
Und habe heute eine nicht ganz kleine Bestellung für mein Büro bei einem anderen Anbieter platziert. Okay, das erforderte ein wenig Umgewöhnung, weil bei bol alles etwas anders aussieht, und ich musste mich auch erst als Kunde registrieren ... aber dann habe ich mich gut gefühlt, denn unterm Strich kam ich mit der Bestellung auch noch preiswerter weg als bei Amazon. Und weil's so schön war, habe ich weder über Paypal (evil!) noch Visa (evil!) gezahlt, sondern per Rechnung. So leicht geht das mit dem Boykott, und tut auch gar nicht weh.
Und ich werde es künftig wohl häufiger machen ... und z.B. meine nicht zeitkritischen Bücherpakete bei einer netten Läuferin bestellen, die für ihre pinkfarbenen Outfits bekannt ist ...

... link (4 Kommentare)   ... comment


E-Mail-Tipps in Zeiten des Terrors. Oder: Bombenbauanleitung, Selbstmordanschläge, Allah
Aus gegebenem Anlass weise ich darauf hin, dass sowohl im Betreff als auch im Text von E-Mails Schlüsselworte wie Allah الله  , Mohammed ‏محمد بن عبد الله بن عبد المطلب بن هاشم بن عبد مناف القرشي , Terrorist, Bombe, C4, Sprengstoff, Zünder, Bombenbauanleitung, Selbstmordattentäter, Ausbildungscamp, Terrorcamp, Dschihad ‏جهاد , Kampf auf dem Wege Gottes ‏الجهاد في سبيل الله , aber auch Kinderpornographie, Wikileaks usw. zu vermeiden sind, da Echolon, Big Brother und allerlei deutsches sowie amerikanisches Politikergesocks die Ohren aufsperren ...
Statt dessen empfiehlt es sich, im Betreff positiv besetzte Worte bzw. Formulierungen wie Grundgesetz, Regierungskoalition, Freiheitlich-Demokratische Grundordnung, soziale Marktwirtschaft, Deutsch-Amerikanische Freundschaft usw. zu verwenden, da solche E-Mails eh kein Schwein liest.

Anmerkung des Autors: Dieses Textstücklein habe ich heute aus lauter Jux und Dollerei per E-Mail an einige Menschen verschickt, die sich übers aktuelle Wetter austauschten - mit dem Betreff "Petrus ist ein Terrorist". Niemand soll sagen, er sei nicht gewarnt worden, wenn die USS Nimitz vor seiner Haustür vor Anker geht ... oder wenn er wegen Vergewaltigung gesucht wird.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Mittwoch, 8. Dezember 2010
Versuch eines Gespräches mit einem early adopter. Oder: Schenke Euch Gott den richtigen Player
Gestern hatte ich ein Gespräch der etwas anderen Art. Nönö, weder beim Doc noch bei meiner Steuerberaterin, sondern in einer jahreszeitlich typischen, geselligen Runde mit einem sehr entfernten Bekannten. Dieser ist nicht nur technik-affin, sondern zudem ein so genannter early adopter, Im Klartext: Der Typ begeistert sich nicht nur für allerlei technischen Schrumms, er muss das Gerödel auch noch unbedingt gleich nach Markteinführung besitzen. Die geneigten LeserInnen meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches können sich in diesem http://www.zeit.de/2000/36/200036_early_adapters.xml sehr lesenswerten Zeit-Artikel über diesen sehr speziellen Menschenschlag näher informieren. Dass der Text aus dem Jahr 2000 stammt, macht in nicht unaktuell. Man muss bei der Lektüre lediglich Begriffe ersetzen, z.B. Palm durch iPhone, dann passt es wieder.
Doch zurück zu dem early adopter, mit dem ich am gestrigen Abend bei einem meiner vorweihnachtlichen Biere plauderte. Oder es zumindest versuchte, denn gerade das klappte nicht.
Ganz gleich, worauf die Sprache kam – Gesundheit, Familie, geschäftliche Vorhaben -, besagter Mann (early adopter sind fast ausschließlich irgendwie zu kurz gekommene Männer, ähämm) antwortete darauf nicht, sondern witschte und wutschte minutenlang auf dem drucksensitiven Bildschirmchen seines iPhones herum. Nach allerlei Fingerhäkelei wurde mir mit einem triumphierenden „hier!“ (manchmal auch „da!“) das Display vor die Nase gehalten, viel zu nah übrigens für meine doch schon spürbar einsetzende, altersbedingte Weitsichtigkeit; was aber nicht so schlimm war, weil die meisten dieser Konversationsfotos ohnehin verwackelt oder aus anderem Grund unscharf waren.
Einen Höhepunkt erreichte unser Nicht-Gespräch, als auf eine meiner Fragen das Handydisplay derart beackert wurde, dass ich glaubte, einen Bauern bei der Frühjahrsbestellung zu erleben. Doch statt des erwarteten „hier!“-Ausrufes erreichte mich ein enttäuscht klingendes „Ach nö!“, gefolgt von der Entschuldigung, dass das Video zwar da sei, aber nicht abgespielt werden könne. „Weil, mein neues iPhone ist zur Reparatur. Das hier ist mein altes, und da ist der passende Player nicht drauf.“
Nur mit Mühe konnte ich der Versuchung widerstehen, den geplagten early adopter mit einem Spruch in der Art „Dann gucken wir’s uns eben auf dem iPad an“ zu reizen. Aber ich widerstand; zu groß war die Sorge, mein Nichtgesprächspartner könnte zu seinem Mantel eilen und aus einer Innentasche auch noch diese Geißel der Menschheit hervorholen.
In diesem Sinne: Bleibt immer schön auf dem Laufenden... und möge Euch der himmlische Schöpfer in seiner unerschöpflichen Gnade immer den richtigen Player dabeihaben lassen.

... link (1 Kommentar)   ... comment