Mittwoch, 8. August 2012
Kompetenz der besonderen Art. Oder: Wie ich das örtliche Handwerk stärken wollte
zeitungsdieb, 10:18h
Überraschungen sind zwar nicht das Salz, so aber doch der Kreuzkümmel in der Suppe des Lebens. Ohne sie wäre es langweilig. Beispiel gefällig? Als ich kürzlich mit einer mir nahestehenden Weibsperson den Rückweg von einer gastlichen Stätte antrat, fiel dieser ungeplant romantisch aus. Statt einer sehr kurzen Radelei gab's eine nicht ganz kurze Wanderung, weil das Vorderrad des Damenvelos einen simplen Platten hatte. Was macht Kavalier in diesem Fall? Er schiebt ebenfalls ...
Solcherart Nettigkeit bewahrte mich allerdings nicht vor der nächstmorgendlichen Schuldzuweisung, dass ich den Schaden sicher irgendwie hätte verhindern können, wenn ich nur was auch immer getan oder gelassen hätte.
An dieser Behauptung kamen mir bei der Demontage des platten Rades erhebliche Zweifel. Ursache allen Übels war ein kleines Leck gleich neben dem Ventilrohr; da dieser Schaden auf der der Felge zugewandten Seite lag, war die Diagnose klar: Hier ist jemand mit zu wenig Luft unterwegs gewesen, das schräg gerutschte Ventil hat den Schlauch irgendwann überfordert. Ich hütete mich allerdings, diese Ursache zu verkünden, wäre mir doch in diesem Fall der Hieb "Hättste mal aufgepumpt, dafür bis Du zuständig" sicher gewesen.
Pro Forma machte ich mich ans Flicken des Schlauches. Pro Forma, denn die Position des Lecks machte mir wenig Hoffnung auf Erfolg. Manchmal hasse ich es, wenn meine Prognosen zutreffen ...
Ich saß schon am Computer, um mir übers Netz einen neuen Schlauch und einen zur Reserve kommen zu lassen, da überkam mich ein wenig Sentimentalität. Okay, ich gelte als netzaffin und brüste mich gelegentlich auch mit meinen erfolgreichen Einkäufen rund um den Globus, aber im konkreten Fall wurde ich weich und dachte an den ortsansässigen Drahteselschrauber und seinen Laden.
Am nächsten Werktag ... nein, da kam nicht die Postfrau mit der Schlauchlieferung zu mir, da fuhr ich zum dörflichen Bikecenter, legte dort mein Zettelchen mit den artig notierten Maßen des luftlosen Rades vor und erhielt im Gegenzug ein Schächtelchen mit einem hochwertigen Fahrradschlauch vom Erfinder des Fahrradluftreifens http://de.wikipedia.org/wiki/John_Boyd_Dunlop . Der Preis für das Schächtelchen irritierte mich ein wenig, denn dafür hätte ich übers Netz gleich zwei eben dieser Schächtelchen erhalten. Aber fürs regionale Handwerk muss man auch mal ein Opfer bringen.
Der Einbau des neuen Schlauches war im Handumdrehen erledigt, schnell aufgepumpt, pro Forma den nassen Finger ans Ventilrohr gehalten - und erstarrt: Dort, an der Öffnung des Markenventilrohrs des nach Werbeaussage des Herstellers einzeln qulitätsgeprüften Markenschlauches entwich Luft. Nicht viel zwar, aber genug, um den nächsten Heimweg von gastlicher Stätte wieder zu einem Fußmarsch zu machen, bei dem ich mir heftige Vorwürfe anhören dürfte.
Nun gehört es ja zu den leichtesten Übungen, ein so genanntes Schrader-Ventil http://de.wikipedia.org/wiki/August_Schrader (auch bekannt als Autoventil) zu wechseln. Man nehme eine altmodische Ventilkappe, an deren Rückseite eine kleine Gabel eingefräst ist, die genau ins Ventilrohr passt und schraube den Ventileinsatz heraus. Doch heutige Ventilkappen an Autoreifen haben eben diese Gabel nicht mehr, sondern sind schlichte Staubverhüterli aus Kunststoff.
Also machte ich mich erneut auf den Weg zum Fahrradschrauber, wo ich den Fall schilderte. Ein dynamischer Jungschrauber erklärte mir, dass so etwas schon mal vorkomme. Schluck.
Und fragte, ob ich den Schlauch dabei hätte. Schluckschluck. Dann würde er ihn umtauschen. Natürlich hatte ich den Schlauch nicht dabei, der steckte samt leise zischelndem Ventileinsatz im Vorderrad des Velos der mir nahestehenden weiblichen Person. Also bat ich um einen Schlüssel zum Herausschrauben eines Autoventils. "Haben wir gerade nicht vorrätig", erfuhr ich. Dreimalschluck.
Also setzte ich mein vertrauenswürdigstes Gesicht auf und fragte nach der Möglichkeit, mir den entsprechenden Schlüsses aus dem Werkzeugbestand des Fahrradspezialschrauberbetriebes auszuleihen, um das Ventil mal eben schnell zu wechseln.
Mit glaubhaftem Bedauern teilte mir der Jungschrauber mit, dass er mir einen solchen Schlüssel gern überreichen würde. Aber "wir hatten mal einen, seit der weg ist, haben wir schon länger keinen mehr in der Werkstatt." Würg.
Meine Frage, was der dörfliche Schrauberfachbetrieb wohl tut, wenn ein Kunde mit defektem Ventileinsatz Hilfe begehrt, verkniff ich mir - die Antwort glaubte ich zu kennen: "Dann wechseln wir den Schlauch, macht siebenfuffzig plus Arbeitslohn plus Steuer und wirnähmauchKarte."
Apropos wechseln: Nachdem ich unverrichteter Dinge heimgekehrt war (das mit einem Markenschlauch bestückte Vorderrad zischelte inzwischen nicht mehr, sondern stand platt in der Gegend rum), setzte ich mich an den Computer und orderte diverse Fahrradschläuche. Achja, und außerdem einen Ventilschlüssel und eine Handvoll dieser altmodischen Ventilkappen mit dem Gäbelchen auf der Rückseite.
Solcherart Nettigkeit bewahrte mich allerdings nicht vor der nächstmorgendlichen Schuldzuweisung, dass ich den Schaden sicher irgendwie hätte verhindern können, wenn ich nur was auch immer getan oder gelassen hätte.
An dieser Behauptung kamen mir bei der Demontage des platten Rades erhebliche Zweifel. Ursache allen Übels war ein kleines Leck gleich neben dem Ventilrohr; da dieser Schaden auf der der Felge zugewandten Seite lag, war die Diagnose klar: Hier ist jemand mit zu wenig Luft unterwegs gewesen, das schräg gerutschte Ventil hat den Schlauch irgendwann überfordert. Ich hütete mich allerdings, diese Ursache zu verkünden, wäre mir doch in diesem Fall der Hieb "Hättste mal aufgepumpt, dafür bis Du zuständig" sicher gewesen.
Pro Forma machte ich mich ans Flicken des Schlauches. Pro Forma, denn die Position des Lecks machte mir wenig Hoffnung auf Erfolg. Manchmal hasse ich es, wenn meine Prognosen zutreffen ...
Ich saß schon am Computer, um mir übers Netz einen neuen Schlauch und einen zur Reserve kommen zu lassen, da überkam mich ein wenig Sentimentalität. Okay, ich gelte als netzaffin und brüste mich gelegentlich auch mit meinen erfolgreichen Einkäufen rund um den Globus, aber im konkreten Fall wurde ich weich und dachte an den ortsansässigen Drahteselschrauber und seinen Laden.
Am nächsten Werktag ... nein, da kam nicht die Postfrau mit der Schlauchlieferung zu mir, da fuhr ich zum dörflichen Bikecenter, legte dort mein Zettelchen mit den artig notierten Maßen des luftlosen Rades vor und erhielt im Gegenzug ein Schächtelchen mit einem hochwertigen Fahrradschlauch vom Erfinder des Fahrradluftreifens http://de.wikipedia.org/wiki/John_Boyd_Dunlop . Der Preis für das Schächtelchen irritierte mich ein wenig, denn dafür hätte ich übers Netz gleich zwei eben dieser Schächtelchen erhalten. Aber fürs regionale Handwerk muss man auch mal ein Opfer bringen.
Der Einbau des neuen Schlauches war im Handumdrehen erledigt, schnell aufgepumpt, pro Forma den nassen Finger ans Ventilrohr gehalten - und erstarrt: Dort, an der Öffnung des Markenventilrohrs des nach Werbeaussage des Herstellers einzeln qulitätsgeprüften Markenschlauches entwich Luft. Nicht viel zwar, aber genug, um den nächsten Heimweg von gastlicher Stätte wieder zu einem Fußmarsch zu machen, bei dem ich mir heftige Vorwürfe anhören dürfte.
Nun gehört es ja zu den leichtesten Übungen, ein so genanntes Schrader-Ventil http://de.wikipedia.org/wiki/August_Schrader (auch bekannt als Autoventil) zu wechseln. Man nehme eine altmodische Ventilkappe, an deren Rückseite eine kleine Gabel eingefräst ist, die genau ins Ventilrohr passt und schraube den Ventileinsatz heraus. Doch heutige Ventilkappen an Autoreifen haben eben diese Gabel nicht mehr, sondern sind schlichte Staubverhüterli aus Kunststoff.
Also machte ich mich erneut auf den Weg zum Fahrradschrauber, wo ich den Fall schilderte. Ein dynamischer Jungschrauber erklärte mir, dass so etwas schon mal vorkomme. Schluck.
Und fragte, ob ich den Schlauch dabei hätte. Schluckschluck. Dann würde er ihn umtauschen. Natürlich hatte ich den Schlauch nicht dabei, der steckte samt leise zischelndem Ventileinsatz im Vorderrad des Velos der mir nahestehenden weiblichen Person. Also bat ich um einen Schlüssel zum Herausschrauben eines Autoventils. "Haben wir gerade nicht vorrätig", erfuhr ich. Dreimalschluck.
Also setzte ich mein vertrauenswürdigstes Gesicht auf und fragte nach der Möglichkeit, mir den entsprechenden Schlüsses aus dem Werkzeugbestand des Fahrradspezialschrauberbetriebes auszuleihen, um das Ventil mal eben schnell zu wechseln.
Mit glaubhaftem Bedauern teilte mir der Jungschrauber mit, dass er mir einen solchen Schlüssel gern überreichen würde. Aber "wir hatten mal einen, seit der weg ist, haben wir schon länger keinen mehr in der Werkstatt." Würg.
Meine Frage, was der dörfliche Schrauberfachbetrieb wohl tut, wenn ein Kunde mit defektem Ventileinsatz Hilfe begehrt, verkniff ich mir - die Antwort glaubte ich zu kennen: "Dann wechseln wir den Schlauch, macht siebenfuffzig plus Arbeitslohn plus Steuer und wirnähmauchKarte."
Apropos wechseln: Nachdem ich unverrichteter Dinge heimgekehrt war (das mit einem Markenschlauch bestückte Vorderrad zischelte inzwischen nicht mehr, sondern stand platt in der Gegend rum), setzte ich mich an den Computer und orderte diverse Fahrradschläuche. Achja, und außerdem einen Ventilschlüssel und eine Handvoll dieser altmodischen Ventilkappen mit dem Gäbelchen auf der Rückseite.
... comment