Mittwoch, 1. Oktober 2008
Joschka Fischer und der Molotowcocktail. Oder: Meinst Du, die Russen wollen Krieg?
Gedanken folgen oft verschlungenen Pfaden. Beispiel gefällig? In der „Welt am Sonntag“ las eine Nachricht über den gottlob ehemaligen deutschen Außenminister Joseph Martin Fischer („ Joschka“ Fischer) und sein aktuelles Tun. Wenn Oppa Joschka nicht mit „könnte-seine-Enkelin-sein“ Minu Barati rummacht, macht er ja in Politik. Neuerdings tut er dieses sogar auf Basis eines Beratervertrages, den ihm The Albright Group LLC zugeschoben hat. Wer bei diesem Namen an die ehemalige US-Außenministerin Madeleine K. Albright denkt, liegt richtig.
Nun denn, Josephs wundersame Wandlungen erinnerten mich an das sehr lesenswerte Buch „Wir sind die Wahnsinnigen“ von Christian Schmidt, das den Wandel des Revoluzzers zum etablierten Politiker sehr gut und auch ein wenig bösartig beschreibt. Guckst Du hier: http://www.amazon.de/Wahnsinnigen-Joschka-Fischer-seine-Frankfurter/dp/3612266284/ref=sr_1_2?ie=UTF8&s=books&qid=1222840209&sr=1-2

Beim Blättern stolperte ich mal wieder über die liebenswürdige Vokabel „Molly“, die nicht etwa den periodisch schwankenden Leibesumfang des nicht eben zu dauerhafter Askese neigenden Politmoppels Fischer meint, sondern ein verharmlosendes Kürzel für die von Joschka hoch verehrten Molotowcocktails ist (Näheres zu Brandflaschen und Joschkas Zeit in der Frankfurter Gang findet sich in Schmidts Buch.).

Dass besagte Wurfgeschosse ihren Namen dem Regierungschef und Außenminister Stalins, Wjatscheslaw Molotow, verdanken, ist naheliegend. Bislang glaubte ich jedoch, dass diese Benennung auf den Einsatz der „Mollys“ gegen anrollende Wehrmachtspanzer zurückzuführen ist. Da ich jedoch einmal am Nachdenken war, kam ich zu dem Schluss, dass das wohl so nicht stimmen kann: Schließlich wurde zu Zeiten Stalins so ziemlich alles, was irgendwie gut war, nach dem allmächtigen Diktator benannt: Betriebe, Städte, Panzer, ... Warum also nicht die einfach herzustellende Wunderwaffe?
Ganz einfach – weil der Name nicht in der Sowjetunion geprägt wurde, sondern in Finnland. Genauer gesagt: Im so genannten Winterkrieg. 1939/40 versuchte die Sowjetunion, nachdem sie dank des Hitler-Stalin-Paktes bereits Teile Polens annektiert hatte, Finnland einzunehmen (Guckst Du hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Winterkrieg). Hat nicht so ganz geklappt, aber zumindest Südkarelien halten die Russen noch heute besetzt. Ebenso wie den Teil Polens, über den sich Väterchen Stalin und Gröfaz Adolf Hitler (bzw. deren Außenminister Joachim von Ribbentrop und Wjatscheslaw Michailowitsch Molotow) seinerzeit verständigt hatten.
Um auf den Molotowcocktail zu sprechen zu kommen: Besagte Wurfbrandsätze nutzten die zahlenmäßig und technisch unterlegenen Finnen, um sowjetische Panzer zu bekämpfen. Mit so großem Erfolg, dass die staatliche Firma „Oy Alkoholiliike Ab“ 450.000 Stück davon herstellte. Ihren Namen verdanken diese Cocktails den wiederholten Rundfunkansprachen Molotows zu den Bombardierungen finnischen Territoriums, Er behauptete, dass die sowjetischen Flugzeuge lediglich Nahrungsmittel und Brot für die hungernde Bevölkerung abwerfen würden. Die Realität sah anders aus. Die Finnen nannten daraufhin die Bomben (übrigens warfen die Russen bereits Streubomben mit 60 kleinen Brandsätzen ab) Molotows Brotkörbe und erfanden ein „Getränk passend zum Essen“ – den Molotowcocktail.

Und wohin führt der Pfad meiner verschlungenen Gedanken nun? Zu einem Lied, das ich als Kind bzw. Jugendlicher in der DDR häufiger hören durfte. Der sowjetische Dichter „Meinst Du, die Russen wollen Krieg?“ aufgeworfen und gleich selbst beantwortet. Vertont ergab das Gedicht eine getragen-russisches, marschtaugliches Stück Humtata-Kunst, welches bei allerlei Treffen mit Patenbrigaden, Pateneinheiten und ähnlich hehren Anlässen nur zu gern intoniert wurde. Eine deutsche Fassung findet sich hier:



Einst, als ich noch ein braver Jungpionier war und an das Wahre in den Schulbüchern und Zeitungen der DDR glaubte, habe ich diese Frage rückhaltlos mit „Nein“ beantwortet. Wer kann schon Krieg wollen ... auf keinen Fall die Russen, die damals sogar noch „unsere Freunde“ hießen.
Heute sehe ich das anders. Heute weiß ich um den Hitler-Stalin-Pakt und seine Nebenabsprachen, weiß um den von Stalin angeordneten Massenmord an polnischen Offizieren und Zivilisten in Katyn (guckst Du hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Massaker_von_Katyn) und habe dank der Veröffentlichungen von Viktor Suworow (z.B. http://www.amazon.de/Eisbrecher-Viktor-Suworow/dp/3932381459/ref=sr_1_2?ie=UTF8&s=books&qid=1222842705&sr=8-2 , http://www.amazon.de/Stalins-verhinderter-Erstschlag-erstickt-Weltrevolution/dp/3932381092/ref=sr_1_1?ie=UTF8&s=books&qid=1222842705&sr=8-1 ) ein sehr differenziertes Bild vom Überfall der deutschen Wehrmacht auf das ach so friedliebende sowjetische Reich bekommen.

Um nicht missverstanden zu werden: Der deutsche Angriff gegen die Sowjetunion war ein Verbrechen, das Tun Adolf Hitlers und seiner Helfer ist weder zu entschuldigen noch zu relativieren. Aber – und so viel eigenes Denken muss erlaubt sein – hätte es das Unternehmen Barbarossa nicht gegeben, wäre wenig später wahrgeworden, was Joseph Paul Goebbels über die bolschewistischen Horden zu sagen pflegte: Sie wären westwärts marschiert. „Meinst Du, die Russen wollen Krieg?“ Aber hallo – und wie „sie“, d.h. ihre Führung den Krieg wollte. Mindestens ebenso sehr wie die Deutschen unter Hitler & Co.

Den geneigten Lesern meines kleinen, heute garantiert wieder einmal politisch nicht korrekten Tagebuches, die meinen Gedanken bis hierher gefolgt sind, möchte ich zum Abschluss noch ein ganz besonderes Schmankerl präsentieren. Dieser Text ist recht lesenswert. Nach dem Lesen empfehle ich langsames Zurücklehnen. Danach sollte man sich noch einmal die Frage stellen: „Meinst Du, die Russen wollen Krieg?“
So, nun angenehme und aufschlussreiche Lektüre!
Guckst Du hier:
http://www.welt.de/politik/article2513812/Russland-ruestet-sich-zu-einem-Befreiungssschlag.html

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Donnerstag, 18. September 2008
Daten-Gau in Norwegen. Oder: Zentrale Daten sind nicht sicher - auch in Deutschland
Die Deutsche Presseagentur verschickte am gestrigen 17. September eine Meldung über eine peinliche Datenpanne in Norwegen. Veröffentlicht hat’s u.a. die Netzeitung, guckst Du hier: http://www.netzeitung.de/politik/ausland/1157058.html und staunst Du. Das norwegische Steueramt – in etwa vergleichbar mit dem Deutschen Bundeszentralamt für Steuern – hat CDs mit den Daten aller norwegischen Steuerzahler – in summa vier Millionen Seelen – an zehn Zeitungsredaktionen verschickt. Die Datenträger enthalten neben Namen und der Höhe der zu zahlenden Steuern auch die Personennummer, sodass eine eindeutige Zuordnung möglich ist.
Die aus dem Geburtsdatum und einer fünfziffrigen Zahl bestehende Personennummer wird in Norwegen von allen Behörden, Banken, Versicherungen, Krankenhäusern und auch Unternehmen zur Personenidentifizierung benutzt und gilt deshalb als viel wichtiger als Namen.
Die Steuerbehörde fügte diese Nummer irrtümlich an die elektronische Liste aller norwegischen Steuerzahler, die sie alljährlich an Medien schickt. Darin sind üblicherweise Namen, Einkommen und Einkommensteuer als öffentlich zugängliche Daten enthalten, nicht aber die streng vertrauliche Personennummer. Mit dieser zusätzlichen Information werde Kriminellen «der Diebstahl von Identitäten mit interessantem finanziellen Hintergrund mehr als leicht gemacht», sagte der Sprecher der Datenschutzbehörde.
Nun mag sich der eine oder andere Leser dieses kleinen Tagebuches fragen, warum ich diese Nachricht für so wichtig halte? Schließlich sind vier Millionen Norwegen, wenn es nicht gerade um Wintersport geht, doch eher sekundär fürs deutsche Wohl und Wehe.
Das mag stimmen, aber auch in Deutschland gibt es ja endlich wieder eine Personennummer, über die ich mich kürzlich (guckst Du hier: http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/1205084/) ein wenig ausgelassen habe. Zugegeben, die neudeutsche Identifikationsnummer ist zwar ein direkter Nachkomme von Reichspersonalnummer und Personenkennzahl PKZ, aber sie kommt im Unterschied zu diesen (und zur norwegischen Variante) ohne Geburtsdatum im Klartext daher.
Aber die Datenpanne in der Heimat von Henrik Ibsen und dem Opera-Browser macht deutlich, dass es beim Umgang mit personenbezogenen Daten nicht möglich ist, Fehler per Gesetz auszuschließen. Murphy’s Law besagt, dass, wenn etwas schief gehen kann, dieses auch passiert. Ganz zu schweigen davon, dass Datensammlungen stets die Begehrlichkeiten von Politikern und anderen kriminell veranlagten Elementen wecken und dass zumindest erstere auch Mittel und Wege finden, ihr Verlangen durchzusetzen.
Und das – dessen dürfen sich die Leser meines kleinen Tagebuches sicher sein – gilt auch für Deutschland. Die Frage ist nur, ob die in der Zentraldatei des Bundesamtes für Steuern zuerst dank einer Datenpanne offengelegt oder zuerst per Gesetz „zum Zwecke der Terrorismusbekämpfung“ mit anderen Daten abgeglichen und abgerastert werden. Für das Eintreten des ersten Szenarios spricht Murphy’s Law, für das des zweitgenannten das rastlose Rotieren des innenministeriellen Rollteufels.

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Wolfgang Schäuble und Aids. Oder: Die Krankheit der anderen
Was haben Aids und die Überwachungspläne von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble gemeinsam?
Antwort 1: Beide können einem ganz schön den Spaß am Leben verderben. Aber das meine ich nicht, deshalb folgt ...
Antwort 2: Beide Krankheiten wurden solange unterschätzt, bis sie nicht mehr aufzuhalten waren bzw. sind.

Hä? So oder ähnlich mag das Geräusch klingen, das nun der eine oder andere Leser meines kleinen, politisch nicht immer gänzlich korrekten und auch nicht dem bundesrepublikanischen Mainstream verpflichteten Tagebuches macht.
Ganz einfach: Als Aids (bzw. HIV) in der Neuzeit „erfunden“ wurde (gab’s nämlich in den 30er-Jahren auch schon mal, wurde damals nur nicht entsprechend gewürdigt und verschwand wieder, aber das ist eine andere Geschichte ...), war es über Jahre die Krankheit „der anderen“. Betroffen war ja nicht der stinkdurchschnittliche, brave Normalbürger, sondern andere: Neger, Schwule, Fixer, Nutten und Stricher, Fremdgeher ... und irgendwann die ganze Gesellschaft.

Ähnlich ist die Situation bei den Überwachungsplänen des Bundesinnungsministers und seiner ministeriellen Mittäter. Vorratsdatenspeicherung, Bundestrojaner, Fernmeldeüberwachung, BKA-Gesetz und all der andere Schlapphutmist richten sich ja gegen den internationalen Terrorismus, gegen rechte Extremisten, gegen linke Extremisten, gegen Kinderschänder, gegen Schwerkriminelle und deren Vereinigungen, gegen Zumwinkel und andere Steuerhinterzieher, gegen Reiche, gegen Telekom-Kunden, gegen Zu-Schnell-Fahrer, gegen Rotfahrer, gegen Falschparker ... gegen ganz normale Bundesbürger wie Du und ich, die nichts anderes wollen, als grundgesetzlich verbriefte Rechte in Anspruch zu nehmen. Wie weit das Tor zum Überwachungsstaat bereits offen steht, guckst Du hier www.telepolis.de, in der Suchfunktion einfach mal die Worte „Schäuble“ und „Vorratsdatenspeicherung“ eingeben.

Das ist übertrieben? Wer das glaubt, sollte sich hier http://www.heise.de/tp/r4/artikel/27/27734/1.html einmal einlesen. In Kürze: Eine in einem Internetforum oder Gästebuch hinterlassene E-Mail-Adresse ist in mehreren Fällen Grundlage von Durchsuchungsbefehlen gewesen – ohne vorherige Prüfung, ob der Inhaber der Adresse oder ein anderer Nutzer diese eingetippt hatte. Der aus meiner Sicht spektakulärste Fall betraf einen Berliner Geschäftsman, der vor einigen Monaten frühmorgendlichen Besuch von lautstark in seine Wohnung stürmenden SEKisten und Ermittlungsbeamten erhielt. Wegen kinderpornographischer Missetaten kam dieser Sturmtrupp durch die Tür, beschlagnahmte Papier und EDV-Anlage. Die Rückgabe nahm – gut Untersuchung will Zeit haben – Monate in Anspruch und erfolgte, als der Geschäftsmann bereits seiner wirtschaftlichen Existenz verlustig gegangen und privat erledigt war.
„Schlimmeres“ ist dem Berliner übrigens nicht widerfahren. Ein Schreiben der Ermittlungsbehörden informierte darüber, dass es bei der Zuordnung der IP-Adresse des Kinderpornographieliebhabers zur konkreten Person von Seiten des Providers einen Fehler gegeben habe ...
Wie war das? Aids ist die Krankheit der anderen. Überwachung auch ...

Wie schwer es ist, bei durchaus zum Denken neigenden Menschen eine gewisse Sensibilität für die Gefahren der neuen Schäuble-Seuche zu wecken, erlebte ich erst vor einigen Tagen beim Gespräch mit einem guten Bekannten. Dieser verschanzte sich hinter der Feststellung, dass er doch nichts zu befürchten habe: Schließlich meide er den Kontakt zu Terroristen, Rechten und Linken extremer Ausprägung, zahle seine Steuern, sei ein guter Mensch, lasse sich nichts zuschulden kommen ...

Ihm und allen anderen braven Staatsbürgern gebe ich den Rat, den kleinen Handkoffer mit den wichtigsten Sachen stets am Bett stehen zu haben. Denn: „Sie kommen immer in der Nacht.“

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Donnerstag, 11. September 2008
El Qaida im Regierungsviertel. Oder: Ein Prosit auf nine-eleven
11. September. Mein Geburtstag. Als ich ihn 2001 mit einigen Freunden in einer Kneipe feierte, gab’s von den Leuten an den Nachbartischen Blicke, die Unverständnis signalisierten. Wie kann man an so einem Tag guter Stimmung sein. An genau dem Tag, an dem die Twin-Towers in die Knie gingen, an dem Tausende starben, an dem die USA sich erstmals auf dem eigenen Territorium angegriffen fühlten.
Mit ist dieser 11.9. 2001 – seither bekannt als nine-eleven – aus einem ganz speziellen Grund in Erinnerung geblieben. Ich hatte am Nachmittag in Dresden an einer Veranstaltung teilgenommen, stieg nach deren Ende ins Auto und hörte im Radio den Bericht eines DLF-Korrespondenten, der aus seinem Fenster schaute, einen der brennenden Türme im Blick hatte, das Gesehene beschrieb und plötzlich den Anflug eines zweiten Flugzeuges schilderte – und ich dachte ein Hörspiel, ähnlich der fiktiven Radioreportage „Marsianer“, mit der Orson Welles 1938 bei vielen Amerikanern Panik auslöste. Erst allmählich wurde mir klar, dass hier keine Hörspiel lief, sondern die Realität beschrieben wurde.
Am 20. September 2001 rief US-Präsident George Bush jr. den Kreuzzug gegen den Terror aus. Erst nachträglich wurde diese Vokabel umgebogen, wich der historisch belastete Terminus „Kreuzzug“ dem „Krieg“.

Heute las ich in der Welt einen Text von Alexander Ritzmann (guckst Du hier: http://www.welt.de/politik/article2421302/Warum-die-Terrororganisation-al-Qaida-versagt-hat.html), in dem er über die Gründe für das vermeintliche Versagen der Terrororganisation al-Quaida philosophiert. Ritzmann ist ein kluger Kopf, der es sich zum Ziel gemacht hat, dem Islamismus auf den Grund zu gehen. Er arbeitet in Brüssel in einem Think Tank und liegt – soviel Unverschämtheit sei gestattet – mit seiner These vom Versagen al Qaidas schlichtweg falsch. Diese Terrororganisation hat viele ihrer Ziele bereits erreicht und ist auf dem besten Weg, die westliche Welt in der uns bekannten Form zu zerstören.
Sicher, vom Kalifatstaat sind wir noch weit entfernt. Aber die westlichen Demokratien haben sich seit dem 11. September 2001 so grundlegend verändert, haben so viele Bürgerrechte entsorgt, dass man von einem Etappensieg der Islamisten sprechen muss.
Wer das nicht glaubt, der sollte zunächst ein wenig über die Veränderungen in den USA nachdenken. Heimatschutz, no-fly-Listen, Sonderbefugnisse für Ermittler im Anti-Terror-Kampf, Einschränkung von Bürgerrechten, Guantanamo – diese Beispiele sollten genügen, und sie lassen nur einen Schluss zu: In ihrem Bestreben, den islamistischen Terrorismus zu bekämpfen, haben sich die USA weit von ihrem demokratischen Selbstverständnis entfernt und sich dem Islamismus mehr genähert, als sie selbst zuzugeben bereit sind. In der Quantenphysik spricht man in diesem Zusammenhang von Wechselwirkungen ...

Drastische Wechselwirkungen dieser Art gibt es übrigens auch in Deutschland. Man denke in an Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, der wie ein Rollteufel umherspringt und immer neue Einschränkungen elementarer Bürgerrechte fordert und – die politische Kaste ist willfährig, das durchschnittliche Wahlvolk tumb – leider zum Teil auch durchsetzt. Da werden Vorratsdaten gespeichert, Ermittlungsverfahren gegen Internetuser angestrengt, die sich auf einer BKA-Seite über Islamismus informieren (!), Abhörmaßnahmen en masse durchgezogen und bis dahin geschützte Berufsstände in die lückenlose Überwachung einbezogen. Willfährig werden persönliche Daten von Flugpassagieren an die US-Behörden ermittelt. V-Leute beäugen irre Bombenbastler bei deren Tun und helfen diesen, wenn Not am Manne ist, bei der Beschaffung von Zutaten für die Höllenmaschinen. Schließlich brauchen die Ermittler Erfolge. Anlässe für neue Repressalien.
Und die Entwicklung schreitet fort: Um den Terrorismus besser bekämpfen zu können, so die politische Logik, werden Fingerabdrücke gescannt und gespeichert. Zentralregister angelegt. Bundestrojaner gehätschelt. Sogar die Überwachungsinstrumente einstiger Diktaturen – die Reichspersonalnummer der Nazis und die Personenkennzahl PKZ der DDR-Machthaber – feiern in Gestalt der Steueridentnummer fröhliche Urständ. Und irgendwann, dessen bin ich sicher, werden in old Germany Wasserpfeifen nicht mehr anrüchig und die Schari'a selbstverständlich sein. Der Erzbischof von Canterbury bezeichnete es im Februar 2008 gegenüber BBC als unvermeidlich, Elemente der Schari'a ins britische Zivilrecht aufzunehmen. In Griechenland kommt die Schari'a auf Grundlage des Vertrages von Sévres für die Minderheiten der westthrakischen Türken und Pomaken seit 1920 zum Einsatz.

Die Islamisten haben versagt? Was für ein Trugschluss – sie sind ihrem Ziel, der Zerstörung der westlichen Demokratien, näher denn je. Nur die selbsternannten Gralshüter unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung haben’s noch nicht bemerkt.
In diesem Sinne: Angenehmen 11. September noch. Ich werde am heutigen Abend wieder auf dieses Datum anstoßen, ich darf das. Steht in meinem Ausweis. Und in meinem Zentralregistereintrag beim Rollteufel (Schade, dass mir dieser Begriff nicht eingefallen ist ... die durchaus lesenswerte Quelle findet sich bei Telepolis ... guckst Du hier http://www.heise.de/tp/blogs/5/114619)

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Sonntag, 7. September 2008
Problembär Kurt geht. Oder: Die Heimkehr des roten Schals
Kurt Beck schmeißt hin. Anders gesagt: Der Posten des SPD-Chef muss neu besetzt werden. Problembär Kurt macht jetzt nur noch als Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz Schaden. Als Interimslösung muss einer seiner Stellvertreter ran, Nachfolger soll Becks zurückgekehrter Vorgänger Franz Müntefering werden.
Rein ästhetisch ist der Rückzug Becks ein Gewinn. Schließlich war Problembär Kurt nicht nur für SPD-Verhältnisse ein Rüpel, sondern sogar auch optisch eine ziemliche Zumutung. Das haarige Monster wäre sogar bei den Grünen negativ aufgefallen ...
Dass das rosa Urgestein Münte von den Delegierten eines Sonderparteitages zum SPD-Chef gewählt werden wird, kann als sicher gelten. Die Genossen wählen doch jeden, den ihnen die Führung hinstellt - man denke nur an Oskar Lafontaine oder Rudolf Scharping. Denen könnte man sogar einen Sack Holz aufs Podium stellen, selbst der käme auf 69 Prozent im ersten Wahlgang.

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Montag, 25. August 2008
Ein Brief von Stasi 2.0 Oder: Wann muss ich zum Tätowieren?
Am Wochenende fischte ich aus meinem u.a. einen grauen Infopost-Umschlag. Normalerweise landet Infopost in meiner Altpapierkiste, wo sie immerhin für 5 Cent pro Kilogramm gut ist. Diesem Brief blieb dieses Schicksal jedoch erspart, denn als Absender gab sich das Bundeszentralamt für Steuern zu erkennen. Kundige Leser meines kleinen Tagebuches wissen sicher, welchen Inhalt mir diese Infopost bescherte: Die allmächtige Behörde informierte mich über die „Zuteilung der Identifikationsnummer nach § 139b der Abgabenordnung“. Oder – anders gesagt: Herzlich willkommen in der Wunderwelt von Stasi 2.0!

Bereits die im Betreff enthaltene Formulierung „Zuteilung“ ist Demagogie vom Allerfeinsten. Zugeteilt wird nach gängigem Sprachverständnis etwas Begehrtes, ein Artikel, bei dem die Nachfrage das Angebot übersteigt. Zugeteilt wurden UMTS-Lizenzen genauso wie Volksaktien, aber das ist eine andere Geschichte.
Nun denn, die Behörde hat mir eine Persönliche Informationsnummer, die ich gar nicht wollte, zugeteilt. Für den Fall, dass ich zusätzliche Informationen benötige, verweist das behördliche Schreiben auf www.identifikationsmerkmal.de
Inhaber dieser Adresse ist übrigens das Bundesministerium der Finanzen mit Sitz in der Berliner Wilhelmstraße. Dass diese Adresse bei dem einen oder anderen geschichtsinteressierten Leser meines politisch nicht immer korrekten Tagebuches womöglich unangenehme Assoziationen provoziert, ist natürlich reiner Zufall und hat ganz bestimmt nichts damit zu tun, dass die Persönliche Identifikationsnummer – auf o.g. HP ist von Steuer-ID die Rede – ein direkter Nachkomme der 1944 auf Lochkartenbasis eingeführten Reichspersonalnummer ist.
Obwohl, gewisse Vergleiche drängen sich auf. Zwischen der Reichspersonalnummer und der Steuer-ID gibt es zwei wesentliche Unterschiede: Erstere hatte – genau wie die in der DDR ab 1970 gültige Personenkennzahl – zwölf Stellen, die Steuer-ID nur elf. Zweiter Unterschied: Die zwölfstelligen Nummern gaben unverschlüsselt Geburtsdatum und Geschlecht des Nummernträgers preis, das elfstellige System der Neuzeit nutzt nur demjenigen etwas, der Zugriff auf das Register des Bundeszentralamtes für Steuern hat. Dieser „Katalog“ macht aus der Ziffernfolge wieder einen Menschen mit Adresse und persönlichen Daten.
Soweit die Unterschiede. Viel deutlicher sind hingegen die Gemeinsamkeiten zwischen einst und jetzt. Alle drei Systeme dienen der lückenlosen Erfassung und Kontrolle der innerhalb der Staatsgrenzen lebenden Menschen (das neue System bezieht sogar tote Bürger ein, denn die Daten bleiben nach dem letzten Schnaufer eines Steuerbürgers bis zu 20 Jahre gespeichert). Ein vergleichbares Zentralregister hatten die Nazis in Märkisch-Rietz bei Berlin, die DDR betrieb ihre ab 1984 voll funktionsfähige Datenbank in Berlin-Biesdorf.
Die elfstellige Neuauflage von Reichspersonalnummer und PKZ ist für mich ganz klar ein Fall von „Stasi 2.0“. Ein Gutachten der TU Berlin (www.ig.cs.tu-berlin.de/oldstatic/w2003/ir1/uebref/BrandtEtAl-Gutachten-G1-022004.pdf) macht erhebliche Bedenken gegen die heimliche PKZ-Einführung deutlich. Wer bei dieser Lektüre nicht ins Grübeln kommt, der kann mich gern über einige „meiner Erfahrungen“ mit dem PKZ-System fragen.
Niemand sollte so blauäugig sein, den vollmundigen Sprüchen von Politiker zu glauben, die da von alleiniger Verwendung im Sinne der Abgabenordnung schwadronieren und über die 100-prozentige Einhaltung aller Datenschutzvorgaben schwafeln. Was technisch machbar ist, wir gemacht – spätestens dann, wenn Wolfgang Schäuble wieder einmal den Untergang der abendländischen Kultur heraufbeschworen hat. Spätestens dann, wenn die gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen worden sind, wahrscheinlich aber schon viel eher.
Ach ja, um nicht nur zu Meckern: Das Schreiben des Bundeszentralamtes für Steuern hat mich auch positiv überrascht. Es kam nicht ganz so imperial daher wie die meisten anderen Behördenfürze. Keine Ausrufungszeichen, wenig Fettdruck und allein auf der ersten Seite viermal das Wort „bitte“ und einmal „gebeten“. Außerdem hat der Große Bruder vom Amt darauf verzichtet, mir für den Fall, dass ich das Schreiben einfach meinem Häcksler zuführe, auf rechtliche Konsequenzen anzudrohen.

Und was mich noch überrascht hat: Nirgendwo ist ein Termin genannt, zu dem ich mich zwecks Tätowierung meiner ID in die Nackenhaut sowie Einbringung eines ID-Chips in den Oberarm einzufinden habe. Weder mit noch ohne „bitte“. Aber das kommt noch. Da bin ich mir ziemlich sicher. Auf Menschen vom Schlag eines Wolfgang Schäuble ist Verlass - andere dürfen auch nicht Bundesinnenminister werden.

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Montag, 21. Juli 2008
Wenn alte Männer reden und junge Männer sterben. Oder: Ist schon Krieg in Berlin?
500 Bundeswehrrekruten wurden am Wochenende im Rahmen einer feierlichen Zeremonie vor dem Berliner Reichstag vereidigt. Das finde ich gut, denn die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee – wo, wenn nicht am Sitz des Parlaments, soll dieser symbolische Akt zelebriert werden? Allen Grünflächenämtlern, linken Spinnern und ehemaligen Topterroristen zum Trotz! Und – auch das sei nicht verschwiegen – ich finde die aktuelle Ausrichtung der Bundeswehr samt ihrer Einsätze jenseits der deutschen Grenzen gut und richtig.
Schlichtweg erbärmlich fand ich allerdings das anfängliche Gezeter um den Ort des Geschehens (Baustelle Bendlerblock oder Reichstag?) und um die Teilnahme oder besser Nichtteilnahme prominenter Bundespolitiker. Da haben wir mit Franz-Josef Jung endlich mal einen gedienten Verteidigungsminister, der zudem nicht mit dem Fahrradhelm auf der bärtigen Rübe ankommt, und was passiert? Die Bundeskanzlerin zickt und will dem Event aus Termingründen fernbleiben. Na gut, ein wenig öffentlicher Druck hat ja wohl dazu geführt, dass die Berater der Kanzlerin in deren Kalender noch eine klitzekleine Lücke entdeckten. Ähnliche Terminwunder ereigneten sich auch bei Frank-Walter Steinmeier und Volker Kauder. Dass der rosarote Wowereit der olivgrünen Veranstaltung fernblieb ist zu verschmerzen.
Ins Grübeln geriet ich allerdings angesichts der Tatsache, das der im 90. Lebensjahr stehende Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt den jungen Rekruten als Redner vorgesetzt wurde. Meine Lokalpostille zeigte von der Vereidigung ein einziges Foto: Helmut Schmidt – ausnahmsweise ohne Kippe, Respekt! – im Sessel vor dem Mikrofon sitzend, bei seiner Ansprache. Unweigerlich drängte sich mir eine Szene aus dem Kinofilm Troja auf: Superheld Achilles alias Brad Pitt wird zu einer Besprechung der großkopferten, zumeist alten Führer der Griechen geholt, bei der diese den Angriff auf Troja planen, einander zumeist jedoch die Taschen mit angeblichen Heldentaten vollhauen. Achilles kommentiert diesen Anblick mit dem Satz: „Wenn alte Männer reden und junge Männer sterben, dann ist Krieg.“
Obwohl ich es ansonsten mehr mit der Clausewitzschen Definition (Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit militärischen Mitteln) halte, ist mir dieser Satz im Gedächtnis geblieben – und er meldete sich beim Anblick des alten Mannes Schmidt, der den jungen Männern (und wahrscheinlich auch einigen Quotenfrauen) eine Rede redete, zurück.
Wenn alte Männer reden und junge …

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Mittwoch, 16. Juli 2008
Gewerbediesel oder: Manfred Kolbe und das Sommertheater
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Manfred Kolbe (guckst Du hier: http://www.bundestag.de/mdb/bio/K/kolbema0.html ) ist ein kluger Kopf, der die Fähigkeit (und den Mut) hat, mitunter auch „quer“ zu denken. In einem Interview, das ich Ende 1990 mit ihm führte, machte er die Forderung auf, dass die Treuhandanstalt, deren alleiniges Tun damals im Verklingeln von DDR-Betrieben bestand und die jeden Sanierungsauftrag von sich wies, eben diese Sanierung lebensfähiger Betriebe in Angriff nehmen müsse, um diese für den Verkauf fit zu machen und die flächendeckende Deindustrialisierung des Ostens zu verhindern. Dabei ist der rührige MdB kein Effekthascher, sondern für seine gute Arbeit und Bürgernähe in einem Flächen-Wahlkreis bekannt.
Angesichts der stark gestiegenen Kraftstoffpreise schlägt Manfred Kolbe nun die Einführung steuerlich begünstigten Gewerbediesels vor, um damit Chancengleichheit im Wettbewerb mit Ländern wie Polen, Frankreich und den Niederlanden zu schaffen, bei denen es eben diesen Gewerbediesel bereits gibt. Zudem regt Kolbe an, die Öko-Steuer auf den Prüfstand zu stellen.
Bei aller Wertschätzung für Manfred Kolbe – was hier grummelt, zählt aus meiner Sicht in die Kategorie Sommertheaterdonner. Der Gewerbediesel ist keine wirklich neue Erfindung, sondern ziemlich genau sechs Jahre alt. Damals – beinahe bin ich geneigt, von der guten, alten Zeit zu sprechen – waren die Preise an den Zapfsäulen aus heutiger Sicht geradezu paradiesisch.
Seinerzeit gab die Europäische Kommission bekannt:
„24.07.2002
Europäische Kommission schlägt einheitliche Mineralölsteuer für "Gewerbediesel" vor
BGL. Frankfurt/M. – Die Europäische Kommission hat auf ihrer heutigen Sitzung einen neuen Vorschlag zur Angleichung der Mineralölsteuersätze in der EU vorgelegt. Geplant ist ab dem Jahr 2010 ein einheitlicher Mineralölsteuersatz auf „gewerblich genutzten“ Dieselkraftstoff von 350 € auf 1000 l. Bereits ab 2003 sollen nur noch Abweichungen in einem „Fluktuationsband“ von 100 € gegenüber diesem Zielwert möglich sein. Jahr für Jahr soll dieses Band enger werden, bis der Zielwert von 350 € erreicht wird. Dieser Zielwert soll jeweils inflationsbedingt angepasst werden. Bisher gilt lediglich ein Mindeststeuersatz auf Diesel von 245 € je 1000 l. Mit diesem Vorschlag kommt die EU-Kommission einer im Weißbuch des vergangenen Jahres zur „europäischen Verkehrspolitik bis 2010: Weichenstellungen für die Zukunft“ getroffenen Ankündigung nach, die Besteuerung gewerblich genutzten Treibstoffs von der Besteuerung des Kraftstoffs für private Zwecke zu entkoppeln. ...“
Den vollen Text gibt’s hier: http://www.bgl-ev.de/web/presse/archiv_detail.htm&news=2002BG14082002165600.NEW&newsyear=2002

Mir erscheint besonders der letzte Satz des obigen Textes von Interesse: die Abkopplung der Besteuerung des gewerblich genutzten Treibstoffes von der Besteuerung des Kraftstoffes für private Zwecke. Diese Formulierung schließt nicht nur Spediteure, Busunternehmen, Taxifahrer etc. ein, sondern jegliches Gewerbe, zu dessen Ausübung Diesel verbrannt wird. Also auch den Bäcker, dessen Verkaufsmobil und Lieferfahrzeug über Land tuckert, den Klempner, der zur kaputten Heizung fährt, den Versicherungsvertreter, der seinen Kunden das ultimative Angebot zur Altersvorsorge ins Wohnzimmer trägt, den Journalisten, der zu Recherchezwecken über Land fährt, und, und, und. Das klingt toll. Und macht Angst, denn um einen Missbrauch zu vermeiden, muss nun ein Riesennetz von Kontrolleuren und Denunzianten über Deutschland ausgebreitet werden.
Woher ich diese Gewissheit nehme? Steuerbegünstigten Diesel gibt es schon, den Bauerndiesel. Die Erfahrung zeigt, dass dieser nicht nur missbräuchlich genutzt wird (z.B. zum Betanken des bäuerlichen Diesel-Benz’), sondern dass die Unterscheidung zwischen bäuerlicher (=steuerbegünstiger) und sonstiger (= nicht steuerbegünstigter Nutzung) so eine Sache ist. Rollt der Bauer auf den Acker, um zu pflügen, ist alles im grünen Bereich. Zieht er einen vom rechten Weg abgekommenen Offroader aus dem Dreck (und lässt sich diesen Dienst vielleicht mit einem Zehner vergüten), begeht er Steuerhinterziehung. Nachzulesen u.a. hier: http://forum.bauforum24.biz/forum/lofiversion/index.php/t4976.html

Würde nun dem Kolbe-Vorschlag folgend Gewerbediesel ausgeschenkt, müsste eine flächendeckende Überwachung eingerichtet sein, gegen die Wolfgang Schäuble und seine Stasi 2.0 harmlos anmuten. Stichwort: Private Nutzung von Firmenfahrzeugen. Den Rest möge sich der geneigte Leser meines Tagebuches selbst ausmalen.

Willkommen im Sommertheater!

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Dienstag, 8. Juli 2008
Funkstille unterbrochen: Neues von der schönen Landrätin. Oder doch nicht?
Einige Wochen sind ins Land gegangen, seit sich die schöne SPD-Landrätin Petra Köpping gegen den viel weniger schön anzuschauenden CDU-Kandidaten Gerhard Gey eine Schlappe eingefangen hat. Einige Spekulationen um ihre Zukunft schossen ins Kraut (guckst Du hier: http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/1160578/ ), aber ansonsten geschah nichts. Außer, dass Petra Köpping einige Tage in Österreich pausierte. Doch auch nach ihrer Wiederkunft im so undankbaren Deutschland blieb es still um Sachsen-Pauli.
Auf der Homepage www.petra-koepping.de prangten noch immer die letzten Durchhalteaufrufe und Siegesparolen. Von wegen, nichts ist so alt wie die Zeitung von gestern! Ein Webauftritt von vorgestern ist viel älter.

Doch nun kreiste der Berg und gebar - eine neue Startseite. Auf ihrer HP begrüßt die designierte Ex-Landrätin ihr Wählervolk wie folgt:

"Liebe Bewohner des Landkreises,
auf diesem Wege möchte ich mich ganz herzlich für Ihre Unterstützung meines Wahlkampfes um das Amt des Landrates/Landrätin des neuen Landkreises Leipzig bedanken.
Die Wahlergebnisse haben gezeigt, dass die Wähler im ehemaligen Landkreis Leipziger Land mir und meiner Politik ein sehr großes Vertrauen entgegengebracht haben. Das allein hat leider nicht gereicht, die Landratswahl im neuen Landkreis Leipzig zu entscheiden.
Als Landrätin die Geschicke des Leipziger Landes mitzugestalten hat mir sehr viel Freude gemacht. Ich wusste mich bei dieser Tätigkeit unterstützt von einem qualifizierten, erfahrenen und engagierten Team. Über das normale Pensum der Verwaltungsarbeit im Landratsamt hinaus, hatte ich so die Möglichkeit, mit der Unterstützung vieler, dem Landkreis Leipziger Land eine eigene Identität zu geben.
Gemeinsam können wir stolz auf das Erreichte sein. Vieles gibt es noch zu tun, wartet auf Weiterführung und Vollendung.
Ich wünsche Ihnen persönlich alles Gute und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Ihre Petra Köpping"

Ich war so frei, den Text original zu übernehmen. Man weiß ja nie, wie lange diese Perle am ursprünglichen Orte zu lesen sein wird.
Dass Petra Köpping sich wieder im bewährter "Liebe Neger"-Weise an ihre "nun doch nicht" Untertanen wendet, ist ihr gutes Recht. Dass sie ihren Landkreislern dankt und "die da aus dem anderen Kreis" für die Niederlage verantwortlich macht, auch. Aber nur die halbe Wahrheit (oder eine halbe Lüge). Schließlich erzielte die schöne Landrätin in ihrem Heimatrevier eben keine 100 Prozent, sondern auch dort konnte der Gegenkandidat Stimmen einfahren. Wer's nachlesen will: http://www.statistik.sachsen.de/wpr_neu/pkg_w04_nav.prc_index?p_anw_kz=LR08

Dass die gescheiterte Kandidatin allerdings nur den Wählern aus ihrem Noch-Landkreis dankt und die Schar der Köpping-Wähler im "feindlichen Kreisgebiet" nicht mit einem huldvollen "Liebe-Neger-Lächeln" bedenkt, ist stillos. Aber nicht schlimm.

Ein wenig besorgt stimmt mich das Ende des Köppingschen "Die-Welt-ist-so-schlecht-zu-mir-Traktates".
Dort steht:
"Vieles gibt es noch zu tun, wartet auf Weiterführung und Vollendung."
Das lässt Schlimmes vermuten. Ich hatte schon gehofft, dass die gute Frau demnächst in einer Auswanderer-Doku zu sehen sein wird. War ja wohl nichts.
Immerhin hat sie kürzlich ihre Homepage umgemeldet. Bisher hatte Petra Köpping bei der denic eine Adresse angegeben, die der ihres Landratsamtes aufs Haar glich. Nun steht dort "Petra Koepping, Koburger Strasse 229, 04416 Markkleeberg".
Unter dieser Adresse residiert übrigens der Verein Blaues Haus e.V. Es folgt ein unverändertes Zitat aus der Selbstdarstellung, nachzulesen hier: http://www.designtempel.de/galerien_galerie/markkleeberg/blaues_haus_markkleeberg.htm

"Blaues Haus e.V. ist ein Verein, der jene Künstler fördert, die es schwer haben in der Kunstszene Fuß zu fassen. Der Verein beratet junge oder noch unbeachteten Künstler, indem er ihnen Durführungsmöglichkeiten und Konzepte für Ausstellungen vorschlägt. Das Ziel des Vereins ist es, die öffentliche Aufmerksamkeit zu auf sein Programm zu ziehen und so versucht, verborgenes Kunstschaffen zu fördern."

Bleibt zu hoffen, dass die Blauhäusler die rote Petra gut berataten tun.

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Dienstag, 1. Juli 2008
Joseph Goebbels, DHL und 500 Mio vom Freistaat Sachsen
Was haben Willy Brandt, Helmut Kohl, Hans-Joachim Kuhlenkampf, Egon Bahr und Guido Knopp gemeinsam? Sie alle haben die Sünde begangen, andere Menschen mit Joseph Goebbels zu vergleichen. Für die Spätgeborenen: Joseph Goebbels war einer der Hauptakteure des NS-Regimes, der durch sein Wirkens als „Reichsminister für Propaganda und Volksaufklärung“ sowie „Generalbevollmächtiger für den totalen Kriegseinsatz“ maßgeblich zu Endlösung, totalem Krieg und sinnlosem Sterben beigetragen hat. Aus eigenem Erleben kenne ich noch den Aufruhr, den Helmut Kohl auslöste, als er dem US-Magazin Newsweek in einem Interview (später durch Tonbandmitschnitt bestätigt) über Michail Gorbatschow sagte: „Das ist ein moderner kommunistischer Führer, der war nie in Kalifornien, nie in Hollywood, aber der versteht etwas von PR. Der Goebbels verstand auch etwas von PR.“
Die dadurch ausgelöste echte (und erst recht die gespielte) Hysterie lehrten mich: Man darf niemanden mit Goebbels & Co. vergleichen. Daran halte ich mich tunlichst, auch wenn ich (man lernt ja dazu) inzwischen durchaus nachvollziehen kann, warum der promovierte Historiker Helmut Kohl diesen Vergleich gebraucht hat …
Wer sich ein wenig in die Gedankenwelt eines skrupellosen PR-Mannes und notorischen Demagogen im Dienste des Teufels einlesen will, dem sei die Lektüre seiner Tagebücher empfohlen, die man u.a. unter ISBN 3492114105 ordern kann.
Gobbelssche Leitsätze wie „Wozu Wahrheit? Eine Lüge muss man nur oft genug wiederholen, immer drauf!“ oder „Wir dürfen uns nicht an die Elite wenden – die erreichen wir nicht. Wir müssen die Dummen überzeugen!“ klingen mir übrigens in diesen Tagen in den Ohren, wenn ich die aktuelle Berichterstattung zum Themenkreis DHL, Flughafen Leipzig-Halle LEJ, Nachtflug usw. erlebe.
Beispiele gefällig?
Eine Methode, die schon der gottlob per Suizid endgelöste Joseph Goebbels geschickt einzusetzen wusste, erlebt dieser Tage auch in Leipzig und Umgebung eine Renaissance: die Stigmatisierung. Darunter versteht man laut http://de.wikipedia.org/wiki/Stigmatisierung die zu sozialer Diskriminierung führende Charakterisierung einer Person oder Gruppe durch die Zuschreibung gesellschaftlich oder gruppenspezifisch negativ bewerteter Merkmale.
Im Klartext: Wer es wagt, sich gegen DHL den Nachtfluglärm zur Wehr zu setzen, der ist plötzlich der Dumme. „Diese Leute haben Anfang der 90er billige Grundstücke am Flughafen gekauft, und jetzt jammern sie.“ Dass die Grundstücke damals weder billig noch „am Flughafen“ waren (wir reden hier von einer später geplanten und gebauten, neuen Start- und Landebahn und von der zehn Jahre späteren DHL-Ansiedlung) – wen kümmert’s? Und dass viele Betroffene gar nicht „am Flughafen“, sondern im Leipziger Stadtgebiet leben, wen kümmert’s?
Man muss die Lüge nur oft genug aufkochen („Die haben billig gekauft und nun müssen sie den Lärm auch aushalten ...“), dann wird sie geglaubt. Und damit’s nicht so auffällt, wird sogar noch ein Freundesverein ins Leben gerufen, dessen Gutmenschenmitglieder das Aufkochen vollkommen uneigennützig übernehmen.
Apropos kochen: Die ganze Propagandasuppe blubbert zurzeit auf besonders großer Flamme. Da in wenigen Tagen das Thema Nachtflug vor Gericht behandelt werden wird, schlagen die DHL-Trommler einen besonders heftigen Takt.
Ein besonders dreistes Stück PR-Arbeit, an dem sicher auch der Bock von Babelsberg seine dämonische Freude gehabt hätte, flatterte mir vor wenigen Tagen auf den Schreibtisch. Als Verlagsbeilage zur Zeitschrift „Journalist“ wurde unter dem Titel „Das Tor zur Welt“ ein 16-seitiges Heft über das DHL-Luftfrachtdrehkreuz Leipzig/Halle an die Vertreter der journalistischen Zunft verschickt. Diese gelten als Multiplikatoren oder – auf Neudeutsch – Meinungsmacher und müssen gewonnen werden. Überzeugen kann man die Angehörigen dieser Info-Elite nur schwer, aber man nutzt sich deren Faulheit aus und schickt ihnen maulgerecht Happen – Infofastfood zum schnellen Herunterschlingen.
Mit der Wahrheit nehmen es die Macher des DHL-Heftchens nicht immer genau. Da ist von soviel umweltfreundlichem Zeugs die Rede, dass man beim Lesen zu der Überzeugung gelangen könnte, dass DHL die Luft sauberer macht und Lärm verschwinden lässt statt ihn zu erzeugen. Aber es kommt ja auf „die Dummen“ an.
Beispiel gefällig? Als „kleines Wunder“ wird in besagter Propagandabroschüre der Bau des Luftfrachtdrehkreuzes Air Hub Leipzig/Halle geschildert. Zitat: „Die Story klingt wie ein modernes Märchen, Auf zwei Millionen Quadratmetern Brachland vor den Toren Leipzigs entstand ...“
Zwei Millionen Quadratmeter – das sind 200 Hektar. Das ist schon was. Ziemlich viel Brachland, was da vor den Toren Leipzigs herumgelegen haben muss und auf den gelben Prinzen gewartet hat. Ein Blick auf Google Earth zeigt anderes.



Die derzeit zu sehenden Aufnahmen entstanden offensichtlich zu Beginn des DHL-Märchens und lassen erkennen, dass da kein Brachland war, sondern landwirtschaftlich genutzte Fläche. Brach ist etwas anderes. Aber das merken ja die Dummen nicht, deren Verstand brach liegt.

Inzwischen trommeln die Freunde des Nachtfluges, dass es in Leipzig und Umgebung kräfitg scheppert. Oberbürgermeister Burkhard Jung macht sich bei einem Gutteil seiner kargen Wählerschaft unbeliebt, indem er ein rückhaltloses Bekenntnis zum Logistikstandort Leipzig (und zu den Nachtflügen) abgibt und ein solches auch von Stadträten etc. fordert. Er erhält es nicht von allen, denn so mancher Kommunalpolitiker erlebt werktäglich, ähäm: werknächtlich, den akustischen Unterschied zwischen Propaganda und Realität im eigenen Schlafzimmer. Aber zumindest Wirtschaftsbürgermeister Uwe Albrecht steht zu Jung, zu DHL und zu dem Krach, den er selbst nicht hört. In einem Interview (LVZ, 1.Juli 2008) sagte er: „Dort, wo Arbeitsplätze in der Industrie oder einem Flughafen entstehen, dort ist auch Lärm, dort sind Belastungen zu tragen. Auch hier greift wieder der Pakt für Leipzig. Flughafen, DHL und die öffentliche Seite müssen Hand in Hand stehen, um das bestmögliche Ziel zu erreichen: Sichere Arbeitsplätze für Leipziger in einer lebenswerten Stadt.“ Da werden sich die Dörfler und Kleinstädter, über deren Köpfen die Frachtflieger nächtens herumgurken, aber freuen, dass es um sie nicht geht ... Aber mal ehrlich: Da hat er sich doch tüchtig verquast ausgedrückt, der gute Mann. Olle Goebbels hätte die gleiche Aussage wesentlich kürzer getroffen: „Es gereicht dem Einzelnen zur höchsten Ehre, wenn er für die Volksgemeinschaft ein Opfer bringen kann.“ Aber das war jetzt kein Vergleich, nur so ein Gedanke ...

Apropos Gedanke: Mit ein wenig Nachdenken und Suchen bekommt man ganz leicht heraus, warum all die Jungs, Albrechts und die vielen, vielen Gutmenschen sich so für DHL und den Flughafen einsetzen. Na klar, es geht um Arbeitsplätze. Aber das ist längst nicht alles: Zwischen DHL und dem Flughafen Leipzig/Halle wurde eine nette Vereinbarung getroffen, bei der der Freistaat Sachsen die Hosen sehr weit heruntergelassen hat. Hier findet sich http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:C:2007:048:0007:0029:EN:PDF der Wortlaut einer Vereinbarung zwischen Flughafen und DHL, in dem auch die Patronatserklärung des Freistaates Sachsen zu finden ist. Soll heißen: Wenn die Nachtfliegerei nicht mehr möglich ist, muss der Freistaat zahlen. Zwecks Wahrung von Geschäftsgeheimnissen sind in vorliegender Fassung so ziemlich alle Zahlen außer der Uhrzeit gelöscht, aber es hat sich mittlerweile herumgesprochen, dass, sofern die auf 30 Jahre befristete Nachtfluggenehmigung fällt, der Freistaat bis zu 500 Mio. Euro berappen darf.

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