Mittwoch, 13. April 2011
Goebbels-Award für den Bundesverkehrsminister. Oder: Wenn Ramsauer von göttlicher Gewalt schwafelt
Wenn ich ein wenig Geld übrig hätte. würde ich einen Preis für dummdreistes Propagandagesabbel ausloben, so eine Art Goebbels-Award. Mein heutiger Kandidat für eben diesen Preis wäre Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU).
In der Laudatio, die zu halten ich mir natürlich vorbehielte, würde ich die Preisvergabe ausdrücklich mit dem Untersuchungsbericht zum Massecrash auf der Autobahn 19 bei Rostock begründen, den der Minister am heutigen 13. April dem Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages vorlegen wird. Darin heißt es laut Blödzeitung http://www.bild.de/news/inland/massenkarambolage/auf-der-a-19-duerre-und-sturm-loesten-laut-untersuchungsbericht-katastrophe-aus-17397480.bild.html (für Besserverdiener und Kulturbürger gibt es den Text auch nahezu wortgleich in der Welt http://www.welt.de/vermischtes/weltgeschehen/article13159244/Extreme-Duerre-loeste-Sandsturm-Inferno-auf-A-19-aus.html ), dass es in Folge eines „außergewöhnlichen, plötzlich eintretenden Naturereignisses“ zu dem Unfall kam und dass dieser kaum zu verhindern gewesen sei.

Die geneigte Leserschaft meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches mögge sich nun entspannt zurücklegen, ein wenig am morgendlichen Kaffee bzw. Tee nippen und über den ministeriellen Durchfall nachsinnen. Um noch eins draufzugeben: Der Untersuchungsbericht geht davon aus, dass die Unfallbeteiligten trotz offensichtlichen Verstoßes gegen das Sichtfahrgebot keine Schuld trifft. Schuld seien hingegen Trockenheit und extremer Wind. Außerdem hätten laut Blödzeitung „intensive Aktivitäten“ der Landwirtschaft die Lage verschärft, sodass es zu einem "unglücklichen Zusammenspiel" verschiedener Faktoren gekommen sei.

Nein, ich will jetzt nicht behaupten, dass unser aktueller Verkehrsminister im Ergebnis eines "unglücklichen Zusammenspiels" genetischer Benachteiligung, katholischen Glaubens und bajuwarischer Besonderheiten zun einem Deppen herangewachsen ist. Aber mal eben Grundsätze wie das Sichtfahrgebot auszuhebeln, das hat schon was.
Was ich hingegen behaupte: Man muss schon ganz schön unverschämtoder blöd oder beides sein, um die eigentlichen Ursachen der massiven Winderosion - und um solche handelt es sich im konkreten Fall - in den Skat zu drücken.
Hier geht es nicht um 15 Prozent zu wenig Regen in diesem oder jenen Monat oder um Luftbewegungen mit 95 km/h, hier geht es um riesige Felder, um gigantische Schläge, auf denen die Landtechnik bei Bestellung und Ernte von Horizont zu Horizont fährt. Gehölzstreifen, Windbremsen? Fehlanzeige! Wenn hier der Wind weht, dann ordentlich; und dann nimmt er den sandigen Boden mit.
Wollte Ramsauer heute im Verkehrsausschuss tatsächlich die Wahrheit verkünden, müsste er von Umweltsünden sprechen, die in der DDR ihren Anfang nahmen und bis heute nicht abgestellt sind. Und er müste von der hirnlosen Raserei einiger Irrer sprechen, die im Vertrauen auf die Sicherheit ihrer Boliden in die schwarze Wand des Sandsturms gerast sind.
Davon müsste Ramsauer sprechen, läge ihm die Wahrheit am Herzen. Die Wahrheit? Als Politiker?

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