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Dienstag, 16. Oktober 2007
Klaus Zumwinkel hat Ärger mit den Springerstiefeln
zeitungsdieb, 11:07h
Putzige Dinge ereigneten sich in den vergangenen Tagen im deutschen Blätterwald. Zumindest im Springerschen Revier rauschte es, als zerrte ein Sturm an den Wipfeln. Ein paar Schneisen weiter war es zwar ruhiger, zu spüren war das Brausen und Rappeln aber auch dort.
Ausgelöst worden waren die Turbulenzen durch das Stichwort Entsendegesetz im Postbereich. Im Klartext: Ganz gleich, ob gelb, grün, blau oder wasweißdennich – wer Briefe zum Empfänger befördert, soll dafür einen Lohn erhalten, der zum Leben reicht. Ohne zusätzliche Alimentierungen aus den Töpfen des Hartz-IV-Systems.
Die einschlägigen Bundesministerien sind für eine solche Regelung, denn jeder Euro, der an unterbezahlte Zusteller ausgereicht wird, ist eine heimliche Subventionierung der Postdienste. Deren bekanntester, die neuerdings als DHL daherkommende „gelbe Post“, stimmte dem Mindestlohn zu. Die anderen bunten Zustellvögel brüllten Zeter und Mordio, als drohte der Untergang des Abendlandes oder die mindestens ebenso schlimme Reduzierung ihrer Erlöse.
Prompt wurden die üblichen Textbausteine („Das bedeutet den Verlust von soundsovielen Arbeitsplätzen“) abgeschossen.
Damit wäre es eigentlich gut gewesen. Die beteiligten Parteien hätten wie immer bis in die Nacht verhandelt, sich irgendwann völlig übermüdet geeinigt, eine Presseerklärung abgegeben und allen Menschen wäre es ein wohlgefallen gewesen. Das Abendland wäre übrigens auch nicht untergegangen.
Doch in diesem Fall lief (nein: läuft) die Geschichte anders. Die Medien – allen voran die Springerschen – entdeckten ihr Herz für die gebeutelten Zustelldienste, die unter dem Würgegriff des gelben Monopolisten ächzen. Arbeitsplätze seien in Gefahr, der Untergang unseres Wertesystems drohe. In großformatigen Zeitungsanzeigen trampelten die Retter des Abendlandes mit ihren Springer-Stiefeln auf den Verfechtern eines einheitlichen Mindestlohnes für den Zustellbereich herum. Postchef Klaus Zumwinkel wurde gar eine mediale Sonderbehandlung zuteil.
Wer an dieser Stelle immer noch staunt und sich die Sache nicht erklären kann, dem sei folgendes verraten: Es geht ums Geld. Der Springer-Verlag hat sich vor gar nicht langer Zeit die Mehrheit am Zusteller pin group gesichert und steht damit in direkter Konkurrenz zur gelben Post. Folglich vergessen wir mal den Pressekodex und schreiben Klaus Zumwinkel in die Feindecke. Und weil das nicht reicht, schalten wir in unseren eigenen Zeitungen sogar noch Anzeigen, in denen es richtig „feste druff“ geht und dem gelben Feind der Marsch geblasen wird.
Das ist weder fein noch fair, aber üblich (Und spricht dafür, dass das Kartellamt gar zu heftigen Fusionsbestrebungen im Medienbereich immer mal widerspricht. Kaum vorstellbar, was eine gleichgeschaltete Springer-Medienmaschinerie, so sie von der Kette gelassen wird, für einen Krieg entfesseln würde). Bis zu dieser Stelle war’s ja auch noch lustig. Aber nun kommt der spannende Teil: Die gelbe Post schaltet ja auch die eine oder andere Anzeige in den diversen deutschen Blättern. Für richtig viel Geld. Genau diese Anzeigen wurden jetzt gestoppt. Dieser Gunstentzug hat ein Ausmaß von rund 800.000 Euro, das Geheul der betroffenen Verlage löste in ganz Deutschland Wolfsalarm aus. Wer bisher nicht wusste, was Krokodilstränen sind, kann sie hier gleich eimerweise fließen sehen.
Mal im Klartext: Vergessen wir Springer und die Post. Denken wir an unser Wohnzimmer. Gemütlicher Abend mit Freunden, da gehen die Scheiben zu Bruch, Farbbeutel und Jaucheeimer fliegen herein, dann tritt ein Nachbar die Tür aus dem Rahmen, kickt meine Katze aus dem zertrümmerten Fenster und lädt mich zu seinem Geburtstag ein. „Aber wenn Du mir keinen 60-Zoll-Flachbildschirm schenkst, erzähle ich all meinen Bekannten, dass Du ein Geizhals bist“, lässt er den Wohnungsinhaber wissen, ehe er sich einen Sechserpack Bier aus dem Kühlschrank nimmt und furzend die verwüstete Wohnung verlässt.
Der Vergleich ist übertrieben? Leider nicht wirklich. Und leider ist der Missbrauch der Medienmacht auch nicht neu. Als ich vor etwa fünf Jahren das Vergnügen hatte, als Urlaubsvertretung eine Außenredaktion meiner (natürlich zumindest hälftig zum Springerverlag gehörenden) Lokalpostille zu leiten, schrieb eine Praktikantin eine herzige Geschichte von einer (gelben) Postfrau, die seit Anbeginn der Zeit über die Dörfer radelt und Briefe ausfährt. Für die Geschichte fing ich mir einen Satz heiße Ohren ein. Es gab im Verlag schon damals das „Feindbild Post“, folglich hatte über die Post nichts Gutes im Blatt zu stehen. Hätte die Frau dagegen Geldbriefe geklaut, wäre die Geschichte willkommen gewesen. Warum? Seinerzeit waren die Zusteller meiner Lokalpostille auch als Briefträger unterwegs, der Zustelldienst machte der gelben Post mit eigenen Angeboten Mini-Konkurrenz, sodass über die Posthörnchen nichts Gutes im Blatt stehen durfte.
War da nicht irgendwas mit einem Presserat und dem Pressekodex? Geneigter Leser, vergiss diese Institution, vergiss diesen Kodex. Wie schon der alte Pirat sagte: „Aber das sind doch nur Empfehlungen“. Oder anders: Wer den zahnlosen Tiger füttert, wird garantiert nicht wirklich gebissen.
Ausgelöst worden waren die Turbulenzen durch das Stichwort Entsendegesetz im Postbereich. Im Klartext: Ganz gleich, ob gelb, grün, blau oder wasweißdennich – wer Briefe zum Empfänger befördert, soll dafür einen Lohn erhalten, der zum Leben reicht. Ohne zusätzliche Alimentierungen aus den Töpfen des Hartz-IV-Systems.
Die einschlägigen Bundesministerien sind für eine solche Regelung, denn jeder Euro, der an unterbezahlte Zusteller ausgereicht wird, ist eine heimliche Subventionierung der Postdienste. Deren bekanntester, die neuerdings als DHL daherkommende „gelbe Post“, stimmte dem Mindestlohn zu. Die anderen bunten Zustellvögel brüllten Zeter und Mordio, als drohte der Untergang des Abendlandes oder die mindestens ebenso schlimme Reduzierung ihrer Erlöse.
Prompt wurden die üblichen Textbausteine („Das bedeutet den Verlust von soundsovielen Arbeitsplätzen“) abgeschossen.
Damit wäre es eigentlich gut gewesen. Die beteiligten Parteien hätten wie immer bis in die Nacht verhandelt, sich irgendwann völlig übermüdet geeinigt, eine Presseerklärung abgegeben und allen Menschen wäre es ein wohlgefallen gewesen. Das Abendland wäre übrigens auch nicht untergegangen.
Doch in diesem Fall lief (nein: läuft) die Geschichte anders. Die Medien – allen voran die Springerschen – entdeckten ihr Herz für die gebeutelten Zustelldienste, die unter dem Würgegriff des gelben Monopolisten ächzen. Arbeitsplätze seien in Gefahr, der Untergang unseres Wertesystems drohe. In großformatigen Zeitungsanzeigen trampelten die Retter des Abendlandes mit ihren Springer-Stiefeln auf den Verfechtern eines einheitlichen Mindestlohnes für den Zustellbereich herum. Postchef Klaus Zumwinkel wurde gar eine mediale Sonderbehandlung zuteil.
Wer an dieser Stelle immer noch staunt und sich die Sache nicht erklären kann, dem sei folgendes verraten: Es geht ums Geld. Der Springer-Verlag hat sich vor gar nicht langer Zeit die Mehrheit am Zusteller pin group gesichert und steht damit in direkter Konkurrenz zur gelben Post. Folglich vergessen wir mal den Pressekodex und schreiben Klaus Zumwinkel in die Feindecke. Und weil das nicht reicht, schalten wir in unseren eigenen Zeitungen sogar noch Anzeigen, in denen es richtig „feste druff“ geht und dem gelben Feind der Marsch geblasen wird.
Das ist weder fein noch fair, aber üblich (Und spricht dafür, dass das Kartellamt gar zu heftigen Fusionsbestrebungen im Medienbereich immer mal widerspricht. Kaum vorstellbar, was eine gleichgeschaltete Springer-Medienmaschinerie, so sie von der Kette gelassen wird, für einen Krieg entfesseln würde). Bis zu dieser Stelle war’s ja auch noch lustig. Aber nun kommt der spannende Teil: Die gelbe Post schaltet ja auch die eine oder andere Anzeige in den diversen deutschen Blättern. Für richtig viel Geld. Genau diese Anzeigen wurden jetzt gestoppt. Dieser Gunstentzug hat ein Ausmaß von rund 800.000 Euro, das Geheul der betroffenen Verlage löste in ganz Deutschland Wolfsalarm aus. Wer bisher nicht wusste, was Krokodilstränen sind, kann sie hier gleich eimerweise fließen sehen.
Mal im Klartext: Vergessen wir Springer und die Post. Denken wir an unser Wohnzimmer. Gemütlicher Abend mit Freunden, da gehen die Scheiben zu Bruch, Farbbeutel und Jaucheeimer fliegen herein, dann tritt ein Nachbar die Tür aus dem Rahmen, kickt meine Katze aus dem zertrümmerten Fenster und lädt mich zu seinem Geburtstag ein. „Aber wenn Du mir keinen 60-Zoll-Flachbildschirm schenkst, erzähle ich all meinen Bekannten, dass Du ein Geizhals bist“, lässt er den Wohnungsinhaber wissen, ehe er sich einen Sechserpack Bier aus dem Kühlschrank nimmt und furzend die verwüstete Wohnung verlässt.
Der Vergleich ist übertrieben? Leider nicht wirklich. Und leider ist der Missbrauch der Medienmacht auch nicht neu. Als ich vor etwa fünf Jahren das Vergnügen hatte, als Urlaubsvertretung eine Außenredaktion meiner (natürlich zumindest hälftig zum Springerverlag gehörenden) Lokalpostille zu leiten, schrieb eine Praktikantin eine herzige Geschichte von einer (gelben) Postfrau, die seit Anbeginn der Zeit über die Dörfer radelt und Briefe ausfährt. Für die Geschichte fing ich mir einen Satz heiße Ohren ein. Es gab im Verlag schon damals das „Feindbild Post“, folglich hatte über die Post nichts Gutes im Blatt zu stehen. Hätte die Frau dagegen Geldbriefe geklaut, wäre die Geschichte willkommen gewesen. Warum? Seinerzeit waren die Zusteller meiner Lokalpostille auch als Briefträger unterwegs, der Zustelldienst machte der gelben Post mit eigenen Angeboten Mini-Konkurrenz, sodass über die Posthörnchen nichts Gutes im Blatt stehen durfte.
War da nicht irgendwas mit einem Presserat und dem Pressekodex? Geneigter Leser, vergiss diese Institution, vergiss diesen Kodex. Wie schon der alte Pirat sagte: „Aber das sind doch nur Empfehlungen“. Oder anders: Wer den zahnlosen Tiger füttert, wird garantiert nicht wirklich gebissen.
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