Mittwoch, 20. Mai 2009
Meine Lokalpostille hat doch noch Leser. Oder: Petra Köpping und die Staatsanwaltschaft
Über Petra Köpping, die zum Glück gescheiterte Landratswiederwahlkandidatin, war an dieser Stelle schon häufiger etwas zu lesen. Auch über ihren geschickten Umgang mit Versorgungsleistungen und Zuverdienst, auf dass die ersteren nicht durch letztgenannte irgendwie beeinträchtigt werden. Als Verwaltungsprofi weiß man halt, worauf es im Leben ankommt.
Aber weil frau mit 50+ für den Ruhestand noch zu jung ist, ist Petra Köpping recht umtriebig. Als Vize der schrumpfenden Landes-SPD kümmert sie sich ums Geschäft und knüpft Kontakte, als Landtagskandidatin auf dem recht sicheren Listenplatz 4 (wobei, bei der SPD weiß man ja nie, ob's für den Einzug reicht ...) dürfte schon bald wieder mit standesgemäßer Reputation und ordentlichem Einkommen zu rechnen sein.
Schade nur, dass die smarte Sozi-Dame sich nun gegen allerlei böse Anfeindungen zur Wehr setzen muss. Schuld ist eine Altlast aus ihren zeiten als Landrätin, die mittlerweile sogar die Staatsanwaltschaft tätig werden ließ. Es geht um Fördermittel für ein 7,2-Mio-Euro-Projekt zur Ausstattung von Schulen im einstigen Köpping-Kreis mit Computern.
Das ist eine schöne Sache - nur gab es dabei einige Wunderlichkeiten. Die Firmen, die den Zuschlag für das Projekt erhielten, spendeten dem Kreis 1,8 Mio Euro, damit dieser die nötigen Eigenmittel vorweisen konnte, um 5,4 Mio. Euro EU-Förderung abzufassen. Die Spende floss dann retour, sagt der Landesrechnungshof. Zudem wird gerügt, dass der Chef einer der beteiligten Firmen mit der Landrätin mehr als nur das Interesse am Landkreis, sondern auch einen guten Teil des Privatlebens teilt ... Und weil das böse Wort vom Fördermittelbetrug gefallen ist, wird nun ermittelt.
Nun mag sich der eine oder andere Leser meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches fragen, wieso ich mich für solcherart Gefilze und Gemauschel interessiere. Ganz einfach: Weil es mich darauf gebracht hat, dass ich meiner Lokalpostille, der unter grassierendem Auflagenschwund leidenden Leipziger Volkszeitung, bitteres Unrecht zugefügt habe.
In allerlei Gesprächen habe ich nicht wiedersprochen, wenn davon die Rede war, dass die LVZ doch kaum noch gelesen wird. Aber ein paar unbeirrbare Leser muss das SPD-nahe Blatt (so nennt man es wohl, wenn die Sozis maßgebliche Anteile an einem Verlag halten) doch noch immer haben.
Wie ich darauf komme?
Gestern berichtete meine Lokalpostille unter der Überschrift "Der Fall Köpping erreicht Dresden" über die Aktivitäten der Staatsanwaltschaft im Fall Köpping. Garniert wurde der Bericht mit einem Foto der "roten Pauli", auf dem diese ausnahmsweise mal etwas gerupft aussieht.
Seit Erscheinen dieses Artikels hat die Google-Sucher nach "Petra Köpping" meinem Tagebuch viele neue Leser beschert. Das ist entweder ein seltsamer Zufall - oder die LVZ hat doch noch Leser.

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Frischer Wind bei der Stasiaufarbeitern. Oder: Auch Behördenmitarbeiter sind lernfäig
Wenn man älter wird, sammelt man Erfahrungen. Von diesen ist es nicht mehr weit bis zum Vorurteil. Ein solches hegte ich - geboren aus jahrelanger Erfahrung - bisher gegenüber einer wichtigen Behörde - nein, ich rede weder vom BMI noch vom Finanzamt oder ähnlichen Kröpfen, sondern von wirklich wichtigen Leuten, von denen in der "Außenstelle Leipzig der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik". Besagte Behörde, besser bekannt als Gauck-, Birthler- oder Stasi-Unterlagenbehörde, in Leipzig auch "Runde Ecke" genannt, verschickt regelmäßig Pressemitteilungen, über deren Sinn bzw. Unsinn ich mich an dieser Stelle ausschweige. Man mag das beginnende Altersmilde nennen ...

Und eben diese Mitteilungen kamen seit Jahren per E-Mail in meinem Büro an. Besonders lesenswert fand ich daran den E-Mail-Verteiler, den mir die Stasinachlassverwalter jedes Mal komplett mitlieferten.
Wer sich im Medienbereich ein wenig auskennt, weiß, dass ein kompletter Presseverteiler ein kleiner Schatz ist (sofern er nicht so mies gepflegt ist wie der der Landesdirektion Chemnitz, aber das ist eine andere Geschichte). Über die Jahre partizipierte ich ausgiebig von der Unwissenheit der Stasi-Aufarbeiter, die mir mit schöner Regelmäßigkeit einen gut gepflegten Verteiler frei Haus lieferten.
Und nicht nur das: Den Kopf der Mails aus dem Hause Birthler baute ich in eines meiner Seminare ein - als abschreckendes Beispiel in Sachen Datenschutz.

Allmählich wuchs aus meiner Erfahrung ein Vorurteil: "Die sind zu blöd, die kommen nie drauf, dass man nicht jedem Empfänger alle Adressen zuschickt" - so oder ähnlich dachte ich über die beamteten Bewohner der "Runden Ecke" am LeipzigerInnenstadtring.

Und nun? Muss irgendeine Schreibtischmaus doch in einem meiner Seminare gewesen sein oder sich anderweitig weitergebildet haben. Vielleicht ist aber auch nur ein Handbuch aus dem Regal gefallen und zufällig auf der Seite mit dem Stichwort "Blindcopy" liegengeblieben. Oder die Schreibtischmaus hat die Adressen versehentlich ins bcc-Feld kopiert und macht's nun immer so.

Fazit: Die Schnippselzusammenkleber senden ihre Pressemitteilungen neuerdings mit verdecktem Verteiler.
Da soll noch einer sagen, dass Behördenmitarbeiter nicht lernfähig sind.

Allerdings: Ich habe noch die Hoffnung, dass besagte Schreibtischmaus nur die Schwangerschaftsvertretung des blinden Huhns ist, dem ich die bisherige Frei-Haus-Lieferung zu verdanken hatte. Vielleicht ist ja nach einigen Monaten wieder alles beim alten ...

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