Donnerstag, 30. April 2009
Bratwurst für Dumme. Oder: Wie meine Lokalpostille den Pressekodex grillt.
Die regelmäßigen Leser dieses kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches wissen, dass ich an dieser Stelle gelegentlich darüber schwadoniere, wie meine Lokalpostille, die nach eigener Aussage dem Qualitätsjournalismus verpflichtete Leipziger Volkszeitung, gegen geltendes Presserecht und den so genannten Pressekodex verstößt.
Heute möchte ich mich bei meinen werten Kollegen vom Blättle dafür bedanken, dass sie mir das Aufspüren solcher Verstöße einfach machen: Waren’s noch vor wenigen Jahren noch eher kleine, verschämt an den Blattrand gequetschte Meldungen, in denen z.B. über die tollen Taten guter Anzeigenkunden oder über weltrettende Vorhaben des eigenen Verlages berichtet wurde, so geht’s bei der LVZ nun schon seit geraumer Zeit recht dreist zur Sache in punkto Leserverdummung: Da wird schon mal auf 100 Druckzeilen über ein Projekt berichtet, mit dem die Leipziger Verlags- und Druckereigesellschaft mbH & Co. KG ein wirtschaftliches Eigeninteresse verfolgt. Das ist einerseits zwar ausgesprochen nett, denn auch meine Augen lassen mit den Jahren etwas nach. Andererseits stellt selbst barrierefreie Eigenwerbung einen klaren Verstoß gegen den Pressekodex dar. Dieses Regelwerk (Guckst Du hier: http://www.presserat.info/uploads/media/Pressekodex_01.pdf ) basiert auf den Empfehlungen des Deutschen Presserates, dessen stellvertretender Sprecher übrigens Bernd Hilder heißt, der im Hauptberuf Chefredakteuer der Leipziger Volkszeitung ist. Aber das wissen die regelmäßigen Leser meines kleinen Tagebuches.
Zurück zum Pressekodex. Dort steht unter Punkt 7:

„Ziffer 7 – Trennung von Werbung und Redaktion
Die Verantwortung der Presse gegenüber der Öffentlichkeit gebietet, dass redaktionelle Veröffentlichungen nicht durch private oder geschäftliche Interessen Dritter oder durch persönliche wirtschaftliche Interessen der Journalistinnen und Journalisten beeinflusst werden. Verleger und Redakteure wehren derartige Versuche
ab und achten auf eine klare Trennung zwischen redaktionellem Text und Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken. Bei Veröffentlichungen, die ein Eigeninteresse des Verlages betreffen, muss dieses erkennbar sein.“

So wie zum Beispiel auf der Seite „Sachsen und Mitteldeutschland“ der heutigen Ausgabe der LVZ. Dort findet sich ein obertoller, vierspaltiger Artikel mit der Überschrift „Grillen macht den Meister“. Im Text geht es ums Grillen. Soweit keine Überraschung. Überraschend ist hingegen, mit welcher Unverschämtheit meine Lokalpostille dort eine Eigenaktion bewirbt: Am 14. Juni soll im LVZ-Imperium der „LVZ-Grillator“ gekürt werden. Nun geht es mir nicht ums geistige Niveau dieser Wortschöpfung, sondern darum, dass es sich bei der Aktion, die im Rahmen des Sommerfestestes der Leipziger Konsumgenossenschaft ihr Finale hat, um eine Kiste mit handfestem wirtschaftlichem Hintergrund hat. Der Leipziger Konsum ist ein guter Anzeigen- und Beilagenkunde meiner Lokalpostille, die dem Thema „Grillen“ sogar ein 48-seitiges Heft „Schlemmen und Genießen mit der LVZ – Grillen“ widmet, das der geneigten Leserschaft natürlich zum Kauf angeboten wird. Weil sich’s damit so gut trainieren lässt. Wer angucken möchte: http://www.lvz-online.de/aktuell/content/grillator.html

Auch wenn ich kein Prophet bin, so kann ich doch vorhersagen, dass meine Lokalpostille die Werbung für ihren Grillratgeber und für die gesamte Aktion in den nächsten Wochen noch kräftig ausbauen wird. Und sicher erscheint zum Sommerfest der Konsumgenossenschaft wieder eine Zeitungsbeilage, in der sich auch die Sponsoren des Grillator-Events darstellen dürfen. Schließlich braucht’s dazu auch Holzkohle, Fleisch, Würste ... Wenn sich da kein Anzeigenkunde findet, will ich Hilder heißen. Oder besser doch nicht ... Meier reicht, das wäre schon schlimm genug.

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