Mittwoch, 15. Juli 2009
Mein erstes Mal. Oder: Tipps für profilneurotische Bundespolitiker
Ich hab’s getan. Zum ersten Mal. Und das im zarten Alter von 48 Jahren. Mich an einer Petition beteiligt. Nein – sogar gleich an zweien, online beim Deutschen Bundestag. Guckst Du hier: https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=list2;limit=10;start=0;sort=pet_subtitle;dir=down
Bei meinem ersten Anlauf bin ich noch gescheitert. Vor wenigen Wochen, als das Zugangserschwerungsgesetz – hinter dieser verschwurbelten Bezeichnung verbirgt sich das scheinheilige Tun einer gewissen Zensursula, die Kipo- und sonst was für Seiten durch Schilder abdecken will – Gegenstand einer Petition war, kam ich nicht zum Zug. Der müde Bundestagsserver nahm meine Registrierung nicht an – siehe http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/1395999/
Gestern klappte es. Ich bin nun ein ordnungsgemäß beim Bundestag angemeldeter, mündiger Bürger, der sich – nach umfassender Registrierungsprozedur – an Onlinepetitionen beteiligen darf. Und so machte ich gestern mein Häkchen bei einer Petition gegen das Verbot von so genannten „Killerspielen“ und gegen das Verbot von „Paintball“.
Nun mag sich der eine oder andere Leser meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches fragen, ob ich etwa meinen Tag damit verbringe, am Computer und in finsteren Lagerhallen rumzuballerm, virtuelle Gegner per Mausklick bzw. reale per Farbkügelchen zu zerdeppern und womöglich eines Tage zum Amokläufer werde.
Keine Sorge – ich habe weder ein Faible für ausufernde Ballereien noch markiere per Farb- oder Laserschuss. Und auch die Sache mit dem Amok ist nicht zu befürchten. Nein. Ich habe aber etwas gegen Politiker, die sich anmaßen, über Dinge zu entscheiden, die sie nicht kennen. Gegen Leute, die vom Internet Null Ahnung haben und sich allerlei Inhalte von ihren Kofferträgern ausdrucken und auf den Schreibtisch legen lassen, weil sie selbst dazu zu blöd sind. Kurzum: Ich habe etwas gegen populistisch angehauchte Schnellschüsse unter dem Motto „Wir wissen zwar nicht, was wir beschließen; aber es muss schnell gehen, schließlich haben wir ein Wahljahr.“
So unerfreulich es für Betroffene ist, einem Amokläufer zum Opfer zu fallen, so unwahrscheinlich ist es auch. Viel größer ist die Zahl der Opfer anderer Arten von Fremdeinwirkungen: Als da wären Passivraucher, Raseropfer, Tote durch besoffene Autofahrer usw. Wenn sich unterbelichtete Bundestagsabgeordnete, nicht sonderlich helle Parteivorsitzende und ministerielle Dunkelstrahler profilieren möchten, finden sie dort ein reiches Betätigungsfeld. Ganz ohne das böse, böse Internet; und sogar noch vor der Wahl.

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Indische Watschen für Zensursula. Oder: Die blonde PR-Maschine als Volksverhetzerin
Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen war und ist ja nicht zimperlich, wenn es darum geht, die Zugangserschwerungsgesetz unter Verweis auf vermeintliche Schurkenstaaten in Sachen Kinderpornographie zu begründen. In diesem Zusammenhang führte Zensursula Indien als Beispiel für eines der Länder vor, in denen Kipo-Server lustig vor sich hin servern und Perverse in good old Germany mit Frischfleischvideos bedienen können.

Zu hören war das u.a. hier: http://www.sputnik.de/aktuell/ursula-von-der-leyen-im-direktinterview
Wer’s nicht in voller Länge ertragen kann, mag sich auf die folgende Kernaussage der Mutter der Nation beschränken: „Das oberste Ziel muss sein, die Täter zu stellen. Das ist Polizeiarbeit. Und das zweite entscheidende Ziel muss sein, die Quellen zu löschen auf dem Server, da, wo sie sind. Aber da gerät man an seine Grenzen, wenn der Server z.B. in Indien steht. Ein hochkompetentes Land, was Computertechniken angeht, aber ein Land, das keinerlei Form von Ächtung von Kinderpornografie hat. Da können sie nicht mehr löschen.“

Gegen solcherart pauschale Stigmatisierung eines ganzen Staatswesens, das ganz nebenbei die weltgrößte Demokratie darstellt, regte sich im Netz schnell Kritik.
Es gibt dazu inzwischen eine sehr lesenswerte Antwort der Indischen Botschaft in der Bundesrepublik Deutschland. Fazit: Zensursula hat blind und blond und wohl auch blöd vor sich hin gebrabbelt.

Für alle, die etwas über die himmelschreiende Inkompetenz dieser Frau lernen möchten, hier der Wortlaut der indischen Antwort:

Dear Sir/Madam,
Please refer to your email expressing doubts about the legal provisions in India for combating child abuse and child pornography.
The contention that there are no laws in India against child pornography and that child abuse is legal in India is totally unfounded and misleading.
The Indian Penal Code and Code of Criminal Procedure, 1973 have several provisions to punish child abuses e.g. Section 354 dealing with outraging the modesty of a woman, Section 375 dealing with the offence of rape (any act consensual or otherwise with a minor is considered rape) Section 377 dealing with unnatural acts and offences. These cover the crimes related to the child abuse in a comprehensive manner.
To deal with the cases of child pornography in the electronic form, the Information Technology (Amendment) Act, 2008 was enacted on 5 February 2009. As per Section 67 sub-clauses B(a) & (b) of this Act, it is a criminal offence in India to publish, transmit, collect, create, seek, promote, advertise, exchange or distribute material in any electronic form depicting children in obscene or indecent or sexually explicit manner. Conviction for such offences is punishable with imprisonment up to 7 years and a fine up to Rs 1 million (Euros 15000/- approx). It is an equal offence in India to browse or download any such material and is punishable with the same sentence and fine. …
Ashutosh Agrawal
First Secretary (Info & Press)
Embassy of India Berlin

Wer die Antwort des Firste Secretary in deutscher Sprache genießen möchte: http://netzpolitik.org/2009/von-der-leyen-und-indien-antwort-der-botschaft/

Was Zensursula da von sich gegeben hat, erfüllt auf alle Fälle den Tatbestand der Demagogie. Aber die ist ja nicht strafbar, Volksverhetzung hingegen schon ...

PS.: Kein Wunder, dass an der Internetzensur gearbeitet wird - dann könnte das künftige Ministerium für Wahrheit solcher E-Mails zurechtkorrigieren ...

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