Donnerstag, 22. Oktober 2009
Ein Schlag aus der PR-Küche. Oder: A 380 wird in Leipzig Anflüge üben. Teil 1
In ihrer gestrigen Ausgabe präsentierte meine Lokalpostille, die Leipziger Volkszeitung, ein wirklich schönes Stück Propaganda-Prosa, mit dem einige der unerreichten Altmeister des vergangenen Jahrhunderts recht zufrieden gewesen wären. Unter dem Titel „Airbus A380 absolviert Starts und Landungen“ war ein Text zu bestaunen, der auf einer ddp-Meldung basierte, nachzulesen hier http://www.pr-inside.com/de/testfl-uuml-ge-mit-dem-airbus-a-r1537270.htm und hier http://www.newsxl.com/index.php/component/content/20622223?task=view&view=article .
In der LVZ steht’s noch ein wenig ausführlicher, aber dennoch bleibt es ein ausstellenswertes PR-Machwerk. Besonders schön ist diese Fassung http://www.lvz-online.de/aktuell/content/114679.html im Online-Auftritt der LVZ.
Lesen wir’s mal genauer:
„Mit dem Airbus A380 ist Mitte 2010 das derzeit größte Passagierflugzeug der Welt zu Gast auf dem Flughafen Leipzig-Halle. Das bestätigte Uwe Schuhart vom Flughafen auf Anfrage der LVZ-Online. Grund für den Besuch sind so genannte Touch-And-Go-Flüge, bei denen die speziell für den A380 ausgebildeten Piloten Starts und Landungen üben.“
Touch-And-Go steht für Flüge, bei denen eine Maschine landet, jedoch nicht ausrollt und abgestellt wird, sondern gleich wieder startet. Das soll lt. LVZ Mitte 2010 an einem Trainingstag in Leipzig immerhin 40 Mal passieren. Also runter die Kiste, Fuß auf die Bremse, Umkehrschub, einmal Runway entlang, dann Startschub, Ehrenrunde über Leipzig, neuer Anflug, runter die Kiste und so fort.
Laut Eigenwerbung http://www.leipzig-halle-airport.de/media/files/lej/unternehmen/publikationen_medien/unternehmensportraet_fh_leipzig_halle_august2009.pdf gab es auf dem Flughafen Leipzig/Halle im ersten Halbjahr 28.503 Flugbewegungen, macht rund 157 pro Tag. Kommen ein einem Tag 40 dazu, entspricht das einem Plus von einem runden Viertel. Das fällt schon auf, zumindest dann, wenn dieser Zuwachs über einen hinweg fliegt.

Aber weiter im Jubeltext meiner Lokalpostille:
Flughafen-Pressesprecher Uwe Schuhart wird in der LVZ mit folgenden Worten zitiert: „Wir haben im Tagesgeschäft die nötigen Kapazitäten um solche Flüge einzubinden ...“ Übersetzen wir das mal frei ins Deutsche: Unser Flughafen ist nicht wirklich ausgelastet und wir sind froh, dass die Lufthansa für Starts und Landungen noch etwas Geld in die Kasse bringt. Cargo fliegt eh nachts, da stört der A 380 nicht.

Gerade im Stile des unerreichten Altmeisters Joseph Paul Goebbels wird außerdem verkündet:
„Einen gesteigerten Geräuschpegel müssen die Anwohner indes nicht fürchten. Zwar handelt es sich bei dem Flugzeug um eine riesige Maschine, die immerhin um die Hälfte größer ist als eine Boeing 747, laut Schuhart sei es aber auch relativ leise. Nach Angaben von Lufthansa-Sprecher Wolfgang Weber ist die Lärmbelästigung sogar geringer als bei den meisten aktuellen Flugzeugen.“
Mal im Klartext: Auch ein relativ leises Flugzeug macht Krach. Nur eben weniger als ein relativ lautes. Auch wenn schon Krach da ist – kommt weiterer Krach dazu, wird es lauter. Für die lärmgeplagten Anwohner dürfte besonders unangenehm sein, dass der A 380 in relativ ruhigen Zeiten seine Touch-And-Go-Manöver fliegen und seine Ehrenrunden über Leipzig und Umgebung drehen wird.
Dass der A 380 laut PR-Mann Weber weniger Getöse als die meisten aktuellen Flugzeuge verursacht, ist ein Brüller besonderer Art. Gegen die turboproppenden Cargoflieger und die amerikanischen GI-Transporter, die hier ansonsten rumgurken und über den Nachthimmel karriolen, wäre sogar ein Russenpanzer T 72 leise – so er denn flöge.

Beglückend ist auch der Schlusssatz aus dem Munde Webers: Die Lufthansa wird die Öffentlichkeit selbstverständlich rechtzeitig über den Zeitplan der Eingewöhnungsflüge informieren. Immerhin seien solche Aktionen wahre Besuchermagneten, zu denen zahlreiche Schaulustige zu erwarten sind.

Es wird also mit Ankündigung gestört, und die Betroffenen dürfen sich schon auf die Plane-Spotter freuen, die als akustische Katastrophentouristen durchs Land reisen und sich vor Freude bepinkeln werden, den A 380 auf den Chip zu bekommen. Leiser wird’s dadurch auch nicht.

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