Mittwoch, 8. Oktober 2014
Alte Säcke und die Friedliche Revolution in der LVZ. Oder: Seid stille, der Oppa erzählt vom Kriech ...
zeitungsdieb, 10:42h
Gestern war der 7. Oktober, vielen LeserInnen meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches sicher noch als "Tag der Republik" bzw. "Nationalfeiertag der DDR" bekannt. Keine Angst, an dieser Stelle folgt keine ostalgische Früher-war's-besser-Nummer.
Morgen ist der 9. Oktober; an diesem Tag fand 1989 die denkwürdige, weil wider Erwarten gewalt- und blutbadfrei abgelaufene Leipziger Montagsdemo statt, bei der - glaubt man den Aussagen der tatsächlichen oder behaupteten Teilnehmer - ca. 12 Trilliarden Menschen um den Leipziger Ring gezogen sein müssten. Real waren's ein paar weniger, zum Thema Erinnerungen gilt "Seid stille, der Oppa erzählt vom Kriech" (Ich war nicht dabei, bei mir mussten an besagtem Montag 120 Zentner Kohlen in den Keller).
Der morgige 9. Oktober wird in Leipzig aus unerfindlichen Gründen gern von nicht dabeigewesenen, erst später per Busch- oder besser Unfähigkeitszulage in die Stadt gekommenen Wichtigtuern hochgehalten. Und weil sich von 1989 bis 2014 irgendwie irgendein Jubiläum konstruieren lässt, kommen natürlich weitere Wichtiguern, Bundesgrüßauguste und so Zeugs dazu. Aber auch darüber will ich nicht schreiben, denn ich lebe im hier und heute und heute ist der 8. Oktober 2014.
Und heute verschaffte mir meine Lokalpostille, die Leipziger Volkszeitung, ein Dejawuppdich.
Auf der Titelseite prangte ein vierspaltiges Foto, das neben einigen Erfrischungsgetränken aus bekanntem Cola-Hause, dreieinviertel altmodischen Stühlen und zwei putzigen Tischchen vor allem drei alte Säcke zeigt.
Jungspund in der Runde war mit 65 Lenzen Nochrocker Peter Maffay, das Mittelfeld belegte Ex-Gewandhauskapellmeister Kurt Masur (87), unangefochtene Nummer 1 war Ex-Kanzler Helmut Schmidt, der sich inzwischen zu 95 Jahren hochgekettenraucht hat. Irgendwie muss es auch noch einen Moderator gegeben haben, aber der hat wohl unter Zurücklassung von Mappe und Stuhl (also des Sitzmöbels, nicht seines Stuhls im physiologischen Sinne) das Podium in der Leipziger Peterskirche beim Fototermin verlassen, was für ihn spricht.
Meine Lokalpostille stellte das Bild unter den Titel "Legenden in Leipzig", was eine ganz bestimmt unbeabsichtigte, dafür um so nettere Doppeldeutigkeit ins Spiel bringt.
Was hatten die drei Legenden bei ihrem Treffen denn nun für Legenden zu erzählen? Nein, es ging nicht um um gesundheitliche Probleme älterer bis hochbetagter Männer, nicht um Schwerhörigkeit und auch nicht um unkontrolliertes Suchtverhalten. Wobei: An Expertise hätte es dieser Runde sicher nicht gemangelt. Aber das ist Sache der Apothekenrundschau, und die kostet nicht 1,40 Euro.
Vielmehr diskutierten (das sollte man bei der hinlänglich bekannten Sprechweise der beiden älteren Kollegen nicht wörtlich nehmen) die drei laut LVZ über "Die Kraft der Musik und die Friedliche Revolution in Leipzig".
Als ich das gelesen hatte, war mein Tag gerettet. ok, Maffay hatte immerhin eine Beziehung zur DDR, denn seine Coverversion des Karat-Songs "Über sieben Brücken musst Du geh'n" verkaufte sich schon mit dem Revanche-Album zwei Millionen Mal. Und von Musik, die man ja nicht mögen muss, hat der Mann Ahnung. Die hat Kurt Masur natürlich ebenso; dazu ist u.a. ihm der Ausgang des 9. Oktobers 1989 zu verdanken. Aber Helmut Schmidt? Gehörte der nicht zu jenen, die der Entwicklung in der DDR in den Jahren 89/90 - vorsichtig formuliert - ein wenig zurückhaltend gegenüberstanden?
Aber das ist alles Geschichte, morgen werden allerlei Gutmenschen in Leipzig das Lichterfest feiern und ich komme nicht umhin, mich beim Betrachten des Alte-Säcke-Fotos in der LVZ an einen in der DDR kursierenden Kalauer zu erinnern. Der lautete sinngemäß so: "Tagesordnung des 20. Parteitages der SED im Jahre 2028. 1. Generalsekretär Erich Honnecker und die Mitglieder des Politbüros werden auf die Bühne gefahren. 2. Die Genossen werden an den kollektiven Herzschrittmacher angeschlossen und singen gemeinsam das Lied "Wir sind die junge Garde des Proletariats."
PS.: Morgen lohnt sich die LVZ-Lektüre sicher ... da gibt es nicht nur die Statements des Siegener Religionslehrers und anderer Zugereister zum 9. Oktober, sondern auch einen ausführlichen Bericht zur Altherrenrunde. Und vielleicht erfährt die geneigte Leserschaft ja auch, wer den Moderator spielen durfte. Also mein Favorit wäre Johannes Heesters ... neu booten, ein paar Updates, dann passt er in die Runde. Die laufen ja alle noch unter DOS 2.0 ...
Morgen ist der 9. Oktober; an diesem Tag fand 1989 die denkwürdige, weil wider Erwarten gewalt- und blutbadfrei abgelaufene Leipziger Montagsdemo statt, bei der - glaubt man den Aussagen der tatsächlichen oder behaupteten Teilnehmer - ca. 12 Trilliarden Menschen um den Leipziger Ring gezogen sein müssten. Real waren's ein paar weniger, zum Thema Erinnerungen gilt "Seid stille, der Oppa erzählt vom Kriech" (Ich war nicht dabei, bei mir mussten an besagtem Montag 120 Zentner Kohlen in den Keller).
Der morgige 9. Oktober wird in Leipzig aus unerfindlichen Gründen gern von nicht dabeigewesenen, erst später per Busch- oder besser Unfähigkeitszulage in die Stadt gekommenen Wichtigtuern hochgehalten. Und weil sich von 1989 bis 2014 irgendwie irgendein Jubiläum konstruieren lässt, kommen natürlich weitere Wichtiguern, Bundesgrüßauguste und so Zeugs dazu. Aber auch darüber will ich nicht schreiben, denn ich lebe im hier und heute und heute ist der 8. Oktober 2014.
Und heute verschaffte mir meine Lokalpostille, die Leipziger Volkszeitung, ein Dejawuppdich.
Auf der Titelseite prangte ein vierspaltiges Foto, das neben einigen Erfrischungsgetränken aus bekanntem Cola-Hause, dreieinviertel altmodischen Stühlen und zwei putzigen Tischchen vor allem drei alte Säcke zeigt.
Jungspund in der Runde war mit 65 Lenzen Nochrocker Peter Maffay, das Mittelfeld belegte Ex-Gewandhauskapellmeister Kurt Masur (87), unangefochtene Nummer 1 war Ex-Kanzler Helmut Schmidt, der sich inzwischen zu 95 Jahren hochgekettenraucht hat. Irgendwie muss es auch noch einen Moderator gegeben haben, aber der hat wohl unter Zurücklassung von Mappe und Stuhl (also des Sitzmöbels, nicht seines Stuhls im physiologischen Sinne) das Podium in der Leipziger Peterskirche beim Fototermin verlassen, was für ihn spricht.
Meine Lokalpostille stellte das Bild unter den Titel "Legenden in Leipzig", was eine ganz bestimmt unbeabsichtigte, dafür um so nettere Doppeldeutigkeit ins Spiel bringt.
Was hatten die drei Legenden bei ihrem Treffen denn nun für Legenden zu erzählen? Nein, es ging nicht um um gesundheitliche Probleme älterer bis hochbetagter Männer, nicht um Schwerhörigkeit und auch nicht um unkontrolliertes Suchtverhalten. Wobei: An Expertise hätte es dieser Runde sicher nicht gemangelt. Aber das ist Sache der Apothekenrundschau, und die kostet nicht 1,40 Euro.
Vielmehr diskutierten (das sollte man bei der hinlänglich bekannten Sprechweise der beiden älteren Kollegen nicht wörtlich nehmen) die drei laut LVZ über "Die Kraft der Musik und die Friedliche Revolution in Leipzig".
Als ich das gelesen hatte, war mein Tag gerettet. ok, Maffay hatte immerhin eine Beziehung zur DDR, denn seine Coverversion des Karat-Songs "Über sieben Brücken musst Du geh'n" verkaufte sich schon mit dem Revanche-Album zwei Millionen Mal. Und von Musik, die man ja nicht mögen muss, hat der Mann Ahnung. Die hat Kurt Masur natürlich ebenso; dazu ist u.a. ihm der Ausgang des 9. Oktobers 1989 zu verdanken. Aber Helmut Schmidt? Gehörte der nicht zu jenen, die der Entwicklung in der DDR in den Jahren 89/90 - vorsichtig formuliert - ein wenig zurückhaltend gegenüberstanden?
Aber das ist alles Geschichte, morgen werden allerlei Gutmenschen in Leipzig das Lichterfest feiern und ich komme nicht umhin, mich beim Betrachten des Alte-Säcke-Fotos in der LVZ an einen in der DDR kursierenden Kalauer zu erinnern. Der lautete sinngemäß so: "Tagesordnung des 20. Parteitages der SED im Jahre 2028. 1. Generalsekretär Erich Honnecker und die Mitglieder des Politbüros werden auf die Bühne gefahren. 2. Die Genossen werden an den kollektiven Herzschrittmacher angeschlossen und singen gemeinsam das Lied "Wir sind die junge Garde des Proletariats."
PS.: Morgen lohnt sich die LVZ-Lektüre sicher ... da gibt es nicht nur die Statements des Siegener Religionslehrers und anderer Zugereister zum 9. Oktober, sondern auch einen ausführlichen Bericht zur Altherrenrunde. Und vielleicht erfährt die geneigte Leserschaft ja auch, wer den Moderator spielen durfte. Also mein Favorit wäre Johannes Heesters ... neu booten, ein paar Updates, dann passt er in die Runde. Die laufen ja alle noch unter DOS 2.0 ...
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