Mittwoch, 25. Juni 2008
Sächsisches Klüngelspiel oder: Die rote Petra geht nicht unter
Die Frau heißt Petra Köpping und wäre so gern meine Landrätin geworden. Aber sie hat’s vermasselt, zum Glück. Nicht, dass ich etwas gegen Frauen in wichtigen Ämtern hätte, nönö. Angela Merkel finde ich gut, aber das wissen die regelmäßigen Leser dieses kleinen Tagebuches ja längst.
Aber zurück zu Petra Köpping. Die ist eine echte Powerfrau, war Bürgermeisterin, zwischendurch mal im Außendienst einer Krankenversicherung, gehört seit einiger Zeit der SPD an ist zurzeit noch Landrätin des noch-Landkreises Leipziger Land. Und das wäre sie wohl bis ans Ende ihrer Tage geblieben, hätte es in Sachsen nicht die Verwaltungs- und Funktionalreform gegeben. In deren Verlauf wird der bisherige Landkreis Leipziger Land mit dem bisherigen Muldentalkreis zum Landkreis Leipzig zwangsvereint. Dabei büßt die Muldentalhauptstadt Grimma ihren Status als Kreissitz zugunsten von Borna ein.
Diese Entscheidung sorgte für großen Ärger und allerlei Klagen vor Gericht, denn Borna liegt am Rand des künftigen Großkreises und hat auch sonst eher schlechte Voraussetzungen zur Hauptstadt ... Aber hier wurde, so die Kläger gegen die Kreissitzentscheidung, durch Regierung und Landtag nicht nach Sachlage, sondern im Ergebnis einer heftigen parteipolitischen Kungelei entschieden. In Sachsen regiert eine CDU-SPD-Koalition (von „groß“ kann man angesichts der Wahlergebnisse nicht reden) und der Juniorpartner musste auch ein wenig gekrault werden.
Und weil der bisherige Landkreis Muldental in Gestalt von Dr. Gerhard Gey (CDU) ebenfalls einen Landrat in die Zwangsehe einbringt, musste um die Besetzung dieses Postens gefochten werden. Beide Kandidaten zogen ins Feld, um Wählerstimmen zu sammeln. Eigentlich hatte die smarte Petra Köpping klar die besseren Chancen. Dass sie einen Machtinstinkt wie Andrea Ypsilanti hat, sie man der braunäugigen Landrätin nicht an. Sie kommt ein wenig wie Gabriele Pauli daher, ist eine begnadete networkerin (so heißt das wohl heute), weiß ihre Reize einzusetzen und den sechszackigen Stern, den sie am Hals trägt, auch. Oder auch nicht, wie zum Beispiel beim Aufmacherfoto ihrer Homepage www.petra-koepping.de - man will ja gewählt werden und da fällt der Stern dann schon mal der Schere zum Opfer.
Ihr Gegenkandidat beim Kampf ums Landratsamt ist Dr. Gerhard Gey. Er hat das Amt im Muldentalkreis seit 1990 inne, ist ein eher geradliniger, knochiger und auch mal knorriger Typ. Und er schien gegen die flotte, sieggewohnte Landrätin mit all ihren Verbindungen und Fäden, die zudem ein Medienliebling ist, nicht wirklich eine Chance haben.
Hatte er aber doch. Bei der Landratswahl am 8. Juni fehlten Gey nur wenige Stimmen zur absoluten Mehrheit – und das, obwohl auch FDP und Linke Kandidaten ins Rennen geschickt hatten. Mit über 48 Prozent verwies er die in den unteren Dreißigern herumdümpelnde Petra Köpping an den Katzentisch.
Bei der Stichwahl am 22. Juni (diese war genau genommen keine Stich- sondern eine Neuwahl, so will es das sächsische Wahlgesetz) kam es zum Showdown zwischen Köpping und Gey. FDP und Linke hatten ihre Bewerber zurückgezogen. Die Linke gab fürs Leipziger Land eine Wahlempfehlung pro Köpping ab, im Muldental schwiegen die Genossen, weil sie eben diese Empfehlung nicht geben wollten. Die FDP sprach sich pro Gey aus.
Der Rest ist Statistik: Gerhard Gey ging mit klarem Vorsprung als Sieger aus dem zweiten Wahlgang hervor. Dieses Ergebnis ist – soviel sei gesagt – weniger den Sachthemen und der Programmatik der beiden Bewerber geschuldet, sondern vor allem dem starken Wir-Gefühl im Muldentalkreis: Erst hat man uns den Kreissitz weggenommen, nun wollen wir es „denen“ aber zeigen und uns nicht noch den Landrat wegnehmen lassen – so werden Wähler mobilisiert.
Machtfrau Petra Köpping schien um ihre drohende Niederlage schon nach dem ersten Wahlgang zu wissen und biss in den zwei Wochen bis zur Entscheidung um sich wie ein waidwundes Tier. Allerlei Statements und böse Worte ließ sie vom Stapel (guckst Du hier: www.petra-koepping.de). Die Krönung war ein Brief, den die Wähler im Muldentalkreis am Tag vor der Wahl erhielten. In diesem Schreiben buhlte die Möchtegernlandrätin um Stimmen. Die Anrede „Liebe Muldentaler“ ließ mich schmunzeln. Mir fiel dabei ein Film ein, in dem ein deutschkaiserlicher Offizier die unter der Sonne Afrikas angetretenen Bewohner irgendeines Dorfes mit „Liebe Neger“ begrüßte.
Allerdings verging mir das Grinsen schnell, denn die rote Landrätin forderte die lieben Muldentaler auf, wählen zu gehen. „Leider gibt es auch ein starkes, sehr rechtes Wählerklientel, das am 22. Juni mit Sicherheit seine Stimme abgeben wird.“
Moment mal, dachte ich in diesem Moment – wer steht am 22. Juni auf der Liste? In alphabetical order sind dies Dr. Gerhard Gey (CDU) und Petra Köpping (SPD) – wo bitte ist der NPD-Kandidat, den es zu stoppen gilt? Und da sah ich plötzlich die braunäugige Petra vor mir, wie sie mit rot lackierten Lippen zuckersüß lächelte und ein wenig das güldene Sternchen im Ausschnitt ihres Sommerkleides blitzen ließ. Und kräftig mit der großen Keule um sich drosch.
Der Rest ist Geschichte. Die Wähler waren entweder zu klug, um auf solche Bauernfängertricks hereinzufallen oder die Dummen waren zu faul, den Mist zu lesen und/oder an einem sonnigen Sonntag noch mal zur Wahl zu gehen. Wahrscheinlich wohl beides.

Um Petra Köppings Zukunft muss sich übrigens niemand Sorgen machen. Skrupellose und machtgeile Parteisoldaten, die in der Lage sind, die Wahrheit kreativ zu verbiegen und die Realität zu ignorieren, gehen nicht unter. Zur Not können sie in Russland Gasmann werden. Aber soweit muss es nicht kommen. Das sächsische Parteiengeklüngel hält für die smarte Petra eine ganz andere Belohnung bereit. Die rote Powerfrau ist als Regierungspräsidentin im Gespräch – und das ist eine doppelte Ironie. Zum einen wäre sie dann Chefin genau der Mittelbehörde, für deren Abschaffung sie als Landrätin eingetreten ist. Zum anderen hätte sie dann die Rechtsaufsicht über die Landratsämter und – wenn sie sich für das RP Leipzig entscheiden sollte – damit auch über Dr. Gerhard Gey.

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Sonntag, 15. Juni 2008
Sind wir nicht alle ein wenig Irland?
Viele Kommentatoren sprachen am 13. Juni 2008 angesichts des irischen Nein zum EU-Reformvertrag von einem "Schwarzen Freitag für Europa". Dabei ist der namensgebende Freitag, den man landläufig als Beginn der 1929er Weltwirtschaftskrise ansieht, gar kein Freitag gewesen. Der Dow Jones Industrial Average war bereits am Mittwoch kräftig gefallen, am Donnerstag, dem 24. Oktober 1929, rutschte er nochmals ab, während er am Freitag wieder zulegte. Wer die Zeitzonen berücksichtigt, kann sich leicht ausrechnen, warum man in Deutschland dennoch vom Schwarzen Freitag redet.
Und auch das irische Nein hat nichts mit einem schwarzen Freitag zu tun. Schließlich wurde bereits am Donnerstag gewählt, am Freitag nur noch ausgezählt.
Und: Ist das Ergebnis wirklich "schwarz"? Ich finde es gut, dass die Bevölkerung eines Landes sich mehrheitlich gegen all das EU-Geschrumpse entschieden hat. All die Politprofiteure wissen nur zu genau, warum sie ihren Untertanen das Recht auf freie Entscheidung vorenthalten haben.
Sicher, ein Fleischer wird sich über sein Leberwurstrezept nicht mit den zum Schlachten bestimmten Schweinen unterhalten ... Aber sollten so wichtige Dinge wie ein EU-Vertrag nicht wirklich von den Menschen, die es angeht, abgesegnet werden?
Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich bin gegen eine Inflation von Volksentscheiden, gegen Plebiszite, die sich mit allem Krimskrams beschäftigen und die Tagespolitik lahmlegen.
Aber bei grundlegenden Fragen sollte man "das Volk" an die Wahlurne bitten. Auch auf die Gefahr hin, dass ein Projekt wie der EU-Reformvertrag platzt. Was nach meiner Auffassung durchaus ein Gewinn wäre, denn mir hat noch niemand wirklich schlüssig erklären können, wozu die EU eigentlich gebraucht wird.
Pure Größe war zu einer Zeit wichtig, als man seine Macht noch nach der Anzahl der erzeugten Tonnen Walzstahl und der Menge der kampfbereiten Panzer maß. In einer immer heftiger pulsierenden Welt zählt nicht die Größe eines Reiches, sondern die Fähigkeit, sich schneller als andere auf neue Gegebenheiten einzustellen.
Ein "dicker Tanker" namens EU, die in Wahrheit nichts anderes ist als ein gleichgeschaltetes Staatenkonglomerat und eine bürokratischer Tumor, hat da allemal schlechtere Karten als überschaubare, effizient agierende Nationalstaaten.
Sollte ich mir jemals eine Fahne ans Auto hängen, wird es wohl die irische sein. In ganz Europa herrschen die Brüsseler Horden. In ganz Europa? Nein, ein kleines Inselrreich hat ihnen widerstanden. Schade nur, dass das nicht von Dauer sein wird.

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Problembärische Steinmeierei in der K-Frage oder: Die rosarote Überraschung
Eines vorweg: Ich finde Angela Merkel als deutsche Kanzlerin eine Optimalbesetzung und bin der Überzeugung, dass sie diesen Job auch nach der nächsten Bundestagswahl weitermachen sollte.
Aber es soll ja Menschen geben, die ihren Glauben an die älteste deutsche Partei noch immer nicht verloren haben und trotz der desaströsen Hinterlassenschaften des Gasmannes Gerhard Schröder allen Ernstes auf einen sozialdemokratischen Kanzler hoffen.
Überaus hartnäckig haben sie in den vergangenen Monaten Gerüchte gehalten, dass der unappetitlich-mürrisch dreinschauende und nicht eben mit einer guten Kinderstube gesegnete SPD-Problembär Kurt Beck für den Job in Frage käme. Um nicht missverstanden zu werden: Ich hatte nie Problem damit, wenn Tatortkommissar Schimansky laut und deutlich „Scheiße“ sagte. Bei einem deutschen Kanzler würde mich ein solches Verhalten – vorsichtig formuliert – befremden. Bei einem Parteibonzen, der mit diesem Amt liebäugelt, befremdet es mich ebenso.
Dazu noch das Aussehen! Sicher, auch mir wäre es sehr angenehm, steckte das Innenleben einer Angela Merkel in der sehenswerten Hülle einer Heidi Klum. Auch Elisabetta Gregoraci (das ist das italienisches Wonderbra-Model, das sich trotz seiner 28 Jahre nicht davon abhalten ließ, den schon etwas angegammelten Flavio Briatore zu ehelichen) wäre als Kanzlerinnenverpackung durchaus reizvoll. Aber Kurt Beck? Nööö, bei dem hilft auch keine fremde Hülle – in Becks Größe gibt es nichts, was irgendwie gut aussieht.
Ulf Poschard schrieb Anfang Mai in der Welt am Sonntag, dass es „nur in einem Land wie dem unseren denkbar ist, dass eine Erscheinung wie Kurt Beck ernsthaft als Kanzlerkandidat gehandelt werden kann.“ Nimmt man noch das Becksche Wesen hinzu, kann als gesichert gelten, dass alle Spekulationen um des haarigen Problembären Umzug ins Kanzleramt pure Taktik sind.
Besagter Ulf Poschard brachte mit dem denkwürdigen Satz „Allein Steinmeiers Wildleder-Brogues müssten die Entscheidung für den Außenminister nahe legen“ einen weitaus aussichtsreicheren Kandidaten ins Spiel, der die SPD-Genossen ob seiner „optischen Weltläufigkeit“ jedoch „fremdeln“ lasse.
Nun sind Außenminister per Definition immer gute Kanzlerkandidaten. Sie sind oft im Fernsehen zu bewundern, verbreiten einen Hauch von Jetset und bringen per Flimmerkiste die große weite Welt in des deutschen Spießers Wohnzimmer. Außerdem tun sie niemandem weh, erhöhen keine Steuern, lehnen keine Anträge ab. Selbst Ekelpakete wie Joschka Fischer konnten als Außenminister Sympathiepunkte sammeln.
Allerdings möchte ich das schwindende Fähnlein der SPD-Sympathisanten vor zu früher Euphorie warnen. Gegen einen Kanzlerkandidaten namens Franz-Walter Steinmeier spricht bereits die Tatsache, dass die Welt am Sonntag in ihrer heutigen Ausgabe berichtet hat, dass dieser seine Kanidatur vorbereitet. Damit hat er die alte Infanteristenweisheit missachtet, dass derjenige, der zu früh aus dem Graben steigt, erschossen wird.
Ein aus meiner Sicht noch viel zu wenig beachteter Kandidatenkandidat tingelt hingegen in Berlin durchs Partyleben. Dabei hat das-ist-gut-so-Wowereit eigentlich alles, was ein SPD-Kanzler braucht. Er tut nichts, ist beliebt, bekannt und könnte der alten Tante SPD ein wenig flippiges Flair verleihen. Er kann zwar nicht mit Geld, so aber doch mit Schulden umgehen und gut leben und er hat nichts, aber auch gar nichts mit dem haarigen Fossil Kurt Beck gemein.
Springt der rosarote Panther also ins Kanzleramt? Springen schon, ankommen nicht. Angela Merkel wird ihn wohl auf halbem Weg zur Strecke bringen – dazu braucht’s nichtmal flotte Klum-Hülle. Einmal den Rötling richtig anstechen, dann zischt die warme Luft heraus und „Wowi“ sinkt sanft zu boden.

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Donnerstag, 29. Mai 2008
Stimmenzauber in Dresden oder: Wer hat mit den braunen Kameraden gespielt?
So, Sachsen hat einen neuen Ministerpräsidenten und das ist – erstmals seit der Wende – ein sächsisches Eigengewächs. Der neue, der den bisherigen Landesvater Georg Milbradt beerbt oder besser: diesem nachfolgt – heißt Stanislaw Tillich und wurde gestern gewählt.
Im Landtag in Dresden reichten dem Sachsen, der eigentlich ein Sorbe und damit Angehöriger einer anerkannten nationalen Minderheit ist, 66 von 121 abgegebenen Stimmen.
Die Wahlordnung ließ bei dieser geheimen Abstimmung keine Nein-Stimmen. So wurden 33 ungültige Stimmen abgegeben, elf Abgeordnete enthielten sich.
Interessant wird’s, wenn man ein wenig mitrechnet: Die CDU/SPD-Koalition verfügt über 68 Stimmen, ein CDU- Abgeordneter fehlte wegen Krankheit. 66 Stimmen für Tillich also muss sich in den Reihen der großen Koalition von CDU und SPD (angesichts der 9,8 % der sächsischen SPD ist diese Bezeichnung ein Widerspruch in sich, die PDS kam 2004 auf 23,6 %, die kackbraunen Kameraden immerhin auf 9,2 %, aber das nur am Rande) mindestens ein Abweichler befunden haben muss.
Sehr interessant: Die NPD schickte gegen Tillich ihren eigenen Kandidaten in Feld. Johannes Müller kam auf elf Stimmen, das sind drei mehr, als die NPD Sitze im Landtag hat. Zwar sitzen im Landtag auch noch vier weitere, ehemalige NPD-Fraktionsmitglieder gutbezahlt ihre Wahlperiode ab, doch es wäre zu einfach, denen per Definition zu unterstellen, ihren einstigen Kameraden gewählt zu haben.
Wenn ich einen Tip abgeben müsste, würde ich die Quelle der drei „braunen“ Stimmen im dunkelroten Spektrum vermuten – bei der Linken. Schließlich zieht diese Partei den meisten Nutzen aus all den Diskussionen um die braune Gefahr, warum also nicht ein wenig Propagandafutter liefern? Das Risiko, damit plötzlich einem Johannes Müller ins Amt des Ministerpräsidenten zu verhelfen, ist null, denn die Mehrheitsverhältnisse im sächsischen Landtag sind zwar leider nicht mehr so schön wie zu König Kurts Regierungszeit, aber immer noch ganz anständig ...

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Interview und Agitation
Vor wenigen Tagen rief mich zu früh abendlicher Stunde ein Umfrager an. Der eloquente Zeitgenosse gehörte zu einem der großen Institute, die - insbesondere im Vorfeld von Wahlen - Prognosen über dieses und jenes, vor allem aber Parteipräferenzen und K-Entscheidungen aufstellen.
Da ich von Berufs wegen selbst mit derlei Fragerei zu schaffen habe, bin ich zu solchen Menschen zumeist nett und beantworte ihnen ihre Fragen. Vielleicht wird Gutes ja doch mit Gutem vergolten und auch ich finde bei meinen Recherchen für Artikel verstärkt entgegenkommende Gesprächspartner ...
Im konkreten Fall erlebte ich eine Überraschung. Der nette Mensch fragte nicht nur, sondern wertete und diskutierte auch, ging sogar soweit, parteipolitische Vorlieben kritisch zu hinterfragen und unternahm den Versuch, mich in dieser oder jener Hinsicht zu widerlegen. Das gipfelte darin, dass er mir - ich mache aus meiner Vorliebe für konservative Kreise keinen Hehl - Oskars linke Wundertruppe ans ans Herz legen wollte.
Beeinflussung von Zeugen heißt so etwas vor Gericht. Im konkreten Fall würde ich es eine inakzeptable Arbeitsweise nennen.
Seit diesem Telefonat hat mein Vertrauen in die Glaubwürdigkeit von Meinungsumfragen stark abgenommen. Wenn schon die Platzhirsche solcherlei Agitatoren beschäftigen ...
Als Interviewpartner stehe ich den Damen- und Herrschaften von der Augurenzunft natürlich auch künftig zur Verfügung. Zum einen: siehe oben, zum anderen: Man lernt immer was dazu, wie dieses Beispiel zeigt.

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Freitag, 16. Mai 2008
Die Umfallerin oder: Armes Deutschland kuscht mal wieder
Am 27. Februar 1991 machte die Bild-Zeitung mit einem flachgelegten Foto des Bundeskanzlers Helmut Kohl auf und dem Titel "Der Umfaller" auf. Kohl hatte zuvor einen Schwenk in der deutschen Finanzpolitik verkündet, hatte, nachdem sich die deutsche Einheit als nicht aus der Portokasse finanzierbar erwies, massive Steuererhöhungen angekündigt. Er war umgefallen, war zum Umfaller geworden.
Ähnliches widerfährt zurzeit seiner talentierten Schülerin Angela Merkel. Leider, möchte ich sagen, denn ich schätze das Tun der ersten deutschen Bundeskanzlerin sehr. Zumindest meistens.
Aktuell hat sie sich jedoch als Umfallerin erwiesen, als Einkneiferin eines nicht vorhandenen Schwanzes.
Dabei geht es nicht um Steuern und Finanzen, sondern um das Gebiet, auf dem Angela Merkel bisher besonders punkten konnte: Außenpolitik.
Vor gar nicht so langer Zeit, Ende September 2007, empfing Angela Merkel den Dalai Lama. Respekt! Die chinesische Führung tobte, die diplomatischen Beziehungen erhielten einen Knacks und die Franzosen durften sich über einen Auftrag zum Bau eines Atomkraftwerkes freuen. Und wenig später normalisierten sich die Beziehungen zwischen little Germany und dem riesigen Reich der Mitte wieder.
Nun kam der Dalai Lama wieder nach Deutschland - und wie Schaben, die plötzlich von einem Scheinwerfer angestrahlt werden, stoben die deutschen Spitzenpolitiker von dannen. Kein Ort der Welt, kein Staat war unfreundlich genug, um sich nicht dorthin zu verpissen, keine Ausrede dumm genug, um sie nicht zwecks Absage jeglicher Begegnung mit dem Dalai Lama zu gebrauchen. Nur weg! Einzig das Entwicklungsressort versäumte den Absprung.
Ist Angela Merkel vor ihrer seinerzeit demonstrierten Courage erschrocken? Hat sie ihren Mut verloren? Oder hat die deutsche Wirtschaft sie schlicht und einfach wissen lassen, dass solche schä(n)dliches Verhalten wie beim ersten Besuch des Dalai Lama künftig mit dem Verlassen des Standortes Deutschland geahndet wird?
Keine Ahnung - aber Fakt ist, dass der Dalai Lama kam und sich in Deutschland gefühlt haben dürfte, wie Kevin allein zuhaus. Armes Deutschland.

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Dienstag, 22. April 2008
Türmende Piraten, die saarländische Laber-Fontaine und die Fregatte "Emden". Oder: Wie wär's mal mit Französisch?
Die deutsche Fregatte „Emden“ hat – so melden es dpa und AP – außerplanmäßig Jagd auf Piraten gemacht. Nicht wirklich, denn die Piraten warteten das Eintreffen des deutschen Kriegsgerätes nicht ab, das ihm Rahmen der Operation „Enduring Freedom“ vor dem Horn von Afrika im Einsatz ist. Sie machten sich dünne, was aber ohne Zweifel als Erfolg des deutschen Eingreifens verbucht werden kann. Man ist ja bescheiden.
Den Lesern meines kleinen Tagebuches, die sich ein wenig mehr für militärische Dinge und/oder gar marines Kriegsgetümmel interessieren, sei verraten, dass die Fregatte F210 „Emden“ ein Stück Kriegsgerät in den besten Jahren ist: Sie lief 1980 vom Stapel und wurde 1983 in Dienst gestellt. Die Emden-Fahrer von einst und heute (unter dem Namen gab’s bereits die Emden I bis III, letztere wurde im Mai 1945 gesprengt, die Emden II versenkte sich einen Weltkrieg eher in der Bucht von Scapa Flow) haben unter www.fregatte-emden.de allerlei Wissenswertes über das Schiff zusammengetragen.
Aber zurück zur Piratenjagd: In so ziemlich jedem zivilisierten Land der Welt hätte die Nachricht vom couragierten Eingreifen der Fregatte dazu geführt, dass 1. der Besatzung des Schiffes zumindest per Funk gedankt, 2. ein Vertreter des Verteidigungsministeriums samt Urkunde und Ordenskram auf den Weg zum Schiff geschickt, 3. allen Beteiligten heftigst die Hand geschüttelt und 4. das gesamte Procedere schleunigst publik gemacht wird. In Deutschland tut man sich damit leider schwer.

Es würde mich zudem nicht wundern, wenn irgendwelche linken Parlamentsbazillen, allen voran die saarländische Laber-Fontaine, schon bald in die Welt hinaus tönen würden, dass der klitzekleine Einsatz der „Emden“ doch gar nicht durch das Uno-Mandat gedeckt gewesen sei.

Sicher, man kann der Führung der „Emden“ einen Vorwurf machen. Nämlich den, dass die Flucht der Piraten hingenommen wurde. Wenige Tage zuvor haben die Franzosen demonstriert, wie’s anders geht. Sie verfolgten eine türmende Piratenbande per Hubschrauber und machten sie an Land dingfest. Seinen nächsten Akt soll das gallische Piratenstück übrigens vor einem französischen Gericht erleben. Man stelle sich eine solche Praxis unter deutscher Flagge vor ...

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Montag, 21. April 2008
Postkarten, Geheimdienste und Dummheit. Oder: Schäuble & Co. das Leben schwermachen
Am Wochenende hat der Deutsche Depeschendienst ddp gemeldet, dass der Bundesnachrichtendienst BND den E-Mail-Verkehr einer Spiegel-Reporterin überwacht hat. Konkret handelte es sich um die elektronische Korrespondenz zwischen Susanne Koelbl und einem afghanischen Politiker, die in der Zeit vom 7. Juni bis 29. November 2006 von den Schlapphüten mitgelesen wurde.
Das ist in mehrfacher Hinsicht skandalös: Zum einen darf der Auslandsnachrichtendienst BND im Inland eigentlich nicht aktiv werden, zum anderen genießen Journalisten nach wie vor besonderen Schutz vor Observationen. Drittens, und hier wird’s wirklich böse, gehört schon eine gehörige Portion Blauäugigkeit dazu, sensible Daten per Postkarte durch die Welt zu schicken.
An dieser Stelle mögen die Leser meines kleinen Tagebuches stutzen. Wiese Postkarte? Nun, etwas anderes ist die E-Mail-Korrespondenz in der beschriebenen Art und Weise nicht. Genau wie bei einer Postkarte kann auch beim Versand einer E-Mail jeder mitlesen, sofern man keine Vorkehrungen gegen Schnüffelei trifft.
Dazu gibt es eine Menge wohlfeiler Verschlüsselungsprogramme, die allesamt dazu angetan sind, den Schäubles dieser Welt und ihren kriminell-kranken Helfershelfern das Handwerk zu erschweren oder aber ganz zu legen. Wer so etwas einsetzt, kann seine Privatsphäre, aber auch berufliche Informationen wirkungsvoll vor der Datensammelwut austickender Innenminister, tollwütiger Geheimschnüffler und neugieriger Zeitgenossen schützen. Ganz legal, übrigens. Wer’s nicht tut und sensibles Material offen via Netz schickt, kann zwar im Nachhinein empört sein und mit den Augen rollen, muss sich jedoch eine Mitschuld am Geschehen anrechnen lassen.
Anders gesagt: Wer seine Wohnung nicht abschließt, macht Einbrechern das Leben sträflich leicht.
Wer’s genauer wissen möchte, dem sei die German Pricy Foundation empfohlen www.privacyfoundation.de/links_partner/ Wer schickt schon Postkarten ...

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Dienstag, 8. April 2008
Paris und Prag oder: Feuerwehr statt Feierwehr!
Was haben Prag und Paris gemeinsam? Die regelmäßigen Leser dieses kleinen Tagebuches können solcherart dämliche Fragen nicht überraschen, denn zumeist liefere ich die Auflösung gleich mit - so auch in diesem Fall. Durch beide Städte wurde das olympische Feuer transportiert. Einmal 1936 auf dem Weg nach Berlin, denn die Deutschen haben die Sache mit dem Fackellauf erfunden - nachzuschauen in Leni Riefenstahls begnadetem Olympia-Film. Gestern war das Feuer auf dem Weg nach Peking bzw. Beijing (oder wie man die chinesische Hauptstadt derzeit auch immer schreiben mag)in Paris zu erleben. Und sowohl in Prag als auch in Paris wurde das Feuer zum Verlöschen gebracht. Und noch eine Gemeinsamkeit gibt es zwischen den Ereignissen in Prag und Paris: In beiden Fällen missbrauchten diktatorische Regimes den olympischen Gedanken zu ihrer Selbstinszenierung vor der Weltöffentlichkeit.
Wer nach einer weiteren Gemeinsamkeit sucht: Die Nazis lieferten 1936 in Berlin eine perfekte Show ab, die all die Schlägertrupps, Judenverfolgung usw. nach außen hin vergessen machte. Die chinesischen Machthaber werden diesem Propagandarummel in nichts nachstehen. Wer glaubt, dass die olympischen Spiele zu einer Öffnung des Landes und zu mehr Demokratie führen werden, der hat das Wesen eines totalitären Regimes nicht verstanden.
Hoffentlich bleibt uns allen wenigstens eine weitere Gemeinsamkeit zwischen "damals" und "heute" erspart. Nach 1936 hat es nicht mehr lange gedauert, bis das Feuer aus der einstigen Olympiastadt Berlin in die ganze Welt getragen wurde ...
Mein Tipp: lasst die Feuerwehren zum Fackellauf ausrücken. Lasst sie jetzt löschen - besser als später.

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Freitag, 4. April 2008
Preiset den Herrn, dass es ausländische Autos gibt oder: Bundesumweltmoppel Sigmar Gabriel beweist seltene Konsequenz
So, nun ist es offiziell: Bundesumweltmoppel Sigmar Gabriel hat die Biosprit-Verordnung gestoppt. Damit hat er ein Maß an Konsequenz gezeigt, wie es bei Politikern im Allgemeinen und solchen von der SPD im Besonderen sehr selten ist. Auf einer 10-Punkte-Skala würde ich ihm eine 8 geben. Für eine 9 hätte er zurücktreten müssen, für eine 10 entweder a) nach China auswandern oder sich b) in der Badewanne bzw. c) per Schusswaffe eigenhändig entseelen. Aber eine 8 ist schon mal nicht übel.
Zu verdanken ist diese Wende in punkto Biosprit den ausländischen Pkw-Herstellern. Diese hätten, so Gabriel, mehr als drei Millionen Fahrzeuge gemeldet, die durch den Ökofusel Probleme bekommen würden und deshalb auf das teurere Superplus ausweichen müssten.
Die deutschen Autobauer hingegen hätten für weit weniger als eine Million Fahrzeuge Alkoholalarm gegeben.
Soweit so gut, Schuld sind also Renault, Peugeot, Fiat, Nissan & Co. Sagt der Bundesumweltklops. Was Sigmar Schwarte aber nicht sagt, ist, dass sich Millionen deutscher Autofahrer bei eben diesen ausländischen Firmen dafür bedanken sollten, nicht „hintenrum“ zusätzlich abkassiert zu werden.
Warum? Ganz einfach: Während ein ordentlicher Schuss Baccardi der langweiligen Cola eindeutig „mehr Power“ verleiht, ist es beim Benzin das glatte Gegenteil. Wird normaler Vergaserkraftstoff mit Bioalkohol verfeinert, lässt dessen „Power“ nach – die Motorleistung sinkt und der Verbrauch geht nach oben. Wer also zu den „glücklichen Deutschautofahrern“ zählt, die ja eigentlich Biosprit vertragen, sollte – ehe er wider die Ausländer mosert – sein Gehirn einschalten.
Zwar würden neuere Golf, Astra und BMW die vermeintlich umweltverträglichere Brühe mutmaßlich unbeschadet schlucken, dabei aber einen messbar höheren Durst entwickeln als mit dem bisherigen (auch schon leicht alkoholisierten) Sprit.
Im Klartext: Zehn Prozent Mehrverbrauch wären da schon drin, zur Freude des Finanzministers übrigens, der über die Umsatzsteuer gleich noch mal extra verdient hätte.
Das ist übrigens auch der Grund, warum seinerzeit selbst der steuerlich subventionierte Biodiesel eine Mogelpackung war. Die Brühe war zwar ein Stück billiger als normaler Diesel (von preis-werter zu sprechen verbietet sich in diesem Zusammenhang, das Biodiesel seinen Preis eben nicht wert war), sorgte aber für einen so stolzen Mehrverbrauch, dass dieser den niedrigeren Preis mehr als wettmachte und der unbedarfte Kunde so unter dem Strich teurer fuhr.
Nach landläufigem Verständnis nennt man jemanden, der eine Ware verkauft, die den versprochenen bzw. erwarteten Gebrauchswert nicht hat, einen Betrüger. Oder eben einen Bundesumweltmoppel.

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